Donna Leon - Milde Gaben / ‎Give Unto Others

  • Guido Brunetti is back!


    In diesem Krimi ist wieder (fast) alles beim Alten: Guido Brunetti darf in seinem 31. Fall seine grauen Zellen anstrengen, seine Schwiegermutter über Tratsch und Klatsch ausfragen, Signorina Elettra auf ihrer Recherche zahlreiche mitunter nicht ganz legale Wege beschreiten und Venedig in seinem alten Glanz erstrahlen.


    Worum geht‘s eigentlich genau?


    Elisabetta, Brunettis Jugendfreundin erscheint in der Questura und gibt an, die Familie ihrer Tochter würde bedroht. Brunetti möge doch eine verdeckte Ermittlung befehlen. Bei ihrer ersten Betrachtung sehen weder Brunetti noch Vianello ein Bedrohungsszenario.

    Die Tochter ist eine geschätzte Tierärztin und der Schwiegersohn Buchhalter für eine wohltätige Stiftung. Als wenig später die Tierarztpraxis verwüstet wird, ermitteln Brunetti & Co nun offiziell und können nun auch die Stiftung ein bisschen beleuchten. Dabei treffen sie auf den Namen eines Vizeadmirals, der im Vorstand sitzt, aber seit Jahren dement ist. Alles nur Schimäre? Und wohin versackt das Geld, das angeblich für ein Krankenhaus in Südamerika gesammelt wird?


    Meine Meinung:


    Reifen quietschende Verfolgungsjagden sucht man in Venedig mangels Straßen ohnehin vergebens, atemraubende Spannung ebenso. Dennoch hat mir dieser Krimi besser gefallen als so mancher Vorgänger. Durch einige Sackgassen wird dennoch Spannung aufgebaut, die bis zum Schluss gehalten wird.


    Die Conclusio? Um Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen, ist vielen Verbrechern jedes Mittel recht. Hier wird auf die Gutgläubigkeit der Spender vertraut, die Hochglanzbroschüren Glauben schenken.


    Gut gelungen ist die Beschreibung des dementen Vizeadmirals, der eigentlich der Hauptleidtragende dieses Krimis ist.


    Fazit:


    Wieder ein gelungener Brunetti-Krimi, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Donna Leon - Milde Gaben“ zu „Donna Leon - Milde Gaben / ‎Give Unto Others“ geändert.
  • Dass Brunetti eine sehr philosophische Ader hat begann sich schon seit längerem abzuzeichnen. Sein Sinn für Gerechtigkeit und den Ärger über das italienisch System welches voll von Betrügern und Dieben ist, gesteuert nicht nur von der Mafia und sich durch alle Schichten zieht beweist er auch hier wieder. Das schon am Morgen früh beim lesen des Gazzettino.


    In der Questura wird Guido Brunetti von Elisabetta Foscarini einer „Jugendfreundin“ erwartet. Wobei der Begriff Jugendfreundin die Bekanntschaft zwischen ihnen sehr wohlwollend beschreibt. Denn die Gedanken vom Commisario sind sehr wiederstrebend wenn er an seine Jugend welche er mit seiner Familie im Hause der Familie von Elisabetta verbrachte denkt.

    Der Commissario wie immer die Höflichkeit in Person und da es doch sicher einen Grund für den Besuch gibt, lädt Elisabetta in sein Büro ein wo ein längeres ja etwas ausschweifendes Gespräch über die Vergangenheit stattfindet. Wobei Brunetti aufpassen muss sich nicht in diesen zu verlieren, was ihm gerne passieren kann.


    Endich nach längerer Zeit wird vage angedeutet was das Anliegen von Elisabetta ist. Allerdings das Ganze ist ziemlich ungewöhnlich, denn die Ermittlungen welche Brunetti und sein Team bearbeiten bewegen sich ausserhalb der üblichen Vorschriften der Polizeiarbeit.


    Die Angelegenheit zieht sich sehr in die Länge, ein hin und her, und nun wird noch eine schon da gewesene Geschichte wiederholt. Schon in Band 27 „Heimliche Versuchung“ wurde eine Abhör-Wanze in die Geschichte eingebaut. Wobei sich diese hier ohne weitere Erklärung in Luft auflöst.

    Es scheint die Nachwehen der Pandemie wirken belastend auf die Protagonisten, somit dauert es eine halbe Ewigkeit bis Brunetti die Hinweise erkennt und die richtigen Schlüsse zieht.


    Schade dass ich nicht das Kapitel 21 zitieren kann, wäre zu aufwändig. Da findet ein absolut abstruser Dialog zwischen Guido und seiner Frau statt, man fragt wirklich nach dessen Sinn.


    Zusammenfassend muss ich sagen, weder die Handlung noch die Figuren konnten mich überzeugen, auch wenn klar wird dass die Dinge nicht so sind wie sie erscheinen und es ein schmaler Grad zwischen legal und illegal ist. Das die Art von Verbrechen nicht nur einen juristischen sondern auch einen moralischen und ethischen Hintergrund haben können.



    Welch Überraschung trotz der Ankündigung in Band 26 dass der Vice Questore Patta in drei Jahren in Rente gehen würde. Er ist immer noch anwesend. Nicht sehr präsent in dieser Geschichte, dennoch ein italienischer Beamter welcher es versäumt in seine wohlverdiente Rente zu gehen - da hat die Autorin wohl verpasst den richtigen Dreh zu finden, um Patta standesgemäß zu verabschieden.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter