Tamsyn Muir - Ich bin Harrow / Harrow the Ninth

  • Über die Autorin

    Tamsyn Muir (* 1985 in Howick, Neuseeland) wohnte lange Zeit in Wellington. Inzwischen lebt und arbeitet sie in Oxford, England. Für ihre Science-Fiction-, Fantasy- und Horror-Kurzgeschichten war sie bereits für den Nebula Award und den World Fantasy Award nominiert.


    Ich habe mich lange damit auseinandergesetzt, wie ich das Buch rezensieren kann.

    Die Serie ist schwierig und kompliziert.

    Daher kommt hier eine Warnung, dass es SPOILER AUS DEM ERSTEN BAND gibt.

    Und sehr leichte Spoiler aus dem hier vorgestellten zweiten Band.


    Über das Buch und den Inhalt

    "Ich bin Harrow" erzählt die Geschichte von Harrowhawk Nonagesimus.

    Das Buch setzt direkt an den ersten Band an, nachdem sie und ihre "Schwester" Ianthe 'offiziell' zu Lyctoren geworden ist.


    Insgesamt hat es eine seltsame Strukturierung, an die man sich wirklich gewöhnen muss.

    Ähnlich wie Ann Leckies Maschinen-Universum ist auch hier eine Perspektive dabei, die eher ungewöhnlich ist.

    Nämlich die des DU-Erzählers, was seltsam zu lesen ist.

    Aber leider erschließt sich erst im letzten Drittel des Buches, warum das so ist.

    Wichtig ist:

    Dieser dich ansprechende Erzähler beschreibt die Jetzt-Zeit, während ein personaler Erzähler die Handlung einer angenommenen vergangenen Zeit im Haus Canaan beschreibt.


    Und man bleibt insbesonders in der ersten Hälfte des Buches mehr oder weniger verwirrt zurück:

    Wo ist eigentlich Gideon Nav?

    Warum wird die Geschichte aus dem ersten Buch mit dem Kavalier Ortus an Gideons Stelle neu aufgerollt?

    Insgesamt ist der Anfang frustrierend zu lesen, versucht es doch der ersten Meinung nach das erste Buch neu zu erzählen.

    Und irgendwo in der Mitte wollte ich schon das Buch enttäuscht abbrechen, weil es mehr Fragen eröffnet als beantwortet.

    Nur der Tipp eines anderen Lesers dieses Buches, ich solle dran bleiben, hat mich mehr oder weniger weiterlesen lassen.


    Ich meine, das Buch macht keinen Hehl, wie es endet: Nämlich mit dem Tod des Imperators.

    Wie in einem Countdown beschreibt der Titel jedes Kapitels wie viel Zeit noch bis zu diesem Ereignis bleibt.

    Aber all das drumherum, wie das Leben als Lyctor ist, was für Aufgaben er/sie übernimmt und was für Klatsch und Tratsch in der Zitadelle am Rand des Universums umhergeht, all die Action, die teilweise ein wenig aufgezwungen wirkt, und ein paar andere Sachen füllt das Buch auf einem Niveau, bei dem ich mich fragte: Warum spielt das alles eine Rolle?


    Dabei wollen wir - zumindest ich als Leser des ersten Bandes - eigentlich lieber die Frage loswerden:

    Was ist mit Gideon Nav passiert?

    Warum kann sich Harrow nicht an sie erinnern?

    Oder will sie sich nicht erinnern?

    Erst mit der Frage "Wer ist eigentlich der DU-Erzähler" hat man diesbezüglich einen Ansatz, das Buch überhaupt von Anfang an zu verstehen.

    Denn kompliziert ist das Buch - und überhaupt die Serie - allemal, da kann ich zumindest einen Denkansatz bieten um es verständlicher zu machen.


    Fazit

    Grundsätzlich mag ich diese Serie. Sie ist anders und hat durchaus ihre spannenden Momente.

    Aber dieser zweite Band hat eine seltsame Form, mit der man erst warm werden muss.

    Und das Buch verleitet, es frustriert abzubrechen, weil die immer weiter aufkommenden Fragen beim Lesen nicht beantwortet werden. Erst zum Ende hin werden einige aufgelöst, aber auch wiederum nicht alle.

    Weitere Fragen kommen dazu, die wohl erst im nächsten Band wieder beantwortet werden.

    Trotzdem hat es sich gelohnt, das Buch zu lesen, denn ungefähr im letzten Drittel (ja, leider so spät) geht es um die Wurst, und die Implikationen aus der Existenz der Neunten Hauses, Harrows Lyctorensein, Gideon Navs Herkunft und dem Imperator falten sich wie ein Origami-Bild zusammen - wenn man mitdenkt.

    Aufgrund der Komplexität der Serie, empfehle ich dringend, beide Bücher hintereinander zu lesen - denn erklärt wird aus dem ersten Buch nur wenig.


    Kurz zur Wertung:

    Es ist eine anstrengende Literatur, also nichts Leichtes was man zwischendurch lesen kann.

    Man muss dran bleiben und mitdenken, ansonsten hat man keine Chance, die Geschichte zu verstehen.

    Aber:

    Allein die Form und Verwirrung am Anfang für mich als Leser war schon viel und schlägt mit anderthalb Sternen Abzug zu Buche.

    Für den leichten Kampf im Mittelteil des Buches, es abzubrechen oder fortzusetzen, einen weiteren halben Stern.

    Einen Plus-Stern gibt es meinerseits, weil es gute Auflösungen zum Ende hin gibt.

    Insgesamt gesehen - finde ich - endet es befriedigender als der erste Band, obwohl das finale Kapitel bewusst offen und mysteriös bleibt.


    Insofern vergebe ich vier von fünf Sternen: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Es kann nicht mit dem ersten Band mithalten, hat aber seine starken Momente - leider sind die aber erst ungefähr ab der Mitte zu finden.


    Geeignet für: Fantasy-Leser, Morbide-Geschichten-Möger

    Ungeeignet für: Strenggläubige Menschen