Kristian Corfixen - Die Krankenschwester

  • Kurzmeinung

    SaintGermain
    Interessant und schockierend, aber auch ein paar Fehler
  • Kurzmeinung

    Jasminh86
    Ein wahrer, dänischer Kriminalfall, der spannend und wahrheitsgemäß erzählt wird!
  • Ein wahrer, dänischer Kriminalfall, der spannend und wahrheitsgemäß erzählt wird!


    Das Krankenhaus Nykøbing Falster in Dänemark: Ein Patient stirbt. Da die Todesursache ungeklärt ist, wird die Polizei hinzugerufen. Ein Routineeinsatz – bis eine Krankenschwester den Verdacht äußert, ihre Kollegin aus der Nachtschicht habe den Patienten vorsätzlich getötet. Schnell stellt sich heraus, dass es weitere verdächtige Todesfälle in den letzten Jahren gab – und Christina Aistrup Hansen gerät mehr und mehr in den Fokus der Ermittlungen. Doch wo sind die Beweise für ihre Taten? Und wieso wird die Polizei erst jetzt eingeschaltet?


    Kristian Corfixen beschreibt die Ereignisse, die zu einer zwölfjährigen Haftstrafe für Christina Aistrup Hansen führten. Es ist die Dokumentation einer außergewöhnlichen Ermittlung, die Parallelen zum Fall Niels Högel aufweist. Alle Beteiligten kommen zu Wort – die Ermittler ebenso wie Christina Aistrup Hansen selbst.



    ,,Die Krankenschwester – der spektakuläre Kriminalfall aus Dänemark" von Kristian Corfixen habe ich als Hörbuch gehört, welches vom Sprecher Matthias Hinz gesprochen wird. Diese mitreißende und dokumentarische Schilderung einer tragischen Mordserie in einem dänischen Krankenhaus erscheint im Februar 2022 im Saga Egmont -Verlag. 11 Stunden und 57 Minuten hatte ich verstörende Einblicke in einen unfassbaren Kriminalfall einer Mörderin, die ihren Beruf benutzte, um eigenmächtig über Leben und Tod ahnungsloser Patienten zu bestimmen. Die Parallelen zum Fall Nils Högel sind erschreckend, denn auch hier steht an erster Stelle das Motiv Aufmerksamkeit. Nur hat es in diesem Fall nicht so extrem lange gedauert, bis eine aufmerksame Kollegin namens Pernille Larsen der Todesschwester auf die Spur gekommen ist. Ihr sind nämlich die Todesfälle, die in den Schichten ihrer Kollegin deutlich vermehrt auftraten, aufgefallen. Sie hat sich schließlich an den Oberarzt Niels Lunden gewendet und ihm ihren Verdacht geschildert. Obwohl er die Anschuldigung anfangs nicht ernst genommen hat, sieht er kurze Zeit später ein, dass die Krankenschwester, die auch gleichzeitig seine Lebenspartnerin ist, recht haben könnte. Zusammen sammeln sie Beweise und melden das verdächtige Verhalten von Christina Aistrup Hansen der Polizei.


    Die dänische Krankenschwester wird nach eindeutigen Ermittlungen wegen versuchten Mordes an vier Patienten im Krankenhaus Nykøbing Falster verurteilt, doch bis zum Schluss und auch heute noch besteht sie auf ihre Unschuld. Zusätzlich wurde Christina Aistrup Hansen für schuldig befunden, ihrer eigenen 7-jährigen Tochter starke und verschreibungspflichtige Schlaftabletten gegeben zu haben, die für Kinder gefährlich und nur für Erwachsene geeignet sind. Die kranke Psyche einer Mutter, die ihr Kind aus eigener Hand krank gemacht hat und am Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leidet, kam hier deutlich und verständlich rüber. Oft war ich einfach nur fassungslos, denn die schrecklichen Taten dieser Frau haben mich erschüttert und wütend gemacht. Dem Autor ist ein zutiefst erschütterndes Porträt einer Mörderin gelungen, dessen Abgründe schwer zu verdauen sind.


    Dies ist ein wahrer, dänischer Kriminalfall, der vom Sprecher Matthias Hinz authentisch, spannend und wahrheitsgemäß erzählt wird. Zahlreiche Fakten über psychologische Gutachten, Aussagen von Angehörigen der Opfer und zahlreiche Verhöre und Ermittlungsprotokolle haben mir Gänsehaut beschert. Auch die Täterin selbst kam zu Wort, damit ich mir selbst einen guten Eindruck von dieser Person machen konnte. Bei solchen Menschen stelle ich oft alles infrage, was ich über die menschliche Natur zu wissen glaube. Mit viel Sachverstand gibt der Sprecher Matthias Hinz den Inhalt des Autors wieder, denn die schrecklichen Ereignisse aus dem Krankenhaus Nykøbing Falster in Dänemark werden von ihm wahrheitsgemäß geschildert. Es ist eine spannende, emotionale und ereignisreiche Geschichte, die schockiert und berührt. Ich war die ganze Zeit über fassungslos und dennoch gefesselt. Dieses wahre Verbrechen ist eine detaillierte Fallschilderung, die klar angekommen ist und psychologische Elemente enthält. Es wird versucht, die Verbrechen der Täterin zu erklären, entschuldigen können diese es aber trotzdem nicht. Meinen größten Respekt ging während des Hörens oft an die Krankenschwester Pernille Larsen, die ihre Kollegin zu Recht verdächtigt hat, Patienten absichtlich tödliche Dosen Morphium verabreicht zu haben. Da sie die angespannte Situation auf Station nicht mehr ertrug und in permanenter Angst um neue tote Patienten lebte, beschloss sie zusammen mit ihrem Freund Niels Lunden, dem Arzt in der Notaufnahme, die Polizei zu rufen. Ich erfuhr, wie schwer es der Krankenschwester gefallen ist, ihre Kollegin zu verdächtigen. Sie konnte es selbst kaum glauben und sie hat anfangs gezögert, ihren Verdacht laut auszusprechen. Denn es hätte ja schließlich sein können, dass ein Missverständnis vorliegt. Pernille wollte keine falschen Vermutungen an die Glocke hängen und somit ein Leben ruinieren. Doch Christina Aistrup Hansens' Verhalten wurde immer deutlicher, sodass alle Zweifel aus dem Weg geräumt werden konnten. Obwohl weitere Kolleginnen einen Verdacht geschöpft haben, hat sonst niemand was unternommen. Pernilles' Gedanken und Überlegungen vom 1. März 2015 wurden ausführlich wieder gegeben, denn es war der ausschlaggebende Tag nach einer dramatischen Nachtschicht mit Christina Aistrup Hansen und mehreren ungeklärten Todesfällen auf der Station.


    Pernille Larsen berichtet detailliert und sachlich über ihre ehemalige Kollegin Christina Aistrup Hansen, die zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Pernille ist enttäuscht, dass die großen Akteure im Gesundheitswesen nach dem Urteil weitgehend versäumt haben, den Fall und mögliche Konsequenzen öffentlich zu diskutieren. Das Urteil ist milder als erwartet ausgefallen, was ich persönlich nicht verstehen kann. Die schreckliche Geschichte hat das Krankenhaus und viele weitere Menschen zutiefst berührt. Nicht nur der Autor Kristian Corfixen hat mit seiner Erzählung für spannende Hörstunden gesorgt, auch Matthias Hinz hat seinen Job als Sprecher hervorragend gemeistert. Er erzählt ruhig und sachlich, doch auch an seiner Stimmlagen konnte ich zwischendurch deutlich erkennen, dass ihm dieses Geschehen nicht kaltgelassen hat. Von mir gibt es eine klare Hörempfehlung!

  • Im Krankenhaus Nykøbing Falster in Dänemark gibt es immer wieder unerwartete Notfälle in der Notaufnahme, wo die Krankenschwester Christina Aistrup Hansen arbeitet. Zuvor (2012) arbeitete sie auf einer anderen Station, wo es ebenfalls unerwartete Notfälle mit Todesfolge gab. In den Patienten kann teilweise Morphin und/oder Stesolid festgestellt werden, obwohl dies nicht verordnet war. Pernille Larsen, eine Kollegin von Christina und ihr Freund, der Oberarzt Niels gehen 2015 schließlich zur Polizei und Christina wird verhaftet. Sie wird wegen 4fach versuchtem Mord zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt und bestreitet bis heute ihre Unschuld.

    Das Cover des (Hör-)Buches ist absolut passend und gefällt mir gut.

    Der Sprecher gefällt mir gut, auch wenn etwas nervt, dass er manchmal "-en" übertrieben deutlich und lang ausspricht, während er andere Male das "e" mehr verschluckt. Ansonsten hat er eine angenehme Stimmfarbe und ein Sprechtempo, dem man sehr gut folgen kann.

    Das Buch wurde von einem Journalisten geschrieben, der mit allen Beteiligten, die mit ihm sprechen wollten, gesprochen und daher auch gründlich in diesem True-Crime-Fall recherchiert hat. Und doch sind ihm meiner Meinung nach einige Fehler passiert, wovon ein paar davon möglicherweise auch der Übersetzerin anzulasten sind. Ich möchte hier nur ein paar aufzählen:

    - Infektionslösung statt Infusionslösung

    - Millimeter-Spritze statt Milliliter-Spritze

    - Laut dem Buch ist Morphin-Höchstdosis 2,5 mg - bei Erwachsenen sind zumindest in Österreich aber Dosen von 5 - 10 mg bei Erwachsenen i.v. "normal".

    - V.a. zu Beginn werden Stesolid und Benzodiazepine gleichgestelllt.

    Zudem gibt es dann einiges was ich nicht verstehe, aber möglicherweise gibt es in Dänemark ein sehr lasches Suchtgiftgesetz. Besser gesagt dürfte es laut dem Buch gar keines geben bzw. gegeben haben, denn dass der Rest einer aufgebrochenen Ampulle einfach in den Ausguss geleert wird und es scheinbar keine Dokumentation in einem Suchtgiftheft oder ähnlichem gibt, ist für mich unvorstellbar und grob fahrlässig.

    Zudem scheint auch unvorstellbar, dass es (überhaupt im Nachhinein) viele wussten, aber nur wenige etwas gesagt haben. Es gab zwar einige, die schon auf Christinas vorheriger Station gegenüber der Stationsleitung den Verdacht äußerten - es ermittelte sogar die Polizei - aber die Stationsleitung reagierte nicht. Genauso wenig wie die Intensivstation, die die Medikamente im Blut feststellten und höchstens Witze machten. Die Oberschwester und die Krankenhausleitung reagierten gar nicht. Die Stationsleitung wurde des übrigen dafür auch belangt.

    Und dass z.B. Ex-Kollege Peter erst Jahre später bei der Polizei aussagte, dass er Christina mit einer Spritze in ein bestimmtes Zimmer gehen ah, bei den damaligen Ermittlungen aber nicht mutet komisch an, wobei dies ein wichtiges Indiz in den Verhandlungen war.

    Es gibt aber auch Leute und KollegInnen, die an Christinas Unschuld glauben. Es war ein reiner Indizienprozess, in dem sich Christina aber auch in einige Widersprüche reinredete - v.a. aber wegen Medikamentendiebstahl und bezüglich einer Schlafmittelgabe an ihre Tochter und andere private Sachen. Durch diese Widersprüche bzw. offensichtliche Lügen wird man natürlich den Indizien glauben, dass Christina schuldig ist; auf der anderen Seite gibt es aber auch andere Theorien und es wurde meiner Meinung nach doch eher einseitig ermittelt, denn Christina argumentiert, dass sie halt immer zu den Notfällen kam. Auf der anderen Seite hatte sie in der Notaufnahme auch viele Nachtdienste mit Pernille. Theoretisch könnte also auch Pernille die Täterin sein.

    Unglaublich auch, dass in ihrem letzten Nachtdienst 3 Leute überraschend starben und eine in letzter Sekunde gerettet werden konnte.

    Wenn man an Christinas Schuld glaubt, ist es wahrscheinlich dass sie weit mehr als diese Personen getötet bzw. gefährdet hat und es müssten viel mehr sein. Nachzuweisen war hier allerdings nichts mehr.

    Am Ende wird der Wunsch von Niels und Pernille ausgesprochen, dass ein Konzept hergehört, um solche Morde in Zukunft zu verhindern. Da reden sie z.B. von Überwachungskameras etc. - realistisch und wirklich umsetzbar ist dies aber nicht und das weltweit, denn es gibt ja weltweit Fälle, wo Pflegepersonal oder Ärzte Patienten getötet haben.

    Dieser Fall war mir zuvor nicht bekannt und ich fand ihn spannend und interessant gemacht, da auch der Autor eher neutral bezüglich der Schuldfrage bleibt, auch wenn er doch eher zu Christinas Schuld tendiert.

    Dass der Fall chronologisch erzählt wurde, gefiel mir ebenfalls ausgezeichnet.

    Fazit: Interessanter True-Crime-Fall, der aber doch auch Fehler aufweist. 4 von 5 Sternen