Schneidmüller, Weinfurter, Wieczorek - Verwandlungen des Stauferreichs

  • Eine Ausstellung ist das Thema dieses Buches, die 2010 in Hessen, BW und RP in den Staatlichen Schlössern und Gärten zu sehen war und die Regionen zum Thema hatte, die unter Staufischer Herrschaft eine hochmittelalterliche Blüte erfuhren:

    Rhein - Main, Oberitalien und das Königreich Sizilien.

    In allen drei Regionen bestimmten die Staufer von der Mitte des 12. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts die Geschicke und brachten alle drei Regionen unter ihrer Herrschaft zur Hochblüte, verglichen mit der europäischen Nachbarschaft zu dieser Zeit.

    Welche Voraussetzungen und Entwicklungsprozesse waren dazu nötig?


    Welchen Handlungsspielraum hatten so grundverschiedene Herrschergestalten wie Friedrich I. Barbarossa, Heinrich VI., oder Friedrich II.?


    Zunächst kam ihnen allen eine klimatische Warmphase zugute, die in diesem, dem "staufischen" Jahrhundert, mildes Klima für den Anbau von Wein, Getreide oder Öl erzeugte, die die Heerfahrten und großen Truppenbewegungen berittener Verbände erst möglich machten.

    Diese Regionen verfügten ausserdem über ökonomische Autonomie seit der Römerzeit und auch über die Ordnungsprinzipien, welche die gewachsenen urbanen Gesellschaften in den Städten erzeugten. Eine Kommunität, die zu dieser Zeit zu den entwickeltesten städtischen Strukturen Europas gehörte, vor allem in Oberitalien.

    Dazu das reiche Sizilien, das zuletzt im 12. Jahrhundert an die Staufer kam, mit seiner einzigartigen byzantinisch - arabisch - muslimischen Händler und Kaufmannstradition, dem Zugang zu arabischem Wissen, der Medizin, der Arithmetik und Algebra und den Naturwissenschaften.

    Alldas erzeugte innerhalb des Stauferreichs ein innovatives Mikroklima, von dem die Morphologie und die Organisationsstruktur aller Reichsteile symbiotisch profitieren konnten.

    Die lombardischen Stadtkommunen waren es dann letztlich auch, die die Macht der Staufer im Reich immer aufs Neue erprobten und beschnitten. Die Ordnung der "Kommune" sollte sich letztlich gegen den adlig - imperialen Herrschaftsanspruch durchsetzen. An diesen Strukturen scheiterte letztlich die universale Reichsidee, viel mehr als an der Macht von Kurie und Päpsten.


    Zudem war die Dokumentation und "Propaganda" integraler Bestandteil der Klammerung der staufischen Regionen. Otto von Freising, Bischof und staufischer Chronist, stellte eine für diese Zeit unerhört große Kanzleiorganisation gänzlich in den Dienst der Anpreisung staufischer Leistungen und Größe. Das wertete auch die drei Kernregionen in der gesamteuropäischen Wahrnehmung auf, zu Zentren zivilisatorischer Innovation.


    Die Architektur tat ihr Übriges dazu, die staufische Buckelquaderbauweise beherrschte die Wehrbauten von Gernrode bis nach Apulien. Residenzbauten, Kastelle und Paläste, Jagdschlösser, Pfalzen und Brücken, die reichhaltige Bebilderung gibt eine Retrospektive staufischer Gestaltungskraft.


    Die "Krafträume" des staufischen Reichs waren seine Pluralität, die Vielfalt der Organisationen und Strukturen unter staufischem Dach. Die transkulturellen Impulse und Vernetzungen vor allem unter Friedrich II., die politischen, künstlerischen, städtebaulichen Innovationsräume, die Spannbreite des Stauferreichs unter dem "immutator mundi" ,dem allem kommt das Buch und die Ausstellung in vorbildlichen Maße auf die Spur.


    Mediävisten aus ganz Europa und Übersee haben zu diesem Konzept beigetragen, ihre wichtigsten Ergebnisse sind in diesem Buch resümiert. Die Kooperation mit Museen aus drei Erdteilen hat eine einzigartige Kompilität erzeugt, die sich in den in diesem Buch eingebrachten Essays widerspiegelt.

    Weinfurter, D'Acunto, W.Stürner, Hubert Houben, die Elite der Mediävistik hat sich ins Register eingetragen.

    Die Reliefs der Staufischen Landschaften sind eindrucksvoll, voller Klüfte und Abgründe, mit reichen Böden und blühender Kultur. Es war ein Konzept für die Ewigkeit und in dieser Ausstellung kann man lernen, daß eben nichts für die Ewigkeit hält, was der Mensch plant, das Vergänglichkeit den menschlicheren, besser zu erfassenden Teil der staufischen Herrlichkeit ausmacht, denn nur das Reich, das vergeht, ist menschlich.


    Ein gelungenes Buch, in seiner ausführlichen Dokumetation und Anhang erfüllt es alle Standards wissenschaftlicher Aufbereitung.

    Und welch ein kreativer Denkansatz!

    5 :bewertung1von5:

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Schneidmüller,Weinfurter, Wieczorek - Verwandlungen des Stauferreichs“ zu „Schneidmüller, Weinfurter, Wieczorek - Verwandlungen des Stauferreichs“ geändert.
  • Klingt schwer interessant, wie zumeist, wenn von jemand von etwas sehr viel Ahnung hat. Doch für Otto Normalverbraucher wie mich wäre es vermutlich zu "überfrachtet", denn ich habe den leisen Verdacht, dass nicht nur Dokumetation und Anhang alle Standards wissenschaftlicher Arbeit erfüllt. 8)

  • Vergessen.

    Zudem war die Dokumentation und "Propaganda" integraler Bestandteil der Klammerung der staufischen Regionen. Otto von Freising, Bischof und staufischer Chronist, stellte eine für diese Zeit unerhört große Kanzleiorganisation gänzlich in den Dienst der Anpreisung staufischer Leistungen und Größe. Das wertete auch die drei Kernregionen in der gesamteuropäischen Wahrnehmung auf, zu Zentren zivilisatorischer Innovation.

    Hier musste ich schmunzeln. Wie bei so vielen Dingen, die man für neuzeitig hält, darf man auch bei grooooßen Rückblicken feststellen: ein alter Hut. Und gerade die Werbebranche mit ihren schwarz Rollkragen-Pullover-gestylten Kreativen, empfinde ich es besonders amüsant. Traditionalisten reinster Prägung. :loool: