Bonnie Garmus - Eine Frage der Chemie / Lessons in Chemistry

  • Kurzmeinung

    bonnieloca
    Uneingeschränkte Empfehlung, das beste Buch seit Langem
  • Kurzmeinung

    mondy
    Gutes Buch über Sexismus in den 50/60ern, aber der hochbegabte Hund und das süßliche Ende waren mir dann doch zu viel.
  • Eine Frau, die sich nichts gefallen lässt!

    Klappentext

    Elizabeth Zott ist eine Frau mit dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Außer Calvin Evans, dem einsamen, brillanten Nobelpreiskandidaten, der sich ausgerechnet in Elizabeths Verstand verliebt. Aber auch 1961 geht das Leben eigene Wege. Und so findet sich eine alleinerziehende Elizabeth Zott bald in der TV-Show »Essen um sechs« wieder. Doch für sie ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände ...

    Über die Autorin

    Bonnie Garmus war als Kreativdirektorin international vor allem in den Bereichen Medizin, Erziehung und Technologie tätig. Privat bevorzugt sie das Schwimmen im offenen Meer, wobei sie sich darauf konzentrieren muss, nicht darüber nachzudenken, was alles sonst noch unter ihr schwimmt. Gebürtig in Kalifornien lebte sie lange in Seattle, wo sie sich ausgiebig dem Wettkampfrudern widmete. Sie ist außerdem Mutter zweier erwachsener Töchter und lebt aktuell mit ihrem Mann in London. Dies ist ihr erster Roman.

    Meinung

    Elisabeth Zott ist Chemikerin und versucht, sich in den Sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts einen Platz im Labor zu verschaffen und ihren Forschungen nachgehen zu können. Leider ist es in dieser Zeit für Frauen praktisch unmöglich, eine ernsthafte Arbeit abseits von Verkauf und Büro auszuüben. So werden ihr alle möglichen Steine in den Weg gelegt und sie muss schockierende Erfahrungen machen.


    Der erste Eindruck vom Cover: das ist eine Frau, die weiß, was sie will und die sich nichts gefallen lässt. So tritt Elisabeth dann auch auf. Herrlich die Szenen bei Calvin, als sie sich Reagenzgläser holt und auch bei Walter Pine wegen des Lunchs der Kinder.


    Die Sprache ist sehr prägnant und direkt, genauso wie Elisabeth, und ich musste oftmals lachen über ihr forsches Auftreten und ihr teilweise merkwürdiges Verhalten. Sie ist typisch Naturwissenschaftlerin, nimmt alles sehr genau und hat keinen Sinn für unnötige Umstände oder unnütze Dinge.


    Sowohl Elisabeth als auch Calvin sind mir beide sehr sympathisch in ihrer Genialität und gleichzeitigen sozialen Inkompetenz. Sie handeln stets verständlich und überlegt und sind mir in ihrer Beziehung zueinander echt ans Herz gewachsen.


    Der Roman hat mich von der ersten Seite an gefesselt und ich wollte sofort mehr über diese tolle Chemikerin erfahren. Bis zum Schluss blieb es spannend. Meine Gefühle haben die ganze Zeit zwischen Entsetzen, Mitgefühl, Freude und Trauer gewechselt, ich habe mitgelitten und -gefiebert mit Elisabeth.


    Fazit: ein toller Roman über eine starke Frau, die allen Widerständen zum Trotz ihren Weg geht.

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    2024 gelesen: 15 Bücher / 6388 Seiten


    :study: Schönwald - Philipp Oehmke

    :study: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen! - Dora Heldt

  • Gleich das erste kurze Kapitel offenbart, dass man mit Maddie und ihrer Mutter zwei ungewöhnlichen Menschen begegnen wird, faszinierend und sympathisch zugleich. Dazu kommen eine gute Sprache und angenehme Erzählweise, die mich der Geschichte ausgesprochen gern haben folgen lassen.


    Zu Beginn lernt man Elizabeth Zott als ehemalige Forschungs-Chemikerin und derzeitigen Star einer Kochsendung kennen. (Anfangs habe ich befürchtet, es könnte auf eine dieser Geschichten mit Schwerpunkt Kochen/Backen und Rezepten im Anhang hinauslaufen, aber weit gefehlt). Ihre kleine Tochter Maddie konnte schon mit drei Jahren lesen und mit fünf ist sie sich schon absolut bewusst, dass sie „anders“ ist als die anderen, das aber so weit wie möglich verbergen und dazu gehören will. Im weiteren Verlauf geht es zunächst 10 Jahre zurück in die Vergangenheit. Man erfährt, was geschehen ist bzw. wie es zu ihrer aktuellen Situation kommen konnte - und von einer ganz besonderen, für mich unwiderstehlichen Liebesgeschichte, die ein abruptes Ende nimmt.

    In dieser Phase spinnt die Autorin einige Fäden, die längere Zeit „herumhängen“, aber am Ende tatsächlich alle verknüpft werden und für so manche (auch ein bisschen märchenhafte) Überraschung sorgen.


    Elizabeth ist eine ausnehmend kluge, selbstbewusste junge Frau und ihrer Zeit weit voraus. Ihre Fähigkeiten als Wissenschaftlerin, insbesondere Chemikerin stoßen in dieser nahezu ausschließlich von Männern dominierten Welt auf wenig Gegenliebe. Anerkennung erhält sie nur insofern, als ihre Forschungsergebnisse von männlichen Kollegen geklaut und als die ihren ausgegeben werden. Und was das Schlimmste dabei ist, ohne jegliches Unrechtsbewusstsein. Generell kommen die Institutionen, sowohl die wissenschaftlichen als auch die religiösen nicht gut weg, werden als scheinheilig und opportunistisch dargestellt bzw. entlarvt. Doch nicht ausschließlich, auch in diesen selbstgefälligen Männerwelten gibt es (wenige) Ausnahmen, die Elizabeth schätzen und bereit sind, sie zu nehmen wie sie eben ist.


    Ihre Logik in allen Bereichen des Lebens stößt in ihrem Umfeld meist auf Unverständnis und beschert ihr wenig Freunde. Ihre Tochter macht einige Jahre später ähnliche Erfahrungen.

    Durch und durch wissenschaftlich geprägt, erweist sich Elizabeth dann auch als eine ziemlich „spezielle“ Mutter. In diesem Sinn erzieht sie auch ihre Tochter, was zu verblüffenden, teils skurrilen Situationen führt. Als Halbsieben in ihr Leben tritt, war ich zunächst ein bisschen skeptisch, ob dieser Hund mit seinen besonderen Fähigkeiten nicht etwas zu viel des Guten ist, aber was soll ich sagen - er hat mein Herz im Sturm erobert.


    Kritisch könnte man vielleicht anmerken, dass manche Figuren und Ereignisse etwas überzeichnet werden und dadurch nicht unbedingt wie aus dem Leben gegriffen wirken. Mich hat das nicht weiter gestört, irgendwie gehört es hier dazu und unterstreicht das Besondere in und um Elizabeth. Es nötigt vermutlich jedem LeserIn Bewunderung ab, wie sie den zahlreichen Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten hoch erhobenen Hauptes begegnet, ihren wissenschaftlichen Ansätzen und sich selbst treu bleibt, selbst wenn es über ihre Kräfte zu gehen droht. Auch die emotionalen Momente werden auf eine spezielle, zurückgenommene, perfekt in die Geschichte passende Weise geschildert – und sind gerade deshalb besonders intensiv und berührend.


    Mir hat die Zeit mit Elizabeth ausgesprochen unterhaltsame Lesestunden beschert.

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  • In den fünfziger Jahren hat Elisabeth Zott Chemie studiert, sie ist sehr intelligent, außerdem sieht sie gut aus und hat einen starken Willen. Eine Kombination die sehr gefährlich für eine Frau in dieser Zeit ist. Nicht nur das ihre Fähigkeiten nicht anerkannt werden, sie wird auch als Freiwild betrachtet. Hässliche Bemerkungen, geklaute Ergebnisse ihrer Forschungen sind noch die harmlosesten Widrigkeiten die ihr widerfahren. Erst Calvin Evans akzeptiert sie so wie sie ist, nicht nur das, sie werden ein perfektes sich einander ergänzendes Paar. Aber das Schicksal hat sich etwas Anderes ausgedacht. Also wird Elisabeth Anfang der sechziger Jahre Moderatorin einer Kochshow. Auch hier setzt sie ihren eigenen Stil durch.

    Es ist die Geschichte einer Frau der nichts geschenkt wird. Wo ein Mann hart arbeiten muss, muss eine Frau das Dreifache an Leistung erbringen. Wenn man das Buch liest, ist man dankbar in unserem Jahrzehnt zu leben und zu arbeiten. Es ist noch immer nicht alles Gold was glänzt, aber diese Härten werden uns weitgehendst erspart. Vor allem wird uns Heute wenn wir uns dagegen wehren, geglaubt und wir bekommen Hilfe.

    Vor allem der Erzählstil vermittelt die Geschichte sehr glaubhaft. Er hat eine gewisse Distanz, es wird mehr aus der Sicht einer Beobachtenden erzählt. Es fehlt vielleicht eine Portion Emotionalität oder genau dieses Fehlen macht diesen Roman glaubhaft und man kann es nicht als reine Phantasie abtun. Einiges wird überspitzt beschrieben, dadurch werden die Themen die der Autorin am Herzen liegen deutlich.

    Ich kann mir dieses Buch sehr gut als Filmvorlage vorstellen, als Film würde es noch ein breiteres Publikum erreichen.

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  • Ihrer Zeit weit voraus

    Elizabeth Zott ist Wissenschaftlerin mit Leib und Seele. Sie möchte in Chemie promovieren, doch in den USA der 1950er Jahre haben Frauen gefälligst entweder Hausfrau zu sein oder als Sekretärin oder Verkäuferin zu arbeiten, im wissenschaftlichen Betrieb werden sie nicht gern gesehen. Nur ein Mann sieht das ganz anders: Calvin Evan, selbst genialer Wissenschaftler, der schon viele Preise abgeräumt hat. Er erkennt, dass Elizabeth sehr viel intelligenter ist als ihre männlichen Kollegen, die sie zwar gern um Rat fragen, ihre Leistungen jedoch nicht offiziell anerkennen.


    Nach einem holprigen Start werden Elizabeth und Calvin ein Paar. Sie ziehen zusammen, ohne Trauschein – unerhört in der damaligen Zeit! - doch leider ist ihnen nicht viel Zeit miteinander vergönnt. Elizabeth verliert ihren Job und kommt durch Zufall in Kontakt mit dem Programmverantwortlichen eines Fernsehsenders, der ihr eine Kochshow anbietet, „Essen um sechs“. Aus finanziellen Gründen nimmt Elizabeth an. Doch die Vorstellungen des Senders und ihre eigenen klaffen weit auseinander. Für Elizabeth ist Kochen Chemie, und genau das will sie den amerikanischen Hausfrauen beibringen. Ihre spröde Art, gepaart mit guten Rezepten und ihrem Glauben, dass in den Frauen, die ihre Sendung verfolgen, mehr steckt als sie sich bisher zutrauen, machen ihre Sendung zu einem unerwarteten Erfolg.


    Doch Elizabeth wäre nicht sie selbst, wenn sie sich mit diesem Erfolg zufriedengeben würde.


    „Eine Frage der Chemie“ spricht die Missstände in der Gesellschaft und Arbeitswelt der 1950er und 60er-Jahre an: Frauenfeindlichkeit, Ungleichheit in der Gesellschaft und der Bezahlung, das Stigma, das unverheirateten Müttern anhaftete, um nur einige zu nennen. Doch Bonnie Garmus hat es geschafft, trotz dieser ernsten Themen einen sehr amüsanten Roman zu schreiben, der durch seine abstrusen Situationen und besonderen Charaktere lebt. Ich habe jede Seite dieses außergewöhnlichen Romans genossen, der für mich das Lesehighlight des bisherigen Jahres darstellt! :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ein Buch über die Rolle der Frau (und etwas Chemie)


    Der Titel "Eine Frage der Chemie" hat mich bei dem Buch neugierig gemacht. Dazu diese keck in die Kamera lächelnde Frau auf dem Cover - ich wollte wissen, welche berühmte Wissenschaftlerin hier wohl vorgestellt wird. Als ich dann den Beginn des Klappentexts las, war ich erst mal verwirrt: es geht ums Kochen!? Wie passt das zusammen?


    Nach der Lektüre des Buches kann ich nur sagen: es passt wunderbar gut zusammen! Bonnie Garmus ist mit ihrem ersten Roman ein Meisterstück gelungen! Mit viel Witz und Ironie erzählt sie die Geschichte von Elizabeth Zott, der Chemikerin, die vielen Amerikanern das Kochen durch ihre Kochshow beibrachte. Elizabeth ist, wie das Klischee einer Naturwissenschaftlerin schlechthin ist: intelligent, vergleichsweise nüchtern und wenig emotional. Sie entscheidet und begründet alles rational. Emotionen spielen eher eine untergeordnete Rolle. Und doch ist sie sehr zielstrebig und versucht, sich in einer männerdominierten Welt durchzusetzen.

    Garmus Schreibstil greift diese Stimmung sehr gekonnt auf, und weiß, mit Wortwitz und gekonnten Pointen, die schwierigen Themen der Frauen aufzugreifen. Dabei geht es weit über die in der Geschichte dargestellten Sechzigerjahre hinaus. Auch heute noch sind viele Themen des Romans aktueller denn je. Das wird einem beim Lesen auch immer wieder vor Augen geführt. Zwischendurch hat der Roman etwas Längen, aber das ist meist nur von kurzer Dauer. Die Zeitsprünge und verschiedenen Erzählstränge sind nämlich so geschickt verwoben, dass man wirklich große Freude beim Lesen hat.


    Ein absolut lesenswerter Roman! Vor allem auch für diejenigen, die sich für Chemie (am Rande), das Kochen und vor allem die Rolle der Frauen interessieren.

  • Eine Chemikerin wird TV-Kochstar

    Das wunderschöne Buchcover zeigt die attraktive Elisabeth Zott mit der typischen Haltung (Hände an den Hüften), wenn sie der Männerwelt signalisieren möchte, dass sie sich nichts gefallen lässt.

    Elizabeth Zott, Mutter und Chemikerin wortgewandt und den Männern haushoch überlegen, weiß was sie will und geht ihren Weg. Ganz am Anfang der Geschichte rauscht sie ins Büro von TV Produzent Walter Pine, um sich über seine Tochter zu beschweren. Dieser war so von ihrer Persönlichkeit beeindruckt, dass er sie dazu bringt die TV-Kochshow „Essen um sechs“ zu moderieren. Die Geschichte geht dann in der Rückblende im Jahr 1952 weiter und wir erfahren, wie sich Elisabeth in der Männerwelt der Wissenschaft durchschlagen muss und in Calvin ihre große Liebe findet.

    Die Protagonisten wirken auf ihre Weise authentisch. Nicht nur die Männer sind auf Elisabeth neidisch und können ihr nicht das Wasser reichen. Es gibt wenige Menschen, wie zum Beispiel Calvin, selbst genialer Wissenschaftler, die Elisabeth ernst nehmen und mit denen Elisabeth befreundet ist.

    Die Autorin Bonnie Garmus hat ihren ganz eigenen Schreibstil, der mir sehr gut gefallen hat. Einerseits humorvoll und andererseits werden die Schikanen, die Elisabeth erleben muss, schonungslos offenbart. Ich habe das Buch innerhalb kürzester Zeit gelesen. Ein richtig tolles Buch, das ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann.

  • Lügen, Lügen und noch mehr Lügen


    Dieser Roman handelt von zwei Wissenschaftlern, männlich und weiblich, denen in frühester Kindheit schon ihre Fähigkeit, Bindungen einzugehen, auf grausame Art zerstört wurde. Während er im Wissenschaftsbetrieb Erfolge erzielt, werden ihr fortwährend Knüppel zwischen die Beine geschmissen.


    Unglaublich, was Frauen erdulden mussten in den Sechzigerjahren, wenn sie sich nicht zum Mainstream gehörig fühlten. Das fängt bei der Negierung ihres Intellekts an und hört bei physischen Übergriffen noch lange nicht auf.


    Diese beiden Chemiker werden schnell ihrer Affinität gewahr und dürfen ein kurzes gemeinsames Glück erleben, bis ihre Insel der Seligen inmitten eines Meers der Böswilligen von einem grausamen Schicksal überflutet wird.


    Danach wird es für Liz erst recht erbarmungslos. Um überleben zu können mit ihrer Tochter Mad, fügt sie sich vordergründig in eine weibliche Rolle, indem sie sehr erfolgreich, aber doch auf ihre eigene Weise eine Kochsendung ganz anders moderiert, als es den gängigen Erwartungen entspricht. Dabei stellt sie jegliche soziale Verbindlichkeiten der Epoche auf den Kopf, eckt besonders bei Männern an, erfährt aber auch von Frauen keine Solidarität, bis sich herausstellt, dass ihre stärkste Widersacherin im Institut vom gleichen Trauma gezeichnet ist und ihr zum Abschied noch einen Trumpf in die Hand drückt.


    Solche seltenen Glücksmomente treiben sie letztendlich voran, einige wenige Verbündete helfen ihr, sich zu behaupten.


    Mir als Leser sträubt sich das Fell ob der moralischen Verkommenheit in den Organisationen und vor allem auch der Kirche. In diesem Schwarzbuch der Frauenfeindlichkeit konstruieren sich alle Beteiligten die Realität gerade so, wie sie es brauchen: "Ich lebe in der realen Welt, und in dieser Welt sagen und tun wir einiges, um unsere blöden Jobs zu behalten!" (S. 332) Erst vor Kurzem hat es die "Me Too"-Bewegung ans Licht gebracht, was da tatsächlich hinter den Kulissen vor sich ging.


    Bei all dem Aufbegehren gegen die brutalen Konventionen stören auch die surrealistischen Elemente nicht mit der hochbegabten Tochter und dem Hund voller ungewöhnlicher Fähigkeiten.


    Einen Spannungsbogen durch das ganze Buch zeichnet das Rätsel um Calvins verschwundenen Vater, das in den eingeflochtenen Waisenhausepisoden peu à peu umkreist und am Ende gelüftet wird durch einen Showdown mit einem fast märchenhaften Schluss.

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  • Wie lebt und arbeitet eine hochbegabte Chemikerin? Wie gestaltet sich das Leben ihrer Tochter, die ebenfalls hochbegabt ist?

    Bonnie Garmus beschreibt in ihrem Buch das Leben der Chemikerin Elizabeth Zott und ihrer Tochter Madeline. Wir lernen Elizabeth aber nicht in einem Labor, sondern in
    einer Kochshow kennen, die sie jeden Tag am Nachmittag fürs Fernsehen produziert. Aber warum eine Kochshow? Wir erfahren, dass für sie Kochen nichts anderes als Chemie ist. Und dann erfährt der Leser, dass dies nicht heute geschieht. Nein, es ist Anfang der 60er
    Jahre in den USA und eine Chemikerin, die in einem Verhältnis mit einem Kollegen lebt und auch noch schwanger wird ist etwas Außergewöhnliches. Und diese Schwangerschaft kostet sie ihren Job.

    Aber auch ihre Tochter Madeline hat es dann, hochbegabt, aber unehelich, nicht leicht.
    Anfangs hat sie nur „Halbsieben“, einen Hund, dem sie eine Vielzahl von Wörtern beibringt und aus dessen Sicht Bonnie Garmus die Handlung ebenfallsbeschreibt.

    Eine unglaublich interessante Lebensgeschichte wird erzählt, aus ganz verschiedenen Perspektiven, von ganz unterschiedlichen Menschen und eben einem Hund. Eine
    Lebensgeschichte in einer Zeit, die noch nicht lang her ist, aber so unendlich weit weg in den Denkweisen, vor allen der Männer, aber auch von Frauen, die ich nur schwer nachvollziehen kann. Und diese Elizabeth Zott hat mich in ihren Bann gezogen. Ihre Sicht auf das Leben, ihr nüchternes Betrachten der Welt, all das habe ich sehr gemocht. Auch ihre Tochter, die ähnlich gestrickt ist, fand meine große Sympathie.

    Ein Buch, das mich beeindruckt hat und dazu beigetragen hat Luise Helm, die genau
    richtige Stimme für dieses Hörbuch!

    Ich vergebe 5 Sterne!

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  • Meine Meinung

    Ich bin ehrlich: Als ich auf der zweiten Seite des Buches folgendes las, wollte ich das Buch eigentlich sofort wieder weglegen:

    Zitat

    "Die meisten kleinen Kinder können nicht lesen, und falls doch, sind es meist Wörter wie "Hund" und "Maus". Aber Madeline las bereits, seit sie drei war, und jetzt, als Fünfjährige, hatte sie schon fast den gesamten Dickens durch."

    :roll: Bücher über hochbegabte Wunderkinder sind normalerweise nicht so mein Ding und die Zurschaustellung ihrer Überlegenheit mag ich noch weniger. Aber das Buch wurde mir gewichtelt, also wollte ich es wenigstens versuchen ... und ich habe es nicht bereut!


    Eigentlich geht es um Elizabeth Zott, eine überaus intelligente Frau, die es im Wissenschaftsbereich Chemie zu etwas bringen will ... und das in den 50er/60er Jahren. Es wird sehr eindrücklich dargestellt, wie es Frauen zu dieser Zeit abseits von Herd und Sekretärinnenjobs erging. Man nimmt Elizabeth nicht ernst, demütigt sie, bestiehlt sie, vergeht sich an ihr. Es ist wirklich erschreckend und frustrierend, sie auf ihrer Reise zu begleiten, zumal die Darstellungen durchaus als realitätsnah einzuschätzen sind.


    Dennoch ist das Buch an einigen Stellen auch lustig. Das ganze Thema "Rudern" empfand ich als ziemlich amüsant, weil ich mir dieses Zusammenspiel von Calvins Begeisterung und Elizabeth' anfänglicher Abneigung so richtig gut vorstellen konnte. Auch Walter Pine, der TV-Produzent, bringt einiges an positiven Schwung in die Geschichte.


    Überhaupt kann man sich an den Charakteren richtig gut emotional "abarbeiten". Es gibt wunderbare, unterstützende Personen, die man einfach lieb haben muss, und es gibt die hinterhältigen Ekel, die man am liebsten gegen die Wand klatschen möchte (und Schlimmeres).


    Nicht so richtig in die Handlung gepasst hat für mich der hochbegabte, stark vermenschlichte Hund. Den hätte man einfach ersatzlos streichen können.


    Auch diese ganzen Verwicklungen mit dem geheimen finanziellen Helfer, der im Hintergrund agiert, haben mir nicht gefallen. Da wird ein starker, weiblicher Charakter aufgebaut, der aber letztendlich doch nur zum Erfolg kommt, weil das entsprechende Geld und die passenden Verbindungen da sind ... eigentlich genau das, was Elizabeth das ganze Buch über nicht möchte.


    Insgesamt mochte ich das Buch, es spricht auf unterhaltsame Weise ein wichtiges und immer noch aktuelles Thema an.

    Von mir gibt es :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: .


    P.S.: Folgendes ist meine Beobachtung und nicht als empirische Studie oder als allgemeingültig zu verstehen:

    Aus meinem persönlichen Umfeld heraus bekomme ich regelmäßig mit, wie es an den Unis / Hochschulen in Deutschland so zugeht und ich muss ehrlich sagen, dass das Arbeitsklima in diesem Buch gut getroffen ist. Man gönnt seinen Kollegen nichts, ist immer auf der Jagd nach neuen, eigenen Erfolgen, gegenseitiges Helfen wird eher als Schwäche angesehen und meiner Ansicht nach haben es Frauen in den MINT-Fächern / -Bereichen immer noch schwerer als ihre männlichen Kollegen.

  • Als aufstrebende, ehrgeizige Chemikerin hat es Elizabeth Zott nicht leicht. Zu Beginn der 50er Jahre werden Frauen in wissenschaftlichen Berufen kaum ernst genommen und sind überdies Freiwild für übergriffige Kollegen und Vorgesetzte, und ihre Erfahrungen bilden da keine Ausnahme. Sie weiß genau, was sie kann und dass sie so manchem männlichen Kollegen weit überlegen ist, aber in ihrem Forschungsinstitut wird sie eher wie eine bessere Sekretärin behandelt, was sie regelmäßig zur Weißglut bringt. Genau diese Wut treibt sie an, als sie ins Labor eines Kollegen stürmt, um sich dort eigenhändig das dringend benötigte Material zu besorgen, das ihr auch beim x-ten offiziellen Antrag nicht zugeteilt worden ist. Dass Calvin Evans einerseits als genialer Kopf und andererseits als nachtragender Eigenbrötler gilt, stört sie wenig, auch wenn der reagiert, wie vorherzusehen war.


    Einige Jahre später ist Elizabeth alleinerziehende Mutter der vierjährigen Madeline, die für ihr Alter auffallend klug ist und in der Vorschule immer wieder aneckt, weil sie intellektuell so viel reifer ist als die anderen Kinder und, ganz die Mama, beherzt alles hinterfragt. Als Elizabeth mal wieder in die Schule zitiert wird, weil es Ärger gegeben hat, trifft sie dort auf Walter Pine, Vater von Madelines aktueller Kontrahentin und TV-Produzent, der verzweifelt nach einem Lückenfüller fürs Nachmittagsfernsehen sucht. er hat mitbekommen, dass Elizabeth großen Wert auf gute Ernährung und frisch zubereitete Mahlzeiten legt, und will sie für eine Kochshow engagieren. Ausgerechnet mit einem typischen Hausfrauenthema ins Fernsehen zu gehen ist so gar nicht das, was Elizabeth sich erträumt hat, aber das Geld ist permanent knapp im Hause Zott, weil sie keine vernünftige Anstellung mehr findet, und so willigt sie zähneknirschend ein.


    Die Sendung wird zu einem Überraschungserfolg, nicht zuletzt, weil die stets kompromisslose Elizabeth sich einen Dreck um die klischeehaften Vorgaben des Senders schert und ihre Plattform nutzt, nicht nur Küchenwissen zu vermitteln, sondern auch die Chemie, die hinter den Prozessen beim Kochen steckt - und den (Haus)Frauen im Publikum Mut zuzusprechen, ihren eigenen Weg zu gehen.


    Elizabeth hat es nie leicht gehabt in ihrem Leben, weder in ihrer Familie noch im beruflichen Umfeld zu einer Zeit, in der man Frauen, die Karriere machen wollten, misstrauischst beäugt hat, denn weibliche Wesen sollten sich lieber um Haushalt und Familie kümmern, adrett aussehen und ansonsten tunlichst die Klappe halten. Gar nicht Elizabeths Ding, die sich leidenschaftlich gerne der Chemie widmen wollte und sich kräftig gegen Missstände und Übergriffe zu wehren versucht, leider häufig ohne ernst genommen zu werden. Auch aus heutiger Sicht kommt sie dabei nicht immer sympathisch rüber und kann manchmal auch gegenüber ihr wohlgesonnenen Menschen spröde und verbissen wirken, andererseits ist ihre Einstellung angesichts dessen, was sie schon alles erlebt hat, durchaus nachvollziehbar.


    Bonnie Garmus erzählt Elizabeths Geschichte zweigleisig, mit vielen Rückblenden in die Vergangenheit, aus denen sich nach und nach ein Gesamtbild zusammensetzt, das die Leserin mit der Zeit ihr Urteil über Elizabeth neu überdenken lässt. Es kommt einiges an Tragik und unschönen Erfahrungen zusammen, aber es gibt auch viel bissigen Humor und zündende Dialoge, sowohl mit Elizabeth selbst als auch ihrer ebenfalls nicht auf den Mund gefallenen Tochter. Ganz witzig auch, dass man die Szenerie hin und wieder aus der Perspektive von Elizabeths Hund mit dem klingenden Namen "Six-Thirty" erlebt.


    Teile der Handlung waren mir ein bisschen zu melodramatisch, und die arg gescheite Madeline hat mich irgendwann ziemlich genervt. Hochbegabung in allen Ehren, aber eine Vierjährige, die Norman Mailer liest, war mir doch ein bisschen "drüber".

    Als Stimmungsbild der damaligen Zeit und als Entwicklungsroman über eine Frau, die die Konventionen ihrer Zeit sprengen möchte, hat mir das Buch insgesamt jedoch gut gefallen.