Lynn Austin - Wenn die Schatten einmal weichen / Chasing Shadows

  • Manchmal weinen wir, weil wir glücklich sind.“


    Wir befinden uns in den Niederlanden im Jahr 1945: Lena und Pieter de Vries haben einen Bauernhof und drei Kinder. Ans, ihre ältere Tochter, will raus aus der ländlichen Gegend, sie will in die Stadt. Lena kommt damit gar nicht klar und will sie nicht gehen lassen. Pieter sagt zu ihr:


    „Wenn du versuchst, sie festzuhalten, ist das, als wolltest du Sand festhalten. Je fester du zupackst, desto schneller rinnt er dir zwischen den Fingern hindurch.“ (Seite 19)


    So geht Ans nach Leiden und betreut dort die Frau von Professor Herman Huizenga, Eloise. Sie ist kränklich und braucht Ablenkung und Unterstützung. Sie lebt in einem großen herrschaftlichen Haus, das kennt Ans so nicht, sie ist überwältigt von dem Reichtum hier.


    Der Krieg wütet nicht nur in der Stadt hart, sondern auch auf dem Land. Miriam ist Jüdin und lebt in Köln. Ihre Familie will flüchten, aber so wie vorgesehen schaffen sie es nicht. So gehen nur Miriam und ihr Vater Abba. Miriam findet Trost und Halt im Spiel auf ihrer Geige, sie ist sehr talentiert und nicht nur einmal wendet sich durch das Spiel ihr Leben zum Guten. Alle denken es kann nicht so schlimm werden wie im ersten Weltkrieg, aber es wird schlimmer. Miriam, die inzwischen eine kleine Familie hat muss die schwerste Entscheidung ihres Lebens treffen...


    ...mit meiner Tochter übergebe ich ihnen gleichzeitig auch ein Stück meines Herzens...“ (Seite 250)


    Die Wege dieser drei so ungleichen Familien und Personen kreuzen sich immer wieder. Nichts ist vorhersehbar und Lena hat immer gerne alles unter Kontrolle, aber ihr Vater sagt dies zu ihr:


    „Die Illusion, dass sie alles unter Kontrolle hatte, war genau das, eine Illusion.“ (Seite 158)


    Wie wird der Krieg mit diesen Figuren umgehen und treffen Lena, Ans, Miriam und Eloise ihre Familien wieder?


    Fazit:


    Die Autorin Lynn Austin hat mit „Wenn die Schatten einmal weichen“ einen historischen Roman geschrieben, der von Anfang bis Ende im 2. Weltkrieg spielt. Das ist ihr außerordentlich gut gelungen, denn sofort reißt sich mich mit und hält mich gefangen in dieser Zeit.


    Ihr Schreibstil ist außergewöhnlich und einzigartig. Durch ihre bildhafte Erzählweise läuft mein Kopfkino sofort an und ich erlebe alles hautnah mit. Manchmal möchte ich die Augen verschließen, meine Tränen stoppen und nicht glauben, was ich hier lese. Ich bin ergriffen von ihren tollen und ausdrucksstarken Worten. Dieser Satz trifft es genau:


    „Kriege bringen immer Hungersnot und Krankheit und Tod mit sich.“ (Seite 100)


    Die Autorin verbindet Gegenwart und Vergangenheit geschickt, so dass wir erfahren wie es den Hauptfiguren vor und während des Kriegs ergeht. Das hat mir besonders gut gefallen. Es zeigt vor allem ihre ausgezeichnete Recherche.


    Den Charakteren haucht Lynn Austin durch ihre wunderbaren Beschreibungen Leben ein. Sie stehen vor mir. Ich möchte sie in den Arm nehmen und Trösten. Jede Figur hat seine Eigenarten und sie sind sehr vielschichtig angelegt. Ich mag sie Alle und möchte hier keinen herausheben. Ich kann mit ihnen fühlen, lachen und weinen. Wer ist Freund und wer ist Feind? Diese Frage zieht sich durch das ganze Buch. Dieser Satz dazu hat mich am meisten berührt:


    „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde“. (Seite 219)


    Das Ende hat mir sehr gut gefallen. Die christliche Liebe, die man fast spüren kann beim Lesen, die passenden Bibelverse und der hervorragende Schreibstil runden das ganze Buch zu etwas ganz Besonderem ab. Es bleibt noch lange in Gedanken und ich werde es ganz sicher eines Tages noch einmal lesen.


    Ich vergebe hier eine absolute Leseempfehlung und 5 hoch verdiente Sterne. Lest selbst, denn dieses Buch ist so atmosphärisch, einfühlsam und lebendig. Dies ist aber ganz allein meine Meinung.

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    "Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."

    Antoine de Saint-Exupéry. Aus: Der kleine Prinz

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Lynn Austin - Wenn die Schatten einmal weichen“ zu „Lynn Austin - Wenn die Schatten einmal weichen / Chasing Shadows“ geändert.
  • "Tust du nichts für deinen Nächsten, sind alle deine Gebete umsonst." (Chinesisches Sprichwort)

    1939 Niederlande. Gemeinsam mit Ehemann Pieter und ihren drei Kindern lebt und arbeitet Lena de Vries auf einem Bauernhof. Ihrer ältesten Tochter Ans dagegen ist das alles zu eng, sie ergreift die erste Chance, die sich ihr bietet, um in die Großstadt Leiden zu ziehen, um dort als Gesellschafterin für die depressive Professorengattin Eloise Huizenga zu arbeiten. In dem Haushalt trifft Ans auf die junge jüdische Geigenspielerin Miriam, die zusammen mit ihrem Vater vor den Nazis von Köln in die Niederlande geflohen ist und bei den Huizengas untergekommen sind. Doch dann überrollen die Nazis das Land und übernehmen das Regiment. Während Lena sich zur Aufgabe macht, sich gegen die Nazis zu stellen und die Juden zu unterstützen, schließt sich Ans einer im Untergrund agierenden Widerstandsgruppe an und setzt sich immer wieder großen Gefahren aus. Und Miriam, die inzwischen mit Avi verheiratet und Mutter ist, muss sich vom Liebsten trennen, dass sie besitzt…


    Lynn Austin hat mit „Wenn die Schatten einmal weichen“ einen sehr berührenden und tiefgründigen historischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur in die grausame Zeit des Zweiten Weltkrieges zurückreisen, sondern darüber hinaus das Schicksal von drei eindrucksvollen Frauen kennenlernen lässt, die mit ihrem Mut, ihrer Tatkraft und ihrem Glauben zu beeindrucken wissen. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil schickt den Leser sofort auf Zeitreise ins damalige Holland, um über wechselnde Perspektiven mal auf Lena und ihre Familie in der ländlichen Idylle zu treffen, mal auf Ans und deren Leben in der Stadt Leiden sowie auf Miriam, die gerade aus Deutschland geflohen und in Leiden Unterschlupf gefunden hat. Der Einmarsch der Nazis in den Niederlanden verändert das Leben aller drei Frauen auf unterschiedliche Weise, jedoch beweist jede von ihnen Mut zu drastischen Entscheidungen, wobei sie die Gefahr immer wieder auszublenden versuchen. Während sich die Schlinge der Nazis immer mehr um sie zuzieht, gehen sie Wege, die den Leser nicht nur durch eine Achterbahn der Gefühle jagen, sondern ihnen auch den tiefsten Respekt zollt für ihren Widerstand gegen das grauenvolle Regime. Wohlwissend, dass sie ebenfalls von den Nazis hart bestraft werden, setzen sich sowohl Ans als auch Lena für die Verfolgten und Gejagten ein, zeigen dabei ein großes Maß an Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe. Sie handeln in Gottvertrauen und versuchen dieses auch anderen zu vermitteln, die die Hoffnung schon aufgegeben haben. Hier wurde der christliche Aspekt von der Autorin wunderbar mit ihrer fesselnden Handlung verwoben.


    Die Charaktere sind liebevoll und lebendig angelegt und entwickeln sich während der Geschichte vor den Augen des Lesers weiter, der gar nicht anders kann, als sich wie ein Schatten an ihre Fersen zu heften. Lena ist eine liebevolle und warmherzige Frau, die an den immer wiederkehrenden Schicksalsschlägen zu zerbrechen droht, wenn ihr Mann Pieter sie nicht auffangen würde. Gleichzeitig besitzt sie den Mut einer Löwin, den sie auch ihrer Tochter Ans vermacht hat. Ans ist unerschrocken, dickköpfig und weltoffen, aber auch mit einem großen Gerechtigkeitssinn ausgestattet. Sie stellt sich unerschrocken den Gefahren, um anderen zu helfen. Miriam ist eine feinsinnige Künstlerseele, die mit dem Geigenspiel ihr eigenes Leben rettet, jedoch vorher das Wichtigste in ihrem Leben gehen lässt. Eloise ist eine weise ältere Dame, die mit ihren Worten manches ins rechte Bild rückt. Aber auch Pieter, Abba, Avi, Wim und Maaike haben wichtige Auftritte in dieser packenden Geschichte.


    „Wenn die Schatten einmal weichen“ ist ein historischer Roman, der aufs Tiefste berührt ob der einzelnen Schicksale und den Gräueltaten, die die Menschen zur damaligen Zeit unter dem Naziregime durchleben mussten. Eine Reise durch das gesamte Gefühlsbarometer, die eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient! Unbedingt lesen!!!


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • In diesem wertvollen Roman konnte ich Lena, eine Bäuerin in den Niederlanden, Ans, ihre älteste Tochter, und Miriam, eine jüdische junge Frau die aus Köln vor den Nazis geflohen war, begleiten und kennenlernen.

    Lena ist gläubig und erlebt hier eine schwere Glaubensprüfung.

    So ist es auch bei Ans, sie will frei sein und es ist spannend zu sehen wie aus einem eigenwilligen Mädchen eine starke und opferbereite Frau wird.

    Miriam die Jüdin, deren Leben in den Augen der Mächtigen nichts wert ist, hat Ängste, Sorgen, Trauer und Einsamkeit zu ertragen. Doch sie kämpft. Sie will leben.

    Alle drei Frauen waren mir sympathisch, sind mir ans Herz gewachsen und haben eine starke Entwicklung hingelegt.

    Sie mussten Entscheidungen treffen, sie haben gekämpft und sich oft die Frage gestellt: Ist es richtig was ich tue?

    Sie standen vor einer ungeheuer schweren Wahl: Gott gehorsam sein und sich in Gefahr begeben? Tun was die Nazibesatung erwartet und "In Frieden" leben?

    In diesem Buch spielt der Glaube an Gott auf eine ganz natürliche Art eine große Rolle. Gebete, Gespräche und stille Gedanken fließen ein und machen deutlich: Auch in schrecklichen Zeiten - Gott ist nur ein Gebet weit entfernt.

    "Wenn die Schatten einmal weichen" ist ein schweres Buch aber es liest sich gut, ist sehr fesselnd und ist eindrücklich.

    Lynn Austin schreibt sehr packend und zu Herzen gehend, sie schafft es die Schwere der Nazizeit in Worte zu fassen und dem Leser ergreifend vor Augen zu führen.

    Dieses Buch ist kein leichter Lesestoff, es ist teils drückend, schwer und macht fassungslos.

    Doch gerade deshalb ist es wertvoll, wichtig und gut.

    Die Geschichte ist wunderschön ausgearbeitet und die 3 Erzählstränge fügen sich gut ineinander.

    Wenn man eintaucht in diese Geschichte lässt sie einen nicht los sondern beschäftigt die Gedanken, regt an und hilft dabei nicht zu vergessen. Dieses Buch macht Mut auch in schwierigen Zeiten mit allen Gaben die Gott uns schenkt zu dienen und die Kraft für ihn und andere einzusetzen.