Torgny Lindgren - Bathseba / Bat Seba

  • Der Autor (Quelle: Volk und Welt): Sprachliche Suggestionskraft und lakonischen Humor bescheinigt die schwedische Kritik dem Autor Torgny Lindgren (geb. 1938), der mit seinen jüngsten Werken in die vorderste Reihe der Gegenwartsliteratur des Landes gehört. Seit 1965 erschienen Gedichte, Erzählungen und Romane. Seinen bisher größten Erfolg erzielte er mit dem 1984 erschienenen Bibelroman. Eine Erzählung aus dem Band „Merabs Schönheit“ (1983) ist bei Volk und Welt in der Anthologie „Schwedische Erzähler aus acht Jahrzehnten“ (1986) erschienen. Lindgren starb 2017.


    Klappentext (Quelle: Volk und Welt): „Und es begab sich, dass David um den Abend aufstand von seinem Lager und ging auf dem Dach des Königshauses und sah vom Dach ein Weib sich waschen; und das Weib war sehr schöner Gestalt.“ (2. Buch Samuel 11,2)
    Die berühmte Badeszene, von Künstlern wie Rubens und Rembrandt gestaltet, bei Torgny Lindgren ist sie der Auftakt zu einer Geschichte voller Leidenschaft und Kraft, voll grausamer Fehden und raffinierter Intrigen, Brudermord und Schwesternschändung, die auch die Geschichte einer großen Liebe ist. Neunzehn Jahre alt ist Bathseba, als David ihren Mann Uria heimtückisch ermorden lässt und sie sich gewaltsam unterwirft. Soll dieser Zustand nicht ewig währen, muss Bathseba König David besiegen. Mit Klugheit und List setzt sie alle ihre Mittel ein, um das Denken und Fühlen des Mannes zu ergründen. Sie lernt Davids „göttlichen“ Hunger nach Macht kennen und setzt ihm ihre menschliche Einsicht in die Vielfalt und Widersprüchlichkeit des Daseins entgegen, die sie schließlich befähigt, ihr Geschick und das des Landes in die eigenen Hände zu nehmen.


    Schwedische, französische, deutsche, englische, italienische und niederländische Ausgaben:

    • Das schwedische Original erschien zuerst 1984 unter dem Titel „Bat Seba“ bei Norstedt & Söners in Stockholm (249 Seiten).
    • Die französische Übersetzung von Marc de Gouvenain und Lena Grumbach erschien zuerst 1986 unter dem Titel "Bethsabée" als Nr. 6 der Reihe "Babel" bei Actes Sud in Arles (278 Seiten).
    • Die deutsche Übersetzung aus dem Schwedischen von Verena Reichel erschien zuerst 1987 unter dem Titel „Bathseba“ bei Hanser in München und Wien (267 Seiten). Als Lizenzausgabe des Hanser-Verlages erschien der Roman im Jahr 1988 bei der Deutschen Buch-Gemeinschaft in Berlin, Darmstadt und Wien, dem Bertelsmann-Club in Gütersloh, der EBG-Verl.-GmbH in Kornwestheim, der Buchgemeinschaft Donauland in Wien und bei den Buch- u. Schallplattenfreunde in Zug/Schweiz (267 Seiten), sowie als Lizenzausgabe für die DDR beim Verlag Volk und Welt in Berlin (258 Seiten). 1991 wurde die Reichel-Übersetzung als dtv-Taschenbuch Nr. 11409 beim Deutschen Taschenbuch-Verlag in München (240 Seiten) neu aufgelegt.
    • Die englische Übersetzung von Tom Geddes erschien zuerst 1987 unter dem Titel „Bathsheba“ bei Faber in London und 1989 bei Harper & Row in New York (250 Seiten).
    • Die italienische Übersetzung von Carmen Giorgetti Cima erschien zuerst 1988 unter dem Titel "Betsabea" bei Iperborea in Miland (323 Seiten).
    • Die niederländische Übersetzung von Bertie van der Meij erschien zuerst 1991 unter dem Title "Bathseba" in der Reihe "BBLiterair" des Verlages Uitg. de Bezige Bij in Amsterdam (273 Seiten).


    Mein Eindruck:
    Intellektuell sehr anregende, neu justierte Romanerzählung der alttestamentarischen Geschichte um König David und die Schöne Bathseba, die für den biblischen Helden und Goliath-Bezwinger David, diesen Vorläufer Jesu, ähnliches leistet, wie Christa Wolfs „Kassandra“ für die griechischen Helden der Ilias rund um Achilles, "das Vieh". :wink: König David als verfettender Narzisst und größenwahnsinniger Tyrann, geblendet von seinem eigenen Mythos, gefangen in Heuchelei und Verehrung. Der Mächtige, der seinen Untertan als Söldner in eine vorbereitete, tödliche Falle schickt, um freie Bahn zu haben, weiter die Hand auf dessen blutjunge Frau legen zu können, auf dass die Schwangerschaft der Vergewaltigten nicht für Unmut sorgt. Von Lindgren in lakonischen, nüchternen Sätzen eingefangen, spannend und aufregend, mit stimmigen mythologischen Verknappungen, einer Sprache von fast biblischem Klang, ohne historistisch billig zu imitieren.


    Ein Roman über Macht, Unterwerfung und Heiligkeit, gebaut aus den Grundzügen der vielleicht seifenopernhaftesten Geschichte der Bibel voller Eifersucht, Inzest und Brudermord, aus Gier und Selbstüberschätzung, fiesen Schlichen, Liebe, sexueller Gewalt und listiger Rache. Doch Lindgren gibt dem Mythos einen etwas anderen Drall, wenn die eroberte Frau den übergriffigen Gemahl und selbstgefälligen Tyrannen überlistet, indem sie, seine inneren Beweggründe erspürend, als subtile Manipulatorin seine königliche Macht zum Bröckeln bringt und seine Familie nachhaltig schädigt. So wie Davids Macht schwindet, wächst Bathsebas Stärke. Wer sich für den Auserwählten hält, angefüllt von göttlichem Hunger nach Macht, fällt tief: vor einem Scherbenhaufen, vereinzelt als König, gefangen in den Schlingen der eigenen Bösartigkeit. Es scheint, als wollte Bathseba, die gewaltsam bezwungene Untertanin, dem gottgleichen König, dem Schänder leiblich vermitteln, dass nur das Unfassbare und Ungewisse heilig sei, nicht der Herrscher, der seine Macht von der Quelle göttlicher Heiligkeit ableite. Davids gottgleichem Machtstreben setzt Bathseba menschliche Demut entgegen und triumphiert.


    Eine sehr lesenswerte, anregende und aufregende Interpretation biblischer Vorgänge, der es nach meinem Eindruck nicht auf eine langweilige Aktualisierung alter Stoffe ankommt, die auch nicht einfach nur überzeitliche Ähnlichkeiten von Vergangenheit und Gegenwart aufzuspüren hofft, sondern die tatsächlich versucht, die alte Geschichte in anderen Worten zu betrachten und für sich zu deuten, was ihren fremdartigen, mythologischen Zauber bewahrt! Und dennoch: Gerade in Zeiten, wenn lange akzeptiertes männliches Dominanzgebaren als toxisch, unmenschlich und wenig zielführend erkannt und immer mehr abgelehnt wird, eine Lektüre von großem Reiz! :rambo: Vier :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sterne.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (54/151)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 57 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

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