Robert Preis - Die Geister von Graz

  • Wieder eine apokalyptische Reise für Armin Trost, der eigentlich nur seine Ruhe haben will.

    Dieser Krimi mit Chefinspektor Armin Trost ist der dritte einer Serie, der in der steirischen Landeshauptstadt Graz spielt.

    Schon der Titel verheißt nichts Gutes. Während Armin Trost sich im Krankenstand und in seinem Baumhaus befindet, verändert sich Graz langsam aber sicher. Jede Menge Bettler kommen ans Tageslicht und verunsichern die Einwohner. Als dann noch ein abgetrennter Kopf durch die Halle des Hauptbahnhofs kullert, nimmt man auf Trosts Befinden keine Rücksicht und holt ihn schnurstracks aus dem Krankenstand. Es tauchen weiter abgeschnittene Körperteile auf. Die Obdachlosen tragen menschliche Finger als Talismane um den Hals.


    Doch damit noch nicht genug, verschwindet ein Mann während eines Spaziergangs mit Frau und Hund spurlos.

    Die Prophezeiung der Mutter des Verschwundenen: "Nehmen Sie sich in Acht, die Dämonen der Vergangenheit sind unversöhnlich. Sie vergeben niemals." (S. 83) lassen Armin Trost schaudern und Übles erahnen, hat er doch mit seinen eigenen Geistern zu kämpfen.

    Gemeinsam mit Anette Lemberg und Johannes Schulmeister oder doch eher einsam, versucht Trost Licht ins Dunkel zu bringen. Eine mögliche Spur führt ihn ins ehemalige Jugoslawien, dessen nördlichste gerade einmal eine halbe Autostunde von Graz entfernt liegt. Ex-Jugoslawien, Lieferant von (Profi)Fußballern, Gastarbeitern und durch seinen Bürgerkrieg in den 1990ern in mehrere Nationalstaaten zerfallen, hält für Armin Trost böse Überraschungen bereit.


    Meine Meinung:


    Robert Preis versteht es meisterlich, seine Leser von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln. Wie schon in den Vorgängerkrimis muss man als Leser aufpassen, zwischen Schein und Sein zu unterscheiden. Manche Geister, die der Autor hier loslässt, erscheinen völlig real. Die diffuse Angst vor den Bettlern, die sofort für alles verantwortlich gemacht werden, treibt die ohnehin mit begrenzter Sympathie für Fremdes ausgestatteten Bürger von Graz endgültig an ihre Toleranzgrenzen.

    Schon der Einstieg kommt unwirklich daher und ist, wie sich später herausstellt, die Schlüsselszene.

    Immer wieder gelingt es dem Autor auf seine ganz subtile Weise den Leser zum Nachdenken über Schein und Wirklichkeit anzuregen. Viele Elemente wie z. B. Namen haben eine doppelte, metaphorische Bedeutung. Die gruselige Atmosphäre im dichten Nebel ist auch ein Beispiel dafür.


    Eine in diesem Verwirrspiel interessante Figur ist der neue Polizeidirektor von Graz, Balthasar Gierack. Der Leser darf sich sein eigenes Urteil bilden, was es mit diesem neu eingeführten Charakter auf sich hat.


    Das Buch besteht aus 140 kurzen Kapiteln, die ein wenig an Gedankensplitter erinnern. Doch gerade diese kurzen Sequenzen treiben den Leser dazu an, noch eins und abermals eines zu lesen, bis er atemlos am Ende des Buches (und der Nacht) ankommt.


    Fazit:


    Wieder ein außergewöhnlicher Kriminalfall für den etwas wunderlich wirkenden Kriminalbeamten Armin Trost, dem ich gerne wieder 5 Sterne gebe.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)