Nancy Springer - Der Fall des verschlüsselten Briefes / The case of the Gypsy Good-Bye

  • Klappentext


    Während Enola sich in den finstersten Londoner Ecken und sogar in der neuen U-Bahn auf die Spuren der verschwundenen Lady Blanchefleur del Campo begibt und dabei auch auf zwielichtige alte Bekannte trifft, entdeckt sie, dass ihr Bruder Sherlock genauso eifrig nach ihr selbst sucht!

    Er braucht ihre Hilfe, um eine Nachricht ihrer lange vermissten Mutter zu entschlüsseln. So müssen Enola und Sherlock gleich einen dreifachen Fall lösen: Was ist mit ihrer Mutter passiert? Und was mit Lady Blanchefleur? Und was haben die beiden Fälle mit ihrem Bruder Mycroft zu tun, der Enolas Zukunft in seinen Händen hält?


    Meine Meinung


    Der Abschluss der Buchreihe um Enola Holmes erschien ja schon 2010 - allerdings gibt es jetzt, durch die Verfilmung auf netflix und neue Begeisterung - einen neuen Band, der im Original sogar schon erschienen ist.


    Dennoch sehe ich diesen Band erstmal als Abschluss einer wirklich wundervollen Reihe um ein junges Mädchen im viktorianischen London, die sich den konventionellen Zwängen widersetzt und alles dafür tut, um ihren eigenen Traum vom Leben wahrzumachen.

    Der Schreibstil ist schon sehr anspruchsvoll für das Lesealter, aber da wächst man mit dem Lesen der Reihe sehr gut rein und bekommt eine wirklich tolle Vorstellung vom damaligen Leben. Reich und Arm waren noch sehr viel strikter getrennt als heute wenn man liest, in welchen Verhältnissen die Unterschicht leben musste. Ganz im Gegenteil zur gehobeneren Gesellschaft und dem Adel, denen jedoch auch vielen Pflichten und Zwänge auferlegt waren.


    Grade was auch die Kleidung betrifft, die hier eine gewisse wichtige Rolle spielt und die wir immer wieder in Enolas Verkleidungskünsten begegnen. Unglaublich wie kompliziert und umfangreich es war, sich als Frau richtig zu kleiden mit all den Stoffen, Farben, Rüschen, Manschetten, Perücken ... nicht zu vergessen das einengende Korsett, das sehr gut die eingeschränkten Möglichkeiten der Frauen damals in sämtlichen Belangen widerspiegelt.


    Kein Wunder, dass Enolas Mutter, die ihre Freiheit liebt und auskosten möchte, überhaupt nicht in diese Zeit passt.

    Während Enola ihrem neuesten Fall über eine entführte, adelige Dame nachgeht, erreicht eine schriftliche - und natürlich chiffrierte Botschaft - ihren Bruder Sherlock und auch diesem Rätsel müssen sie auf den Grund gehen.


    Sherlock Holmes ist dieses Mal noch mehr involviert und man merkt, wie er trotz seiner Vorbehalte die Initiative seiner "kleinen Schwester" bewundert. Enola selbst ist allerdings noch immer auf der Hut, denn Mycrofts Vormundschaft und sein Drängen, sie in ein Mädcheninternat zu stecken um aus ihr eine "feine Dame der Gesellschaft" zu machen, hängt wie ein Damoklesschwert über einem Zusammentreffen der Geschwister.


    Mir hat das - vorerst letzte - Abenteuer mit Enola jedenfalls äußerst gut gefallen, einziger "Makel" ist die Kürze, denn ich war wieder viel zu schnell am Ende der Geschichte.


    Als Abschluss jedenfalls hat es mir sehr viel Spaß gemacht, es war spannend, hat mich in eine völlig andere Zeit versetzt und meinem Faible für Sherlock Holmes eine schöne neue Variante beschert. Die Idee mit Enola als kleiner Schwester des berühmten Detektivs ist der Autorin wirklich auf ganz tolle Weise gelungen!


    Mein Fazit: 5 Sterne


    Weltenwanderer

  • Unspektakulärer Fall für die charmante und clevere Enola Holmes. Dafür stehen erneut die Charaktere und deren Entwicklung im Fokus.


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    Inhalt:


    Enola Holmes lebt unverändert unter falschem Namen und auf der Hut vor ihren großen Brüdern Mycroft und Sherlock. Ihre Tarnung als Sekretärin Ivy Meshle ist aufgeflogen und eine neue Identität muss her.


    Auch ein neuer Fall ist schnell gefunden: das mysteriöse Verschwinden der Duquessa Blanchefleur del Campo wirft Fragen auf.


    Enola ist fest entschlossen, die vermisste Lady zu finden, wird aber noch immer von ihrem Bruder Sherlock gesucht. Denn dieser benötigt die Hilfe seiner Schwester, um die sonderbare Botschaft ihrer untergetauchten Mutter zu entschlüsseln ...



    Altersempfehlung:


    ab 12 Jahre



    Mein Eindruck:


    Dies ist der sechste Band der Enola-Holmes Reihe. Die Fälle selbst sind in sich abgeschlossen, aber es empfiehlt sich, die chronologische Reihenfolge einzuhalten, um die Entwicklung und Beweggründe der Charaktere besser zu verstehen.


    Das Abenteuer ist im Präsens und in der Ich-Form aus Enolas Sicht geschrieben und wirkt dadurch besonders persönlich und berührend. Der Schreibstil ist mitreißend und gut verständlich. Ein wenig "antiquiert" erinnert er sogar an die Sherlock Holmes Romane und es gibt Hinweise auf die Fälle des berühmten Meisterdetektivs.


    Während die älteren Brüder Mycroft und Sherlock ihre kleine Schwester abwertend als Wildfang bezeichnen, macht sich das junge Mädchen gerade diese Talente zu Nutze. Inzwischen hat sie zumindest Sherlock fast überzeugen können, dass sie sehr wohl auf eigenen Beinen stehen kann und eine klassische Erziehung, wie es sich für junge Damen aus gutemHause gehört, für sie nicht in Frage kommt.


    Die 14-jährige Enola ist - wie auch ihre Mutter - der viktorianischen Zeit und den damaligen Konventionen weit voraus. Zudem besitzt sie, wie ihr Bruder Sherlock, eine rasche Auffassungsgabe und hervorragende Menschenkenntnis.


    Chiffrierte Botschaften, ungewöhnliche Verkleidungen und Spürhunde spielen eine Rolle in diesem Fall. Immer mit Hinweis auf die damals (auch kleidungstechnisch) einengenden Zwänge und den aufkeimenden Feminismus.


    Vom ersten Band an wird zudem die Entwicklung der Charaktere und deren Beziehung untereinander immer weiter und tiefgehender ausgeführt. Auch im sechsten Fall ist Enolas Zerrissenheit ein zentrales Thema: Soll sie unentdeckt weiter ermitteln und so ihre Freiheit behalten? Oder ist es an der Zeit, mit ihrer Familie, insbesondere mit ihrem Vorbild Sherlock, in Kontakt zu treten?


    Die Suche nach der untergetauchten Mutter verbindet die Geschwister und führt sie wieder zusammen.


    Ein gelungener Abschluss (der Original-Titel "The Case of the Cypsy Goodbye" ist hier deutlich besser gewählt) und doch hoffe ich natürlich auf weitere Abenteuer von Enola, nun da sie sich nicht mehr verstecken muss ;-)

    Ein siebter Band ist unter dem Titel "Enola Holmes an the Black Barouche" im Sommer 2021 bereits auf Englisch erschienen.


    Auch wenn der eigentliche Fall leider etwas untergeht, bringt es das Abenteuer auf 4 von 5 Sterne aufgrund der Atmosphäre, charismatischer Charaktere und dem runden Abschluss.



    Fazit:


    Eine spannende und erfrischend andere Jugend-Krimi-Reihe im viktorianischen London.

    Das sechste Abenteuer der charmanten und mutigen Enola Holmes bleibt storytechnisch leider etwas blass. Dennoch überzeugt es aufgrund interessanter Kulisse und sorgfältig ausgearbeiteter Entwicklung der Charaktere.


    Dieser Band (hoffentlich nicht der letzte) fügt sich somit hervorragend in die Reihe ein.


    ...

    Rezensiertes Buch "Ein Enola Holmes Krimi - Der Fall des verschlüsselten Briefes" aus dem Jahr 2021

    :study: "Bücher sind das beste Schmerzmittel, um das Leben zu ertragen. "

    Nathanviel, der Bücherdrache von Walter Moers