Sheila O'Flanagan - Ein unvollkommener Ehemann / Her Husband's Mistake

  • Schatz, es ist nicht so, wie es aussieht!


    Das ist ein schrecklicher, grotesker und brutaler Satz, an Zynismus wohl kaum zu übertreffen. Eine Ehefrau überrascht ihren Mann im Bett mit der Nachbarin beide nackt und die Nachbarin reitet ihn hemmungslos und der liebe Gatte sagt „Schatz, es ist nicht so, wie es aussieht!“ Roxy, die Ehefrau, packt ihre beiden Kinder und zieht zu ihrer Mutter für eine Zeitlang. Ihr Vater ist nach kurzer schwerer Krankheit gestorben, Roxy hat ihren Eltern in dieser schweren Zeit beigestanden und als sie nach der Beerdigung des Vaters heimkehrt, muss sie ihren Mann Dave in Flagranti ertappen.


    Um ihrer Mutter nicht zu sehr auf der Tasche zu liegen und um sich von ihrer häuslichen Misere abzulenken, führt sie das Geschäft ihres Vaters fort. Sie fährt Mercedes für Kunden, die nicht reguläres Taxi benützen wollen. Und sie hat Erfolg damit. Ihre Freundinnen und ihre Mutter bestärken sie darin. Gleichzeitig versucht Dave alles, um sie zu überreden, wieder zu ihm nach Hause zu kehren. Er vermisst sie und die Kinder, er will wieder eine Familie sein, so wie früher. Eine gekittete Beziehung hat immer eine Sollbruchstelle. Doch auch wenn Roxy letztlich einwilligt, zurückzukehren, so wie früher geht das nicht mehr. Das kann und will Dave nicht einsehen. Nicht nur, dass Roxy Dave nicht mehr voll und blind vertrauen kann, sie ist nicht mehr die kleine liebe Ehefrau, die für Kinder und Mann allein lebt. Sie ist erfolgreich, hat gute Kontakte unter Kollegen, hat ein Sicherheitsnetz unter den Müttern in der Nachbarschaft, die ihr helfen, die Kinder zu betreuen, wenn sie unterwegs ist, ihre eigene Mutter und besten Freundinnen unterstützen sie. Um ihren beruflichen Verpflichtungen nachkommen zu können, muss Roxy ihren Mann anlügen, nur noch Aufträge am Vormittag annehmen, wenn die Kinder in der Schule und der Mann bei der Arbeit ist. Aber manche Fahrten sind auch am Nachmittag oder sogar über Nacht. Roxy kann und will gute Kunden nicht verlieren.


    Dave ist voll in seinem Machogehabe gefangen und sieht nicht, wie falsch er liegt. Er glaubt, wenn er nur den Mercedes verkauft, zur Not auch hinter Roxys Rücken, wird alles so wie früher. Aber ein Früher gibt es jetzt nicht mehr. Es gibt nur noch ein Vorwärts. Roxy zieht die Konsequenzen und Dave zieht aus…


    Die Gespräche zwischen Mutter und Tochter, zwischen Roxy und ihren Kindern oder Roxy und ihren Freundinnen sind bezaubernd. Meistens sind Gespräche zwischen Mutter und Tochter ja spannungsgeladen, weil da meistens nie geklärte neuralgische Punkte zwischen ihnen liegen, aber Roxy und ihre Mutter verstehen sich, helfen sich und bauen sich gegenseitig auf. Roxy führt aber auch andere Gespräche, mit ihren Kunden und Kundinnen, und die sind wiederum sehr vielseitig und interessant, bereichern und erweitern Roxys Horizont. Dave und Roxy sprechen nicht mehr richtig miteinander. Er denkt nur noch, dass Roxy mit der Fahrerei aufhören muss, um sein Heimchen am Herd zu spielen. Diese Gespräche verlaufen im Sand, führen nirgendwohin, sind von Anfang an abwertend und negativ.


    Mein Fazit: Roxy hat richtig gehandelt. Fort mit Schaden!

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Sheila O'Flanagan Ein unvollkommener Ehemann“ zu „Sheila O'Flanagan - Ein unvollkommener Ehemann / Her Husband's Mistake“ geändert.
  • kleine_hexe Titelzeile korrigiert und ISBN unter dem Reiter 'Buch' im Editor nachgetragen und hier noch das Original:

  • Thema des Buches ist ein Evergreen: Eine betrogene Ehefrau Roxy, die vor und nach dem Tod ihres Vaters Zeit mit ihrer Mutter verbringt, den Chauffeur-Dienst ihres Vaters weiterführt und zuhause nicht mehr so zur Verfügung steht, wie die Familie es gewohnt war. Ihr Gatte Dave ist ihr zunächst zwar eine Stütze, fühlt sich dann aber vernachlässigt und macht es sich leicht und holt sich die Nachbarin ins Bett. Der Rest des Buches befasst sich damit, wie Roxy damit umgehen soll.



    Ein Chauffeurdienst hat Roxy schon immer Spaß gemacht, sie fährt gut und sicher und kann sich auf ihre Fahrgäste einstellen. Und einen Chauffeur bestellt nicht jeder, da gehört schon etwas Planung und natürlich auch das nötige Kleingeld mit dazu. Und so lernt Roxy auf ihren Touren so manchen Promi, bekannt aus Funk und Fernsehen, kennen. Was zunächst aus der Not geboren schien, macht ihr Spaß, trägt zu mehr Selbstsicherheit bei und sie genießt ihre neuen Freiheiten.


    Der Roman spielt in Irland und man kann davon ausgehen, dass Irland auch heute noch konservativer ist als der Rest Europas. Es ist zwar mittlerweile anerkannt, dass Frauen arbeiten, aber mehr, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Weniger, um sich freizuschwimmen, Spaß an der Arbeit zu haben und hinterher finanziell unabhängig zu sein. Vielerorts ist der Mann noch stolz darauf, seine Familie allein ernähren zu können. Die Finanzkrise, die in mehreren Passagen erwähnt wird, mag dazu beigetragen haben, dass sich Frauen weiter emanzipiert haben, das geschah aber mehr aus der Not heraus, zum Einkommen beitragen zu müssen. Roxy war über viele Jahre die perfekte Ehefrau, die ihren Mann unterstützte, die Kinder aufzog, für ihre Eltern da war. Und mit dem Seitensprung ihres Mannes, der erzwungenen kurzzeitigen Trennung und der Aufnahme eines eigenen Geschäfts, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, stellt sie fest, dass es noch mehr im Leben gibt, sie gewinnt Selbstvertrauen und wird sich bewusst, dass sie etwas kann, was nicht jeder kann.


    Ich bin mir schon sicher, dass Dave Roxy liebt und sie vermisst. Aber es ist mehr eine selbstbezogene Liebe, er will sein altes Leben wiederhaben, in dem er umsorgt wurde, in dem ihm alles abgenommen wurde und in dem er Macht über seine Frau hatte. Er bestimmt die Richtlinien ihres gemeinsamen Lebens. Dafür akzeptiert er durchaus, dass die finanzielle Sorge um die Familie auf ihm lastet. Interessant ist, dass mit dieser Liebe ein Anspruch verbunden ist. Dave gibt unumwunden seinen Fehler zu, entschuldigt sich und ist fest davon überzeugt, damit genug getan zu haben. Er will zur alten Tagesordnung zurück. Jetzt soll Roxy sich wieder unterordnen, bestenfalls im Supermarkt an der Kasse arbeiten wie die meisten ihrer Freundinnen.


    Es scheint ein Widerspruch in sich zu sein, entweder Familie oder ein anspruchsvollerer Job. Und zunächst einmal sieht das nicht nur Dave so, sondern auch Roxy’s Mutter und manche ihrer Freundinnen. Natürlich ist es eine Herausforderung, Familienleben und Beruf unter einen Hut zu bringen und oft genug ist das Chaos vorprogrammiert, wenn Unvorhergesehenes dazwischenkommt. Die Gesellschaft ist nicht auf der Seite der Frauen, schließlich haben sich die Frauen jahrhundertelang untergeordnet, das sitzt tief. Auch andere berufstätige Frauen sind durchaus nicht solidarisch, wie man an der Schuldirektorin ablesen kann, die ungehalten ist, als Roxy nicht sofort ihre Tochter von der Schule abholt, als diese sich einen Magen-Darm-Virus eingefangen hat.

    Ich gebe zu, dass ich dieses Buch zu Anfang sehr langatmig fand, es passiert ja nicht wirklich viel und meistens folgt man Roxys Gedanken. Je weiter ich las, desto mehr schätzte ich es aber, diesen Gedanken zu folgen. Roxy trifft ihre Überlegungen nach reichlichem Nachdenken, sie gibt ihrem Mann durchaus die Chance, die Ehe zu retten.


    Und so ist es schließlich nicht der Seitensprung, der das Eheende einläutet, sondern Daves Weigerung, über seinen eigenen Horizont hinauszublicken und die Wünsche seiner Frau zu respektieren. Es ist schon krass, dass er ohne ihre Zustimmung den Wagen verkauft hätte und ihr eine Weiterarbeit verbieten will. Und auch ein drittes Kind sollte eine gemeinsame Entscheidung sein und nicht nur die eines Partners.

    Was mich aber wirklich betroffen machte, war der schnelle Umzug Daves zur Nachbarin, mit der er beim Seitensprung erwischt wurde. Wie beschrieb es Roxys Mutter so schön:

    Frauen trauern um einen geliebten Menschen, Männer ersetzen ihn.


    Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Bei der Buchgestaltung würde ich ein paar Abstriche machen. Das Cover ist zwar farbenfroh und aufmerksamkeitssstark, erinnert mich aber eher an ein mediterranes Motiv und eine Ausfahrt im Cabriolet.

  • Das Cover des Buches in freundlichen, sommerlichen Farben gestaltet hat mich direkt angesprochen, weil ich nach einer Urlaubslektüre gesucht habe. Außerdem hat mich angesprochen, dass Roxy früher Steuerfachangestellte war. Ich komme auch aus dem Bereich. :)


    Die Geschichte ist relativ schnell erzählt: Roxy erwischt ihren Mann kurz nach der Beerdigung ihres Vaters mit der Nachbarin im Bett. Sie muss sich nun entscheiden, wie es mit ihrem Mann weitergehen soll.


    Roxy ist mir direkt sympathisch. Sie ist offen und nimmt ihr Leben direkt in die Hand. Für ihre Kinder und ihre Mutter ist sie immer da, genau wie für ihre Freundin und für ihre Kunden. Für die ist sie immer erreichbar. Als Leser konnte ich ihre Zerrissenheit zwischen ihrem Mann verzeihen oder doch nicht verzeihen sehr gut nachvollziehen.

    Problematisch empfand ich zum einen ihren Mann, der doch sehr altbackene Ansichten hat und meint er bestimmt, wie Roxy sich zu fühlen hat. Außerdem empfinde ich ihn in vielen Situationen als sehr übergriffig. Hier hätte Roxy, meiner Meinung nach, noch ein bisschen mehr wehren können.


    Die Geschichte an sich liest sich temporeich und es trifft mitten ins Herz. Mir hat dieses Buch als Urlaubslektüre sehr gut gefallen und ich habe es direkt verschlungen.