Charles Dickens - Little Dorrit (ab 02.01.2022)

  • Tatty ist eine Kurzform von Harriet, aber tatsächlich hat es als Adjektiv auch die Bedeutung von schmuddelig. Es ist also nicht wirklich ein schöner Kosename auch wenn ich den Meagles nicht wirklich böse Absicht unterstelle.

    Gut, dass Du das erklärst.

    Das macht die Sache ja noch schlimmer.

    Und was die böse Absicht angeht: diese Art, sich über weniger Glückliche zu erheben, war vielleicht weit verbreitet. Das macht es aber nicht besser, und ich sehe Dickens' kritischen Zeigefinger.

    Für meine Begriffe wird das Kind Harriet mit diesen "praktischen" Namensänderungen der ständigen Verachtung ausgesetzt, in und außerhalb der Familie, und gebrandmarkt.

    Ich denke, dass Miss Ward ihr Angst macht, weil sie sie "sieht" und das ist sie ja nicht gewöhnt.

    Das sehe ich auch so. Miss Wade hat etwas Böses an sich, finde ich, und sie hat einen festen Willen. Ich vermute, dass Harriet und sie sich näherkommen werden, aber so, dass Miss Wade die arme Harriet (ich mag den schrecklichen Namen Tattycoram kaum mehr sagen) für ihre Zwecke nutzt.


    Wir haben jetzt zwei Böse: den vermutlichen Mörder Rigaud und Miss Wade. Ich denke, dass die Beiden zusammenkommen...?

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Wir haben jetzt zwei Böse: den vermutlichen Mörder Rigaud und Miss Wade. Ich denke, dass die Beiden zusammenkommen...?

    Das wäre aber ein Pärchen direkt aus der Hölle.............

    Der mörderische Gentleman und die düstere, streitlustige Miss Wade. :shock:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Ich empfinde Miss Wade gar nicht als böse :-k Sie ist sarkastisch und klar in ihren Ansagen, was sicher beides auf vergangenen Erfahrungen beruht.

  • Ich empfinde Miss Wade gar nicht als böse

    Ist bloß so mein Gefühl, wenn ich mir die Szene vorstelle, wie sie die arme Harriet beobachtet und irgendwie ihre Gefühlslage seziert.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Mit Glühwein in der Dickens-Tasse und einer schönen Dickens-Karte als Lesezeichen

    :applause: So muss das sein.


    Pet empfinde ich überhaupt kaum als Person - und auch schon der Name deutet massiv darauf hin. Schließlich ist ein "pet" ein Haustier und so kommt mir die junge Frau auch fast vor.

    Stimmt, jetzt wo du es sagst. :thumleft: Dickens hat sich schon ganz gut was bei der Namensgebung gedacht - Pet, Tatty...

    Ich empfinde Miss Wade gar nicht als böse

    Ist bloß so mein Gefühl, wenn ich mir die Szene vorstelle, wie sie die arme Harriet beobachtet und irgendwie ihre Gefühlslage seziert.

    Mir geht es auch eher so wie Squirrel und Pinguinchen, dass ich sie nicht als böse empfinde. Vor allem in der Szene mit der armen Harriet wirkte Miss Wade auf mich überraschend empathisch, nachdem sie beim Dinner so abweisend und distanziert zu den anderen war.


    Kapitel 3 & 4

    Seid Ihr eigentlich auch schon im düsteren und dreckigen London angekommen?

    Oh ja, und habe nur ich das Gefühl, dass Dickens noch nie so düster über eine Stadt geschrieben hat? Vielleicht sind aber auch die Erinnerungen an vergangene Bücher etwas verblasst. Zumindest liest es sich für mich so, als ob Dickens für London nicht viel übrig hatte. Oder es war wirklich so grässlich, wie er die Straßen, Häuser und Menschen beschreibt. :-k Auch Arthur Clennam, der in seine Heimat zurückgekehrt ist, scheint nicht viel für die Stadt übrig zu haben. Man merkt ihm seine Abneigung so richtig gut an, wie er da im Kaffeehaus sitzt, seinen Gedanken und Erinnerungen nachhängt und gar nicht weg will. Die Gründe werden schnell klar, als es in sein Elternhaus geht. Puh, was dort für ein trostloser Haufen lebt - die garstige dominante kranke alte Mutter, die ihr Zimmer nicht verlässt und dennoch alle ordentlich terrorisiert, der anmaßend wirkende Bedienstete Jeremiah Flintwich und die ängstliche, völlig unterdrückte Magd Affery. Fast schon entsetzt war ich, dass sie mit Jeremiah fast schon zwangsverheiratet wurde - angezettelt von Jeremiah und Mrs. Clennam. Die arme Affery tut mir total leid, vor allem verfügt sie über keinerlei Selbstbewusstsein, wie ihre ständige Erwähnung der Gescheitheit der anderen beiden zeigt.

    Hier findet dann auch Little Dorrit das erste Mal Erwähnung, aber so richtig konnte ich das nicht zuordnen. Stand sie im Zimmer neben der alten Mrs. Clennam? ?( Und was ist das für eine wohlhabende Witwe, die Affery gegenüber Arthur erwähnt? :scratch:


    Was für eine Ehemann Jeremiah ist, zeigt sich dann in dem kurzen Kapitel 4, als Affery verwirrend von ihm träumt. Aber das Aufwachen ist auch nicht viel besser und zeigt, was für ein Kotzbrocken Jeremiah ist. :puker:

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • und habe nur ich das Gefühl, dass Dickens noch nie so düster über eine Stadt geschrieben hat? Vielleicht sind aber auch die Erinnerungen an vergangene Bücher etwas verblasst. Zumindest liest es sich für mich so, als ob Dickens für London nicht viel übrig hatte. Oder es war wirklich so grässlich, wie er die Straßen, Häuser und Menschen beschreibt. :-k

    So düster habe ich es auch vorher nie empfunden, aber tatsächlich war London (so wie fast alle Großstädte damals) ein dreckiger, stinkender Ort. Es gab kaum eine funktionierende Kanalisation, von Wasserversorgung nicht zu reden und die Straßen waren nicht gepflastert. Das bringt Dickens ja lebhaft ins Bild, indem er den Schlamm der Straße wie ein Lebewesen erscheinen lässt:

    Zitat

    What the mud had been doing with itself, or where it came from, who could say? But it seemed to collect in a moment, as a crowd will, and in five minutes to have splashed all the sons and daughters of Adam.

    Als Dickens zwischen 1855 und 1857 Little Dorrit schrieb, war der große Choleraausbruch von 1854 grad erst überstanden, aber die Stadt war in einem katastrophalen Zustand. Der Spiegelartikel ist da deutlich. Und eine Kommission der Stadt schätzte 1849, dass 9.5 Millionen Tonnen ungeklärte Abwässer pro Tag in die Themse flossen.

    Außerdem scheint Little Dorrit viel politische Kampfansagen zu enthalten: dass das Kapitel ausgerechnet an einem Sonntag beginnt und die Straßen so leer und düster beschrieben werden, ist ein Seitenhieb aufs Parlament, da grad eine Gesetzesvorlage abgelehnt wurde, in der es um die sonntägliche Öffnung zweier großer Museen ging um den Menschen am Sonntag etwas Ablenkung zu bieten. Gleichzeitig wurde ein Gesetzentwurf eingereicht (und GsD auch abgelehnt), den Sonntag dem Handel zu öffnen, was zu Aufständen führte, denn dann hätte die Bevölkerung gar keinen freien Tag mehr gehabt. Und die Glocken hat Dickens wohl so penetrant geschrieben, weil zur gleichen Zeit die Kirchen lamentierten, dass nur noch ca. 30% der Kirchengemeinde am Sonntag in die Kirche ging.

    Dickens hatte also offensichtlich viele Gründe, London so düster und abweisend zu beschreiben.

    Ich hab überlegt, dass sie vllt Dorrit ist und ihre Geschichte dann erzählt.

    Das kann irgendwie nicht hinhauen mit der Spekulation, denn wir sind ja immer noch "30 Jahre zuvor". :wink:

  • zu Kapitel 3


    Eigentlich dachte ich, dass Dickens, jetzt wo wir in seinem Heimatland sind, einen etwas

    lockereren Ton beginnt, aber Pustekuchen. London ist dunkel, grau, schmutzig und der

    letzte Ort wo man sein will, bzw, nach Hause kommen will. Die Außenwelt ist schrecklich,

    aber das Heim von Mr. Clennam steht dem in nichts nach. Da kommt man doch gern

    nach Hause...

    Hier findet dann auch Little Dorrit das erste Mal Erwähnung, aber so richtig konnte ich das nicht zuordnen. Stand sie im Zimmer neben der alten Mrs. Clennam? ?( Und was ist das für eine wohlhabende Witwe, die Affery gegenüber Arthur erwähnt?

    Ja, Little Dorrit stand halb versteckt bei Mrs. Clennam und die Bemerkung von Affery ist nicht

    gerade freundlich:

    Zitat

    Oh! She? Little Dorrit? She`s nothing; she`s a whim of - hers.

    Das klingt abwertend. Ich schätze Dorrit ist auch ein Waisenkind und die alte Mrs. Clennam

    hat sie aus welchen Gründen auch immer aufgenommen in diesen freudvollen Haushalt


    Die jetzt wohlhabende Witwe ist eine ehemalige Liebschaft von Clennam. Diese Verbindung

    wurde wohl von der "alten Hexe" auseinandergebracht. Jetzt ist die Dame wohlhabend.

    und Mr. Clennam soll nun wohl verkuppelt werden.

    Zitat

    And if you like to have her, why you can.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Das kann irgendwie nicht hinhauen mit der Spekulation, denn wir sind ja immer noch "30 Jahre zuvor".

    Ach, wo stand das denn? das hab ich entweder überlesen oder wieder vergessen. :totlach:

    du hast recht, ich hab die 30 Jahre zuvor in Marseille falsch interpretiert. Das war gar keine Vorgeschichte, sondern die Handlung spielt halt früher. :uups:

  • Kapitel 3 und 4


    So, mein Treffen mit meinen Bücherwürmern ist vorbei, das nicht ganz so tolle Sachbuch durch und jetzt kann ich mich in Ruhe auf Dickens konzentrieren :D

    Auch Arthur Clennam, der in seine Heimat zurückgekehrt ist, scheint nicht viel für die Stadt übrig zu haben. Man merkt ihm seine Abneigung so richtig gut an, wie er da im Kaffeehaus sitzt, seinen Gedanken und Erinnerungen nachhängt und gar nicht weg will. Die Gründe werden schnell klar, als es in sein Elternhaus geht.

    Er schien ja schon in Marseille eine Abneigung zu haben, zurück nach London zu reisen. Wobei ich mich frage, warum er es dann tut. In Marseille erweckte er den Eindruck, frei in seinen Entscheidungen zu sein - warum also geht er dahin zurück, wo er um nichts in der Welt sein will?

    aber das Heim von Mr. Clennam steht dem in nichts nach.

    Aber überhaupt nicht :pale: Doch wie Dickens das Haus beschreibt, ist einfach nur grandios

    Zitat

    It was a double house, with long, narrow, heavily-framed windows. Many years ago, it had had it in its mind to slid sideways; it had been propped up, however, and was leaning on some half dozen gigantic crutches: which gymnasium for the neighboring cats, weather-stained, smoke-blackened, and overgrown with weed, appeared in these later days to be no very sure reliance.

    Er personalisiert es wie er den Schlamm personalisierte - alles hier scheint nur darauf aus zu sein, die Menschen niederzudrücken. Und wie das Haus sind seine Einwohner: krank, verkrüppelt, schief, "twisted" - in Körper wie im Geist. Kein schöner Ort, für niemanden.

    der anmaßend wirkende Bedienstete Jeremiah Flintwich und die ängstliche, völlig unterdrückte Magd Affery. Fast schon entsetzt war ich, dass sie mit Jeremiah fast schon zwangsverheiratet wurde

    Ein abstoßender Gedanke, ein abstoßendes Haus - und die Einwohner ebenso, jedenfalls die beiden beherrschenden Geister. Affery ist eine arme Seele, die mir leid tut. Aber wer weiß, welche Rolle sie noch spielen wird, denn immerhin ist sie mutig genug, mit Arthur offen zu reden.

    Was für eine Ehemann Jeremiah ist, zeigt sich dann in dem kurzen Kapitel 4, als Affery verwirrend von ihm träumt. Aber das Aufwachen ist auch nicht viel besser und zeigt, was für ein Kotzbrocken Jeremiah ist. :puker:

    Traum oder Realität, das ist hier die Frage. Ich traue Dickens nicht, ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich nur ein Traum war. Und wer ist der Zwilling?

    Little Dorrit stand halb versteckt bei Mrs. Clennam

    Das hab ich in der Szene echt auch überlesen :ergeben:

  • Außerdem scheint Little Dorrit viel politische Kampfansagen zu enthalten:

    Danke für die vielen Hintergrundinformationen :thumleft: , die machen das Bild vom damaligen London noch lebendiger.

    Wobei ich mich frage, warum er es dann tut. In Marseille erweckte er den Eindruck, frei in seinen Entscheidungen zu sein - warum also geht er dahin zurück, wo er um nichts in der Welt sein will?

    Muss er sich nicht um den Nachlass seines Vaters kümmern? :-k Dieser ist zumindest verstorben, Jeremiah schien ihn auch schon zu erwarten und Afferys Worte zu Arthur (dass er die Hälfte erbt und seine Mutter nicht begeistert sein wird, dass er die Geschäfte nicht weiterführen will) haben bei mir diesen Eindruck erweckt.

    Affery ist eine arme Seele, die mir leid tut. Aber wer weiß, welche Rolle sie noch spielen wird, denn immerhin ist sie mutig genug, mit Arthur offen zu reden.

    Bei Affery bin ich mir noch nicht so sicher, wie sie einzuordnen ist. Ja, sie kann einem total leid tun mit ihrer mangelnden Bildung und der völligen Unterdrückung durch Jeremiah und Mrs. Clennam. Aber Little Dorrit gegenüber scheint sie ja nicht so warmherzig zu sein, wie sie es Arthur gegenüber ist. :-k


    Kommen wir eigentlich mit unserer Kapiteleinteilung hin, wie sieht es bei euch allen aus? Ich glaube nicht, dass ich bis morgen bis Kapitel 9 gelesen haben werde - nicht weil ich es zeitlich nicht schaffe, aber ich schätze gerade das entspannte Lesetempo, genieße jedes einzelne Kapitel und muss gar nicht zu schnell durchpreschen. Vor allem gefällt mir auch der gemeinsame Austausch wieder sehr gut. :thumleft: Aber ich richte mich da nach euch. :lol:

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Muss er sich nicht um den Nachlass seines Vaters kümmern?

    Ich hatte es so verstanden, dass er das Geschäft im Ausland bereits aufgelöst hat. Aber es stimmt, er hat nur die Hälfte geerbt. :-k

    Bei Affery bin ich mir noch nicht so sicher, wie sie einzuordnen ist.

    Das ist bei dem kurzen Auftritt vermutlich auch noch zu viel verlangt - sie wird ja durchaus von mehreren Seiten beleuchtet. Dass sie Little Dorrit nicht wirklich wahrnimmt, mag in der Situation liegen. Evtl. ist die Kleine nicht das erste Kind im Haus?

    Kommen wir eigentlich mit unserer Kapiteleinteilung hin, wie sieht es bei euch allen aus?

    Da ich jetzt erstmal nur noch Dickens neben mir liegen habe, könnte ich jetzt im Tempo anziehen auf das angedachten Pensum. Wir können uns aber auch runtersetzen im Tempo, z.B. auf 5 Kapitel pro Woche, das wären dann insgesamt 14 Wochen Lesezeit. Ich habe durchaus den Eindruck, dass auch den anderen das jetzige behagliche Tempo zu liegen scheint, da sie ja alle noch in einer weiteren Leserunde beteiligt sind. Schauen wir mal, was sie sagen. :wink:

  • Ich habe durchaus den Eindruck, dass auch den anderen das jetzige behagliche Tempo zu liegen scheint, da sie ja alle noch in einer weiteren Leserunde beteiligt sind.

    Den Eindruck hatte ich auch. :lol: Aber ich finde es auch gerade total gemütlich.


    Wir können uns aber auch runtersetzen im Tempo, z.B. auf 5 Kapitel pro Woche

    Oder vielleicht 7 Kapitel / Woche :-k - für jeden Tag eins und dann hätten wir noch Zeit für den gemeinsamen Austausch oder man hätte auch die Möglichkeit, in einem überschaubaran Rahmen aufzuholen, wenn man mal einen Tag nicht lesen konnte. Wir schauen mal, was die anderen sagen. :winken:

    Liebe Grüße,
    Tine


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  • Oder vielleicht 7 Kapitel / Woche :-k

    Auch eine gute Einteilung, das wären 10 Wochen Lesezeit :wink:

    Aber ich finde es auch gerade total gemütlich.

    Ist es auch. :) Aber da ich jetzt Kapitel 5 gelesen habe und morgen wieder der Arbeitswahnsinn in vollem Ausmaß beginnt, erzähl ich mal gleich meine Gedanken dazu.


    Kapitel 5


    Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde - die düstere, dreckige Stadt oder dieses dunkle, heruntergekommene Haus mit seinen Bewohnern. :pale: Da tickt ja niemand normal und ganz besonders schlimm sind Flintwinch und Mrs Grennam. Da haben sich zwei gesucht und gefunden und das ganz offensichtlich schon seit Jahren. Flintwinch ist mehr als ein einfacher Diener und muss es schon sehr lange sein, denn er vergreift sich Arthur gegenüber schon sehr im Ton für einen gewöhnlichen Angestellten. Ganz besonders in der Szene beim Essen.


    Mein gedankliches Chaos bzgl der Geschäfte hat sich auch aufgelöst: das mit den Jahren heruntergewirtschaftete Geschäft hatte also eine Chinabasis, die Arthur nach dem Tod des Vaters aufgelöst hat. Kein Wunder hat das Geschäft nicht mehr richtig funktioniert - wer macht denn auch Geschäfte in solch einem Ambiente, mit solchen Geschäftspartner. Und wie es scheint, hat die Mutter alle Fäden in der Hand. Immerhin hat Arthur den Mumm, seinen Entschluss beizubehalten und auszusteigen - und der Entschluss stösst zwar auf absolute Abwehr und Verachtung bei der Mutter, gleichzeitig ist sie schnell dabei, ausgerechnet Flintwinch zum neuen Partner zu machen. Nachtigall, ick hör Dir trapsen! Wenn da mal nicht genau so ein Geheimnis dahintersteckt wie Arthur es beim Vater vermutet - die Reaktion der Mutter nährt da kräftig meine Spekulation, dass die alte verknöcherte Dame so manches unter verschiedenen Deckmänteln verborgen hält.


    Tja, und dann ist da Little Dorrit - ein Hausgeist der ganz stillen Sorte, taucht auf und verschwindet, ist kaum sicht- oder hörbar und wofür genau wird sie eigentlich bezahlt? Wirklich nur für ihre Näharbeit? Auch das kommt mir seltsam vor, denn Mrs Grennam macht mir nicht den Eindruck, dass sie auf Kleidung etc besonderen Wert legen würde. Warum also ist Little Dorrit im Haus und wieso reagiert Affery ihr gegenüber so ablehnend wie es Studentine schon in Kapitel 3 aufgefallen ist? Mir geht es wie Arthur - ich bin neugierig darauf, was er entdecken wird, jetzt da er sogar leibhaftig dem Haus den Rücken gekehrt hat.


    Ich hab übrigens den Stadtplan angehängt, der in meiner Ausgabe drin ist

  • zu Kapitel 5

    Flintwinch ist mehr als ein einfacher Diener und muss es schon sehr lange sein, denn er vergreift sich Arthur gegenüber schon sehr im Ton für einen gewöhnlichen Angestellten.

    Der ist wirklich äußerst anmaßend gegenüber Arthur und mischt sich in Angelegenheiten ein, die ihn eigentlich überhaupt nichts angehen. Aber die Mutter ist ja auch eine garstige Hexe - gefällt sich sehr in der leidenden Rolle, terrorisiert alle aus ihrem Zimmer heraus und findet sich dann selbst noch gottgefällig, indem sie auf ihr Essen verzichtet.

    Immerhin hat Arthur den Mumm, seinen Entschluss beizubehalten und auszusteigen

    Das fand ich total super von ihm und auch sehr mutig, dass er ihr gegenüber den Verdacht anspricht, dass sein Erbe zu Lasten anderer entstanden ist. So wie er sich am Vorabend fast schon weggeduckt hat, war ich darüber doch ziemlich überrascht. Ich vermute ja, dass sein Vater und seine Mutter vielleicht für das Schicksal von Little Dorrit oder deren Familie verantwortlich sein könnten. :-k Bin sehr gespannt, welches Geheimnis seine Mutter verbirgt. Das ganze Haus macht den Eindruck, dass es unter dem Geheimnis/Fluch liegt mit dem ganzen Modergeruch, Schleim und Pilzen. :shock:

    gleichzeitig ist sie schnell dabei, ausgerechnet Flintwinch zum neuen Partner zu machen. Nachtigall, ick hör Dir trapsen!

    Ich glaube nicht, dass sie Jeremiah zum gleichberechtigten Partner machen will, so wie sie drauf ist. Ihr Lakai und Laufbursche darf er sein, aber bestimmt nicht auf Augenhöhe mit ihr. Aber auch er will gar nicht partnerschaftlich mit ihr arbeiten - mir kommt es eher so vor, als ob er auf ihr Erbe und Vermögen spekuliert.

    Tja, und dann ist da Little Dorrit - ein Hausgeist der ganz stillen Sorte,

    Ich war etwas überrascht, dass sie schon 22 Jahre alt ist. Irgendwie denkt man bei dem Namen an ein jüngeres Mädchen.

    Ich hab übrigens den Stadtplan angehängt, der in meiner Ausgabe drin ist

    Oh, da kannst du ja richtig live durch Londons Straßen auf den Spuren der Figuren wandeln. Ich habe in meiner ebook-Ausgabe immerhin einige Zeichnungen in schwarz weiß.

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Kapitel 6


    Hier springen wir in die Vergangenheit vor 30 Jahren, wo ein Schuldner samt schwangerer Frau und 2 Kindern in das Londoner Marschallgefängnis einzieht. Die Geschäfte, aufgrund derer er dort gelandet ist, sind sehr dubios und undurchsichtig und es sieht so aus, als würde er deswegen nie wieder aus dem Gefängnis rauskommen. (Ob die Familie Clennam ihre Finger in den Geschäften hatte? :-k )

    Die Zustände im Gefängnis sind etwas kurios - der Schließer hat schon fast ein freundschaftliches Verhältnis zu den Gefangenen, die Familien der Insassen leben dort und es ist wie ein eigener Kosmos, in dem verschiedenste Existenzen zusammen kommen. Für einige ist diese Lebensweise sogar besser als draußen in der Welt, wie z. B. für den trinkenden Doktor. Dort wird Little Dorrit geboren, die sofort von allen Insassen adoptiert wird. Ihre Familie wird immer mehr Teil des Gefängnislebens, bis der Vater eines Tages die Rolle des Schließers, des "Vaters des Marschallgefängnisses", übernimmt. Er scheint ein zurückhaltender, liebenswürdiger und freundlicher Mensch zu sein, der von den Insassen geachtet und respektiert wird. Allerdings wirkt er auch ein wenig weltfremd und zu gut für die Welt, was ihn vermutlich auch ins Gefängnis gebracht hat.


    Nicht ganz verstanden habe ich, wo der Zusammenhang zum Gefängnis in Marseille liegt, wie es am Anfang des Kapitels angedeutet wird. ?(

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Kapitel 5

    Aber die Mutter ist ja auch eine garstige Hexe - gefällt sich sehr in der leidenden Rolle, terrorisiert alle aus ihrem Zimmer heraus und findet sich dann selbst noch gottgefällig, indem sie auf ihr Essen verzichtet.

    Grauslich, die Frau - bigott, heuchlerisch, und dann aber total bösartig. Das ist doch garantiert das Alte Testament, aus dem sie da liest. Ein Wunder, dass Arthur überhaupt groß geworden ist in dieser Umgebung. Sein Vater schien ja völlig unterm Pantoffel zu stehen und dem Kind keine Hilfe.

    auch sehr mutig, dass er ihr gegenüber den Verdacht anspricht, dass sein Erbe zu Lasten anderer entstanden ist. So wie er sich am Vorabend fast schon weggeduckt hat, war ich darüber doch ziemlich überrascht.

    Ich hab den Eindruck als ob Arthur grad durch die Situation im Haus, durch die Erinnerungen und die Atmosphäre, gestärkt wird in seinem Entschluss. Meist ist die Angst vor Etwas schlimmer als die Situation selbst - diese Angst schien ihn zu blockieren. Aber nun weiß er wieder, warum er sich gegen das Geschäft und damit gegen allen weiteren Einfluss seiner Mutter entschieden hatte und hat.

    Ich vermute ja, dass sein Vater und seine Mutter vielleicht für das Schicksal von Little Dorrit oder deren Familie verantwortlich sein könnten. :-k Bin sehr gespannt, welches Geheimnis seine Mutter verbirgt.

    Aaaah Spekulieren - ich liebe es :loool: So wie die Mutter von Dickens präsentiert wird, spekuliere ich mit Dir mit in die gleiche Richtung

    Ich glaube nicht, dass sie Jeremiah zum gleichberechtigten Partner machen will, so wie sie drauf ist. Ihr Lakai und Laufbursche darf er sein, aber bestimmt nicht auf Augenhöhe mit ihr.

    Nein, ganz sicher niemals auf Augenhöhe. Sie war immer die einzige Executrix, also diejenige, die das Sagen hatte. Das gibt sie nicht auf.


    Kapitel 6

    Nicht ganz verstanden habe ich, wo der Zusammenhang zum Gefängnis in Marseille liegt, wie es am Anfang des Kapitels angedeutet wird. ?(

    Das habe ich einfach als einen zeitlichen Anker verstanden - wir befinden uns also nochmals einige Jahrzehnte früher in der Geschichte, irgendwann kurz nach der Französischen Revolution (und damit zeitgleich zu A Tale of Two Cities).


    Die Zustände im Gefängnis sind etwas kurios - der Schließer hat schon fast ein freundschaftliches Verhältnis zu den Gefangenen, die Familien der Insassen leben dort und es ist wie ein eigener Kosmos, in dem verschiedenste Existenzen zusammen kommen.

    Marshalsea wird ungewöhnlich positiv geschildert, das ist irgendwie untypisch für Dickens. Auf der einen Seite schreibt er, dass die Welt nicht schlechter wurde durch dessen Schließung einige Jahre später, und dann schildert er das Leben dort regelrecht harmonisch. Das ist irgendwie unstimmig. :-k


    Für einige ist diese Lebensweise sogar besser als draußen in der Welt,

    Das war interessant, wie er den Frieden erklärt, den sie alle dort am unteren Ende der Gesellschaft gefunden haben. Und er hat ja nicht ganz unrecht - dort belästigte sie niemand mehr, sie mussten sich nur mehr oder weniger damit abfinden, dass man meist nicht so einfach wieder rauskam. Die Schulden wurden ja nicht erlassen, nur weil man im Schuldgefängnis saß. Aber wie das Geld verdienen, um die Schulden zu bezahlen?

    Dickens kannte das ja aus eigenem Erleben und ich bezweifle irgendwie, dass seine Familie so harmonisch im Gefängnis lebte.


    Er scheint ein zurückhaltender, liebenswürdiger und freundlicher Mensch zu sein, der von den Insassen geachtet und respektiert wird. Allerdings wirkt er auch ein wenig weltfremd und zu gut für die Welt, was ihn vermutlich auch ins Gefängnis gebracht hat.

    Beschreibt er damit vorweg das Wesen von Little Dorrit, geprägt durch ihren Vater? Scheu, zurückhaltend, mit zitternden Lippen, den Härten ausweichend?


    Wann sich wohl die anderen uns wieder anschließen werden? :-s