Ronja von Rönne - Ende in Sicht

  • Kurzmeinung

    Gaymax
    Ein Roadtrip. Depression ist ein großes Thema. Solide umgesetzt.
  • Kurzmeinung

    mapefue
    Ein ungleiches Gespann auf einen Roadtrip
  • Zwei Frauen mit Todeswunsch

    Als die 69jährige Hella Licht losfährt, ist sie fest entschlossen, in einem Sterbehospiz in der Schweiz ihrem Leben ein Ende zu setzen. Ihre Karriere ist am Ende, die finanziellen Reserven sind aufgebraucht und es scheint niemanden in ihrem Leben zu geben, der ihr nahesteht. Unterwegs auf der Autobahn fällt plötzlich ein Körper auf die Fahrbahn vor ihr (und nicht auf ihre Motorhaube, wie im Klappentext fälschlicherweise behauptet). Die 15jährige Juli wollte ihrem Leben ein Ende setzen und ist von einer Autobahnbrücke gesprungen, doch sie ist nur leicht verletzt. Hella, die keine Ahnung hat, wie sie sich in der Situation verhalten soll, nimmt Juli mit und fährt sie ins nächste Krankenhaus. So beginnt ein verrückter Roadtrip zweier unterschiedlicher Frauen mit Todeswunsch.


    Was sehr vielversprechend anfängt und von der Thematik her sicher einiges hergegeben hätte, hat meine Erwartungen allerdings nicht erfüllt. Hella und Juli sind total überzeichnet, ich konnte weder Empathie noch Sympathie für die beiden empfinden. Juli ist rotzfrech und respektlos, die Tatsache, dass sie im Kindesalter von ihrer Mutter verlassen wurde, hat sie depressiv gemacht. Ihren Vater, der sich redlich bemühte, sie zu erziehen und ihr ein schönes Leben zu bieten, lehnt sie ab und Freunde hat sie keine. Die ehemals erfolgreiche Schlagersängerin Hella wiederum hat schon längst den Zenit ihres Erfolgs überschritten, ihre letzten Auftritte waren nur noch peinlich. Dies scheint ihr Grund genug, um sterben zu wollen. Die beiden kutschieren quer durch Deutschland, erleben skurrile Situationen und lernen sich gegenseitig ein bisschen kennen. Manche Passagen sind ganz interessant oder amüsant, andere so überzogen, dass es nur noch genervt hat. Die Sprache der Autorin ist stellenweise bemüht originell, beispielsweise, wenn sich Hella „in den Bademantel schält“. Ich hatte mich sehr auf diese Lektüre gefreut, aber leider konnte sie mich nicht erreichen. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Ende in Sicht - Ronja von Rönne“ zu „Ronja von Rönne - Ende in Sicht“ geändert.
  • Ronja von Rönne, das ist ein ziemlich cooler Name (Alliterationen mag ich), der mir bisher noch nicht bekannt war und mich ein bisschen neugierig auf die Autorin dahinter gemacht hat. Ebenso die Kurzbeschreibung, denn wenn sich dem Thema Tod/Sterben auf unkonventionelle Weise genähert wird, weckt das mein Interesse. Kann sein, dass es mir dann im weiteren Verlauf nicht gefällt, aber erst mal bin ich angefixt. Auch das Cover fiel mir besonders ins Auge, richtig schön, himmelblau mit dieser Discokugelschnecke, und sonst nichts.


    Den Roman finde ich schwer zu beurteilen. Handlung ist hier wohl nicht die Hauptsache und sie kam mir auch nicht besonders sorgfältig ausgearbeitet vor. Hella war früher eine recht erfolgreiche Schlager- oder Popsängerin, kämpft aber nun, mit 69 Jahren, zunehmend mit dem Verlust an Bedeutung und Status. Nur noch zur Eröffnung von Baumärkten und Möbelhäusern engagiert zu werden frustriert sie zutiefst, und desillusioniert macht sich auf die Reise in die Schweiz, wo man ihr anscheinend ein begleitetes Sterben in Aussicht gestellt hat. Juli ist erst 15 Jahre alt und möchte ebenfalls nicht mehr leben. Der Zufall, oder das Schicksal, will, dass sie bei ihrem Sprung von einer Autobahnbrücke vor Hellas Auto auf dem Asphalt aufschlägt. Sie verletzt sich nur leicht, steigt zu Hella in ihren alten Passat und ein bizarrer düster-melancholischer Roadtrip nimmt seinen Lauf. Was die beiden unterwegs dann so erleben, war nicht immer nach meinem Geschmack, zu unglaubwürdig und zu schräg-makaber in vielen Szenen, gerade im letzten Drittel. Das Ende fand ich wiederum gut.


    Julis Beweggründe und ihre Situation bleiben zunächst vage, sie ist aggressiv, bitter und zutiefst unglücklich. Hella hingegen wird gleich relativ ausführlich und eher wenig schmeichelhaft charakterisiert. Doch ihr ist auch eine gewisse Selbstironie zu eigen, die mich wiederum für sie eingenommen hat. Sich kümmern und Verantwortung übernehmen sind Dinge, die sie Zeit ihres Lebens erfolgreich vermieden hat, aber nun, mit der verletzten Juli im Auto kommt sie irgendwie nicht umhin, widerwillig zwar, aber sie tut es.


    Ronja von Rönne hat ein Gespür für eigenwillige Figuren, für bizarre Situationen und Dialoge, die zwar überspitzt, aber häufig irgendwie aus dem Leben gegriffen wirken. Auch für coole Sarkasmen und hippe Metaphern hat sie ein Händchen, aber manchmal setzt sie zu oft noch einen drauf. Etwas weniger Sprachverliebtheit wäre unter Umständen mehr gewesen. Sie erzählt in pointiertem, eloquenten Stil. Sätze wie z. B. „Früher präsentierte sich der Zufall gern als Chance, warf glitzernde Möglichkeiten wie Konfetti durch ihr Leben“, finde ich großartig. Aber gerade bei Juli wird die Sprache zeitweise richtig rotzig und echt übel, wie sie sich Hella gegenüber verhält. Ich weiß, es ist ihrer Krankheit geschuldet, aber das macht es nicht wirklich besser.


    Für mich war es kein „schönes“ Buch. Ob es „gut“ ist, darüber kann bzw. möchte ich mir kein Urteil erlauben. Es ist schon speziell und ich habe aus dem Nachwort der Autorin den Eindruck mitgenommen, dass in die Figur der Juli möglicherweise persönliche Erfahrungen eingeflossen sind und sie hier eine Botschaft vermitteln will. Trotz des emotional belegten Themas, konnte mich das Buch nicht berühren. So wie die Autorin es umsetzt, hat es auf mich zu kunstvoll/künstlich/gewollt cool gewirkt. Darunter fällt auch der Song, der sich im Titel findet und wie ein roter Faden durch den Roman zieht. Juli und Hella taten mir leid, doch nahe konnte ich ihnen nicht kommen, ihre Handlungs- und Denkweisen blieben mir die meiste Zeit einfach zu unverständlich.


    Dennoch habe es mit Interesse gelesen, den eloquenten Ausdruck der Autorin und so manchen Dialog genossen.


    Mit dem Kommentar von Stuckrad-Barree und erst recht mit der Replik von Suter konnte ich nichts anfangen, peinlich, dümmlich, entbehrlich.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Bleibt hinter den Erwartungen zurück

    Die knapp 70-jährige abgehalfterte Schlagersängerin Hella Licht macht sich mit ihrer in die Jahre gekommenen Rostlaube auf den Weg in die Schweiz, um dort per Sterbehilfe den Löffel abzugeben. Schon kurz nach Antritt der Fahrt fällt ihr die 15-jährige Julia bei einem Selbstmordversuch von einer Brücke auf die Motorhaube. Nur leicht verletzt steigt Juli zu Hella ins Auto und bildet fortan mit ihr eine Fahrgemeinschaft der besonderen Art. Sowohl Hella als auch Juli haben sich anscheinend kaum etwas zu sagen, trotzdem meistern sie so manches Erlebnis und am Ende bleibt die Frage: ist das Leben nicht doch irgendwie noch lebenswert?


    Ronja von Rönne hat mit „Ende in Sicht“ einen kurzweiligen Roman vorgelegt, der dem Leser das Schicksal zweier Frauen sowie deren gemeinsame Erlebnisse nahebringen soll. Der flüssige Erzählstil schleust den Leser zwar schnell in die Handlung hinein, wo er über wechselnde Perspektiven mal an Julis, mal an Hellas Seite steht, jedoch vermag die nüchterne und recht emotionslose Art der Autorin den Leser kaum einzufangen. Während man von Hellas langsam versiegter Karriere erfährt oder von Julis komplizierten Familienverhältnissen, bleibt man stets außen vor und empfindet sich mehr als Beobachter als Komplize. Schon nach kurzer Zeit wird die Aufzählung der Gefühlswelten von beiden Protagonistinnen zur Herausforderung, denn sie wirken nicht nur oberflächlich, sondern auch sehr langweilig. Da finden sich weder wahre Verzweiflung noch Gemütsregungen, die für den Leser ansatzweise nachvollziehbar sind, so dass die Geschichte immer langweiliger wird. Auch die seltsamen Eskapaden sowohl von Juli als auch von Hella sorgen eher für Kopfschütteln und Unverständnis, das mag allerdings auch an den Protagonisten liegen, die keinerlei Sympathie beim Leser hervorrufen. Auch ein gewisser Spannungslevel lässt sich in der Handlung kaum finden, alles plätschert irgendwie vor sich hin, die Ereignisse reihen sich aneinander und bieten doch kaum einen Aha-Effekt, der den Leser entweder nachdenklich stimmt oder allgemein mehr mit den Protagonistinnen verbindet.


    Die Charaktere sind recht lieblos gestaltet, sie wirken mit ihren Eigenschaften einerseits glaubwürdig, doch fehlt es ihnen an Wärme und Empathie, um den Leser für sich einzunehmen, der so nur neben ihnen herläuft und ihr Schicksal so auch nicht ansatzweise teilen kann. Hella ist eine ältere Frau, die fast mittellos ihren alten Tagen der Berühmtheit nachtrauert. Schnaps ist ihr täglicher Begleiter, überhaupt dreht sich ihre Welt nur um sie selbst, weshalb sie nun erkennen muss, dass sie doch recht einsam ist. Juli ist ein respektloser Teenager, der unter Depressionen leidet. Sie schottet sich von allen ab, lügt, dass sich die Balken biegen, wirkt wankelmütig und cholerisch. Auch Juli hat recht egoistische Züge, doch kann man ihre Gründe besser nachvollziehen als die von Hella.


    Die Grundidee von „Ende in Sicht“ ist gut, doch die Ausführung lässt leider zu wünschen übrig. Fehlende Empathie, unsympathische und unnahbare Protagonistinnen sowie eine langweilige Umsetzung der Geschichte, die oftmals an den Haaren herbeigezogen wirkt, konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Das geht viel besser, wie andere Autoren bereits bewiesen haben. Thema verfehlt, keine Empfehlung!


    :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Hella will sterben, sie ist auf den Weg in die Schweiz. Da fällt Juli vor ihr Auto, gewollt oder Unfall. Es ist schwierig für Hella das herauszufinden. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg. Wohin? In den Tod oder doch noch einmal den Versuch das Leben in den Griff zu bekommen. Warum will Hella sterben, warum will Juli, die gerade einmal sechzehn Jahre alt ist, sterben?

    Die Beschreibungen dieser beiden Figuren ist bizarr. Wortkarg, Lügen auf beiden Seiten. Andererseits entsteht eine Beziehung, jede sieht sich in der Verantwortung für die andere, obwohl dieses Wort bisher ein Fremdwort war. Es ist ein Roadtrip, ein Wort für eine gemeinsame Reise die viel mehr ist. Es werden Gefühle offenbart, Gedanken verselbstständigen sich, Rückblicke ergeben einen Sinn. Hella hat genug vom Leben, mit siebzig kann man sagen das ist in Ordnung. Aber bei Juli ist es etwas anderes, sie hat ihr Leben noch vor sich. Aber Depressionen machen nicht vor der Jugend halt. Sie sind da und kaum im Schach zu halten. Die Beschreibung dieser Krankheit ist gut in diesem Roman verankert. Nicht übertrieben, sondern ein Versuch die Empfindungen der Betroffenen dar zustellen. Es scheint das die Autorin sehr viel Erfahrung und aus eigener Anschauung dieses Buch geschrieben hat.

    Das Buch ist ganz anders als erwartet. Trotzdem oder gerade deswegen fand ich es gut.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Juli, 15jähriger Teenager, springt von einer viel zu niedrigen Grünbrücke auf eine schwach frequentierte Autobahn, auf der gerade Hella übermüdet am Steuer ihres altersschwachen Passat entlangfährt. Damit beginnt die Erzählung und es ist der Anfang einer Reise, die beide nicht wollen aber doch zusammen bestreiten.

    Sekunden, Minuten, in denen beide, Juli und Hella, eine zusammengekauert in der Kabine, eine erschöpft davorstehend, sich darüber im Klaren waren, dass sie zu zweit waren.


    Meine persönlichen Leseeindrücke

    Ich lese das Buch relativ schnell, denn der Schreibstil lädt dazu ein, und begleite Juli und Hella ein kleines Stück. Der Roman thematisiert ein Lebensgefühl, indem Suizid als einzige Lösung gesehen wird, um die psychische Pein zu beenden. Dabei sind die Beweggründe bei Juli vollkommen anders als bei Hella. Die Autorin beschreibt Juli als einen Teenager, der mit seinem Leben, das an und für sich ganz okay ist, nicht zurechtkommt und schlicht frustriert von der Ignoranz der Erwachsenen ist.

    Obwohl es wenig daran auszusetzen gab, und das war das Schlimme, waren Juli irgendwann die Gründe ausgegangen, die deutlich „dafür“ stimmten.

    Und dann kommt das große Thema Depression. Es wird nicht medizinisch analysiert, nicht psychologische interpretiert sondern einfach an Julis Verhalten stilisiert. Und ich erfahre, dass Juli die Menschheit hasst.

    Warum sich an die Welt klammern, die bevölkert war von Feiglingen, die lieber den Rückwärtsgang einlegten, anstatt auch nur einen Gedanken an andere zu verschwenden. Dieses automatisierte Abwesenheit von Empathie und Zivilcourage, die Weigerung, Mensch zu sein, machte Juli rasend.

    Hella wird hingegen nicht so viel Aufmerksamkeit zuteil. Vielleicht will die Autorin damit ausdrücken, dass sie als 69jährige Erwachsene abgeklärter ist und ihr Leben Großteils schon hinter sich hat.

    Da vergrub die alternde Frau, das gefallene Popsternchen, das enttäuschte Kind in ihre, die vom Leben schlicht erschöpfte Hella ihr Gesicht in den Händen und begann, hemmungslos zu weinen.

    Ich hätte mir bei beiden Romanfiguren ein bisschen mehr Einblick in ihre Gefühlswelt gewünscht. Hier wäre literarisch sicher mehr möglich gewesen und leider kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass etwas oberflächlich gearbeitet wurde.

    Die Sprache ist durchaus gefällig, wenn auch eher einfach gehalten. Ein schnörkelloser Erzählton ermöglicht eine nicht schwer oder deprimierend wirkende Geschichte. Viele bemängeln fehlenden Tiefgang mit dem Thema Depression. Ich hingegen finde es schade, dass mich der Erzählton sehr auf Distanz hält und mir als Betrachterin nicht die Möglichkeit gibt, mit der Geschichte und den Romanfiguren Empathie zu empfinden.


    Fazit

    „Ende in Sicht“ ist ein gutes Romanbeispiel für den jungen, modernen deutschen Schreibstil. Distanziert, klar, schlicht und simpel erzählt die Autorin Ronja von Rönne über ein 15jähriges Mädchen und eine 69jährige Frau, die jede auf ihre Art und Weise, ihr Leben beenden möchten. Leider kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass etwas oberflächlich gearbeitet wurde.

  • To live or not to live, that is the question


    Der Anfang ist vielversprechend: Eine Frau mit reichlich Lebenserfahrung will ihrem Leben ein Ende setzen. Dazu fährt sie in die Schweiz, wo Suizid unterstützt wird. Ob die Schweizer stolz auf diese Art des finalen Tourismus sind?


    Ein junges Mädchen will ihrem Leben auch ein Ende setzen, aber auf viel schnellere und rabiatere Art. Diese zwei so unterschiedlichen Frauen verbindet nur der Todeswunsch.


    Juli stürzt sich von einer Autobahnbrücke auf die Fahrbahn, Hella Licht unterwegs auf dieser Autobahn, bremst ab, untersucht Juli und zerrt sie ins Auto. Juli ist zwar am Knie verletzt, hat etliche Prellungen und Schürfungen davongetragen, aber ist am Leben. Und nun raufen sich diese zwei Frauen zusammen, von Bielefeld bis Lindau dauert ihre gemeinsame Reise an. Unterwegs bestehen sie so einige Abenteuer, einige lachhaft, wie z.B. der mürrische Toilettenwächter auf einer Autobahnraststätte, oder wenn Hella Licht als Schlagersängerin auf einem Feuerwehrfest irgendwo in der fränkischen Pampa erkannt wird. Am schönsten fand ich die Nacht die beide in dem Spaßbad verbringen und am Schluss noch 10 Euro, die sie nie ausgelegt haben, zurückbekommen. Dabei lernt Hella auch noch Schwimmen mit ihren 69 Jahren. Einige Abenteuer hätten auch gefährlich ausgehen können, als z.B. Juli zu einem fremden Lastwagenfahrer in die Kabine steigt. Der Fahrer war harmlos, er wollte Juli nur helfen, weil er auch eine Tochter daheim hatte, in etwa Julis Alter. Aber wie leicht hätte da Juli den falschen Brummifahrer erwischen können.


    Das Hörbuch, wunderbar gelesen von Ronja von Rönne, der Autorin, hat bei mir einen tiefen Nachhall hinterlassen. Einerseits hat Hella Licht nun auf ihren Suizid in der Schweiz verzichtet, andererseits aber wissen wir nicht genau, ob Juli nun sich vor den einfahrenden ICE geworfen hat, oder war es der nervöse junge Mann neben ihr? Als einige Wochen später Hella einen offiziellen Auftritt bei der Eröffnung eines neuen Möbelhauses einen Auftritt hat, sieht sie Juli, die ihr aus einem grünen Sessel zuwinkt. Aber sieht nur Hella Licht das junge Mädchen? Oder ist Juli auch für die anderen Menschen sichtbar und sie hat nicht ihr Ende vor dem Zug gefunden? Diese Frage bleibt offen, lässt uns hoffen oder sicher sein. Ich persönlich wünsche mir, Juli hat auch nicht diesen letzten Schritt getan, sie hat sich für das Leben im hier und jetzt entschlossen.

  • Ronja von Römme war mir bis dato völlig unbekannt, konnte mich jedoch mit ihrem guten Sprachgefühl überzeugen. Die Thematik Suizid ist an sich keine einfache, jedoch wird sie hier in viel Humor und Leichtigkeit gepackt. Ob das immer so angebracht ist, kann man so oder so werten. Für Menschen in einer akuten Krise in meinen Augen nicht sehr empfehlenswert, wer aber einen Roadtrip der anderen Art miterleben möchte, der ist hier ganz gut bedient.


    Es hat Spaß gemacht, die beiden Damen auf ihrer Reise zu begleiten und mitzuerleben, wie sie beginnen sich einander zu öffnen und jede auf ihre Weise der anderen zu helfen.


    Gut gefällt mir, dass die Autorin selbst ihrer Geschichte ihre Stimme verleiht, auch wenn diese anfangs für mich ein wenig gewöhnungsbedürftig war.


    Insgesamt vergebe ich gerne 4/5 Sternen, da mir hier und da etwas mehr Tiefe gut gefallen hätte, ich mich aber insgesamt gut unterhalten fühlte.

  • Von dem Buch hab ich einiges erwartet und wurde leider enttäuscht.


    Ich hab mir einen tiefsinnigen Roman über das Leben und dessen Ende gewünscht und eigentlich nur eine etwas wirre Komödie bekommen, in der immer wieder das selbe passierte.

    Es ist nicht so, dass mich das Buch nicht unterhalten hat, das ist schon so. Und ich wollte auch wirklich gern wissen wie es endet, aber leider fehlte es hier deutlich an Tiefgang finde ich. Die Figuren blieben mir einfach zu oberflächlich was Emotionen angeht. Es passiert immer wieder, dass sich das Mädel absetzt und die Frau über ihren Schatten springen muss um sie zu beschützen. Das beschreibt quasi das ganze Buch. :lol:


    Ausgesöhnt hat mich dann eine Wendung gegen Ende und der Schluss allgemein, der Interpretationsspielraum lässt. Ich denke es kann sich jeder so hindenken wie er sich das Ende eben wünscht. Das fand ich sehr gelungen.


    Das Buch bekommt von mir :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sternchen.

    Wer keine Fehler macht, macht wahrscheinlich auch sonst nicht viel.

  • Köstlich, Rönnes feiner Spott gemischt mit ebensolchem Humor, menschenfreundlich und sie liebt das LEBEN.


    „Treffen sich zwei Lebensmüde…“, nein das ist nicht der Beginn eines Witzes, sondern der Start eines grotesk-melancholisch Roadmovies.


    Die 15-jährige Juli ist im wahrsten Sinne des Wortes lebensmüde. Weder eine Therapie noch das Engagement des alleinerziehenden Vaters konnten ihr weiterhelfen. Jetzt steht der depressive Teenager auf einer sogenannten Grünbrücke, die gebaut wurde, damit "Rehe und Wildschweine nicht der A33 zum Opfer fielen", nicht als "Fallwild" in den "Rädern des Feierabendverkehrs verenden." Juli wird selbst zu Fallwild, stürzt von der Brücke - eher zufällig, weil sie nach ihrer fallenden Schnecke greift und das Gleichgewicht verliert. Juli überlebt und wird von Hella Licht gefunden, die in ihrem altersschwachen Passat noch vor Juli stoppen kann, denn rechtzeitig erkennt sie den verletzten Körper auf der Autobahn und zieht Juli an den Fahrbahnrand. Die bittere Pointe: Die 69-jährige Hella, abgehalfterter Schlagerstar, will ihr freudloses Leben in einer Schweizer Sterbeklinik beenden.


    Hella und Juli sind sich nicht sympathisch. Sie streiten, versöhnen und lügen sich an - keine gibt zu, dass sie den Selbstmord geplant hat - finden trotz allem zu großer Ehrlichkeit. Sie lassen sich in einem Nackedei-Spa einsperren und plündern die Bar, es passiert viel Unerwartetes, fast werden sie angezeigt, was sie vor allem komisch finden – und da ist sie, die Hoffnung wohl jedes Depressiven (auch vieler nicht depressiver Menschen): dass etwas von außen geschehen möge, das ihrem Leben eine positive Wende gibt. Oder ist es in „Ende in Sicht“ bereits passiert?


    In ihrer Danksagung am Ende des Bandes erklärt die Autorin, dass dieses Buch nicht ohne ihre eigenen Erfahrungen mit Depression entstanden wäre, „nicht wegen, sondern trotz dieser Scheißkrankheit.“ Ihr Dank gilt den Menschen und deren Hilfe „die mich in dunkleren Zeiten aushalten, mir aufhelfen, mich daran erinnern, dass eine kranke Wahrnehmung der Welt noch lange nicht bedeutet, dass tatsächlich alles so schlimm ist, wie es tut“.

    Schlussendlich der Tipp zur Webseite der deutschen Depressionshilfe mit angeschlossener Telefonnummer. Hoffentlich ein „Ende in Sicht“.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Meine Meinung: Ich mag diese Art von Bücher. Ein Roadmovie zwischen zwei ungleichen Frauen, die eine sehr jung und die andere im letzten Lebensabschnitt mit 69 Jahren, aber beide möchten dasselbe: Ihr Leben beenden. Es geht um Suizid, es geht um Depressionen und auch um Sterbehilfe und Gesellschaft. Insgesamt ein schwieriges Thema was die Autorin angefasst, aber dennoch hat sie es sehr ordentlich gemacht und ein gutes Buch geschrieben. Ob die Geschichte jetzt richtig gut ist oder nicht ist eigentlich gar nicht so entscheidend, sondern viel mehr, ob die Geschichte die entscheidenden Personen anspricht und wenn nur eine depressive Person zum Telefon greift und die Telefonnummer der 'Deutschen Depressionshilfe' wählt, dann hat sich das Buch definitiv gelohnt. Und ich finde das ist ein ermunterndes Fazit.


    Fazit: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 0 / 268 Seiten


    SUB: 857