Volker Skierka - Fidel Castro. Eine Biographie
Ein dickes Ding. Das Buch. Gefährlich dick für eine Biographie, die Basics liefern soll und keine Vertiefung in den fünften Grad der Verwandtschaftsverhältnisse.
Es ist gut vorstellbar, dass es inzwischen schon Sammler von Fidel-Biographien gibt, denn sie scheint es reichlich zu geben. Meine Wahl war völlig willkürlich und sie war gut.
Es ist wieder eines der Bücher, die faktisch zwei in sich vereinen. Klar, eine Biographie bringt zwangsläufig den Kontext ihres Verlaufes ins Spiel. Die Soße, in dem das Fleisch schwimmt. Bei diesem Buch verhält es sich etwas anders. Es handelt sich um eine klassische Biographie und im gleichen Maße! ist es die Geschichte Kubas, dezidiert. Die Symbiose mutet naheliegend an, dagegen will eine Umsetzung, die nicht kippt, erst einmal gelingen.
Das Leben der Ikone wird abgehandelt, ohne ihn jedoch als Ikone zu behandeln. Will heißen: Es wird keinerlei Mühe aufgebracht, ihn vom zweifelhaften Sockel zu stoßen, noch ihn zum Menschenfreund zu verklären. Das darf der Leser in Folge mit sich selbst ausmachen. Ein gesundes Maß an Distanz zum Leader Maximo ist gegeben.
Zum Glück ist der Autor nicht in die Falle getappt, ungebührend viel auf Che Guevara einzugehen. Fand ich gut, gekonnt und konsequent.
Selbst Castro verschwindet immer wieder mal über mehrere Seiten, um Kubas Entwicklungen Platz einzuräumen. Nie wirkte es ungelegen. Eher mutete es wie ein durchdachtes Mittel an, das Buch essenzieller gestaltet zu wissen. Womit ich keinesfalls ein Strecken umschreiben will. Einen solchen Eindruck hatte ich zu keinem Zeitpunkt.
540 Seiten fordern trotzdem so ihre Kraft, um sie hinter sich zu lassen. Wiederum nicht zu viel, denn pausieren war durchaus möglich, weit weglegen weniger. Es ist ein spannendes Buch, das nicht bloß auf Spannung setzt, sondern stets die Maßgabe erkennen lässt, solide und gelöst zu unterhalten.
Wie soll es in Südamerika anders sein, es ist immer ein Stück US-amerikanische Geschichte und oft alles andere als rühmlich. Diesbezüglich geht es etwas mehr in die Tiefe, als lediglich die Atomwaffenstory zu beleuchten. Alles geht da, wie man weiß. Es ging allerdings noch mehr. Ich durfte staunen und dazulernen.
Notwendig kann und wird es nicht sein, eine Biographie vorzuschalten. Bei mir war es an dem. Ich hatte die Biographie von Che Guevara zuvor gelesen. Die war gut. Sie war spannend und ich bekam ein kleinteiliges Bild der Revolutionsanfänge, das einem Krimi in nichts nachstand. Mit diesem Wissen um den Ursprung war ich beim Castro-Buch gut bedient, denn dieses hat sich bei weitem nicht so intensiv mit dieser Phase beschäftigt, zugleich nicht können.
Nun führt mich der Weg zu Guevara zurück. Irgendwo liegt hier ein Buch über ihn, geschrieben von seinem Bruder, was dann den Kuba-Komplex für mich abschließen wird.
Wem das nicht reicht, dem sei die Kennedy-Biographie von Dallek empfohlen. Ein hervorragendes Buch.
Egal, der rote Faden fiel mir gerade aus den Händen.
Fazit: Volker Skierka - Fidel Castro zu lesen ist kein Fehler, doch braucht es seine Zeit. Das Beste an dem Buch: Ein Willen zur Bekehrung in irgendeine Richtung ist nicht zu finden.