Gewalt in den Medien

  • Wir behandeln im Deutschunterricht gerade das Thema >Gewalt in den Medien< und in diesem Zusammenhang kam natürlich wieder einmal das Thema auf, brutale Computerspiele würden zu Gewalttaten führen. Dann hieß es aber auch, Bücher müssten da viel schlimmer sein, da die Gewalt dort viel stärker und weniger zurückhaltend geschildert wird. Warm also sind die "Computerspieler" angeblich so vel gewalttätiger als wir Leser? Was haltet ihr davon?


    lg Rabe

    Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?


    Charles Dickens

  • Ich glaube, der Unterschied vom Buch zum Spiel ist der: Wenn ich etwas lese, was ich noch nicht kenne, mache ich mir meine eigene Vorstellung davon. Das ist mitunter lange nicht so drastisch wie etwas, dass mir auf dem Bildschirm ganz klar gezeigt wird.


    Lass ein Kind mal lesen, wie jemand durch eine Waffe schwer verletzt wird und eine klaffende Wunde hat, die blutet... Wie sieht das in seinen Gedanken wohl aus? Es hat wohl selbst schon mal geblutet aber hat es schon einmal so etwas gesehen? Kann es sich das genau so vorstellen, wie es wohl aussieht? Aber wenn es bei einem PC-Spiel sieht (!) wie jemandem der Kopf weggeschossen wird oder sonst was, ist das meines Erachtens was anderes... Kann mich natürlich irren :loool:

    I never saw a wild thing sorry for itself. A small bird will drop frozen dead from a bough without ever having felt sorry for itself.
    D. H. Lawrence


    :study: Carlos Ruiz Zafón - Der Schatten des Windes
    :study: Cornelia Funke - Die wilden Hühner (Fuchsalarm)

  • Ja ich sehe das genauso, aber irgendwie bin ich da in meiner Klasse beinahe die einzige :-?

    Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?


    Charles Dickens

  • Zitat

    Original von Rabe
    Ja ich sehe das genauso, aber irgendwie bin ich da in meiner Klasse beinahe die einzige :-?

    Lesen noch andere?


    Allein darstehen, weil man Bücher liest, kenne ich! Daher das ich Büche lese unterscheidet sich meine Meinung öfters der der anderen. Gott sei Dank, oder auch nicht, dass unser Deutschlehrer wenigstens nicht auf den Kopf gefallen ist mit seinem Mundwerk! :loool:

  • Unserer auch nicht, aber er beleidigt gerne Schüler und da wäre es eigentlich nicht schlecht, wenn es doch so wäre ;)

    Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?


    Charles Dickens

  • Hallo Rabe,


    also ich halte von beiden größeren Theorien zur Medienwirkung nichts.


    Denn es gibt außer der Theorie das man über die Medienaufnahme mögliches Verhalten lernt ja noch eine Gegenposition.
    Nach dieser kann man über Gewalt in den Medien die vorhandene Gewaltbereitschaft abbauen.


    Beide machen aus meiner Sicht einen entscheidenden Fehler indem sie ein rein technisches Modell nutzen. Denn nach beiden Theorien setzt man den Empfänger einem Sender aus und der Empfänger reagiert auf die empfangenen Informationen stets gleich.


    Ich glaube aber das für die Wahrnehmung von Gewalt und deren eventuellen Umsetzung durch die eigene Person einfach mehr Faktoren entscheidend sind.


    Da wäre erst Mal der Zeitrahmen. Wenn Gewalt schnell hintereinander präsentiert wird, etwa in einem Actionfilm ist der teilweise aufputschende Effekt sicherlich höher als in einem Buch das ich doch deutlich langsamer wahrnehme.
    Dazu kommt noch der Rahmen indem Gewalt wahrgenommen wird. Es ist ein Unterschied ob ich reale Gewalt, etwa in einer Dokumentation über die Konzentrationslager vorgesetzt bekomme oder Gewalt in einer Zeichentrickserie. Auch hier gibt es ja einen Streit. Wärend die eine Position aussagt das Zeichentrickgewalt viel gefährlicher ist weil sie eben nicht ernst genommen wird und so Gewalt zum Spaß ausgeübt werden könnte. Ist die Gegenposition das ernst gemeinte Gewalt oder gar reale Gewalt sehr viel gefährlicher ist da sie ja in einer realen Situation als mögliche und eventuell teilweise erfolgreiche Lösung präsentiert wird.


    Dann wäre da die persönliche Situation des Empfängers. Jemanden in einer gesicherten persönlichen Situation weis wie er seine Lebenssituation beeinflußen kann und auftauchende Probleme lösen kann. Fehlen diese Vorrausstzungen wird der Empfänger eher dazu neigen mit Gewalt zu reagieren um die für ihn nicht durchschaubare Situation schnell zu ändern.


    Was ja speziell Computerspielen immer wieder vorgeworfen wird ist das hier der Spieler im Rahmen des Spiels Gewalt "ausübt". Beliebtes Beispiel sind ja immer wieder die diversen Ego-Shooter.
    Meiner Ansicht nach greift diese Argument daneben. Jemand der Computerspiele spielt tut das ja zunächst weil er Spaß daran hat. Wenn die Situation für ihn unbefriedigend wird wird er das Spiel wechseln oder auf Computerspiele verzichten.
    Aber kein Spiel erfordert ja die direkte Ausübung von Gewalt. Gefragt ist im Rahmen des Spiels seine Eingabeinstrumente, Mouse oder Joystick zu beherrschen. Es steht also nicht die Gewalt sondern die Steuerung im Fordergrund. Gerade bei Spielen wie Counterstrike das ja nach dem Amoklauf von Erfurt in die Kritik geraten ist steht auch das erfolgreiche Beherrschen einer Rolle, nämlich der gewälten Teamposition, und die Zusammenarbeit mit anderen Mitspielern im Mittelpunkt.
    Nein ich will jetzt nicht das jeder Mensch Ego-Shooter spielt um Rollenverhalten und Teamarbeit zu lernen. Aber als jemand der auch Mal gerne einen Ego-Shooter spielt will ich Vorurteilen gegen Computerspielern entgegenwirken.


    Ohne jetzt Zahlen an der Hand zu haben denke ich mir das das Ansteigen von Gewalt bei Jugendlichen hauptsächlich andere Ursachen hat als die Gewalt in Medien.
    Die persönliche Lebenssituation wird immer unsicherer. Selbst mit guter Schul- und Berufsausbildung steht im Hintergrund trotzdem die Angst seinen Arbeitsplatz und damit für die meisten die Basis ihrer Existenz zu verlieren.
    Zudem werden die Entscheidungen die der Einzelne zu treffen hat immer komplexer. Das betrifft nicht nur die Vor- und Nachteile einer neuen Technolgie, wie etwa Computertechnik und Internet sondern auch ganz persönliche Entscheidungen. Aktuell ist etwa die Alterversorgung. Hier muß man heute Entscheidungen treffen mit denen man seine Situation in 20 oder noch mehr Jahren bestimmt und das obwohl die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen noch nicht fest gesetzt sind.
    Auch das Tempo dieser entscheidungen nimmt zu. Das heißt man trifft immer mehr Entscheidungen die viel Unsicherheit und Angst hervorrufen.
    Da ist es kein Wunder wenn die Bereitschaft sih mit einem gewalttätigen Schlag zu befreien zunimmt. Denn auch im gesellschaftlichen Rahmen bekommt man ja selten andere Vorbilder. Angesichts von komplexen Problemen wie Energieversorgung und Umweltschutz wird ja auch gerne mit Schlagworten argumentiert. Nicht zuletzt ein Grund für die Politikverdrossenheit. Welches Interesse soll man an einer Partei haben die keine Sicherheit gibt sondern wie man selbst das Bild der Überforderung abgibt.


    Gruß Jochen

  • Arkam


    Na da bin ich aber froh, dass ich nicht die Einzige bin, die sich über soetwas Gedanken macht. Dankeschön! ;)

    Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?


    Charles Dickens

  • Hallo Rabe,


    gerne geschehen. Ich fühle mich eben als Spieler von Ego-Shootern, Rollenspieler und Liebhaber von Action- und Horrorfilmen vom immer wieder aufkommenden Thema direkt mehrmals persönlich betroffen.
    Da ist es immer wieder gut wenn man seine Diskussionspartner durch Argumente und nicht durch die geballte Faust :-) überzeugen kann.


    Gruß Jochen

  • Arkam
    Da stimme ich voll zu.


    Ich spiele auch ab und zu mal gerne so einen Ego-Shooter
    (so ca. 1mal im Jahr ;-) ).


    Aber in einem Punkt muss ich den vielen Untersuchungen zu dem Thema auch recht eben:
    Wenn ein Kind mehrere Stunden am Tag vor Computerspielen sitzt kann das nicht gut für dessen Entwicklung sein.


    Und wie ein Professor (Name weiß ich grade leider nicht) zu einer dieser Studien letztens sagte:
    "Wenn wir unsere Kinder jeden Tag 6 und mehr Stunden vom Fernseher sitzen lassen, können wir froh sein wenn sie später noch T-Shirts für China nähen dürfen".

    "Ich war mir seit Kriegsende darüber klar, dass der deutsche Leser eines auf keinen Fall wollte, nämlich nachdenken. Und darauf habe ich meine Zeitungen eingerichtet."
    Axel Springer, 1959

  • McMorton


    Das ist ein wirklich interessanter Kommentar und durchaus zutreffend. Allerdings ist er auch nicht allgemein passend, denn es reagiert ja jedes Kind anders auf den Fernsehkonsum und solange andere (schulische) Aktivitäten nicht zu kurz kommen...
    Oder wie siehst du das?

    Gibt es schließlich eine bessere Form, mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und Humor?


    Charles Dickens

  • Mmh, ich beschäftige mich berufs- und interessenbedingt schon seit einigen Jahren mit diesem Thema und möchte gerne Folgendes ergänzen:


    Schülerinnnen und Schüler, die täglich mehrere Stunden vor dem Fernsehen verbringen lernen dabei wirklich entscheidene Verhaltensmuster dort (dies ergeben Studien und eigene Beobachtungen)


    Untersuchungenvon Pädagogen, Medienforschern, Militärs und Kriminalspezialisten weisen darauf hin, dass medial erfahrene Gewalt (Fernsehen, Computerspiele) eine deutliche Senkung der Aggressionsschwelle bewirken und eine höhere Gewaltbereitschaft erzeugen - ach weil die Medien ein irrealistisch hohes Bedrohungspotential vorspiegeln.


    Egoshooter senken nach mehreren Untersuchungen - speziell der US-Streitkräfte - die Aggressionsperren und trainieren - sehr zu Freude der Streitkräfte - grundsätzliche letale Fertigkeiten (hierzu gibt es auch Untersuchungen des VICAP-Instituts des CIA).


    Vor den Hintergründen der im Moment vorliegenden Daten sollten Fernsehzeiten von Kindern und Jugendlichen deutlich reduziert werden. Filme haben Altersbeschränkungen, die Eltern beim Medienkonsum ihrer Kinder berücksichtigen sollten. Computer und Fernseher sind keine Babysitter und Eltern die ihren Kindern eine Fernseher ins Kinderzimmer stellen - oder Spielkosolen oder Computer - um Quengeleien zu vermeiden und um die Kinder aus den Füßen zu haben - handeln extrem verantwortungslos. Besonders, wenn sie den Kindern den Zugriff auf Spiele und Filme ermöglichen, die für ihr Alter wirklich nicht geeignet sind.


    Wer mal mit Eltern gesprochen hat, die ihre 11-Jährigen Kinder rauchen lassen, weil sie nicht mit ihnen darübner streiten wollen und deren Kinder erst um 23:00 nach Hause kommen, obwohl diese am nächsten Tag in der sechsten Klasse eine Arbeit schreiben weiß, wie gut Kinder heute durch die Medien erzogen werden.

  • Zitat

    Original von Rabe
    McMorton
    Oder wie siehst du das?


    Natürlich ist das nicht allgemein passend.
    Das ist ja mit jeder Studie so. Man kann immer nur den Durchschnitt erfassen.


    Aber ich habe an mir selber gemerkt das man es schnell übertreiben kann.
    Deswegen habe ich momentan in meiner Wohnung auch keinen Fernseher.
    (Ich vermisse ihn übrigens kein Stück, im Gegenteil ich ärgere mich über die Zeit die ich davor verbracht habe).


    Es spricht sicher nichts dagegen, wenn ein Kind zur Entsprannung nach der Schule etwas am PC zockt.
    Aber es muss im Rahmen bleiben.
    Wieviele machen denn nichts anderes mehr?
    Sobald sie zuhause sind wird die Kiste angeschmissen
    (und nicht nur wenn gerade eine neues Spiel gekauft wurde (was ja verstämdlich ist)), sondern immer.
    Umso blutiger und gewaltätiger umso besser.
    Da kann mir keiner erzählen daß, das der Entwicklung nicht schadet.


    Wie gesagt ab und zu ist OK.
    Aber wie mit allen Sachen: wen man es übertreibt wird es ungesund.



    Nachtrag:
    Da mich das Thema interessiert habe ich dieses recht interessante Interview gefunden.


    Interview mit dem Autor des Buches "Vorsicht Bildschirm"


    Kennt eigentlich jemand das Buch? Hört sich ja recht interessant an.

    "Ich war mir seit Kriegsende darüber klar, dass der deutsche Leser eines auf keinen Fall wollte, nämlich nachdenken. Und darauf habe ich meine Zeitungen eingerichtet."
    Axel Springer, 1959

    2 Mal editiert, zuletzt von McMorton ()

  • ich denke auch, man diese Medien nicht miteinander vergleichen!
    Ich persönlich finde es nicht so schlimm,wenn in Büchern abgeschwächte Gewalt vorkommt,z.B. in Kriegssituationen.Aber im Fernsehen ist die Grenze des guten Geschmacks doch weit überschritten,was das angeht.und man ist ja förmlich gezwungen,diese Gewaltbilder anzusehen,da sieoft so unerwartet kommen.
    Davon einmal abgesehen,sollten solche gewaltverherrlichten Spiele echt abgeschafft werden!

    Ein klassisches Buch ist ein Buch, das die Menschen loben, aber nie lesen.
    Ernest Hemingway

  • Bin auch der Meinung, man kann die verschiedenen Medien nicht vergleichen.
    Ich persönlich habe Mühe mit den spielen, die einen Krieg simulieren, den es in der Realität auch gab / gibt z.B Desert Storm. Liegt wahrscheinlich an meiner Vergangenheit, aber das ist hier nicht das Thema.


    Finde die Menge des Konsums, die Persönlichkeit des Kindes, die Eltern und sein Umfeld spielen da alle zusammen eine zu grosse Rolle als das man verallgemeinern könnte.


    Und die erhöte Gewaltbereitschft ist nicht nur den Medien zuzuschreiben sondern, wie Arkam meiner Meinung nach richtig geschrieben hat, der ganzen heutigen Lebensituation.


    Nur so mein kleiner Senf dazu :)


    Liebe Grüsee
    Pooh

    "Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt."


    :study: Die Vermessung der Welt, Daniel Kehlmann

  • Unser Deutschlehrer hat heute kritisiert, dass die Eltern heutzutage ihren Kinder kaum Erziehung mit auf den Weg des Lebens geben. Dass manche ausnutzen zu schwätzen eine Folge. Das man den Verstand ausschaltet und nicht die Wirkung der Gewaltverherrlischen bemerken, ist die andere Folge.


    Ich finde manche Eltern tuen zu wenig dafür. Ich selbst habe in der Schule spielebegeisterte Freunde. Als wir zusammen ein Nicht-Gewalt-Spiel paralel durchspielten, gab es rege Gespärch bis zu dem Ferienanfang. Danach gab es lange Gesichter als ich ihnen erzählte, ich hätte wichtigeres zu tun und es teilweise auch total vergessen.


    Diese Reaktion hat mir verdeutlicht, dass bei manchen die Spiele einen so hohen Wert habe, dass sie auf die Frage, was tust du gerne oder kannst du gut, was dir später im Beruf hilft? Bedingt durch die Spielerei ist das Allgemeinwissen spärlich und der Antrieb neue Hobbys oder allgemein Neues zu entdecken sind.


    Die Spiele in den Gewalt oft auf den Bildschirmen erscheint, sind für mich nur eine Steigerung! Ich finde es trotzdem bedenklich, wenn ich ein Bild von einem Spiel einer der neuen Spielekonsolengeneration sehe. Ohne Konsol unten im Bild sieht es für einen wie ein normales Bild auf. Auch wenn dieses Spiel für die Demonstration optimiert ist, ist die Wahrnung doch jedem klar.


    Wenn man noch nicht einmal den Unterschied zwischen Spiel und Actionfilm erkennen kann, finde ich es mehr als bedenklich. :-k

  • Es geht in diesem Buch nicht direkt um oder nur die Gewalt in den Medien, sondern wie sie unsere Welt verändert haben, und beeinflussen etc...


    Dachte passt vielleicht noch hierher. Ich fand es auf jedenfall aufschlussreich und interessant.


    Liebe Grüsse
    Pooh

    "Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt."


    :study: Die Vermessung der Welt, Daniel Kehlmann

  • Hier noch ein aktuelles Buch, in dem es eigentlich um nichts anderes geht.