Maria Stern - Acetat

  • Frauenmorde - wenn die Beziehung tödlich endet


    „Clara scrollte weiter, las, dass der gefährlichste Platz für Frauen zu Hause war und wunderte sich, warum Eltern sich sorgten, wenn ihre Töchter am Abend lange unterwegs waren.“


    Nachdem Clara Coban, Kriminalbeamtin in Wien, zum wiederholten Mal zu einem Frauenmord im häuslichen Umfeld gerufen wird, reicht es ihr, wie die Medien mit diesen Gewalttaten an Frauen umgehen. Häusliche Gewalt wird nach wie vor kleingeredet und als „Familienstreit“ abgetan. Sie gründet eine Facebookgruppe in der sie ihren Unmut kundtut und sich mit den Medienmogulen Österreichs anlegt. Das Blöde ist nur, dass ausgerechnet ihr Ehemann David Journalist bei einer großen Zeitung arbeitet. Mit ihrem Engagement gegen prügelnde Ehemänner setzt sie ihre eigene Ehe aufs Spiel.


    Als dann ihre Nachbarin, deren Ehestreitigkeiten Clara und David nahezu täglich hautnah miterleben, plötzlich verschwindet, läuten bei Clara die Alarmglocken. Sie beginnt auf eigene Faust zu recherchieren und gefährdet ihren Job, da sie mit unerlaubten Mitteln das Verschwinden ihrer Nachbarin aufklären will.


    Über allen ihren Bemühungen gegen Gewalttäter vorzugehen, übersieht sie, dass ihr persönlich große Gefahr droht.


    Meine Meinung:


    Dieser Krimi ist aus dem Leben gegriffen. Gewalt an Frauen innerhalb der Familie hat leider einen vorderen Platz in der Kriminalstatistik. Im Jahr 2021 sind rund 30 Frauen ermordet worden. Die mutmaßlichen Täter: Ehemänner und Ex-Partner.


    Warum?


    Die Geschichten der ermordeten Frauen zeugen von Besitzdenken und Hass. Viele Opfer haben sich getrennt oder waren gerade im Begriff sich zu trennen. Einige haben den mutmaßlichen Täter vor ihrem Tod angezeigt. Manche haben sich in Frauenhäuser geflüchtet und sind - wie hier im Buch dargestellt - auf offener Straße ermordet worden.


    Maria Stern beleuchtet durch Clara Coban sowohl die Medien als auch den gesellschaftlichen Background der Täter. Denn Gewalt in der Ehe ist nicht nur ein Phänomen von armen Zuwanderern, sondern kommt auch in alteingesessenen, finanziell gut gestellten Familien vor. Solange die „g’sunde Watschn“ toleriert wird und Männer Frauen als ihr Eigentum ansehen, wird sich an der Kriminalstatistik wenig ändern.


    Einzig der Titel "Acetat" irritiert ein wenig, denn das Acetat ist das Salz der Essigsäure und wird in der Textilwirtschaft verwendet.


    Fazit:


    Ein Krimi, der unter die Haut geht und 5 Sterne verdient.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)