Mieko Kawakami - Heaven / Hevun / ヘヴン

  • Kurzmeinung

    wurm666
    Auch hier ist es wieder kein Einfaches Thema was hier sehr nachvolziehbar beschrieben wird!
  • Autorin: Mieko Kawakami
    Titel: Heaven

    Seiten: 190

    ISBN: 978-3-8321-8374-5

    Verlag: dumont

    Übersetzerin: Katja Busson


    Autorin:

    Mieko Kawakami wurde 1976 in Osaka geboren und ist eine japanische Schriftstellerin und Sängerin. Bekannt wurde sie mit einen Roman, der 2020 in mehreren Sprachen übersetzt wurde, im Deutschen unter den Titel "Brüste und Eier". Das Buch wurde vom Time Magazine zu den zehn besten Büchern des Jahres gewählt. Doch bereits 2006 debütierte sie als Lyrikerin und veröffentlichte in Japan ihren ersten Roman. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Literaturüpreise, darunter den Akutagawa-Preis und den Murasaki-Shikibu-Preis.


    Inhalt:

    Sie sind beide Außenseiter und Opfer übler Mobbing-Attacken und haben doch noch kein Wort miteinander gewechselt: der vierzehnjährige namenlose Ich-Erzähler und seine Klassenkameradin Kojima. Als Kojima aber beginnt, Nachrichten zu schreiben, entwickelt sich ein Dialog zwischen den beiden, entsteht etwas Schönes, Zartes. Bald jedoch wird die gerade geschlossene Freundschaft auf eine harte Probe gestellt.

    In ihrem packenden Roman erzählt Mieko Kawakami die Geschichte zweier Jugendlicher, die anders sind, in einer Gesellschaft, die kein Anderssein erträgt, und stellt damit abermals ihr schriftstellerisches Talent unter Beweis.
    (Klappentext)


    Rezension:

    Mobbing wird definiert als fortgesetzte Handlung zumeist psychischer, aber auch körperliche Gewalt und Ausgrenzung gegenüber Schwächeren über einen längeren Zeitraum und das Ausnutzen überlegener Kräfte durch stärkere Personen. In zahlreichen Varianten kommt dies vor, verdeckt oder offen, und erstreckt sich auf Menschen aller Altersgruppen und sozialer Schichten. Wie gibt man einer solchen Thematik, die schon in der Realität kaum flächenwirksam diskutiert wird, fast immer nur dann, wenn sich die Opfer nicht anders zu helfen wissen, als zum Äußersten zu greifen, um sich dem zu entziehen, Raum, zumal in einer von Grund auf eher zurückhaltenden Gesellschaft?


    Die japanische Autorin Mieko Kawakami hat dies versucht und erzählt die Geschichte zweier Schüler, wie sie wohl überall auf der Welt vorkommt. Aus der Perspektive eines namenlosen Ich-Erzählers erleben wir von Beginn an die Grausamkeiten, denen er sich ausgesetzt sieht, aufgrund einer Fehlstellung seiner Augen.


    Er beschreibt die körperlichen Schmerzen und psychischen Quälereien, die ihm immer mehr verzweifeln und resignieren lassen, bis er eines Tages ein Brief von einer ebenso gequälten Mitschülerin erhält.

    Zunächst nur wenige Worte, formen sich schließlich Säütze und ein reger Briefwechsel daraus. Kojima gibt dem Jungen Halt und wird selbst plötzlich gesehen. Zarte Bande, die von den Peinigern Beider nicht unbemerkt bleiben, was Konsequenzen haben wird. Dieses Zusteuern auf die Katastrophe, die Unausweichlichkeit, das Drama, man ahnt das schon zu Beginn, hofft und bangt, gerät gleichfalls der beiden Protagonisten in einem Sog, den man sich nicht entziehen kann.


    Zitat

    Aber warum hatte ich Angst? Weil sie mich verletzten? Wenn ich fürchtete, verletzt zu werden, warum tat ich dann nichts? Was hieß das überhaupt: verletzt? Warum wehrte ich mich nicht? Warum ergab ich mich einfach? Was hieß das: sich ergeben? Wovor hatte ich Angst? was ist Angst? Doch so lange ich auch grübelte, zu einem Ergebnis kam ich nicht.


    Die Autorin schafft es die Verzweiflung des vierzehnjährigen Ich-Erzählers zwischen den Zeilen mit zunehmenden Seiten immer mehr einzustreuen, eindrucksvoll die inneren Monologe, die Erklärungsversuche des Protagonisten, ebeenso wird das Sinnfreie im Dialog mit einem der Mobber deutlich, dessen Sicht dem Opfer immer mehr die Luft zum Atmen nimmt. Kurze Sätze der Unausweichlichkeit wechseln mit ausufernden, die den Jungen immer mehr in die Tiefe ziehen. Der weg von Kojima nimmt einen anderen Verlauf.


    Was bleibt da noch? Das Ende gibt kaum Antworten und bleibt halbwegs offen. So ist das auch im realen Leben. Ein Opfer findet keine einfachen Erklärungen, braucht sie auch nicht, da sie nicht helfen. Nur Hilfe von Außen schafft dies, was schwer genug ist. Wer vertraut sich von selbst schnell genug jemanden an? Das schaffen nur wenige sofort. So bleibt der Leidensweg meist lang. Im Land der Autorin ist die Quote von Fällen von Burnout sehr hoch, ebenso wie die Suizidrate derer, die mit den Konsequenzen einer Gesellschaft, in der jeder für sich bleibt, nicht mehr zurechtkommen. Mieko Kawakami gibt all jenen, nicht nur in Japan, eine Stimme, die so bitter nötig ist.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Mieko Kawakami - Heaven / Hevun“ zu „Mieko Kawakami - Heaven / Hevun / ヘヴン“ geändert.
  • :lol: Wie hast du das gefunden? Ich hätte nicht mal ne Idee gehabt, wie ich das suchen müsste. Und den Titel als echt verifizieren

    Schritt 1: Wiki-Veröffentlichungsliste (da steht auch 'Hevun')

    Schritt 2: Dort gefundene Kanji-Schreibweise bei Google rein. Titel wurde im jaoanischen Amazon mit ISBN und Hinweis 'für Deutschland lieferbar' angezeigt.

  • Ich hab zwar vorhin unter "Hevun" gesucht, aber nix gefunden.

    Wenn man ヘブン googelt, kommt einiges - von Caritativem über J-Pop, Manga bis Erotik. Der Himmel ist wohl sehr beliebt in Japan :D


    Schritt 2: Dort gefundene Kanji-Schreibweise bei Google rein.

    Um noch ein bisschen mehr klugzuscheißen: ヘブン sind keine Kanji. Das ist Katakana.

  • Das ist jetzt ein Boss-Move. :lol: Wie hast du das gefunden? Ich hätte nicht mal ne Idee gehabt, wie ich das suchen müsste. Und den Titel als echt verifizieren. Kannst du Japanisch?

    Du kannst auch einfach bei goodreads Other Editions aufrufen.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Weber - Bannmeilen (Paris)

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Ein Junge wird von seinen Klassenkameraden gemobbt. Die anderen schauen weg, niemand hilft ihm. Plötzlich findet er unter seinem Pult einen Zettel mit einer Botschaft, die ihm Hoffnung macht. Es folgen weitere Zettel, auf denen er Fragen gestellt bekommt oder der unbekannte Verfasser über alltägliches schreibt. Dann kommt der Moment, an dem sich die beiden treffen und der Junge erkennt, dass er nicht der Einzige in seiner Klasse war, der gemobbt wurde.


    Den Namen des Erzählers habe ich nicht erfahren. Auch von seiner Familie erfahre ich wenig, weil es da wenig zu erzählen gibt. Der Vater ist ständig unterwegs und seine Stiefmutter scheint kein Interesse an ihm zu haben. Gerade deshalb tut ihm der Kontakt zu seiner Klassenkameradin Kojima so gut. Sie ist wie er eine Außenseiterin, die wie er gemobbt wird, weil sie wie er anders ist.


    Anfangs ist die Freundschaft der beiden ein sicherer Hafen, denn sie können sich alles anvertrauen, was sie bisher niemand sagen konnten. Mit der Zeit beginnen die beiden, sich zu verändern. Der Erzähler fühlt sich stärker mit Kojima hinter sich und traut sich, seinen Peinigern gegenüberzutreten. Aber genau das ist es, was Kojima und ihn wieder auseinanderbringt.


    Das Buch spricht schwierige Themen an. Nicht nur das Mobbing, bei dem einige wenige die Macht über den Rest der Klasse haben und machen können, was sie wollen. Nicht unbedingt aus Stärke, sondern auch oder vielmehr deswegen, weil der Rest einfach froh ist, nicht zu den Opfern zu gehören. Lieber ruhig bleiben und wegsehen. Aber die Autorin zeigt auch, dass es keinen Grund geben muss, um zum Opfer zu werden. Manchmal ist es einfach die Laune der vermeintlich Stärkeren, die einem den Stempel aufdrückt und nicht das, was wir an uns selbst nicht mögen.


    Trotz des schwierigen Themas hat mich die Geschichte nicht so berührt, wie ich es erwartet habe. Die Charaktere blieben mir fremd, sie wirkten auf mich künstlich und nicht lebendig, trotz aller Gefühle, über die sie erzählt haben.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Manchmal ist die Suche hier noch ein Buch mit den berühmten sieben Siegeln für mich :roll:

    Auf die Lupe klicken, erweiterte Suche auswählen, Kawakami in die Suchzeile schreiben und den Haken bei "nur Betreff" setzen. Und schon bekommt man alle Rezensionen angezeigt, die es zu Büchern des Autors gibt. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn