David Park – Reise durch ein fremdes Land / Travelling in a Strange Land

  • Kurzmeinung

    Bartie
    Feinfühlig erzählt. Ein Roman, der zum Nachdenken bewegt.
  • Kurzmeinung

    Lesezeichenfee
    sehr spannend und mitreißend. Auch die Geschichte im Krimi.
  • Klappentext/Verlagstext
    Von Beruf Fotograf sieht Tom die durch den Winter zum Erliegen gekommene Welt um sich herum wie durch die Linse seiner Kamera. Schon immer hat er sein Leben auf diese Art betrachtet, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass er es anhand von Fotografien erzählen kann. All diese Bilder kommen ihm nun in den Sinn: das erste Foto, das er von seiner Frau geschossen hat, die Aufnahmen von Familienfeiern, die ihm seinen Lebensunterhalt sichern, und diejenigen, die er stets zu machen geträumt hat, Fotos jenseits der gängigen Sehgewohnheiten.
    Tom hat sich längst damit abgefunden, dass er kein großer Künstler ist. Doch wie soll er damit leben, dass er kein perfekter Ehemann ist? Und dass er vor allem seinem anderen, seinem ältesten Sohn Daniel kein guter Vater war? Tief in seiner Kamera versteckt, gibt es ein Foto von Daniel, das Toms ganze Schuld und ganzes Leid zeigt. Je intensiver Toms innere Zwiegespräche mit Daniel auf dieser Reise werden, desto mehr hofft er, Erlösung und Vergebung zu finden.
    Mit großer sprachlicher Intensität erzählt David Park von einem Mann, der fast an sich und seinem Schicksal zerbricht.


    Der Autor
    David Park, 1953 geboren, ist ein vielfach ausgezeichneter nordirischer Schriftsteller. Er erhielt u. a. den Authors’ Club First Novel Award, den Bass Ireland Arts Award for Literature, den American Ireland Fund Literary Award und mehrfach den University of Ulster McCrea Literary Award. Des Weiteren stand er dreimal auf der Shortlist für den Irish Novel of the Year Award und auf der Longlist des Sunday Times EFG Short Story Award. Er lebt in County Down in Nordirland.


    Inhalt
    Mitten im Schneegestöber des schottischen Winters macht sich Tom aus Irland auf den Weg ins Nachbarland, um seinen kranken Sohn Luke aus seinem Studienort abzuholen, ehe das Land im Schnee versinken und der Fährverkehr eingestellt werden wird. Andeutungen lassen eine Familienkrise vermuten, deren düstere Stimmung die Rettung des einen Sohns vor einem einsamen Weihnachtsfest zur Rettung der gesamten Familie aus der Krise werden lässt. Toms Angst um seine Familie wirkt zwanghaft, solange er nicht damit herausrückt, welches unerhörte Ereignis Auslöser und was zuvor mit dem zweiten Sohn Daniel passiert war. Offenbar hatte Tom vor dieser Autofahrt keine Kraft mehr zum Leben, so dass ich als Leserin darum bangen musste, dass er sein Ziel überhaupt unversehrt erreicht. Eine Begegnung auf der Fähre lässt ahnen, was Tom zu verbergen hat.


    Fazit

    David Parks kurze Erzählung beeindruckt mit einer bedrückenden Stimmung, für die eine nahende Schneekrise nur den äußeren Rahmen liefert. Tom nimmt die Welt durch den Kamerasucher wahr und verdrängt vermutlich, was sich nur schwer bildlich darstellen lässt. Erst als in der letzten Szene das Rätsel um Daniel gelöst wird, lässt sich die besondere Sorge um Luke nachvollziehen, aber auch die Angst, die Frau und Tochter um Tom erleiden. Abgesehen von der irrtierenden Angewohnheit deutscher Übersetzer, das Kameraobjektiv als Linse zu bezeichnen, ein atmosphärisch starkes Winterbuch.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Buchdoktor

    Hat den Titel des Themas von „David Park – Durch ein fremdes Land / Travelling in a Strange Land“ zu „David Park – Reise durch ein fremdes Land / Travelling in a Strange Land“ geändert.
  • Ein Vater holt seinen Sohn heim.


    Tom und Lorna ist das unsagbare, unerträgliche Leid passiert: ihr ältester Sohn ist tot. Nun versuchen sie und ihre beiden anderen Kinder, den Studenten Luke und die kleine Lilly zu überleben, mit Daniels Tod fertig zu werden. Kurz vor Weihnachten bricht ein heftiger Schneesturm über die irische Insel und Nordengland ein. Die riesigen Schneemassen bringen den Flugverkehr zum Erliegen. Luke kann aus England nicht zu seinen Eltern nach Nordirland. Tom macht sich auf einen langen beschwerlichen Weg mit dem Auto seinen Sohn heimzuholen, setzt mit der Fähre rüber nach England und fährt durch das tief im Schnee liegende Land nach Sunderland, wo Luke studiert. Es wird aber auch eine Reise zu sich selbst, zu seinen Problemen und ob und wie er sie bewältigen kann. Unterwegs führt er Zwiegespräche, mit sich selbst und mit Daniel, dessen Präsenz er manchmal neben oder vor sich spürt. Er fährt und achtet auf alles was ihn umgibt. Von einer Tankstelle nimmt er eine alte Frau mit, die mit den Einkäufen nach Hause will. Als er ein von der Straße abgekommenes Auto bemerkt, hält er an, kümmert sich um die verletzte Frau, holt Hilfe, bleibt bei ihr bis der Rettungswagen kommt, obwohl ihn das auch Zeit kostet.


    Tom lässt während der Fahrt sein Leben Revue passieren, seine Kindheit, seine Liebe zu Lorna, ihre Ehe, die Kinder. Und immer wieder David. Wann ist David in die Sucht abgedriftet? Wann und welches war der auslösende Moment? Zweifel und Selbstvorwürfe quälen ihn. Toms lange Suche nach David, bis er ihn fand, zu spät, sein Sohn war an seiner Sucht gestorben. Die Versuche, David von der Sucht abzubringen, die Auseinandersetzungen mit ihm, schließlich die letzte Szene, als Tom seinen Sohn des Hauses verweist. Danach die quälende Suche, Nacht für Nacht, wo David sein könnte, bis er ihn findet, kalt und leblos, von der Sucht gezeichnet.


    Der Roman endet mit einer positiven Note, am Ende der Fahrt gelingt es Tom, seinen Sohn endgültig gehen zu lassen, Frieden mit David zu schließen, seine Selbstzweifel als Vater versagt zu haben, zu beenden.


    Das Buch spricht auf einer gewissen Ebene alle Eltern an, denn alle Eltern stellen sich diese quälende Frage: wird mein Kind irgendwann einmal süchtig? Alkohol, Drogen, Spielsucht sind Bedrohungen unseres Alltags. Wie können wir unsere Kinder davor schützen? Können wir das überhaupt? Tom hat dies mit seinem Sohn erlebt und jetzt hat er ein wachsames Auge auf seine beiden anderen Kindern, ohne sie aber zu bedrängen, ständig zu überwachen, zu verfolgen. Die Angst, dass dies auch mit Luke und Lilly geschehen könnte begleitet ihn latent bis er am Ende der Fahrt auch diese Angst besiegen kann.


    Der schnörkellose, mit Epitheta sparsame Stil ist dadurch umso ergreifender, bringt einem das Buch noch näher.

  • Berg- und Talfahrt


    Im Buch „Reise durch ein fremdes Land“ geht es um eine endlos lange Autofahrt (Nordirland nach Schottland), mit dem Ziel, dass der Vater seinen kranken Sohn zu Weihnachten nach Hause holen kann. Klar es gibt Schnee und als Leser darf man an den Gedanken des Vaters teilhaben. Er denkt an seine Frau und an seinen Vater, an seine Kinder und viele andere Begebenheiten.


    Das Hardcover mit Lesebändchen gefällt mir sehr gut. Es ist schlicht und doch einprägsam. Es fällt in mein Beuteschema und passt irgendwie zu dem Buch.


    Mir gefiel der Schreibstil, damit kam ich gut klar. Allerdings war ich überrascht, dass das Buch doch sehr melancholisch, fast depressiv rüber kam. So hatte ich ein paar Probleme mit der Geschichte. Schön fand ich, dass er als Ersthelfer beim Unfall geholfen hat. Und ich fand Teile auch etwas langatmig und die Protas blieben für mich etwas farblos. Passend zum Cover. Auch die Gedankensprünge waren für mich nicht so richtig nachvollziehbar, ich musste mich konzentrieren und so waren die 190 Seiten doch nicht so schnell ausgelesen, wie ich gedacht hatte.


    Leider hat das Buch keine Kapitel und es würde in einem fort gehen. Da die Lektüre nicht leicht ist, geht das allerdings nicht. Ich tu mich jetzt ein bisschen schwer mit der Sternevergabe. Man kann es lesen, muss es aber nicht? Nun ja, das wäre nicht ok. So schlecht war es auch nicht. Jedenfalls wurde die Zerrissenheit? Der geistige Zustand (?) des Mannes richtig schön beschrieben. Ich hatte den Eindruck, dass er depressiv war.


    Mein – Lesezeichenfees – Fazit:


    Irgendwie kam ich mir vor, wie bei einer Berg- und Talfahrt, manchmal war es etwas langatmig, dann wieder interessant. 4 Sterne.

  • Reflektierend während einer winterlichen Autofahrt!


    Der Fotograf Tom, verheiratet, Vater von 3 Kindern fährt durch eine schneebedeckte Landschaft von Nordirland nach Sunderland, England. Er holt seinen dort studierenden Sohn Luke für das Weihnachtsfest ab, denn alle Flughäfen sind wegen den starken Schneefällen geschlossen.


    Auf dieser langen, einsamen Autofahrt führt er laute und leise Selbstgespräche mit Daniel (wohl sein Sohn), über seine Vaterrolle und Ehemann, über seine Berufstätigkeit, schichtweise weitere Details freigebend - stets in ruhigem Sprachstil voller Trauer, Schuld und Selbstzweifeln.


    Das Cover zeigt eine verschneite Waldlandschaft in schwarz/weiß, durchzogen von nur einer schmalen Straße, symbolisch wohl für unseren Weg im Leben zu Erkenntnis und Frieden mit uns selbst.


    Bisweilen etwas langatmig in den winterlichen Landschafts-Schilderungen, überzeugt doch die Intensität des Sprachstils bei der Entblätterung des Seelenlebens des Protagonisten.

  • Eine ungewöhnliche Reise


    Es ist kurz vor Weihnachten, das Land steckt in Klauen des Winters fest. Alle Flüge sind abgesagt worden, die verschneiten Straßen kaum passierbar. Luke, der in einer entfernten Stadt studiert, kann nicht zum Weihnachtsfest nach Hause kommen. Tom macht sich mit dem Auto auf den Weg, um seinen Sohn nach Hause zu bringen. Denn weder er noch seine Frau Lorna können sich diesjährige Weihnachten ohne Luke vorstellen. Tom leidet besonders unter den Gedanken, dass er sich bisher nicht genug über seine Familie und den ältesten Sohn Daniel gekümmert hat.


    Während der langen, beschwerlichen Autofahrt wurde Tom von Gedanken an seine Familie und sein bisheriges Leben übermannt. Die Reise zu seinem Sohn ist gleichzeitig eine Reise durch seine Gedankenwelt; eine Reise, die tief emotional verläuft. Tom, der von Beruf Fotograf ist, hat ein ausgeprägtes fotografisches Gedächtnis. Seine Erinnerungen nehmen die Gestalt von Fotos an, die er selbst so oft gemacht hat. Es sind die Erinnerungen an bestimmte bedeutende Ereignisse, die sein Gedächtnis gespeichert hat und die jetzt vor seinem inneren Auge erscheinen.


    Nach und nach setzten sich diese Momentaufnahmen zu einem Puzzle zusammen und das Geheimnis um das tragische Ereignis in Toms Leben wurde gelüftet. Plausibel und nachvollziehbar erscheinen dann seine Selbstvorwürfe und Sorgen um seine Familie.


    Der Roman ist zwar kurz, dafür seine Handlung sehr intensiv und eindrucksvoll. Der sympathischer Protagonist Tom, der an seinem Schicksal fast zu zerbrechen droht, überzeugt sowohl als ein fürsorglicher Familienvater und Ehemann, wie auch als ein hilfsbereiter und einfühlsamer Mensch. Die tragische Geschichte um seinen älteren Sohn, feinfühlig erzählt, erzeugt enorme Spannung, berührt und bewegt.


    Der Roman bleibt lange in meiner Erinnerung. Eine klare Leseempfehlung!

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: