Werner Dahlheim - Augustus

  • Zitat

    Du bist ein Römer, dies sei dein Beruf:

    Die Welt regiere, denn du bist ihr Herr,

    Dem Frieden gib Gesittung und Gesetze,

    Begnad'ge, die sich gehorsam fügen,

    und brich im Kriege der Rebellen Trotz.

    Publius Vergilius Maro

    Zitat

    Das Leben des Octavian, der später ins Göttliche verklärt werden sollte, als übermenschliches Wesen, gottgleich, begann als Geächteter und Rebell in einer Zeitenwende, wie sie das Imperium, das 15 Jahre blutigen Bürgerkrieg und das gewaltsame Ende der Republik hinter sich gebracht hatte, noch nicht erlebte. Somit fällt das Leben dieses Octavian/ Augustus zum einen in die Zeit vor 27 v. Chr. und in die Zeit danach, dann als Augustus.

    Augustus ( 63 v. Chr. - 14 n. Chr.) : (Lat. von 'augos' , die Mehrung, erhaben sein, also etwa: der Erhabene, der Mehrer.)

    Der Octavian vor 27 v.Chr., Adoptivsohn des ermordeten Gaius Julius Caesar, jung und entschlossen, militärisch begabt, hatte sich zum Ziel gesetzt, nicht nur zu überleben, sondern seine Konkurrenten auszuschalten und das Machtvakuum im taumelnden, desolaten Gefüge des Imperiums zu füllen, mit sich selbst nämlich. In die Hände spielten ihm dabei eben jene Adelseliten, die auch der Bürgerkrieg nicht ausschalten konnte und die in dem Räderwerk der politischen Instrumente Roms an den Schalthebeln saßen. Somit war die augusteische Wende nicht wirklich ein Neubeginn, sondern wie oft in der Geschichte eher eine radikale Änderung an der Spitze des Staates mit dem politischen Instrumentarium noch aus der vergangenen Republik.

    Diese Mischform in dem Regierungssystem Roms von republikanischen Strukturen, etwa einer gewissen Gewaltenteilung, ebenso wie monarchischen Prinzipien, war der Garant für den Erfolg der augusteischen Herrschaft und des enormen Machtzuwachses des Imperiums nach 27 n.Chr.

    Der römische Augustus, ein Alleinherrscher mit einer funktionierenden Verwaltung und den Organisationsprinzipien der Republik, konnte so eine Zeit des 200 Jahre dauernden "römischen Friedens" einleiten, indem es gelang, die Kriege aus dem Imperium herauszuhalten und in die "barbarischen", also die zu erobernden Länder zu "exportieren".

    Die ewig unruhige römische Oberschicht, die Elite, durch Massaker in ihren Reihen im Bürgerkrieg ausgedünnt, suchte im Kaiserkult einen Ersatz für die verlorengegangene alte Religion, was der Vergöttlichung der Person des Augustus Vorschub leistete. Das alte religiöse Gefüge Roms, vertreten durch den 'Pontifex Maximus' als obersten Zeremonienmeister an den Altären der Gottheiten, wurde so ersetzt. Zudem drangen durch die in der ganzen bekannten Welt stationierten Legionen auch neue, östliche Religionskulte in das Innere des Imperiums hinein.

    Augustus war ein Mensch mit vielen Facetten, sein Berater und Vertrauter Maecenas stand symbolisch auch für eine Zeit, in der die Werke von Dichtern, Bildhauern und Baumeister eine nie gekannte Blüte erreichten. Die Dichter taten ihr Übriges dazu, eine "sakrale Patina" über die Herrschaft des Kaisers Augustus zu legen. Die universale augusteische Kaiseridee aber, einmal geboren, blieb bis in das spätere Mittelalter hinein die staatstragende Größe und das Mass der Dinge.

    Dennoch täuschen die monumentale Attitüde des römischen Kaisertums und ihre ebenso gewaltige Architektur und Selbstdarstellung nicht darüber hinweg, daß die Weichen für die geistigen Strömungen und die Ideengebung im Imperium mehr und mehr aus dem Osten kamen, 'ex oriente lux' eben.

    Somit war die "goldene Zeit" (Horaz) der augusteischen Kaiserherrschaft eine Zeitenwende in doppelter Hinsicht, denn in sich verborgen wartete auch schon der Keim für ihre späteren Zerfallserscheinungen und ihre Dekadenz, denn die geistigen Impulse für die Zukunft kamen zunehmend aus dem Osten und dem Norden, nicht aus Rom selbst.


    Fazit:

    Werner Dahlheim überrascht und besticht vor allem durch sein klares Urteil und seine Diktion. In seiner Analyse der Zeit des Augustus findet sich keine Verwaschung oder Unschärfe.

    Zitat

    Hier wurde aus der Krise eine Aufbruchsstimmung erzeugt, die Legitimationsformel der Monarchie, die eine offizielle Rechtfertigungslehre des Universalherrschers feiert, in der sich alle Lebensformen auf das Zentrum der neuen politischen Macht ausgerichtet haben.

    Mit messerscharfer Diktion legt Dahlheim dar, wie die Monarchie entstand als ein Krisensymptom, das eine fundierte Lösung herbeiführen sollte, ohne aber die Mittel zur tatsächlichen Überwindung der Krisenursachen zu kennen, der Preis war hoch. Bezahlen mussten ihn die Römer, die fern der Hauptstadt bei den zahllosen Legionen standen und die Macht des Imperiums täglich neu erkämpfen mussten. Aus ihren Reihen entstanden immer neue Herde der Unzufriedenheit und Konspiration, eine Gefahr, gegen die weder Augustus und sein gewaltiger römischer Staatsapparat, noch weniger seine Nachfolger, die Mittel besassen.


    Dahlheims klarer Blick und seine fokussierte Diskussionsweise haben mich sehr beeindruckt. Dazu kommt eine Sprache, die genau das ausdrückt, was der Autor sagen will und dabei unterhaltsam und gut lesbar bleibt. Die analytischen Fähigkeiten des Autors sind sehr gut ausgebildet. Dabei gelingt ihm eine erfreulich nüchterne und ausgewogene Einschätzung des Augustus und seiner Zeit. Der Anhang und die Dokumentation sind zwar etwas kursorisch und knapp gehalten, die Literaturverweise sind aber deutlich und erkennbar.

    Dennoch ist für die leichten Schwächen bei der Quellendarstellung ein halber Stern Abzug von Nöten, in einer ansonsten tadellosen Präsentation. Ich kann dieses Buch allen Interessierten bestens empfehlen.

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    Werner Dahlheim ist emer. Professor für Alte Geschichte an der TU Berlin und Spezialist für römische Geschichte. Vom selben Autor stammt auch das bemerkenswerte Buch: "Die Welt zur Zeit Jesu" (2013)