John Burnside - In hellen Sommernächten (ab 01.09.2022)

  • Wie ich lesen kann stehe ich auf weiter Flur allein mit meiner Meinung.

    Du hast eine Textstelle herausgesucht, die perfekt zu Deiner These passt.

    Und schon dreht sich bei mir wieder die Einschätzung, alles wie ein Karussell.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Bevor ich mich auf den Weg mache zur Huldra, noch einige Gedanken zum nächsten Morgen.

    Seite 255

    Am nächsten Morgen ging ich zeitig zum Frühstück nach unten.

    Das Benehmen der Angestellten im Frühstücksraum ist zwar in den Augen von Liv ziemlich eigenartig, jedoch hat keinen Bezug auf die Geschichte.

    Allerdings das Mädchen welche sie sieht schon, dieses assoziiert sie mit Huldra - Maia. Der grausame Ausdruck passt ebenso dazu. Denn wie man aus der Saga weiß -bei schlechter Behandlung verwandelt sich die Huldra in eine hässliche und boshafte Furie.

    Dass sie ihr bekannt vorkommt könnte daher rühren - denn es entstand ein Porträt

    Seite 52 …zumindst das letzte bis zu jenem Sommer, in dem sie in einigen raschen Sitzungen die Huldra malte…

    Da Liv nicht näher ausführt wie dieses aussieht, ist es vorstellbar dass das Mädchen sie an dieses Gemälde erinnert.

    Wie so vieles klingt diese kurze „Begegnung“ durch ein regennasses Fenster illusorisch, diffus - nur ein kurzer Gedanke der nicht fassbar ist.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Wie so vieles klingt diese kurze „Begegnung“ durch ein regennasses Fenster illusorisch, diffus - nur ein kurzer Gedanke der nicht fassbar ist.

    Ja, aber ich glaube auch, dass dieses, wie ich fand, erschreckende Bild auch ein Ausblick

    auf das Kommende ist. Das dunkle, hasserfüllte Gesicht der Huldra nähert sich.

    In welcher Form, welcher Gestalt auch immer.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Ich teile euch vorab mal meinen ersten Abschnitt von Pensum 6 mit.

    Könntet ihr mal schauen, ob das mit eurem übereinstimmt?


    Von: "Mother picked me up at the airport"

    Bis: "...as if a man in love couldn`t cause anybody any harm."

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Könntet ihr mal schauen, ob das mit eurem übereinstimmt?

    Im Tb sind das 2 Abschnitte.


    Abschnitt 1 S. 261 bis "war sie aufgeblüht" S. 267

    Abschnitt 2 S. 267 "Aufgeblüht. Vielleicht nicht das richtige Wort" bis "niemandem Schaden zufügen" S. 268


    Ich mach mal weiter:

    Abschnitt 3 S. 268 "Allerdings habe ich damals nicht viel über Martins Romanze nachgedacht"

    bis "und es mit einem kleinen, fast unhörbaren Seufzer auf seinen Teller lud" S. 272


    Abschnitt 4 S. 272 "Die Teeparty zog sich" bis "ihm zu zeigen, dass er geliebt wurde" S. 278


    Abschnitt 5 S. 272 "Heute gingen wir..." bis "wie sie selbst, das zweite Gesicht zuspricht" S. 282


    Abschnitt 6 "Nach und nach fing ich wieder an" bis "schwieg, ließ sein Geschenk da und ging" S. 296


    Abschnitt 7 S. 296 "Ich weiß es nicht genau" bis "dass es nichts als ein seltsamer Traum gewesen war" S. 312


    Abschnitt 8 S. 312 "Aber es war kein Traum" bis "kann man Glück nur finden, wenn man allein ist" S. 318


    Abschnitt 9 S. 318 "Meine Erinnerung an die nächsten Tage" bis "es zugleich aber auch schönmalte" S. 324


    Abschnitt 10 S. 324 "Während der nächsten Tage" bis "verschwand eilig im Schutz der Bäume" S. 333


    Abschnitt 11 "Sobald ich mich überzeugt hatte" S. 333 bis "wenn wir das hier erst aufgeräumt haben" S. 339


    Abschnitt 12 "Ich weiß nicht, wie ich so naiv sein konnte" S. 339 bis "als verfluchter Nachmittag erwies" S. 357


    Abschnitt 13 S. 357 "Ich versuche mir einzureden" bis "für eine seiner Geschichten gehalten hatte" S. 371


    Abschnitt 14 S. 371 "Es ist neun Uhr" bis Schluss

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Sehr schön. Jetzt weiß ich Bescheid........... :thumleft:

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    William Shakespeare


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    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Rudi Ratlos lässt grüßen.

    Ich wäre auch Mitglied des Klubs "Rudi Ratlos" was die Herkunft des Briefes betrifft.


    Ich tendiere dazu das er von Liv selbst ist, wegen der doch seltsamen Reaktion der Rezeptionistin.

    Kate käme zwar auch noch in Frage, aber ich wüsste nicht warum sie so etwas tun sollte. Crosbie und Kyrre schließe ich für mich aus. Wobei mir die Ausführung von serjena gut gefallen hatte. Nur kann ich mich leider nicht anschließen. Aber wer weiß ... In der Wüste des Wahnsinns wäre alles möglich.



    Liv/Maia: Liv, erlebt, durch den Stress dem sie ausgesetzt ist, ein Aufwachen der Maia/

    Huldra als anderer Teil ihrer Persönlichkeit. Ihre Angst verfolgt und beobachtet zu werden,

    weist zumindest auf das Spektrum einer paranoiden Schizophrenie hin.

    Übrigens hatte sich Burnside wegen ähnlicher psychischer Störungen selbst in die Psychiatrie

    begeben. Vielleicht lässt er hier ähnliche Erfahrungen mit der Krankheit in Liv aufleben.

    Daran musste ich auch denken. Burnside lässt viele seiner persönlichen Themen einfließen und seine psychische Störung würde wunderbar zu Livs Verhalten passen.


    Apropos Burnside. Falls ihr die letzte Folge von "Das Literarische Quartett" nicht gesehen haben sollte, dann muss ich euch einfach diese Folge ans Herz legen. Unter anderem wurde "So etwas wie Glück" von Burnside besprochen. Und das richtig begeistert. Überhaupt war das eine sehr schöne Diskussionsrunde gewesen und es lohnt sich die komplette Folge anzusehen. Als i-Tüpfelchen hatte Thea Dorn am Schluss der Sendung "Bei Regen in einem Teich schwimmen" von Saunders empfohlen. Hier der Link zur Mediathek: KLICK

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Ihr seid so still - hoffentlich nicht krank bzw. wieder auf dem Weg der Besserung?

    Ich gehe mal einen kleinen Schritt in unserer Lektüre weiter!


    Buch Huldra

    Abschnitt 1 bis ..."war sie aufgeblüht"


    Der Abschnitt hat meine Ratlosigkeit nur an einem Punkt gemindert: Maia ist die Huldra - sagt Liv -, und Crosbie und Maia sind ein Paar. Wir wissen ja schon von Anfang an, dass Crosbie ertrinken wird, also da nähert sich das Unheil.

    Und hat es etwas zu sagen, dass Maia und Martin sich zu dem Zeitpunkt finden, wo Liv das Land verlässt?


    Ansonsten verstehe ich wenig.


    Im Einzelnen:

    - Die Mutter trägt einen Schal, den Liv ihr geschenkt hat. Liv hat ihn aber nicht ausgesucht, sondern Ryvold (wieder Ryvold!). Offenbar kann also der Teetischpartner den Geschmack der Mutter besser einschätzen als die Tochter.

    - Der Schal gefällt der Mutter, aber sie gibt sich "größte Mühe..., ihre Überraschung zu verbergen" (S. 261). Das verstehe ich auch nicht. Wieso verbirgt sie dieses positive Gefühl? Es hätte die Tochter doch gefreut und sie bestärkt?

    - "Es machte nichts, dass wir kaum etwas gemein hatten."

    Ist die Beziehung tatsächlich so? Nichts Gemeinsames zwischen Mutter und Tochter?

    - Das "rein formelle Feingefühl" (S. 263) verstehe ich auch nicht ganz. Gut: man muss nicht alles von seinen Kindern wissen und sollte sie nicht ausquetschen. Aber manchmal reicht doch eine kleine interessierte Frage, und schon bekommt man mehr zu hören, als man eigentlich hören wollte - so sehen meine Erfahrungen jedenfalls aus. Diese Mutter hier will aber "gar nichts wissen" (S. 263). Oder ist das wiederum nur Liv, die uns diesen Eindruck vermittelt?

    - Umgekehrt verstehe ich auch Livs Verhalten nicht. Will sie jetzt erzählen oder nicht? Warum fängt sie dann nicht einfach an?


    Auf alle Fälle ist Livs Bild von ihrer Mutter ins Wanken gekommen. Kate hat ihre Mutter offenbar als "herzlos und egozentrisch" (S. 264) charakterisiert, und dem kann sich Liv nicht anschließen. Sie hält ihre Mutter für "perfekt" (S. 264).


    Nun hoffe ich auf Aufklärung durch Eure klugen Hirne.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich muss ehrlich sagen, ich lese einfach alles immer mit dem Vorbehalt, Liv ist eine zwiespältige Persönlichkeit. Man weiß nie genau wie viel sie in alltägliche, unauffällige Situationen hinein interpretiert. Interpretationen welche dazu führen völlig falsche Schlussfolgerungen zu ziehen.


    Der Abschnitt hat meine Ratlosigkeit nur an einem Punkt gemindert: Maia ist die Huldra

    Also mit einfachen Worten ausgedrückt. Maia hat diese drei jungen Männer bezirzt, verführt und dann fallen gelassen. Wobei diese keinen andern Ausweg sahen als ins Wasser zu gehen.

    Irgendwie klingt das so banal und die Geschichte verliert jede mysteriöse Illusion.

    und Crosbie und Maia sind ein Paar. Wir wissen ja schon von Anfang an, dass Crosbie ertrinken wird, also da nähert sich das Unheil.

    Und hat es etwas zu sagen, dass Maia und Martin sich zu dem Zeitpunkt finden, wo Liv das Land verlässt?

    Gut das ist die Vermutung von Liv, allerdings ist es gut möglich dass diese „Beziehung“ schon vorher begann.

    Wobei wie sie diese „Affäre“ als lächerlich bezeichnet, kann man spüren, nicht unbedingt Neid aber es hinterlässt in Liv einen unangenehmen Stachel.


    Jedoch wir dürfen nicht vergessen - dass Kyrre Opdahl gemeinsam mir dem Mädchen verschwinden sollte… Seite 12 - mit dem Augenmerk auf das Wort „gemeinsam“.


    Interessant ist wie im Verlauf der Geschichte immer mehr zutage tritt dass Liv doch mehr Kontakt mit den „Freiern“ hatte, vor allem mit Ryvold, wie es nach ihren Schilderungen den Anschein machte.


    Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter bewegt sich nun mal nicht in dem Sinne wie wir uns eine familiäre Beziehung vorstellen. Schon die Erziehung von Liv war sehr unkonventionell, bewusst so gesteuert damit die Künstlerin sich ihrer Malerei widmen konnte , ohne allzu grosse Belastung durch ein Kind. Damit kein falscher Eindruck entsteht - sie liebt ihre Tochter , sie ist ihr nicht gleichgültig wie oftmals der Eindruck entstehen könnte. Es herrscht eine zarte, feine Verbindung wobei beide vermeiden diese aufdringlich wirken zu lassen.

    Deshalb hätte ich mich mehr gewundert wenn nun die Mutter plötzlich begonnen hätte Liv zu ihrer Reise zu befragen. Für Liv bedeutet diese Zurückhaltung mehr wie ein offenes Gespräch über das was ihr in London widerfahren ist, denn noch hat sie dies nicht verarbeitet.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ihr seid so still - hoffentlich nicht krank bzw. wieder auf dem Weg der Besserung?

    So halbwegs. Ich habe mir eine hartnäckige Erkältung geholt. Geht immer rauf und runter.

    Werde aber versuchen morgen etwas beizutragen, auch wenn es etwas kürzer ausfällt.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Gute Besserung!!!

    auch wenn es etwas kürzer ausfällt.

    Das macht nichts.


    Man weiß nie genau wie viel sie in alltägliche, unauffällige Situationen hinein interpretiert. Interpretationen welche dazu führen völlig falsche Schlussfolgerungen zu ziehen.

    Genau.

    Wegen dieser irrlichternden Geschichte ist es unmöglich, logische Schlussfolgerungen zu ziehen, das passt nicht.

    Genau so passt es nicht, wenn ich versuche, von einem "normalen" Mutter-Tochter-Verhältnis auszugehen. Da habe ich mich selber schon zur Ordnung gerufen. Schließlich lese ich kein Buch, um Friede-Freude-Zustände dort vorzufinden, und ich brauche auch keinen Spiegel, in dem ich meine eigenen familiären Verhältnisse selbstgefällig betrachte und sie zum Maßstab erhebe.

    in diesem Buch ist das eben anders.


    Was ich eben vergessen hatte, ist Burnsides Sprache, die mich tatsächlich begeistert. In diesem 1. Abschnitt reiht er zum Beispiel einige Sätze aneinander, die immer mit "Sie" beginnen - und auf der nächsten Seite häufen sich die Sätze, die mit "Ich" beginnen. Damit schafft er eine merkwürdige Trennung der beiden Figuren und macht auch die Prioritäten deutlich.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Wegen dieser irrlichternden Geschichte ist es unmöglich, logische Schlussfolgerungen zu ziehen, das passt nicht.

    Da stimme ich dir zu. Die ganze Geschichte scheint in einer Welt zu spielen, die sich einer

    rationalen Beurteilung entzieht. Ausflüge in eine merkwürdige Anderswelt, sowohl bei

    den Charakteren als auch in der gesamten Handlung. Wir sind immer in einem Schwebe-

    zustand in dem es keinen festen Halt gibt. Das rüttelt zuweilen an üblichen Lesegewohn-

    heiten, die Burnside aber, durch seine sprachliche Kraft, wieder einholt.


    Pause: ich brauch ein Dampfbad................... :|

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Ihr seid so still - hoffentlich nicht krank bzw. wieder auf dem Weg der Besserung?

    Mich hat eine Erkältung erwischt, bin aber wieder auf dem Weg zur Besserung. Den Abschnitt muss ich noch nachlesen und werde meine Eindrücke noch nachtragen.


    taliesin Gute Besserung!

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  • bin aber wieder auf dem Weg zur Besserung

    Leider geht es mir viel schlechter als gestern. Ich werde mich wieder melden, wenn es wieder aufwärts geht.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Gute Besserung rundherum!

    :study: Percival Everett, James.

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  • Farast und taliesin , gute Besserung! Ich knapse auch noch an meiner Coronoa-Erkrankung. Mittlerweile bin ich zwar endlich negativ, aber ich fühle mich schlapp wie ein ausgewrungener Lappen. Na ja, wenigstens hoffe ich, es hat meine Immunabwehr gestärkt.

    Liv, erlebt, durch den Stress dem sie ausgesetzt ist, ein Aufwachen der Maia/

    Huldra als anderer Teil ihrer Persönlichkeit. Ihre Angst verfolgt und beobachtet zu werden,

    weist zumindest auf das Spektrum einer paranoiden Schizophrenie hin.


    Für mich ist das auch die einzige halbwegs schlüssige Erklärung, wobei es allerdings sehr bedenklich wäre, wenn Liv sich den Brief selber geschrieben hätte. Das würde bedeuten, dass ihre Schizophrenie sehr ausgeprägt ist und sie begonnen hätte, die Kontrolle zu verlieren bzw. sie schon verloren hätte.


    Ich wollte noch einige Gedanken zu früheren Passagen nachtragen:

    Ihr Verhalten ist übergriffig, aber diese Erklärung ist mir zu dürr, das reicht mir nicht aus, hinter ihrer Übergriffigkeit muss mehr stecken. Ich habe wirklich den Eindruck, dass Liv diese Bilder löscht, um ihn zu schützen. Vor wem oder was? Vielleicht vor der Huldra zu schützen?

    Ich glaube, Liv hat die Bilder aus Enttäuschung gelöscht, und diese Enttäuschung hat dann erst die rachsüchtige Huldra auf den Plan gerufen.


    Mir scheint, dass sie in Crosby einen Wesensverwandten gefunden zu haben meint, ähnlich wie in Mats. Liv empfindet sich nicht wie andere Menschen. Was anderen Leuten wichtig ist, interessiert sie nicht. Dass Mats „anders“ war, war ja offensichtlich, aber auch Crosby ist anders, er deutet es selbst an einer Stelle an. Und in den Sätzen, die serjena zitiert hat, bezeichnet Liv Crosby als einen Beobachter, eine Rolle also, in der sie sich auch selbst sieht.


    Aber die Fotos zeigen ihr wieder nur das, was sie ablehnt: Die Suche nach Schönheit, nach Sex, nach Liebe, nach Glück. Ich bin immer noch der Auffassung, dass Livs verdrängte Sexualität eine entscheidende Rolle spielt. Es ist doch merkwürdig, dass sie ausdrücklich bestritten hat, mehr als nur ein freundschaftliches Interesse an Mats gehabt zu haben. Und warum fragt sie Crosby völlig unvermittelt, ob er eine Freundin hätte? Aus irgendeinem Grund verleugnet Liv ihre Bedürfnisse nach Nähe, Sex und Liebe oder besser gesagt, sie spaltet sie ab und schreibt sie der „bösen“ Maia zu.



    (Arild und Angelika)

    Ja, das sehe ich genauso. Angelika hat wohl schnell erkannt, wie fanatisch ihr Arild ist und wie er seine Lebensmöglichkeiten auf seinen Umweltschutz (oder was das genau ist) fokussiert, ohne Rücksicht auf persönliche und in diesem Fall auch sehr menschliche Verpflichtungen.

    Insofern kommt mir Angelikas Handelns sehr folgerichtig vor.

    Ich habe den Eindruck, dass es nicht so sehr die verschiedenen Lebenskonzepte der Eltern waren, die zur Trennung geführt haben, sondern dass die Mutter grundsätzlich in keiner festen, dauerhaften Beziehung mit einem Mann leben kann und möchte. Vielleicht redet sie auch nie über den Vater, weil sie Schuldgefühle seinetwegen hat. Die Mutter sagt vor der Reise etwas kryptisch zu Liv (kryptisch wie vieles in dem Buch), er habe sie nicht einfach sitzenlassen, sondern sei gegangen, um Schlimmeres zu verhüten, und das Schlimmere wäre gewesen, sich nicht zu rühren.

    Für mich ist die Mutter auch eine Art Huldra, aber eine gute Huldra. Sie hat Macht über die Männer, sie übt eine starke Anziehungskraft auf sie aus. aber sie lässt sich auf keine Beziehung ein, denn sie weiß, sie wird jedem Mann nur weh tun, weil sie nicht bei ihm bleiben wird. Dabei genießt sie ja die Gesellschaft von Männern. Sie schart gern die Freier um sich und beim Flirt mit dem Journalisten ist sie sichtlich aufgelebt. Es kommt mir so vor, als leiste sie bewusst Verzicht, um keinen Mann mehr so zu verletzen, wie sie den Vater verletzt hat.


    Genau so passt es nicht, wenn ich versuche, von einem "normalen" Mutter-Tochter-Verhältnis auszugehen. Da habe ich mich selber schon zur Ordnung gerufen. Schließlich lese ich kein Buch, um Friede-Freude-Zustände dort vorzufinden, und ich brauche auch keinen Spiegel, in dem ich meine eigenen familiären Verhältnisse selbstgefällig betrachte und sie zum Maßstab erhebe.

    in diesem Buch ist das eben anders.


    Da stimme ich Dir voll und ganz zu. Wir neigen dazu, die eigenen Maßstäbe an die Figuren zu legen und rumzumäkeln, wenn sie nicht so sind, wie wir sie haben wollen. Natürlich gibt es viele verschiedene Arten von Beziehungen zwischen den Menschen und sie können genauso gut oder schlecht funktionieren wie die scheinbar herkömmlichen. Das Problem ist hier nur die Erzählperspektive, diese unzuverlässige Ich-Erzählerin Liv. Wir wissen einfach nicht, was in den anderen Personen vorgeht. Ich bin überzeugt, dass die Mutter ihre Tochter wirklich liebt und sie beschützen will, aber ich frage mich, ob sie sich im Klaren über das Ausmaß der psychischen Störung ist. Hätte sie ihre Tochter dann wirklich allein nach England fahren lassen? Sie macht sich Sorgen, z. B. wegen Crosby, aber sie geht auch immer über die Vorfälle hinweg. Ist das nicht zumindest etwas blauäugig?

    :study: Olga Tokarczuk - Gesang der Fledermäuse

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • Maia ist die Huldra - sagt Liv -, und Crosbie und Maia sind ein Paar.

    Die Frage ist für mich immer: Existiert Maia wirklich oder ist sie eine abgespaltene Persönlichkeit Livs? Wenn Liv Maia ist, bedeutet das dann, dass Liv tatsächlich mit Martin zusammen ist (als Maia), um ihre verdrängten Bedürfnisse nach Liebe und Sex ausleben und gleichzeitig dafür Rache nehmen zu können? Oder imaginiert sie Maia bloß, d.h. sieht sie etwas, das nur in ihrem Kopf existiert? Übrigens beschreibt sie Maia als dunkelhaarig und sehr schön, sie scheint also der Mutter und nicht Liv zu ähneln.

    :study: Olga Tokarczuk - Gesang der Fledermäuse

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • Ich bin immer noch der Auffassung, dass Livs verdrängte Sexualität eine entscheidende Rolle spielt.

    Ich kann/will Dir da nicht ganz folgen, aber das heißt noch lange nicht, dass Dein Ansatz nicht stimmt. Gerade die Art und Weise, wie Maia uns vorgestellt wird - lebhaft, glutäugig und wohl auch sonst mit innerer Glut, attraktiv, in Gesellschaft von Männern bzw. Jungmännern - spricht für Deine These!

    Die Frage ist für mich immer: Existiert Maia wirklich oder ist sie eine abgespaltene Persönlichkeit Livs? Wenn Liv Maia ist, bedeutet das dann, dass Liv tatsächlich mit Martin zusammen ist (als Maia), um ihre verdrängten Bedürfnisse nach Liebe und Sex ausleben und gleichzeitig dafür Rache nehmen zu können? Oder imaginiert sie Maia bloß, d.h. sieht sie etwas, das nur in ihrem Kopf existiert? Übrigens beschreibt sie Maia als dunkelhaarig und sehr schön, sie scheint also der Mutter und nicht Liv zu ähneln.

    Diese Mutter-These spukte auch mal in meinem Kopf herum, ebenso die Sache mit der Persönlichkeitsspaltung. Und dass Liv imaginiert - der Eindruck hat sich verfestigt, als sie vom Hotel aus dieses Mädchen und seine bedrohliche Fratze sieht.

    Sehr spannend alles.

    Aber, wie gesagt: ich befürchte, dass wir keine Auflösung bekommen, sondern dass Burnside uns in dieser irrlichternden, zwielichtigen und unheimlichen Welt stehen lässt.

    Das Problem ist hier nur die Erzählperspektive, diese unzuverlässige Ich-Erzählerin Liv.

    Eben.

    Alles, was wir hier schreiben, sind nur Spekulationen, die wir eventuell auch wieder über den Haufen werfen müssen. Daher meine ich ja auch, dass man weiterlesen muss und sich nicht an einer unklaren "unlogischen" Stelle verbeißen sollte. Trotzdem sollten wir diese Unklarheiten formulieren.


    Allen Kranken und Angeschlagenen gute Besserung!

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Alles, was wir hier schreiben, sind nur Spekulationen, die wir eventuell auch wieder über den Haufen werfen müssen.

    Da stimme ich dir völlig zu - bin sicher wir werden noch einige Überlegungen „über den Haufen werfen“ - denn noch vieles bleibt sehr diffus.

    Was mir noch auffiel - zwar sagt Liv Seite 266 - …er war mit der Huldra zusammen -


    Übrigens beschreibt sie Maia als dunkelhaarig und sehr schön, sie scheint also der Mutter und nicht Liv zu ähneln.


    Seite 49

    Zitat

    Ein zufälliger Betrachter sähe darin gewiss nur das Porträt einer Dreizehnjährigen in einem gelben Kleid, das Gesicht dem Sommerhimmel zugewandt, das lange Haar beinah silbrig und die Augen weit blauer, …

    Norwegische Huldra -Saga

    Zitat

    Meist eine wunderschöne Waldfee mit langen blonden Haaren.

    Wessen Abbild entspricht nun die Huldra, man sich überlegen kann.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Wessen Abbild entspricht nun die Huldra, man sich überlegen kann.

    Die Huldra in der Sage hat auch ein rotes Kleid an: rot als Farbe der Leidenschaft etc., das braucht man nicht weiter zu erläutern. Und dieses rote Kleid wird auch im Zusammenhang mit dem Portrait erwähnt, das Livs Mutter gemalt hat - das würde auf Liv verweisen.


    Allerdings denke ich, dass die Haarfarbe als Signal nicht ausreicht; Burnside wird sich die Freiheit nehmen, seine eigenen Vorstellungen zu entwickeln.

    :study: Percival Everett, James.

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