Autor (Quelle: Wikipedia): Joseph Heller (geboren am 1. Mai 1923 in New York, gestorben am 12. Dezember 1999 in East Hampton) war ein amerikanischer Schriftsteller.
Ausgaben:
- Der Roman erschien im amerikanischen Original zuerst 1974 unter dem Titel „Something Happened“ bei Alfred A. Knopf in New York, vertrieben von Random House (569 Seiten), zuletzt wieder aufgelegt im Jahr 2019 in der Reihe „Vintage Classics“ bei Vintage in London (531 Seiten).
- Die deutsche Übersetzung von Günther Danehl erschien 1975 unter dem Titel „Was geschah mit Slocum?“ im S. Fischer Verlag in Frankfurt am Main (489 Seiten). Später unter anderem auch im Verlag Volk und Welt in Berlin/DDR (1978 und 1980, 556 Seiten) und als Goldmann-Taschenbuch Nr. 9448 im Wilhelm Goldmann Verlag in München (1989, 456 Seiten). Zuletzt wieder aufgelegt im Jahr 2002 als Fischer-Taschenbuch Nr. 15324 im Fischer-Taschenbuch-Verlag in Frankfurt am Main (569 Seiten).
- Die schwedische Übersetzung von Caj Lundgren erschien 1974 unter dem Titel "Nånting har hänt" bei Wahlström & Widstrand in Stockholm (459 Seiten).
- Eine italienische Übersetzung von Attilip Veraldi erschien 1975 unter dem Titel " È successo qualcosa" bei Club degli Editori in Mailand (610 Seiten).
- Die französische Übersetzung von Josane und Marianne Duranteau erschien 1979 unter dem Titel "Panique" bei Bernard Grasset in Paris (507 Seiten).
Meine Einschätzung:
Mein Sohn sah den dicken Roman auf dem Tisch liegen und fragte mich, worum es in dem Buch ginge und ob es mir gefällt. Und ich musste ehrlich antworten, dass in dem Roman im Grunde gar nichts passiert, da man nur dem inneren Monolog eines mittelalten Mannes lauscht, einem gehobenen Werbemanager in den 1960ern, einem Lügner und Ehebrecher, der schlecht über die Menschen denkt, ein Sexist, Snob und latenter Rassist, der von vielen Ängsten (die er alle eingesteht) und obendrein von heruntergeschluckter Wut, die sich niemals äußert, geplagt wird; also wenn man so will: einem zutiefst unsympathischen Mann, der aber in seiner Ehrlichkeit und Mitteilsamkeit zutiefst menschlich gezeigt wird. Alle seine Gedanken und Handlungen, derer er sich erinnert oder die er im Geiste durchspielt, erscheinen stets und immer sowohl moralisch gut und böse, als auch gleichzeitig höchst banal. Menschlicher lässt sich eine Figur auf dem Knotenpunkt von inneren Gedanken und äußeren Handlungen kaum zeigen. Wobei - um es noch besser zu machen - die Wertung des Autors völlig außen vor bleibt.
Und die Frage, ob mir das Buch gefällt? Im Grunde macht "Something Happened" (wieviel besser ist doch der Originaltitel!) keinen Spaß, sondern schürt eine leere Traurigkeit, wenn man einmal darüber nachdenkt, was in der launigen Selbstschau verborgen ist. Denn launig und faszinierend ist dieser Büroroman, auch wenn er sich zieht, weil Heller sich nicht beschränken mag. Man wird mit Haut und Haaren in die Innenwelt der unsympathischen Hauptfigur getaucht, was vielen Lesern zu intensiv sein wird: Eine Intensität, die ermüdet in ihrer Gleichförmigkeit.
Ich mag den Roman aber dennoch ausgesprochen gerne. Und das liegt neben den vielen Scharfzüngigkeiten und der Ehrlichkeit, die sich etliche infame Gedanken auszusprechen traut, vielleicht vor allem am Ende des Buches, wenn dann tatsächlich auf den letzten Seiten doch noch etwas passiert (siehe Originaltitel). Und ich glaube zu erkennen, dass all diese ausführliche Veräußerlichung der Gedankenwelt der Hauptfigur, all diese Verdrehungen und Verzwirbelungen von Gut und Böse, banal und umwerfend, widerwärtig und verständlich tatsächlich dazu führen, die ganze traurige Dramatik des Ereignisses, das dann "wie nebenbei" stattfindet, gar nicht mehr traurig aufnehmen zu können. Es wirkt eher wie eine groteske Anekdote, die man einander auf Dinnerpartys oder auf dem Büroflur zuflüstert. Als wollte Heller dem Leser in erschütternder Pracht um die Ohren hauen, wie das ganze Trauerspiel des Menschseins durch unsere moderne Gesellschaft, durch Fortschrittsstreben, durch die Ablehnung des Schwachen, das Belächeln des Seelenlebens, durch Kommerz und kommunikative Vereinsamung bei gleichzeitigem omnipräsentem Geplapper schon längst zu einem Treppenwitz verkommen ist: Desillusion? Selbstzweifel? Familienkonflikt? Midlife-Crisis? Einfach nicht ansprechen und weitermachen wie bisher!
In diesem Roman passiert also "etwas" kurz vor Schluss der Geschichte. Nur wird dieses Etwas so sehr ausgeblendet, dass die Geschichte und die Hauptfigur völlig um ihren tragischen Kern gebracht werden. Als Antrieb, überhaupt weiterzumachen, kann nur das Nichtgesagte herhalten, weswegen der ganze Lebensstil vielleicht auch so schrecklich substanzlos erscheint. Sagt es nicht meiner Frau! Ein Herumgewaber um ein Seelenleben, das völlig für sich bleibt. Das während es Kontakt vermeidet, genau die Nähe zu Menschen erhofft. Denn es scheint auch bereits vor dem Romananfang dem Protagonisten (uns allen? dem modernen Menschen?) passiert zu sein, dass er so wurde, wie er ist.
Leser, die Bücher danach bewerten, ob ihnen die Figuren sympathisch waren und die eine einschmeichelnd positive Handlung bevorzugen, werden den Roman vollständig ablehnen. Tatsächlich erwächst meine lobende Einstellung auch nicht aus dem Lesegefühl heraus, sondern ist Folge einer verstandesmäßigen Erkenntnis nach der Lektüre: Was habe ich da gerade nicht für ein Monstrum von Buch gelesen!