Tade Thompson - Fern vom Licht des Himmels / Far from the Light of Heaven

  • Produktvorstellung bei amazon.de/Meine Übersetzung


    Das Kolonialschiff RAGTIME dockt im Lagos-System, nachdem es LIchtjahre von zuhause fortgereist ist um eintausend schlafende Seelen zwischen den Sternen in Sicherheit zu bringen.


    Einige dieser Schläfer allerdings werden niemals wieder erwachen - und ein profundes und sinistres Rätsel entfaltet sich an Bord des gigantischen Schiffs. Seine Minimalcrew ist gezwungen Entscheidungen zu treffen, die Auswirkungen auf alle menschlichen Siedlungen haben werden - von den Ränke schmiedenden Politikern auf der Lagos-Station zu dem Kolonialplaneten Bloodrot und bis in andere weit entfernte Systeme und sogar für die Erde selbst.

    Eigene Beurteilung (Eigenzitat aus amazon.de)


    Shell ist frisch ausgebildete Pilotin und Offizierin und bereitet sich voller Nervosität auf ihren Jungfernflug vor – auch wenn sie dabei nicht sonderlich viel zu tun haben wird, denn die RAGTIME ist ein Langstreckenkolonialschiff mit Ionenantrieb, das für seinen Weg etwa zehn Jahre benötigen wird. Die eintausend Passagiere und die Besatzung werden die Zeit in stark heruntergesetzter Animation mit dem Bewusstsein in einer flexiblen Virtual Reality verbringen, bis das Schiff endlich am Ziel ankommt. Aber nach dem Abschluss dieses Flugs kann sich Shell aussuchen, wo sie arbeiten möchte. Befriedigend ist es aber trotzdem nicht, alle Kontrolle an die künstliche Intelligenz der RAGTIME abzugeben, egal, wie freundlich diese auch auftritt. Alles hundertfach erprobte Routine.


    Doch dann wird Shell unerwartet früher geweckt und RAGTIME ist mit der Informationsvergabe für die Gründe dafür ziemlich ökonomisch. Erst bei einer persönlichen Erkundung des Schiffs findet Shell dreißig zerstörte Reisekapseln, deren Insass:innen mit mechanischem Gerät zerstückelt und durcheinander geworfen worden sind. Das können eigentlich nur die Reparatur- und Med-Bots der RAGTIME gewesen sein, aber das Schiff weicht direkten Fragen aus und verweigert immer wieder Befehle, die es nach der Kernprogrammierung fraglos befolgen müsste.


    Kurz darauf schicken die Behörden Ermittler zum Schiff und ein einflußreicher und erfahrener älterer Raumfahrer kommt mit seiner Tochter Joké, einem Hybrid aus einem Menschen und einem sogenannten Lamber an Bord der RAGTIME um zu helfen. Schnell zeigt sich, dass die gefundenen Leichenteile nicht vollständig sind und dass außerdem einer der Getöteten gewissermaßen der kombinierte Bezo-Musk-Gates dieser Zeit ist, der auf der RAGTIME seinen Einflußbereich aus persönlichen Gründen verlassen wollte – und den nun eine ziemlich aggressive Söldnerschutzgruppe sucht, die nicht nur über Leichen, sondern auch über Genozide geht, um ihren Boß wiederzufinden. Eine Situation, die für die Lagos Station, an der die RAGTIME kurz Station gemacht hatte und den Zielplaneten Bloodrot extrem gefährlich ist, denn sie haben einem Angriff aus dem All nichts entgegen zu setzen.


    Und so haben wir ein Closed-Room-Murder-Mystery in einer der denkbar gefährlichsten Umgebungen überhaupt und das Ganze aus verschiedenen Gründen unter enormen Zeitdruck, denn der gesuchte Mörder ist immer noch aktiv und mit seiner Arbeit noch nicht ganz fertig. Und auch er geht für das Erreichen seiner Ziele über Leichen und interessiert sich überhaupt nicht für etwaige Kollateralschäden. Und dann fällt auch noch der Funk aus.


    Ähnlich wie in ‚The Expanse‘ wurde hier versucht Raumfahrt so realistisch wie möglich darzustellen und Tade Thompson hat – wie man im Nachwort nachlesen kann – eine Menge Recherche-Arbeit geleistet, was zu einer etwas trockeneren Art der Darstellung der raumfahrenden Zukunft führt. Der Fall selbst ist ungewöhnlich und bezieht einige Aspekte der heutigen Situation um Rohstoffgewinnung auf dem afrikanischen und südamerikanischen Kontinent auf – wie auch die Übertragung kolonialistischen Denkens ins All. Daneben entstehen durch die virtuelle Realität des ‚Kälteschlafs‘ und die Kultur der Lamber noch Verbindungen zum nigerianischen Mystizismus, der ja immer ein wichtiger Moment in Thompsons Literatur darstellt. Sehr interessant. Ich muss mir mal die älteren Werke Thompsons näher ansehen. :thumleft: :thumleft:

  • Über den Autor (Amazon)

    Tade Thompson ist in London geboren, in Nigeria aufgewachsen und nach England zurückgekehrt, um dort Medizin und Sozialanthropologie zu studieren. Inzwischen lebt und arbeitet er an der englischen Südküste. Reservater, der erste Band der Wormwood-Trilogie, wurde 2019 mit dem Arthur C. Clarke Award ausgezeichnet.

    Jakob Schmidt übersetzt seit zwanzig Jahren SF-Literatur und wurde dafür schon zweimal mit dem Kurd-Laßwitz-Preis ausgezeichnet. Unter anderem hat er Frank Herberts klassische Romanreihe um den Wüstenplaneten neu ins Deutsche übertragen. Er ist Mitinhaber der Buchhandlung Otherland in Berlin.


    Produktinformation (Amazon)

    Herausgeber ‏ : ‎ Golkonda Verlag; 1. Edition (27. Oktober 2022)

    Sprache ‏ : ‎ Deutsch

    Broschiert ‏ : ‎ 384 Seiten

    ISBN-10 ‏ : ‎ 3965090593

    ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3965090590


    Zu verwirrend und chaotisch

    Die Ragtime ist ein Siedlungsschiff, die Lichtjahre gereist ist und eintausend schlafende Seelen auf dem Planeten Bloodroot zu bringen. Sie hat am Lagos-System angedockt. Michelle, genannt Shell, ist die erste Offizierin der Ragtime. Als sie nach zehn Jahren aus dem künstlichen Schlaf erwacht ist nichts so, wie es sein soll, denn die künstliche KI ist außer Betrieb und etliche Passagiere ermordet worden. F Sie steht unter Quarantäne und versucht verzweifelt, die Kontrolle über das Schiff zu bekommen. Sie will herausfinden, was passiert ist. Rasheed Fin, ist ein in Ungnade gefallener Ermittler der Kolonie und wird von seiner künstlichen Partnerin Salvo unterstützt. Doch es stellt sich heraus, dass nicht nur die verbliebenen Passagiere auf der Ragtime um ihr Überleben kämpfen müssen, sondern dass auch die Kolonie Bloodroot einer tödlichen Bedrohung aus dem All ausgesetzt ist.


    Meine Meinung

    Was ist das für ein Buch? Es ist mir unklar. Worum geht es hier wirklich? Auch das ist mir unklar geblieben, denn dieses Buch ist eine einzige Verwirrung, ist chaotisch und ich weiß auch jetzt am Ende noch nicht, worum es in Wahrheit ging. Wirklich reingekommen bin ich in die Geschichte nicht, denn es ist, wie bereits gesagt ein einziges Chaos. Es lässt mich zum größten Teil verwirrt zurück. Ein Abbruch schien mir möglich, doch da es ein Rezensionsexemplar ist, nicht vertretbar. Auch interessierte mich, und das ist wirklich das Einzige war mich an das Buch fesselte, war mir Campion, der Capitänin der Ragtime, wohl letztendlich wird. Und na ja, noch nicht mal das weiß ich wirklich. Ab und zu geht es auch in die Vergangenheit der Protagonisten, was nicht immer sofort ersichtlich ist und das stört mich auch immens. Auch gibt es Bezeichnungen, Namen für Dinge, die ich nicht verstanden habe. Insofern kann ich nur sagen, dass mir dieses Buch nicht sonderlich gefallen hat. Vermutlich gibt es natürlich auch Leser, die solche Bücher mögen, doch ich gehöre definitiv nicht dazu. Im Prinzip ist der Plot nicht schlecht, aber für meinen Geschmack eben zu chaotisch und verwirrend umgesetzt. Daher gibt es von mir keine Leseempfehlung und drei von fünf Sternen bzw. sechs von zehn Punkten. Und das nur mit viel gutem Willen, und auch nur, weil der Plot durchaus interessant war. (Ein Raumschiff, das Ausreisewillige zu einem anderen, weit entfernten Planeten bringen soll, und Verbrecher, die das verhindern wollen).

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    Liebe Grüße
    Lerchie



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    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Tade Thompson - Far from the Light of Heaven“ zu „Tade Thompson - Fern vom Licht des Himmels / Far from the Light of Heaven“ geändert.
  • Inhalt

    Die zehnjährige Reise vom Planeten Erde zur Weltraumkolonie Bloodroot hätte Michelle/Shell Campion wie die 1 000 anderen Passagiere, von Medbots überwacht und künstlich ernährt, in einer sargartigen Kabine der Ragtime verdämmern können. Doch da ihre Ausbildung als Kommandantin noch nicht abgeschlossen ist, dient ihr ihre erste interstellare Mission als willkommene Gelegenheit, Raumjahre und damit Erfahrungen zu sammeln, auf die ihr nächster Karriereschritt aufbauen wird. Shell ist zwar für diverse Notfallszenarien trainiert, aber nicht darauf vorbereitet, dass an Bord ihres Schiffs an die 30 Leichen gefunden werden. Die Beseitigung nur einer Leiche allein würde schon genug Scherereien verursachen; denn Flüssigkeiten an Bord sind Ende des dritten Jahrtausends die ultimative Horrorvorstellung der Besatzung. Als Shell gemeinsam mit dem Repatriierer Rasheed Fin und seiner „künstlichen Partnerin“ Salvo das sonderbare Ereignis untersucht, stellt sich ihr und auch mir als Leserin u. a. die Frage, wer die sprachgesteuerte künstliche Intelligenz an Bord steuert und aus welchem Interesse heraus. KIs haben in Shells Epoche die Stellung von Bürgern erreicht, auch wenn sie bisher noch nicht wählen dürfen. Die Darstellung künstlicher Intelligenz in Form einer Person ist für mich auch nach einigen SF-Romanen noch immer gewöhnungsbedürftig.


    Hautfarbe ist in den Teams der nahen Zukunft offenbar längst kein Thema mehr; doch winzige Hinweise auf die gute alte Yoruba-Kultur sind erkennbar. Nach ihrem Scheitern war die Erde offenbar eine Weile vom Stamm der nigerianischen Yoruba regiert worden. Englisch und Yoruba sind daher noch Amtssprache, während im All u. a. Arabisch, Russisch und Chinesisch geduldet werden. Bei der Aufklärung der Todesfälle stellt sich aus verschiedenen Blickwinkeln die Frage, welchen humanoiden Anteil die Wesen haben, mit denen Thompsons Figuren kooperieren sollen, und welchem großen Unbekannten die Einzelnen eigentlich dienen. Die Einordnung ist nicht immer eindeutig und das Rätseln darüber macht einen Teil der Spannung aus. Über Shell, die aus traditionsreicher Astronauten-Familie stammt, konnte ich leider nur wenig erfahren, anders als über Fin (jung, selbstbewusst, angeblich vorher noch nie gescheitert), der sich als Figur mit komplizierter Vorgeschichte entpuppte. Ähnlich wie auf Shell haben auch auf Fin dessen Ausbilder hohe Erwartungen gesetzt.


    Der Roman zeichnet sich durch seinen augenzwinkernd-ironischen Unterton aus, mit dem z. B. das Gendern oder die Vergangenheit der Branche in Form der NASA bespöttelt wird. Die Erzählerstimme ist offenbar extrem gut über die Motive der Handelnden informiert, obwohl diese oft weit entfernt von der offiziellen Version liegen. Die Vorstellungskraft der erzählenden Person stößt jedoch an Grenzen – z. B. in der Frage, warum Fin vor dieser Mission derartig abstürzen und verlottern konnte. Zur Unterhaltung der Leser:innen dieses interstellaren Locked-In-Falls kreisen an Bord diverse Bots, vom wehrhaften Arachnobot, über den gutmütigen Reparaturbot, bis zur kriegerischen Kampfeule.


    Fazit

    „Fern vom Licht des Himmels“ fordert von seinen Lesern einige Konzentration; weil die Vorgeschichte der Hauptfiguren erst in der zweiten Hälfte des Romans allmählich auf den Tisch kommt und das m. A. zu Lasten der Spannungskurve geht. Nicht immer war mir sofort klar, ob im Dialog gerade die KI eines Raumschiffs, einer Station oder einer Kolonie direkt angesprochen wird. Es geht u. a. um hochinteressante Überlegungen, wer für eine KI einspringt, die offenbar Werkzeug fremder Mächte ist, und ob man selbst durch eine KI zu ersetzen wäre. Auch wenn ich Thompsons Weltraumkrimi mit seinen Leichen der unappetitlichen Art anstrengend zu lesen fand, lohnt vermutlich ein Blick auf seine früheren Romane.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow