Alina Bronsky - Barbara stirbt nicht

  • Kurzmeinung

    Klarascha
    Lustig, komisch? NIx da, der Roman spiegelt die Wandlung eines männlichen A... in einen Menschen. Liest sich sehr gut!
  • Kurzmeinung

    PotatoPeelPie
    Alina Bronsky erschafft die wunderbarsten Charaktere. Große Liebe.
  • Herr Schmidt ändert sich


    Barbara stirbt nicht, Roman von Alina Bronsky, EBook erschienen bei Kiepenheuer & Witsch

    Das Porträt einer Ehe, deren jahrzehntelange Routinen mit einem Schlag außer Kraft gesetzt werden, komisch und doch ganz tief ins Herz gehend.


    Herr Schmidt ist ein ganz seltenes Exemplar, er hat es geschafft, 52 Jahre lang verheiratet zu sein ohne ein einziges Mal einen Staubsauger bedient zu haben. Kaffee oder eine Tütensuppe zubereiten ist unmöglich, denn bei ihm würde sogar das Wasser anbrennen. Das hat ja schließlich immer Barbara für ihn gemacht. Doch eines Tages kann sie nicht mehr aufstehen und alles ändert sich.


    Das Buch ist aus der Sicht Walters geschrieben und doch habe ich es nicht geschafft, Ihm ganz tief ins Herz zu blicken. Geschrieben so typisch für Alina Bronsky kurz und klar, unaufgeregt und doch tief gehend, bildhaft und flüssig. Die schlagfertigen Dialoge fand ich unglaublich gut. Walter sagt was er denkt und stößt dabei seine Mitmenschen vor den Kopf, das belebt die Geschichte.


    Anfangs fand ich Walter einfach nur schrecklich, ein wahrer Pascha, ignorant, stur, direkt und ein Rassist. Als Mann unter seiner Würde sich an der Hausarbeit zu beteiligen, schließlich hat er jahrelang das Geld nach Hause gebracht, jeder hat wohl in seiner Umgebung einen "Herrn Schmidt". Seine Bemühungen am Morgen nachdem er seine Frau im Bad liegend gefunden hat, waren mehr als halbherzig, ich hab mich nur gewundert warum er nicht sofort einen Arzt gerufen hat. Auch seine Kinder informiert er nicht, stattdessen kämpft er mit den Frühstücksvorbereitungen. Lässt Barbara trotz einer Platzwunde alleine im Bett liegen und geht mit dem Hund stundenlang im Wald Gassi. Doch je weiter die Lektüre fortschreitet desto dramatischer wird das Geschehen. Es scheint als ob Barbara wirklich unheilbar krank ist. Walter beginnt sich zu ändern. Er bemüht sich Mahlzeiten zuzubereiten, anfangs dilettantisch, doch mit Hilfe eines Fernsehkochs und einer Bäckereiverkäuferin wird er immer besser. Und langsam dämmert es dem Leser, für Walter gab es immer nur Barbara und ich hatte das Gefühl er will es nicht wahrhaben, wie krank sie wirklich ist. Er ignoriert einfach alle, die ihm die Wahrheit vermitteln wollen. Der Roman hat mich zutiefst berührt. Auch das Ende hält noch einige Überraschungen bereit.


    Die Figuren im Buch allen voran natürlich Walter sind gut charakterisiert, er ist kein Mann der großen Worte und versucht Barbara seine Fürsorge zu zeigen indem er z.B. für sie backt, weil Kuchen das einzige ist auf das sie noch Appetit hat. Immer wieder haben mich die Emotionen überwältigt. Ein Buch welches mir ganz tief ging, ich habe den Reader erst aus der Hand gelegt, als die letzte Zeile gelesen war. Leider kam das Ende sehr plötzlich und ich habe einige Informationen vermisst.


    Eine unbedingte Leseempfehlung für alle Alina Bronsky Fans und geeignet für die Leser die anspruchsvolle emotionale Unterhaltung suchen. Von mir 4,5 Sterne. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :study::musik::montag:


    Und wenn mir alle Königskronen für meine Bücher und meine Freude am Lesen angeboten wären: Ich würde sie ausschlagen.
    François Fénelon

  • Verlagstext:


    Herr Schmidt taut auf.

    Walter Schmidt ist ein Mann alter Schule: Er hat die Rente erreicht, ohne zu wissen, wie man sich eine Tütensuppe macht und ohne jemals einen Staubsauger bedient zu haben. Schließlich war da immer seine Ehefrau Barbara. Doch die steht eines Morgens nicht mehr auf. Und von da an wird alles anders.

    Mit bitterbösem Witz und großer Warmherzigkeit zugleich erzählt Alina Bronsky, wie sich der unnahbare Walter Schmidt am Ende seines Lebens plötzlich neu erfinden muss: als Pflegekraft, als Hausmann und fürsorglicher Partner, der er nie gewesen ist in all den gemeinsamen Jahren mit Barbara. Und natürlich geht nicht nur in der Küche alles schief. Doch dann entdeckt Walter den Fernsehkoch Medinski und dessen Facebook-Seite, auf der er schon bald nicht nur Schritt-für-Schritt-Anleitungen findet, sondern auch unverhofften Beistand. Nach und nach beginnt Walters raue Fassade zu bröckeln – und mit ihr die alten Gewissheiten über sein Leben und seine Familie.

    »Barbara stirbt nicht« ist das urkomische Porträt einer Ehe, deren jahrzehntelange Routinen mit einem Schlag außer Kraft gesetzt werden, und ein berührender Roman über die Chancen eines unfreiwilligen Neuanfangs.

    »Barbara war perfekt, dachte er überrascht. Natürlich gab es auf der Welt noch mehr alte Frauen, schon wegen der Statistik, aber Herr Schmidt hatte sie alle gesehen: kein Vergleich zu Barbara.«

    Quelle: amazon.de



    Meine Meinung:


    „Barbara stirbt nicht“ ist ein Roman, der mir sehr gut gefallen und mich tief bewegt hat, aber auch einige Fragen offenlässt.

    Die Ausgangssituation mit der plötzlich erkrankten Ehefrau, die im Bett liegen bleibt und keinen Finger mehr im Haushalt rührt, wird im Fortgang der Geschichte nur variiert – stets bleibt es dabei, dass der plötzlich in die Rolle des Hausmanns und Pflegers gerutschte „Schmidt Walter“ versucht, die Tücken des Einkaufens, Kochens und Saubermachens irgendwie zu meistern. Hilfe eilt – gerufen oder ungerufen – herbei und wird oft bissig kommentiert. Ich fand es herrlich, wie Alina Bronsky dabei zwar vordergründig die Perspektive ihrer Hauptfigur einnimmt, sich aber gleichzeitig ironisch davon distanziert. Auch die Art und Weise, wie sie so manche Besonderheiten in der Lebenssituation der Russlanddeutschen einflicht, hat mir sehr gut gefallen.

    Schon am Anfang des Buches wird klar, dass „Schmidt Walter“ nicht nur ein etwas bräsiger Rentner mit ein paar anstrengenden kleinen Eigenheiten, aber ansonsten eine doch ganz liebenswerte Figur ist. Nein, er hat seiner Frau, seinen Kindern und noch so manchen anderen Menschen das Leben schwer gemacht. Wie schwer, macht man sich als Leser*in erst ganz allmählich bewusst, denn es wird im Laufe der Geschichte systematisch zugespitzt. Konnte ich am Anfang noch über viele Situationen und Dialoge schmunzeln oder sogar laut lachen, so blieb mir das Lachen zunehmend im Halse stecken, und manche Szenen haben mich sogar zu Tränen geschmerzt. Als „bitterböse“ wird der Humor von Alina Bronsky im Verlagstext beschrieben, und genauso bitterböse stellen sich schließlich viele Verhaltensweisen von Walter dar. Ansatzweise beginnt er, diese im Laufe der Geschichte zu reflektieren, es tun sich winzige Risse in seinem festbetonierten Weltbild auf, manche Verhärtungen beginnen zu schmelzen und teilweise werden auch kleine Versuche der Wiedergutmachung sichtbar, denen man nach dem halboffenen Ende des Romans eine Fortsetzung wünscht. Wieviel Heilung in dieser Familie nötig ist, wird brutal deutlich; wieviel möglich ist, mag die Leserin oder der Leser sich selbst zusammenreimen. Alina Bronsky setzt ihre Figur da nur auf einen Weg – ob Walter ihn weitergehen wird?

    Ein Fünf-Sterne-Buch wäre das für mich gewesen, wären da nicht die großen Ähnlichkeiten zum Film „About Schmidt“, auf die mich Susannah dankenswerterweise hingewiesen hat. Jetzt frage ich mich natürlich, ob das Absicht ist (vermutlich ja schon!) und welcher Sinn hinter den fast gleichen Namen Walter und Warren Schmidt und den teils sehr ähnlichen Figurenkonstellationen und Situationen steckt. Ist das Buch als eine Art Parallelgeschichte zum Film zu lesen? Da ich ihn bisher nur szenenweise gesehen habe, kann ich das nicht beurteilen. Ich habe allerdings vor, ihn mir bald komplett anzuschauen; und dann wird sich zeigen, ob Film und Buch gemeinsam vielleicht noch ganz neue Deutungsebenen eröffnen – oder ob Bronskys Roman am Ende eben doch nur irgendwie abgekupfert wirkt. Daher ist es gut möglich, dass ich meine Bewertung des Romans irgendwann noch einmal deutlich ändere!


    Vorerst: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: Jutta Aurahs - Katzen :cat:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :musik: Satoshi Yagisawa - Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

    :montag: Dietrich Krusche (Hg.) - Haiku (Reread)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Herr Schmidt hat eine Ehefrau Barbara, das reicht für alles. Putzen, kochen, Kinder großziehen, Nachbarschaftspflege, Unterstützung von sozialen Projekten und den Garten außer Rasen mähen, das können Frauen nicht. Eine "typische" Ehe die in die Jahre gekommen ist. Eines Morgens steht Barbara nicht mehr auf, warum, keine Ahnung, was nun, noch schlimmer.

    Sie kann einfach nicht mehr und Herr Schmidt, Walter muss sich kümmern. Überraschender Weise tut er das, auf seine Weise. Wie bei jedem Menschen der etwas im fortgeschrittenen Alter neu lernen muss, vor allem unter Druck, es fängt beim Kaffee kochen an. Geht alles schief was nur schief gehen kann. Mit seinen Kindern über Kreuz sind die zwar in Sorge um die Mutter aber nicht um ihn. Nach 52 Jahren Ehe erkennt Herr Schmidt, Walter was seine Frau alles gemacht hat und was viel wichtiger ist, was sie ihm bedeutet. Eine Frau die er heiraten musste, gegen den Willen seiner Mutter, weil sie ein Kind von ihm erwartete.

    Ich könnte das Buch als eine bitterböse Satire bezeichnen, aber das wird der Geschichte nicht gerecht. Es ist mehr. Besser spät als nie würde ich sagen, Herr Schmidt, Walter würdigt auf einmal seine Frau nach innen wie nach außen. Er gibt sich Mühe damit sie wieder zu ihrer alten Form zurück findet. Er richtet sich nach ihren Wünschen, unterlässt Dinge von denen er ahnt dass sie sie stören könnten.

    Die Autorin hat diese Wandlung von einen Misanthropen in einen erträglichen alten Mann sehr gut beschrieben. Vor allem an den Bemerkungen oder Reaktionen die in ganz kurzen Andeutungen vorhanden sind, konnte ich mir als Leserin sehr gut vorstellen was für ein Mann er vorher war.

    Um es kurz zu sagen, ich hätte ihn zum Teufel geschickt.

    Aber auch hier wieder, in zarten Andeutungen, wird gezeigt warum Barbara geblieben ist.

    Ein menschliches Buch, wir sind nicht immer nett und lieb, wir Menschen sind auch böse und unausstehlich. Die Autorin hat trotzdem viel Verständnis. Danke

  • Das ältere Ehepaar Walter und Barbara Schmidt entstammen einer Generation, in der die Rollenaufteilung es vorsah, daß die Frau sich um Haushalt und Familie kümmert und der Ehemann das Geld verdient. Genauso war es bei Schmidts. Sie sind 52 Jahre verheiratet, haben zwei Kinder Karin und Sebastian, sowie Hund Helmut.


    Und nun tritt der Supergau ein – Barbara stürzt im Bad und ist daraufhin hilflos. Sie wird ins Bett gebracht und dort bleibt sie, ab und zu steht sie zwar auf, ißt und trinkt aber sehr wenig, beklagt sich nicht und bleibt im Hintergrund. Dafür muß nun Walter aktiv werden.


    Walter ist nicht unbedingt ein Sympathieträger. Er ist weltfremd, schwer von Begriff, unhöflich und im Haushalt eine absolute Null. Bei ihm würde im Zweifel Wasser anbrennen. Jetzt muß er situationsbedingt lernen, Kaffeepulver und Filter zu finden und dann die richtige Abmessung für einen Kaffee zu finden. Alles nicht so einfach. Als er dann im Laden eine fertige Tasse Kaffee kauft, um sie Barbara heimzubringen, ist er erstaunt über die Preise. Man merkt, daß er mit dem realen Leben nichts am Hut hat. Daß in einem Haushalt auch geputzt werden muß, ignoriert er völlig, Krümel am Fußboden überläßt er gerne Hund Helmut. Absolut entsetzt reagiert er, als er im Internet geduzt wird. Und er muß feststellen, daß Barbara äußerst beliebt war, ob im Internet oder im Jukuz, völlig neue Seiten tun sich für ihn auf. Er selbst ist im Moment ein Weltmeister der Verdrängung, er will nicht wahrhaben, daß Barbara krank ist und wie schlimm es um sie steht. Sein Motto – wenn sie gut ißt, dann wird sie gesund.


    Und dann erfährt man von der Wandlung Walters – er lernt das Kochen und macht dadurch Bekanntschaften, bringt einem Obdachlosen Weihnachtsessen, man erfährt von Artur und dessen Schicksal, das bewegt und plötzlich menschelt es!


    Ich habe schon voller Begeisterung andere Bücher der Autorin gelesen. Genauso ist es mit diesem, man kann es nicht mehr aus der Hand legen. Eine tolle, berührende Geschichte, ein wunderbar zu lesender Schreibstil über den neuen Lebensabschnitt der Familie Schmidt und das alles gewürzt mit einigem Humor. Mir hat die Entwicklung von Walter sehr gut gefallen, von der Persönlichkeit Barbara hätte ich gerne mehr erfahren. Das Cover finde ich absolut stimmig.


    Diesen Roman werde ich sehr gerne weiter empfehlen!

  • Ein ganz berührendes Buch!


    Dieses Buch ist ganz sicher mein bisheriges Buch-Highlight 2021!


    Walter Schmidt ist seit über 50 Jahren mit Barbara verheiratet und hat in diesen Jahren nicht ein einziges Mal auch nur ein Staubtuch in der Hand gehabt, geschweige denn Kaffee gekocht oder anderen Weiber-Kram erledigt. Er war der Ernährer und ist arbeiten gegangen, womit seine Pflichten erledigt waren.

    Eines Freitags ändert sich sein bequemes Leben schlagartig, als er seine Barbara gestürzt im Bad findet und sie sich außerstande sieht, das Bett länger zu verlassen und irgendeinen Handschlag zu tun im Haus. Walter muss wohl oder übel seine Komfortzone verlassen und selbst Hand anlegen...


    Was für eine wundervolle Geschichte um einen besserwisserischen, nörgelnden, alten Miesepeter. Wenn ich nicht selbst so ein Haushaltswunder in der eigenen Familie gekannt hätte, würde ich Walter für total überzeichnet halten - aber solche (i.d.R. alten) Männer gibt es.

    Walter ist ohnehin nicht gerade der mitfühlende Romantiker schlechthin. Er ist eher ziemlich direkt und auch ungehobelt seinen Mitmenschen gegenüber. Seine Kinder halten lieber gebührenden Abstand. Sein Sohn kann keine 3 Sätze mit ihm wechseln, ohne dass es Streit gibt. Auch sein Umfeld sieht ihn am liebsten eher aus der Ferne oder als notwendiges Übel, wenn man Barbara treffen möchte.

    Mit jeder Buchseite wird die Verzweiflung Walters deutlicher. Er will auf der einen Seite überhaupt nicht wahrhaben, dass seine Barbara ernsthaft krank sein könnte, auf der anderen hat er schreckliche Angst, dass sie einfach so stirbt. Wobei er erst einmal nicht wirklich Angst um sie hat, sondern eher Angst, dass er alleine und hilflos zurück bleiben könnte. Denn das wird ihm immer klarer, wie viele seiner Mitmenschen ihn erfahren - auch wenn er das nicht wirklich immer beabsichtigt hat. Er ist halt einfach so. Er braucht seine Regeln und Ordnung und wer ihn dabei stört, der bekommt das unmittelbar zu hören.

    Ich fand es sehr berührend, wie Walter sich immer mehr bemüht, alles für Barbara zu tun, was irgend möglich ist, nur damit sie wieder gesund wird. Sogar vertrackte Kochrezepte probiert er umzusetzen, solange sie wirklich jeden kleinen Schritt enthalten. Wie ein Ingenieur an einem Bauplan, der jede noch so kleine Schraube enthalten muss, wenn das Ergebnis stimmen soll. Immer mehr wird ihm klar, was er droht zu verlieren. Und das wäre nicht nur Barbara.


    Die Geschichte wird zwar von einem Dritten erzählt, jedoch ausschließlich aus Walters Sicht. Man kann ihm kaum böse sein, auch wenn man ihn manches Mal einfach nur anschreien möchte. Man weiß nicht wirklich, was Barbara je an ihm gefunden hat, aber er hat vor, sein Eheversprechen zu halten, sich um sie zu kümmern. Niemand ist darüber mehr erstaunt als Barbara.

    Der Schreibstil ist wunderbar! Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Es ist nie rührselig, stattdessen mit einer guten Portion Humor gesegnet. Es bietet so einige kleine Überraschungen, die den Lesenden das Geschehen besser verstehen lassen. Das Ende ist leider etwas sehr abrupt; nach einiger Überlegung fand ich es jedoch gar nicht so verkehrt. Es ist vollkommen klar, was mit Barbara geschehen wird und muss nicht noch breitgetreten werden. Und dass Walter Schmidt auf einem guten Weg zu seiner Familie und seinen Mitmenschen ist, dessen kann man ziemlich sicher sein.


    Fazit: Wer ein humorvolles aber durchaus ernsthaftes Buch lesen möchte, der ist hier goldrichtig!


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Komödie und Drama in einem


    Die wohl geordnete Welt von Walter Schmidt steht Kopf, denn eines Morgens gibt es keinen Kaffee. Seine Frau Barbara liegt im Bad, umgefallen - einfach so. Er verfrachtet sie zurück ins Bett und muss sich allein um den Kaffee kümmern. Eine Herkulesaufgabe, wenn man nicht mal weiß, wo der Kaffee steht. Das ist aber erst der Beginn eines häuslichen Dramas ungeahnten Ausmaßes, denn Barbara steht auch zum Mittagessen nicht auf.


    Herr Schmidt ist der wahr gewordene Alptraum eines miesepetrigen, pedantischen und rechthaberischen Rentners. Ein Unsympath, der seinesgleichen sucht! Dabei sind die Dialoge und seine Gedanken in ihrer Ernsthaftigkeit (und häufigen Kürze) einfach irre komisch. Es kommt zudem zu den verrücktesten Szenarien: Wie er z.B. als Fremdkörper in der Küche hantiert und sich das für den Schäferhund Helmut reservierte Hackfleisch mit diesem teilt - einfach groß.

    Was zunächst wie "Szenen einer Ehe" aus der Feder von Loriot daherkommt, entwickelt sich ganz langsam, Stückchen für Stückchen zum Porträt eines Mannes, der sich mit der Zeit seiner selbst, seiner Umwelt und auch seiner Fehler bewußt wird. Alina Bronsky macht das meiner Meinung nach ganz hervorragend, denn die Geschichte wird nur aus der Perspektive von Herrn Schmidt erzählt. Was er nicht sehen will, gibt es auch nicht. Durch die Begegnungen und Gespräche mit anderen Personen und Walters eigene Gedanken erfahren die Leser*innen immer mehr über ihn und Barbara, über ihre Vergangenheit und ihre Ehe. Die Charaktere nehmen langsam Gestalt an. Herr Schmidt, anderen gegenüber höchst unsensibel, wird zwar nicht unbedingt sympathischer, ich bin ihm aber mit etwas mehr Verständnis begegnet.

    Das Buch ist mit 256 Seiten recht schnell gelesen, auch wegen der flotten Schreibe. Die teils bitterbösen Kommentare von Herrn Schmidt, die absurden Situationen und die immer neuen, winzigen, manchmal nur angedeuteten Details aus seinem Leben, machen das Buch zu einem Lesevergnügen, das aber auch nachdenklich stimmt. Die Andeutungen lassen Platz für eigene Interpretationen.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, weil die eigentliche Geschichte unterschwellig erzählt wird. Es ist irre komisch, stimmt nachdenklich und macht auch traurig. Das Ende ist vielleicht etwas dicke, aber Herr Schmidt ist ja auch ein extremer Charakter. Das leuchtend gelbe Cover des Buches ist nicht zu übersehen und der übervolle Kaffeefilter paßt perfekt. Nach "Baba Dunjas letzter Liebe" habe ich auch "Barbara stirbt nicht" sehr gerne gelesen. Fünf Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die "Besser geht's nicht" mit Jack Nicholson gerne gesehen haben.

  • Wenn die Ehefrau krank wird


    Jeden Morgen wurde Herr Schmidt vom herrlichen Kaffeeduft geweckt, den seine Frau Barbara für ihn kocht. An diesem Morgen aber fehlt der Kaffeeduft in der Wohnung. Irritiert entdeckt der Rentner seine Ehefrau Barbara im Badezimmer auf dem Fußboden liegend. Die Frau blutet an der Stirn, ist sehr schwach auf den Beinen und muss zurück ins Bett. Ab sofort ist Walter auf sich selbst gestellt, denn Barbara ist offensichtlich sehr krank.


    Der Hauptprotagonist dieses kurzweiligen Romans ist unbestritten der Rentner Walter Schmidt, von der Autorin stets Herr Schmidt genannt. Als Mann der alten Schule in der Buchbeschreibung dargestellt, ist er für mich alles andere als das. Er ist unsensibel, unhöflich, stur und irgendwie weltfremd geblieben. Er ruft nicht mal den Arzt, der Barbara untersuchen sollte. Es nur gut, dass diese Eheleute, das vor 52 Jahren geheiratet haben, erwachsene Kinder haben.


    Nicht nur vom Kaffeekochen hat der altmodische Walter keine Ahnung. Er weiß nicht mal, wie man die eingefrorenen Produkte auftauen und aufwärmen kann. Erst nach dem seine tüchtige Frau Barbara das Bett hüten muss, lernt er langsam sie als Hausfrau und patente Frau zu schätzen. Die neue Situation stellt ihn auf harte Probe und er muss sich als Ehemann, Vater und Hausmann beweisen.


    Auch die übrigen Protagonisten des Romans sind lebendig dargestellt. Hier beweist die Autorin ihre hervorragende Beobachtungsgabe. Sie schreibt fesselnd, liefert tolle Dialoge, die mal schmunzeln lassen, dann wieder die Tränen der Rührung in die Augen drücken.


    „Barbara stirbt nicht“ ist ein flüssig geschriebener und scheinbar leicht zu lesender Roman. Das täuscht aber, denn der Roman ist keine leichte Kost. Alle seine Figuren, aber vor allem die Hauptakteure der dramatischen Handlung, zeichnen mit ihren Verhalten und mit ihrer Denkweise großartige Bilder unserer so unterschiedlichen Gesellschaft. Viele aktuelle Probleme kommen in dem Buch zu Sprache und lassen mich, als Leserin, nachdenklich zurück.


    Fazit: eine klare Leseempfehlung!

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Worum geht es?

    Barbara war immer für ihren Mann Walter da. Sie kocht, sie putzt, sie weiß Bescheid. Nun ist sie eines Tages krank und steht nicht auf und Herr Schmidt muss sich mit einem Mal im Haus und im Leben zurecht finden.


    Worum geht es wirklich?

    Sturheit, Selbstständigkeit und Vorurteile


    Lesenswert?

    Ja. Dieses Buch bringt einen zum Schmunzeln, aber auch zum Verzweifeln. Walter Schmidt ist plötzlich auf sich allein gestellt und muss für sich, seine Frau Barbara und ihren gemeinsamen Hund sorgen. Klar, bieten die Kinder auch Hilfe an, aber die braucht Herr Schmidt doch nicht. Natürlich kommt er alleine klar. Außer vielleicht beim Kaffee zubereiten. Und beim Kartoffeln kochen. Und warum ist Butter aus dem Kühlschrank nur so hart? Herr Schmidt ist ein sehr sturer alter Mann, der aber auch nicht zögerlich ist und versucht Lösungen zu finden. Dass er dabei Menschen vor den Kopf stößt und seine Umwelt voller Vorurteile sieht, nimmt er gar nicht wahr. Er ist auf keinen Fall freundlich oder zuvorkommend und verhält sich weder zu Frau noch Kindern noch sonst einem Menschen wohlwollend. Manchmal hat mich das beim Lesen verzweifeln lassen. Und dann war es doch wieder so amüsant und auch herzerwärmend, wie Herr Schmidt lernt, eigenständig zu sein. Denn nicht nur die Küche und das Kochen sind für ihn völlig neu, auch das Internet und Facebook entdeckt Herr Schmidt.

    Generell war ich ein bisschen fassungslos, wie ein Mensch so wenig für sich selbst sorgen kann. Aber das ist vermutlich einfach auch eine Frage der Generation.

    Herr Schmidt wird als „Mann alter Schule“ beschrieben, was bedeutet: Unselbstständig, klassisches Rollenbild von Mann und Frau. Nicht-weiße Menschen, dicke Menschen, homosexuelle Menschen existieren in seiner Wahrnehmung als störende Personen. Das war manchmal einfach schwer zu ertragen und ich hätte Herrn Schmidt am liebsten gerüttelt und geschüttelt.

    Bronsky schreibt wunderbar leicht und flüssig und voller Witz über diese tragische Situation im Eheleben. Die anderen Charaktere bleiben dabei eher im Hintergrund, man erfährt nicht viel über sie und kann nur zwischen den Zeilen lesen. Auch Herr Schmidt wird nicht viel beschrieben, man lernt ihn aber in seinem ganzen Handeln sehr gut kennen.

    Ein sehr unterhaltsames kurzes Buch, das aber auch ein wenig zum Nachdenken anregt.

  • Walter Schmidt hat sich in seinem Alltag gemütlich eingerichtet. Der Rentner lebt mit seiner russischstämmigen Frau Barbara ein einfaches, aber komfortables Leben im eigenen Häuschen. Die Ehe hält schon mehr als 50 Jahre, die Kinder sind längst erwachsen. Eines Morgens kippt seine Gattin im Bad um und will nicht mehr das Bett verlassen. Für Herrn Schmidt, der noch nicht einmal selbst eine Tasse Kaffee kochen kann, beginnt plötzlich eine schwierige Zeit…


    „Barbara stirbt nicht“ ist ein Roman von Alina Bronsky.


    Meine Meinung:

    Der Aufbau ist schlicht: Der Roman ist in unzählige Abschnitte unterteilt. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge aus der Perspektive von Walter, allerdings mit mehreren Zeitsprüngen.


    Der Schreibstil ist auf den ersten Blick unspektakulär. Jedoch ist es der Autorin wunderbar gelungen, viel Atmosphäre zu transportieren und zwischen den Zeilen zu erzählen. Der Roman ist gekennzeichnet durch zahlreiche Dialoge.


    Mit Herrn Schmidt steht ein älterer Protagonist im Vordergrund. Seine beleidigende, nörglerische, oft unverschämte Art qualifiziert ihn nicht zum Sympathieträger. Dennoch kommt man ihm recht nahe, sodass ich Mitgefühl mit ihm empfinden konnte. Walter ist extrem alltagsuntauglich, vor allem was den Haushalt angeht. Mit solchem „Frauenkram“ wollte er sich nie auskennen. Auch seine ablehnende Haltung in Bezug auf Andersartigkeit verschafft ihm keine Pluspunkte bei mir. Seine Schwächen werden Stück für Stück entlarvt. Tatsächlich gibt es aber solche Exemplare Mann im wahren Leben, weshalb ich die Charakterzeichnung nicht übertrieben finde. Die übrigen Figuren inklusive Barbara bleiben dagegen eher blass.


    Inhaltlich bringt der Roman ernste Themen wie Krankheit und Tod mit Humor in Verbindung. Nicht nur einmal blieb mir beim Lesen jedoch das Lachen im Hals stecken. Die Geschichte hat es geschafft, auf rund 250 Seiten unterschiedliche Emotionen bei mir zu wecken - obwohl und manchmal auch gerade weil sich der Protagonist seinen Gefühlen nur sehr schwer stellen kann.


    Die Handlung an sich ist im Grunde ziemlich übersichtlich. Dennoch hat mich der Roman keineswegs gelangweilt. Die Frage nach dem Zustand Barbaras baut eine gewisse Spannung auf. Zum Ende hin gibt es zudem eine überraschende Enthüllung. Nur in ein oder zwei Aspekten ist mir die Geschichte zu sehr drüber, was dem positiven Gesamteindruck aber keinen Abbruch tut.


    Das knallige Cover passt zum Inhalt des Romans. Beim Titel bin ich ein wenig zwiegespalten, was ich an dieser Stelle aber lieber nicht ausführen möchte.


    Mein Fazit:

    „Barbara stirbt nicht“ von Alina Bronsky ist ein unterhaltsamer und anrührender Roman, der Tragik und Komik vereint. Eine empfehlenswerte Lektüre mit Charme.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • "Seine nächste Idee war, Karin anzurufen und zu fragen, wie man Kaffee kocht. Als Frau musste sie sowas wissen." (Buchauszug)

    Rentner Walter Schmidt ist ein Mann der Traditionen und alter Schule. Was den Haushalt und die Küche anbelangt, hat er sich noch nie die Hände schmutzig gemacht. Nicht einmal Kaffee kochen kann er, den dies hat bisher alles immer Ehefrau Barbara gemacht. Um so erstaunter ist er, als er eines Morgens nicht mit Kaffeeduft geweckt wird. Barbara findet er stattdessen auf dem Boden des Badezimmers wieder. Leicht verletzt weigert sie sich, vehement zum Arzt zu gehen. Stattdessen liegt sie fast nur noch im Bett und schläft. Zwar ist die Gefriertruhe voll, doch Schmidt weiß nicht mal mit dem, was anzufangen. Erst mithilfe des Fernsehkochs Medinski, dem Internet und Freunden, beginnt in Walter eine Umkehr.


    Meine Meinung:

    Das Lied "Mein Gott Walter" oder das Ekel Alfred aus "Ein Herz und eine Seele" kommt mir bei Schmidts Art sofort in den Sinn. Er ist ein Mann, der wirklich hilflos ist ohne seine Frau. Man merkt sofort, dass Barbara ihren Mann ein Leben lang verwöhnt und bemuttert hat. Kein Wunder also, das er nichts zustande bringt, als Barbara nun krank im Bett liegt. Wie sehr es um Barbara steht, das erfährt man nur so nebenbei, das Hauptaugenmerk gehört hier eigentlich wirklich nur Walter oder Herrn Schmidt, wie er in der Geschichte genannt wird. Der humorvolle, zynische Schreibstil der Autorin bringt einem Walters Charaktere und Eigenart wahrlich zum Schmunzeln. Als ehemaliger Flüchtling ist er mit den Eltern nach Deutschland gekommen und hat dann trotzdem Abraten der Mutter, die Russin Barbara geheiratet. Die jedoch scheint, wie es früher normal war, mit dem Haushalt und den Kindern voll aufzugehen. Kein Wunder also, das Walter nach all den Jahren keine Ahnung hat, wie man einen Kaffee aufbrüht, geschweige eine Maschine bedient. Umso mehr erstaunt es mich, wie Walter sich im Laufe des Buches entwickelt. Den eines muss man ihm lassen, ehrgeizig ist der Mann. Was er möchte, packt er an und schafft es dann irgendwann auch. Allerdings wird alles von ihm akribisch notiert und aufgeschrieben und wehe, er bekommt von seinen Freunden und Helfern keine genauen Angaben. Allerdings hat mich Walters grimmige, boshaft Art seinen Mitmenschen und Kindern gegenüber schon ein wenig verärgert. Da wundert es mich schon, dass die meisten ihm recht freundlich begegnen. Vielleicht liegt es daran, weil viele Barbara kennen und mehr über ihren Zustand wissen? Ich frage mich nur, wie er so in der früheren Berufswelt zurechtkam. Sonderbar finde ich außerdem Barbaras Zustand, in den uns die Autorin eigentlich nie richtig einweiht. Die zusätzliche Überraschung am Schluss hätte ich jetzt nicht gebraucht und das offene Ende hat mich dann doch etwas enttäuscht. Trotzdem bekommt das Buch von mir 4 von 5 Sternen, da es mich gut unterhalten hat. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :thumleft:

  • Es gibt wenige Bücher, wo der Hauptcharakter so unsympathisch ist, mensch sich aber permanent auch das Lachen nicht verkneifen kann wie in diesem Werk von Alina Bronsky. Inhaltlich geht es um den Rentner Herr Schmidt, dessen Leben aus allen Fugen gerät, als seine Frau auf einmal krank wird und sich nicht mehr um den Haushalt kümmern kann. Kochen, Wäsche waschen, Einkaufen etc. All dies hat Herr Schmidt noch nie im Leben getan und nun bleibt es an ihm hängen. Wie wird er diese Situation wohl gut bewältigen können? Die Geschichte wird sehr lebendig und humorig erzählt und greift dabei ein Szenario auf, was für viele Männer immer noch Realität ist. So findet sich hier dann auch die stille Aufforderung, sich auch als Mann um den Haushalt und das Kochen zu kümmern, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Wer Bücher voller Augenzwinkern, Satire und einen reaktionären Hauptcharakter mag, wird sich in diesem Buch bestimmt wiederfinden. Und das Hörbuch hierzu wird dann auch noch interessant besprochen, so dass gute Unterhaltung garantiert ist.

  • Inhalt:

    Walter Schmidt ist ein Mann alter Schule: Er hat die Rente erreicht, ohne zu wissen, wie man sich eine Tütensuppe macht und ohne jemals einen Staubsauger bedient zu haben. Schließlich war da immer seine Ehefrau Barbara. Doch die steht eines Morgens nicht mehr auf. Und von da an wird alles anders.

    Mit bitterbösem Witz und großer Warmherzigkeit zugleich erzählt Alina Bronsky, wie sich der unnahbare Walter Schmidt am Ende seines Lebens plötzlich neu erfinden muss: als Pflegekraft, als Hausmann und fürsorglicher Partner, der er nie gewesen ist in all den gemeinsamen Jahren mit Barbara. Und natürlich geht nicht nur in der Küche alles schief. Doch dann entdeckt Walter den Fernsehkoch Medinski und dessen Facebook-Seite, auf der er schon bald nicht nur Schritt-für-Schritt-Anleitungen findet, sondern auch unverhofften Beistand. Nach und nach beginnt Walters raue Fassade zu bröckeln – und mit ihr die alten Gewissheiten über sein Leben und seine Familie.



    Rezi: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Gefühl, Wärme, etwas Witz, kann zum Nachdenken anregen


    Die Rollen in einer Jahrzehnte dauernden Ehe sind verteilt. Denkt man. Bis dann plötzlich das Schicksal eingreift und man sich von heute auf morgen umstellen muss. Soweit die nüchterne Tatsache.


    Wie Alina Bronsky an diese Situation herangeht, zeigt Wärme und teilweise einen Anflug von Humor. Im Klappentext wird „Barbara stirbt nicht“ mit bitterbösem Witz, warmherzig, berührend und urkomisch tituliert. Ich kann diesen bitterbösen Witz immer wieder erkennen, aber urkomisch ist diese Geschichte in meinen Augen definitiv nicht. Sie mag an die Realität heranreichen. Sie zeigt auf, wie schwer diese Neudefinierung sein kann. Sie zeigt wie Gefühle aufbrechen.


    Herr Schmidt macht eine starke Entwicklung durch. Erkennt seinen Teil in der Vergangenheit an. Er versucht sogar zum Ende hin, das schier Undenkbare wieder gut zu machen. Oder zumindest soll es wohl seine Art sein, Barbara zu zeigen, dass er ihr einen letzten großen Wunsch erfüllen will.


    Der Schreibstil ist locker leicht lesbar, sodass die Seiten nur so dahinfliegen. Umso überraschter war ich über das Ende, das mir persönlich zu abrupt kam. Fast wie ein Magenhieb. Irgendetwas hat mir hier gefehlt. Eine Abrundung. So hatte ich das Gefühl ein loses Ende in der Hand zu halten. Eigentlich mehrere. Einerseits kann sich der Leser so den Ausgang selbst konstruieren, andererseits hängt man – oder zumindest ich – in der Luft.


    Zusammenfassend beurteile ich das Buch mit vier Sternen. Hier fließt auch mit ein, dass dieses Buch den Leser vielleicht dazu anregt, nachzudenken, wie denn eine gravierende Lebensumstellung bei ihm aussehen würde.

    2024 - bis Ende März :study: : 22

    2023 - 100 gelesene Bücher :applause:

    2022 - 84 gelesene Bücher

    2021 - 88 gelesene Bücher

    2020 - 64 gelesene Bücher

    2019 - 65 gelesene Bücher

    2018 - 61 gelesene Bücher


  • Walter Schmidt kennt es nicht anders, als dass seine Frau Barbara ihn umsorgt und ihm den Rücken freihält. Das findet er auch ganz richtig so. Doch dann wird Barbara krank und Walter ist ziemlich überfordert, denn niemals hat er den Herd bedient oder den Staubsauger. Zum Glück gibt es das Internet, das Hilfe in allen möglichen Lebenslagen verspricht. Doch er ist ein bärbeißiger Typ, der nicht gut mit anderen Menschen kann.


    Diese Geschichte lädt dazu ein, oft lauthals zu lachen, doch oft bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Der Schreibstil ist locker und leicht zu lesen.


    Walter Schmidt ist ein Mann, der etwas aus der heutigen Zeit gefallen zu sein scheint. Dass seine Frau sich stets um Haus und Garten gekümmert hat, ist für ihn ganz selbstverständlich. Auch dass sie immer für ihn da war und ihn betüddelt hat, war doch richtig so – oder? Nun muss er sich also selbst ans Werk machen, spürt, dass alles nicht einfach ist, aber ist dennoch der Meinung, dass Barbara manches hätte besser machen können. Der alte Grantler hat aber auch eine Menge Vorurteile und er ist stur. Dass er dann auch noch ein Geheimnis offenbaren will, das komischerweise alle aber schon kennen, macht es nicht leicht für ihn.


    Man muss Walter nicht unbedingt mögen, aber die Situation sorgt dafür, dass er sich weiterentwickelt. Man spürt, wie sehr er seine Frau braucht und dass er sich sorgt. Leider merkt er zu spät, was er an seiner Frau hatte.


    Obwohl die Geschichte humorvoll ist, hat sie doch auch Tiefgang. Mir hat sie gefallen.

  • Ein ungewöhnlicher, jedoch sehr passender Titel für eine spezielle Geschichte, d. h. vielleicht nicht die Geschichte als solche, ganz sicher aber die Art und Weise wie sie erzählt wird.


    Von Anfang bis Ende ist der Leser*in ganz bei „Herrn Schmidt“, wie er auch stets vom Erzähler genannt wird. Auch das passt genau, leicht sperrig, gerade so wie er eben ist. Anfangs entspricht er absolut dem wandelnden Klischee eines kauzigen, im Haushalt komplett unbedarften Rentners, der Zeit seines Lebens von seiner Frau umsorgt wurde – und das mehr oder weniger für selbstverständlich hielt. Nun steht Barbara eines Tages nicht mehr auf…


    Obwohl man recht bald erkennt, dass es ernst sein muss und ihre Krankheit eigentlich Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist, bleibt sie lange irgendwie verschwommen – weil Herr Schmidt sie wohl auch so wahrnehmen will, sich durch Reden und Kümmern mit den Tatsachen auseinander zu setzen ist nicht sein Ding.Wie er sich trotzdem in die neue Situation hineinfindet, „Er musste jetzt Barbara sein, für sich selbst und für Barbara“, erzählt Alina Bronsky auf sehr berührende Weise, heiter und ernst zugleich. Sie macht nicht viele Worte, gerade wie ihre Hauptfigur und manchmal hatte ich das Gefühlt, es steht nahezu doppelt so viel zwischen den Zeilen wie im tatsächlichen Text.


    Mir hat dieser Roman sehr gefallen. Herrn Schmidt durch diese Monate seines Lebens zu begleiten, seine neuen Erfahrungen, Erfolge und Misserfolge zu teilen, ihn, und auch Barbara immer besser kennenzulernen war mir ein wirkliches Vergnügen, trotz des eher traurigen Hintergrundes.