Bernardine Evaristo - Manifesto. Warum ich niemals aufgebe / Manifesto. On Never Giving Up

  • Ich muss ehrlich gestehen, das ich vor dem Lesen dieser Autobiographie noch nichts von der Autorin Bernardine Evaristo gehört und gelesen hatte, jetzt aber neugierig auf ihre Werke geworden bin.

    Im Buch "Manifesto - Warum ich niemals aufgebe" beschreibt die Autorin vordergründig ihren Lebensweg, indem sie in sieben Kapiteln auf ihre Herkunft, ihre Wohnungen, ihre Beziehungen und die Bereiche Theater, Lyrik, Einflüsse und Selbstentwicklung eingeht. Hintergründig ist dieses Buch aber auch und vor allem ein Blick auf eine weiß - heteronormativ, immer noch zutiefst patriachale und rassistische englische Gesellschaft, in der Menschen, die nicht den Normen entsprechen, wenig Entfaltungsspielräume bekamen und wie es Stück für Stück gelingen kann, das zu verändern.

    Gerade der fast schon intime Blick auf die lyrisch - poetischen - schriftstellerischen Schaffensprozesse der Autorin konnte mich berühren und begeistern und Mut machen, den eigenen kreativen Impulsen und Träumen zu folgen.

    Wer Biographien über starke Frauengestalten mag, ist hier definitiv richtig.

  • Im Jahr 1959 als Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters in Großbritannien geboren, ist Bernadine Evaristo im Süden Londons aufgewachsen. Schwarz, weiblich, mit bisexuellen Neigungen und aus ärmeren Verhältnissen stammend: Sie ist prädestiniert dafür, diskriminiert, beleidigt und in vielerlei Hinsicht benachteiligt zu werden. Aber Bernardine Evaristo lernte schon früh, dass es sich lohnt, ihr Leben zu leben und nicht aufzugeben. Denn sie hat es 2019 schließlich geschafft, als erste Schwarze Frau den renommierten Booker-Preis zu gewinnen und den internationalen Durchbruch zu schaffen…


    „Manifesto - Warum ich niemals aufgebe“ ist ein Memoir von Bernardine Evaristo.


    Meine Meinung:

    Das Sachbuch besteht aus sieben nummerierten Kapiteln, die von einer kurzen Einleitung und von einer Schlussbemerkung eingerahmt werden. Eine kreative Idee: Die Nummer der Kapitel ist jeweils in fünf Sprachen ausgeschrieben. Das eigentliche Manifest beschränkt sich auf zwei Seiten, die erst nach der Schlussbemerkung folgen.


    Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Bernardine Evaristo. Dabei ist das Memoir nicht chronologisch angelegt, sondern thematisch. Es geht um ihre Herkunft, ihr Zuhause, ihre Beziehungen, ihre Theaterarbeit, ihr literarisches Schaffen, ihre Einflüsse und ihre Wandlung. Was nach einer klaren Trennung klingt, geht bisweilen durcheinander. Dennoch halte ich diesen Aufbau für durchaus sinnvoll und durchdacht.


    Schön finde ich, dass die Autorin auch Aufnahmen aus ihrer privaten Fotosammlung teilt. Mehr als 20 Bilder zeigen die Autorin und ihre Familie im Laufe der Jahre.


    Nachdem ich das prämierte Buch der Autorin gelesen hatte, habe ich Lust darauf bekommen, mehr über diese interessante Persönlichkeit zu erfahren. Das Leben der Autorin an sich möchte ich nicht bewerten. Allerdings habe ich mich beim Lesen ihrer autobiografischen Schilderungen keineswegs gelangweilt.


    Mit ihrer Geschichte möchte sie inspirieren und in meinem Fall ist ihr das in gewissem Maße auch gelungen. Ich muss dazu sagen, dass ich in Hinblick auf Rassismus, Sexismus und Homophobie glücklicherweise nicht die Erfahrungen der Autorin teilen muss. Mit ihren Erlebnissen kann ich mich daher nur bedingt identifizieren. Dennoch haben mich ihre Erinnerungen nicht unbeeindruckt gelassen. Ihr Appell, die Kreativität zu nutzen, und die sonstigen Lehren, die ihr das Leben beschert hat, sind zudem zu unterstützen.


    Der Schreibstil ist sehr persönlich gefärbt und zeugt von Offenheit. Sprachlich kommt das Memoir nicht an „Mädchen, Frau etc.“ heran, was mich allerdings nicht gestört hat.


    Den aus dem Englischen übernommenen Titel empfinde ich als etwas irreführend, weil das Buch in allererster Linie ein Memoir ist, kein Manifest im eigentlichen Sinne. Der Untertitel, der sich ebenfalls stark am Original orientiert, ist dagegen eine gute Wahl. Das Coverfoto, das die Autorin zeigt, finde ich in mehrfacher Hinsicht als Optik gelungen.


    Mein Fazit:

    „Manifesto - Warum ich niemals aufgebe“ von Bernardine Evaristo ist ein lesenswertes Memoir.


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  • Eine interessante Autobiografie mit Genderdebatte


    Diese Lebensgeschichte der Bestseller-Autorin, aufgewachsen in London, handelt von ihrer Herkunft (einem nigerianischen Vater und einer katholischen, weissen Mutter zusammen mit 7 weiteren Geschwistern), aber auch von Antirassismus und Feminismus in England.


    Im Alter von 60 Jahren wird sie 2019 ausgezeichnet mit dem Booker-Prize, dem wichtigsten britischen Literaturpreis. Ausgezeichnet wird seit 1969 jährlich der beste englischsprachige Roman, der im Vereinigten Königreich veröffentlicht wird. Von 1969 bis 2013 war die Auszeichnung Autoren aus dem Commonwealth, Nordirland, Südafrika und später auch Simbabwe vorbehalten.


    Ihre Bücher sind ihr Tribut, nicht nur an ihre Familiengeschichte, sondern auch an das multikulturelle Großbritannien. Sie schreibt über ihre Ahnen, aus denen sie sich zusammensetzt, um dabei ein tieferes Verständnis ihrer Identität als Person schwarzer und weisser Herkunft zu erreichen – nicht als geteiltes, sondern als ganzheitliches menschliches Wesen. Neben ihrer Faszination für historische Themen geht es insbesondere um schwarze Frauen Großbritanniens, die bisher nur am Rand als Romanfiguren vorkommen und hat auf diese Weise für eine gesellschaftliche Veränderung gekämpft. Durch den Booker Prize hat sich ihr kulturelles Kapital noch einmal vergrössert, sodass sie jetzt ein erheblich breiteres Publikum erreichen kann.

  • Bernardine Evaristos Autobiografie zeigte nichts von der sprachlichen Sperrigkeit ihres preisgekrönten Romans „Mädchen, Frau etc.“, sondern war spannend und flüssig geschrieben und von einem pointierten, provokanten Humor geprägt. Mir hatte „Mädchen, Frau etc.“ nach anfänglichen Schwierigkeiten sehr gefallen, und die Autobiografie las sich über weite Strecken wie eine Art „Making-of“.


    Wenn man in den Themen afrobritischer, afrodeutscher oder afroamerikanischer Autor*innen bereits halbwegs zu Hause ist, bietet das Buch zunächst nicht viel Neues, außer, dass es eben diese Themen im Leben genau dieser Person sind. Dabei folgt die Autobiografie nicht einfach den Lebensphasen der Autorin, sondern ist in thematische Unterkapitel gegliedert: familiäre Hintergründe, Kindheit und Jugend in einem rassistischen Umfeld, Wohnverhältnisse, Beziehungen, Theaterschaffen, politische Hintergründe, die Herangehensweisen beim Schaffen von lyrischen Werken und Prosatexten (oder auch ihrer Vermischung), Bildungshintergründe, kulturpolitischer Aktivismus, das alles immer auch durchzogen von Reflexionen über die Persönlichkeitsentwicklungen der Autorin im Zusammenhang mit dem jeweiligen Thema. Insbesondere ihre Wege zum Theater und zum Schreiben fand ich dabei hochinteressant.


    Evaristo ging es nie nur um ihr eigenes Schaffen, ihre eigene Kreativität, sondern es war und ist eins ihrer Lebensanliegen, andere Autor*innen zu fördern und zu unterstützen. Als Aktivistin im Theater- und Literaturbetrieb hat sie vielen jungen Schwarzen Stimmen den Weg geebnet, wahrgenommen und veröffentlicht zu werden. Dass sie sich dabei Sprüche anhören musste wie z.B., dass sie doch mal aufhören solle, sich wie eine Sozialarbeiterin zu verhalten, hat mich sprachlos gemacht. Auch die Unterstellung, Schwarze Autor*innen würden immer nur ihre eigene Identität schriftstellerisch verarbeiten (kennt man ja parallel vom Aufschwung weiblichen Schreibens im letzten Jahrhundert), ignoriert die thematische und künstlerische Vielfalt der Werke Evaristos und anderer Schwarzer Autor*innen. Dass diese oft auch, aber eben nicht nur von Rassismus handeln, liegt schlicht daran, dass dieser eine grundsätzliche Lebenserfahrung Schwarzer Menschen ist. Man könnte also eher umgekehrt die Frage stellen, warum Menschen mit brauner Haut, die die Mehrheit der Weltbevölkerung darstellen, nicht viel häufiger in den Werken weißer Autor*innen vorkommen.


    Die Autobiografie hat mir Lust gemacht, auch andere Bücher von Evaristo zu entdecken.

    :study: Jutta Aurahs - Katzen :cat:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :musik: Satoshi Yagisawa - Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Beeindruckende Biographie


    Die Autorin Bernardine Evaristo beschreibt in ihrer Biographie, wie sie es geschafft hat, als erste schwarze Frau den Brooker-Preis zu gewinnen. Sie beginnt mit ihrer Herkunft und ihrer Familie. Außerdem erzählt sie, wie wichtig ihr das Schreiben in ihrem ganzen Leben war und ist und warum sie nie aufgegeben hat.


    Die Autorin Bernardine Evaristo war mir davor kein Begriff. Sie war mir absolut unbekannt. Ich lese sehr gerne Biographien. So bin ich auf dieses Buch gestoßen. Es hat mich sehr beeindruckt. Was alles hinter dieser Frau steckt und was sie schon alles mit- und durchmachen mußte, ist enorm. Das hat mich sehr bewegt. Außerdem vermittelt sie eine sehr schöne Botschaft, dass man nie aufgeben soll und sich das Kämpfen lohnt.


    Der Schreibstil ist flüssig und sehr bildhaft. Die Autorin verwendet die Ich-Perspektive, um ihre Biographie zu erzählen. Das hat mir sehr gefallen. Im Mittelteil sind wunderbare Fotos von ihrer Familie und von ihr eingefügt.


    Sehr beeindruckende und bewegende Biographie einer außergewöhnlichen Persönlichkeit.

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  • Klappentext von der Verlagsseite:


    »Bernardine Evaristo zeigt auf eindrückliche Weise, wie wir lernen können, uns trotz oberflächlicher Unterschiede anzuerkennen und wahrzunehmen.« Barack Obama

    Frau. Schwarz. Lesbisch. Prekär. Schriftstellerin. Vierzig Jahre lang waren das die Stigmata, mit denen Bernardine Evaristo konfrontiert wurde. Doch von Anfang an hat sie dagegen angekämpft, dagegen angeschrieben, sich eingesetzt. Für einen Raum der Vielfalt und Toleranz für alle. In Manifesto geht sie erstmals die Stationen ihres Lebens durch, die Höhen und die Tiefen, und erzählt davon, wie sie schließlich die erste Schwarze Booker-Preisträgerin wurde – ein Manifest dafür, niemals aufzugeben.


    Manifesto: Warum ich niemals aufgebe ist das intime, inspirierende und kompromisslose Zeugnis dafür, wie Bernardine Evaristo, Booker-Preisträgerin und Bestsellerautorin, es geschafft hat, ihren eigenen Weg zu finden und ihn allen Widerständen zum Trotz unbeirrt weiterzugehen.


    1959 als Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters geboren, aufgewachsen im armen Süden Londons, war sie dazu bestimmt, als Mensch zweiter Klasse gesehen zu werden. Rassismus wurde erst 1965 zur Straftat erklärt und bis zur gesetzlichen Gleichbehandlung der Frau dauerte es noch einmal zehn Jahre. Doch Bernardine Evaristo lernte schon von klein auf, dass es sich nicht lohnt, ihre Herkunft zu verstecken. Dass sie vielmehr gerade deswegen ihr Leben leben, sich ausprobieren muss.


    Und so erzählt sie von ihren Lieben, ihrer Familie, aber auch ihrem Ringen mit der Kreativität und ihrer Suche nach einer eigenen Sprache für ihre Erfahrungen. Vom Ausprobieren queerer Beziehungen, dem Leben im künstlerisch-explosiven London der 80er und 90er Jahre und auch der Beharrlichkeit, die sie als Mensch, als Frau und als Autorin an den Tag gelegt hat, um ihre Ziele zu erreichen und schließlich 2019 als erste Schwarze Frau den Booker-Preis zu gewinnen und den internationalen Durchbruch zu schaffen.


    Ein augenöffnendes Buch und mitreißendes Leseerlebnis.


    Autoreninfo von der Verlagsseite:


    Bernardine Evaristo wurde 1959 als viertes von acht Kindern in London geboren. Sie ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Brunel University London und stellvertretende Vorsitzende der Royal Society of Literature. Für ihren Roman Mädchen, Frau etc. wurde sie als erste schwarze Schriftstellerin 2019 mit dem Booker-Preis ausgezeichnet.


    Erster Satz:


    Als ich 2019 für meinen Roman Mädchen, Frau etc. den Booker Prize erhielt, war ich plötzlich »über Nacht berühmt« – nach vierzig Jahren künstlerischer Arbeit.


    Meinung:


    Als erste schwarze Frau gewann Bernardine Evaristo für “Mädchen, Frau etc” den Booker Prize mit einem Buch, das eigentlich nicht ihrem Schreibstil der lyrischen Prosa entspricht, sondern einfach ein Prosawerk ist. Dass sie den Booker Prize gewann, ist direkt dreifach außergewöhnlich, denn sie ist eine Frau, schwarz und noch homosexuell für den Literaturbetrieb erstaunlich. Mit nun mehr sechzig Jahren hat sie nun ihre Biographie veröffentlicht, wieder in der Prosaform und sie zeigt ihren Lebensweg von ihrer Kindheit über ihre Anfänge am Theater und als Schriftstellerin. Aber sie geht auch ins Private hinein. So erzählt sie von ihrem Liebesleben und auch von den Schwierigkeiten, die sie als marginalisierte schwarze Frau in Großbritannien hat.


    Immer wieder kommt sie in den sieben Kapiteln auf ihr Leben als People of Color und Feminstin zu sprechen. Sie erzählt eindrücklich von ihrer Kindheit mit einer weißen Mutter und einem nigerianischen schwarzen Vater. Wobei gerade die Familie ihres Vaters in der Kindheit keine große Rolle gespielt hat, denn er hat jeglichen Kontakt in seine nigerianische Heimat abgebrochen. So erfährt sie auch nichts von der Kultur und Sprache Nigerias, was sie aber erfährt ist, dass sie und ihre sieben Geschwister aufgrund ihrer Hautfarbe nicht als echte Engländerin angesehen wird. Denn obwohl sie in Großbritannien geboren ist, sehen sowohl die Nachbarn als auch die Oma mütterlicherseits sie nicht der britischen Gesellschaft zugehörig. Was dies für ein Kind bedeutet, versucht sie uns näherzubringen.


    Sie sieht sich aber nicht als Opfer der Gesellschaft, sondern geht auch auf ihre eigenen Schwächen ein und wirkt dadurch authentisch. Die ersten beiden Drittel von Manifesto kann man eindeutig als Biographie bezeichnen, denn sie erzählt von ihrem Weg zur Booker Prize Gewinnerin, erzählt von den Frauen und Männern, die ihren Weg kreuzen, stellenweise begleiten und auch von ihrer Ausbildung an der Schauspielschule, am Theater, als Aktivistin und schließlich als Autorin. All dies immer im Kontext von Gender und Rassismus. Sehr gut erzählt und auch berührend.


    Das letzte Drittel kommt dann wie ein Bruch vor. Hier ist es weniger autobiografisch, sondern eher ein Ratgeber. Passt dann auch zum Untertitel “Warum ich nie aufgebe”. Sie erzählt hier von den noch nicht ins Deutsche übersetzten Büchern, gibt Ratschläge zum Thema Schreiben, Persönlichkeitsentwicklung und positiven Denken. Irgendwie passt es für mich nicht zu den ersten beiden Dritteln und lässt einen faden Beigeschmack zurück, mit dem Mantra “nur positiv denken, dann klappt auch alles”. Das ist mir zu billig und einfach gestrickt. Denn nicht alles kann man nur mit positiven Denken, Engagement in der heutigen Zeit schaffen, vielleicht war dies in den siebziger und achtziger Jahren einfacher.


    Fazit

    “Manifesto” überzeugt auf den ersten zwei Dritteln mit der Lebensgeschichte von Bernardine Evaristo, aber mit dem letzten Teil nimmt die Wirkung des Buches in meinen Augen ab.

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)