Albrecht Sommerfeldt - Der Pesthof

  • „Der Pesthof“ von Albrecht Sommerfeldt habe ich als ebook mit 273 Seiten gelesen, die in 32 Kapitel eingeteilt sind.
    Das Buch erzählt vom Hamburger Peshof im Jahr 1619. Das ist eine Einrichtung für kranke, schwache oder verwirrte Menschen. Die meisten von ihnen kommen dort nicht mehr lebend heraus. So auch Dirk Hinrichs, der im Kellergewölbe ermordet wird. Bei ihm wird die verwirrte Brid gefunden und als Täterin weggesperrt. Da sie sich nicht äußern kann, findet man auch nicht heraus, wie sie nachts aus dem nebenan liegenden und versperrten Tollhaus heraus und in den Keller hineingekommen ist. Als es weitere mysteriöse Todesfälle gibt, wirft das schon Fragen auf, obwohl der Bader und Pestmeister von unglücklichen Umständen ausgeht.
    Der Kaufmann Merten Overdiek will der Sache auf den Grund gehen. Er nimmt Arbeiten im Tollhaus an, um mit den Bewohnern zu sprechen, so weit das überhaupt möglich ist. Und er bekommt Hilfe von der Pflegerin Maria, die ebenfalls an den anderen natürlichen Todesfällen zweifelt. Beide geraten auch selbst in Gefahr.
    Das war ein tolles Buch, auch wenn es wegen der Krankheiten und Zustände im Pesthof nichts für schwache Nerven war. Menschen werden in Tollkisten eingesperrt, in denen sie sich kaum bewegen können und nur ein winziges vergittertes Fenster haben. Andere werden angekettet. Ganz furchtbar. Aber so war es wohl zu der Zeit.
    Maria ist eine sehr gute Pflegerin, sie versucht, den Menschen zu helfen, so gut es ihr möglich ist. Auch Overdiek ist ein sehr sympathischer Mann. Er ist zu allen freundlich, benimmt sich auch den Verwirrten gegenüber höflich und ist auf dem Pesthof beliebt.
    Das Buch ist wunderbar atmosphärisch geschrieben, sehr gut recherchiert, die Personen und Handlungen authentisch dargestellt. Von geschichtlichen Informationen bis hin zur Behandlung von Krankheiten und Mordermittlungen gibt es von allem etwas. Es ist eine sehr gut konstruierte Geschichte. Auch der Anhang ist interessant
    Ich bin von Beginn an voll in die Handlung eingestiegen. Die Behandlung der Krankheiten war typisch für dieses Zeitalter. Und auch die ‚Haltung‘ der Menschen im Tollhaus keine Seltenheit. Ich bin auch von diesem Buch wieder hellauf begeistert und kann es auf jeden Fall empfehlen. Es kann unabhängig von den anderen gelesen werden, obwohl es sich natürlich lohnt, auch diese zu kennen.
    Das Cover deutet schon die Düsternis der Geschichte an und passt dazu.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Faszinierende Erzählung über Leben und Sterben auf einem Pesthof in Hamburg


    Buchmeinung zu Albrecht Sommerfeldt – Der Pesthof


    „Der Pesthof“ ist ein historischer Kriminalroman von Albrecht Sommerfeldt, der 2022 independently published wurde.


    Zum Autor:
    Albrecht Sommerfeldt wurde 1974 in Hamburg geboren, die auch bis heute seine Heimat geblieben ist. Nach meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre arbeitete er als Berater und Manager in der IT-Branche. Schon früh begann er unter verschiedenen Pseudonymen im Bereich der Phantastik zu schreiben. Geschichtsbegeisterung und seine Liebe zur Stadt Hamburg führten ihn schließlich 2020 zu seinem ersten historischen Kriminalroman „Von Huren, Bettlern und Glunterschratzen“.


    Zum Inhalt:
    Hamburg 1619
    Der Hamburger Kaufmann Merten Overdiek leidet an Lepra, auch wenn man es ihm nicht ansieht. Er musste deshalb auf den Pesthof ziehen, eine Einrichtung für Schwerkranke aller Art. Nach einem mysteriösen Todesfall beginnt er zu ermitteln und nach einem weiteren Todesfall erhält er Unterstützung von der Pflegefrau Maria.


    Meine Meinung:
    Die Hauptfigur Merten Overdiek ist ein weitgereister und weltoffener Kaufmann. Er geht sehenden Auges durchs Leben und hat kaum Berührungsängste. Die Kombination von Pesthof und Tollhaus nutzt der Autor zur Beschreibung der Zustände im Gesundheitswesen und der nur ansatzweise vorhandenen sozialen Sicherungssysteme. Merten kann sich einen gewissen Luxus leisten, aber insbesondere im Tollhaus herrschen unsägliche Zustände. Einer der Insassen schreit seine Fantasien zur Entwicklung des dreißigjährigen Krieges und dem entstehenden Leid heraus. So ist der historische Rahmen deutlich abgebildet. Merten wirkt sympathisch und hat sich mit seiner Krankheit abgefunden, auch wenn er kaum körperliche Beeinträchtigungen verspürt. Als nach den Todesfällen keine offiziellen Ermittlungen eingeleitet werden, wird Merten aktiv. Er führt Gespräche mit anderen Insassen und Mitarbeitern und sein Verdacht verstärkt sich. Während Mertens Ermittlungen bekommt der Leser einen ungeschminkten Einblick auf das alltägliche Leben in dieser Zeit. Aber auch hier gibt es romantische Beziehungen. Der Kriminalfall kommt langsam in Fahrt und das Tempo erhöht sich kontinuierlich, bis sich die Ereignisse gegen Ende nahezu überschlagen. Die Auflösung ist vollständig und nachvollziehbar. Die Charakterisierung der meisten Figuren ist knapp aber hinreichend, einzig Merten wird sehr detailliert mit etlichen Grautönen gezeichnet.
    Der Erzählstil ist meist sachlich kühl und so wirken die historischen Beschreibungen sehr realistisch. Dies wird durch wechselnde Perspektiven unterstützt, aber meist werden die Geschehnisse aus der Sicht Mertens beschrieben. Bei gefährlichen Situationen wird es gefühlsbetonter und intensiver. Der Spannungsbogen steht erst zum Ende hin im Mittelpunkt, aber für mich hatten die Nebenhandlungen einen starken Reiz.


    Fazit:
    Dieser historische Kriminalroman überzeugt vor allem durch die authentische Beschreibung der historischen und alltäglichen Zustände. Ohne zu langweilen sind unglaublich viele Informationen enthalten. Darunter leidet ein wenig die Spannung im Kriminalfall, der erst spät auf Touren kommt.
    Trotzdem bewerte ich das Buch mit fünf von fünf Sternen (90 von 100 Punkten), weil mich das Buch zu jeder Zeit in seinen Bann gezogen hat. Selbstverständlich spreche ich eine Leseempfehlung aus.

    :study: James Lee Burke - Die Tote im Eisblock


    :musik: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • 1619 in Hamburg.

    Zwischen dem blühenden Hamburg und dem sich selbst überlassenen Altona wurde durch mildtätige Zwecke der Kirche der Pesthof gegründet. Dort müssen alle diese Menschen hin, die für die anständigen Bürger Hamburgs einen Gefahr darstellen, so auch Merten, der unter Aussatz leidet. Eigentlich ist der pesthof die letzte Station der Menschen, bevor sie hier ein mehr oder weniger würdiges ende finden. Doch dann wird auf dem Pesthof eine schlimm zugerichtete Leiche gefunden, die Mörder sitzt daneben. Schnell legt man den Fall zu den Akten, um kein Aufsehen zu erregen, allerdings bleibt dieses nicht die einzige Tat. Da sich keiner für die Mensch auf dem Pesthof zu interessieren scheint, nimmt Merten die Sache selber in die Hand. Er beginnt zu hinterfragen und zu ermitteln, dabei merkt er nicht, in welch tödliche Gefahr er sich begibt.



    Für mich ist dieses Buch des Autors die erste Reise nach Hamburg um 1619 herum.


    Schnell war ich in der Geschichte intergiert, nicht nur wegen des sehr flüssigen und ansprechenden Schreibstils, sondern eher weil der Autor die Fähigkeit besitzt, seinen Charakteren Leben einzuhauchen.

    Das Leben auf dem Pesthof wurde bildlich, mal düster und dann doch voller Hoffnung gezeichnet. Allerdings ist auch klar, dass wer einmal im Pesthof oder im angrenzenden Tollhaus war, niemals wieder in die Gemeinschaft der Bürger integriert wird, dennoch hoffte ich bis zuletzt.


    Beim Lesen des Buches hatte ich die ganze Palette der Gefühlswelt vor mir, scheinbar wurde jedes einzelnen Gefühl in mir , wenn manchmal auch nur kurz, angesprochen.


    Durch den Spannungsbogen der sich über die ganze Geschichte zieht und immer weiter aufbaut, wollte ich das Buch kaum aus der Hand legen und sagte mir immer wieder "nur noch ein Kapitel"..... Die Kapitel selber sind von der Länge her für mich persönlich ideal und die Einteilung empfand ich als sehr gut.

    Wegen der guten Recherche des Autors wurde die Handlung so glaubwürdig, dass sie wirklich so hätte geschehen können. Sie ist in sich gut aufgebaut ,logisch und nachvollziehbar.


    Alles in allem ein gelungener historischer Krimi mit besonderem Ambiente den ich nicht nur Hamburgliebhabern empfehlen kann.