Stefanie vor Schulte - Junge mit schwarzem Hahn

  • Kurzmeinung

    Emili
    Ich bin keine Märchenleserin. Eine skurrile Geschichte um Gut und Böse.
  • Kurzmeinung

    Maesli
    Das Buch hat mir nicht gefallen
  • Titel: Junge mit schwarzem Hahn
    Autorin: Stefanie vor Schulte
    Diogenes
    Seiten: 224

    ISBN: 978-3-257-07166-5


    Autorin:

    Stefanie vor Schulte, 1974 in Hannover geboren, ist studierte Bühnen- und Kostümbildnerin. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in Marburg. „Junge mit schwarzem Hahn“, ist ihr erster Roman.


    Inhalt:

    Der elfjährige Martin besitzt nichts bis auf das Hemd auf dem Leib und seinen schwarzen Hahn, Behüter und Freund zugleich. Die Dorfbewohner meiden den Jungen, der zu ungewöhnlich ist. Viel zu klug und liebenswürdig. Sie behandeln ihn lieber schlecht, als seine Begabungen anzuerkennen.


    Als Martin die Chance ergreift und mit dem Maler zieht, führt dieser ihn in eine schauerliche Welt, in der er dank seines Mitgefühls und Verstandes widerstehen kann und zum Retter wird für jene, die noch unschuldiger sind als er. (Klappentext)


    Rezension:

    Eine Erzählung gleicht im besten Falle einem Gemälde, bei dessen Betrachtung man sich verlieren kann, immer wieder neue Details entdecken wird und daraus etwas für sich mitnimmt. Das kann Literatur schaffen. Besonders beeindruckend ist es, wenn dies gleich einem Debüt gelingt.


    Zitat

    „Mühsam ist das, immer wieder den gleichen Idioten zu begegnen. Als ob die ganze Welt voll davon wäre, ganz gleich, wohin sich Martin auch wendet.“


    Stefanie vor Schulte entführt uns in eine düstere Welt des Mittelalters, in ein Bild, welches eine Art Zwischenwelt darstellt und dabei stark an eine Mischung aus dem Bild der Apokalyptischen Reiter des Malers Albrecht Dürer erinnert, diverser Pest-Geschichten und nicht zuletzt dem kleinen Prinzen.

    Zitat

    „Alles, denkt Martin, ist älter als ich und schon seit jeher da. Er fragt sich, ob es wohl einmal umgekehrt sein wird.“


    Letzterer ist hier in Gestalt eines kleinen Jungen zu finden, der als Hauptprotagonist, Seele und Charakter in der reinsten Form besitzt, die es gibt und dabei schon mit seiner bloßen Anwesenheit in seiner Umgebung auf Ablehnung stößt. Dieser Figur schaut man fasziniert zu, kann sich ihr nicht entziehen und begleitet sie durch die Geschichte, ahnt das Unheil, vor dass man sie nicht beschützen wird können.


    Zitat

    „Es hat etwas ganz und gar Verschobenes, dass der Junge, der nichts hat, aber auch nichts müsste, den größten Anstand besitzt, während die Dörfler sich Regeln und Gebote je nach Gemütslage erstellen und so zufrieden mit sich und ihrem falschen Leben sind, dass es obszön ist.“

    Alles andere wird zur Nebensächlichkeit. Beim Lesen schleicht sich das Gefühl der Beobachtung von etwas Intimen ein, dem man eigentlich nicht beiwohnen dürfte und trotzdem dem Kind all zu viel Schlechtes passiert, die positiven Erfahrungen nur Brotkrumen gleichen, hofft man für Martin bis zum Ende. Eingebettet ist die Erzählung in wunderbarer Schreibkunst, die für sich stehen kann, die Deutung mehrerer Ebenen zulässt und auf die Lesenden einwirkt. Mit einzelnen Sätzen könnte man Postkarten kunstvoll bedrucken, aber auch so in sie versinken.


    Zitat

    „In mir ist alles alt und schon gelebt, vergangen längst und ausgeschöpft.“


    Die Hauptfigur ist das Ideal in seiner reinsten Form, welche durch ihr Alter geschützt ist und doch so zerbrechlich wie eine Glashauspflanze wirkt. Alle anderen Protagonisten stellen das Verkommene, das Verlogene der Welt dar und bilden einen klaren Gegenpol. Von Beginn an ist klar, wo hier die Sympathien liegen sollen und das ändert sich auch im Laufe der Handlung nicht.


    Wohlfühl-Literatur ist etwas anderes, doch wer Spaß am Spiel mit unserer Sprache hat, an der Interpretation von Gleichnissen und literarische Vorbilder einmal neu gedeutet sehen möchte, der wird mit diesem Werk etwas anfangen können. Alle anderen finden einen düsteren im Mittelalter spielenden Roman vor, mit Horrorelementen. Vielleicht ist das die Kunst? Auch ohne das Wissen um die zahlreichen Ebenen hat man eine Geschichte vorliegen, die im Gedächtnis bleiben wird.

  • Seit der Vater die gesamte Familie und dann sich selbst getötet hat, ist der elfjährige Martin vollkommen allein auf der Welt. Geblieben sind ihm nur die Kleider am Leib und der schwarze Hahn auf seiner Schulter. Den Dorfbewohnern ist der Junge unheimlich, weil er trotz des schrecklichen Erlebnisses immer noch gütig und freundlich ist. Doch anstatt sich um ihn zu kümmern, verspotten und quälen sie Martin. Als ein reisender Maler das Dorf besucht, beschließt der Junge, mit ihm in ein neues Leben zu ziehen. Aber die Welt da draußen wartet ebenfalls nicht mit Freundlichkeit auf ihn…

    „Junge mit schwarzem Hahn“ ist das Debüt der Schriftstellerin Stefanie vor Schulte. Die Handlung wird von einem auktorialen Erzähler in der Er-Form geschildert und weist viele Elemente eines klassischen Märchens auf. Martin ist ein Waisenkind und besitzt einen herausragenden loyalen und klugen Charakter. Aus seinem alten Leben macht er sich in ein neues auf und am Ende der Reise wartet eine große Aufgabe auf ihn. Immer an seiner Seite ist der schwarze Hahn, der ab einem bestimmten Punkt im Roman auch zu sprechen beginnt und das Märchenhafte noch unterstreicht.

    Die Sprache des Romans ist kunstvoll und poetisch, das Geschehen selbst jedoch nur schwer in einer bestimmten Zeit zu verorten – vielleicht, weil es sich um eine universelle Geschichte handeln soll, über Unschuld und darüber, über sich hinaus zu wachsen, wenn das Leben anderer auf dem Spiel steht. Die Autorin schickt ihren Protagonisten dabei durch so manches düstere Tal, stellenweise sind die Ereignisse wirklich tragisch und dunkel. Dabei hat mir gut gefallen, dass Martin als Kind nichts Übermenschliches leistet und nicht auf einmal zum Erwachsenen wird. An sein Ziel gelangt er durch List und seinen scharfen Verstand – und manchmal möchte er auch einfach nur weinen und umkehren.

    „Junge mit schwarzem Hahn“ ist ein faszinierender Roman wie ein großartiges, märchenhaftes Gemälde. An diese Thematik knüpft der Titel bewusst an und auch in der Handlung selbst spielt Kunst in Schlüsselszenen immer wieder eine Rolle. Ein besonderes Buch, das sicherlich zu meinen Jahreshighlights gehören wird. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Martin ist ein besonderer Junge, Waise und von den Dorfbewohnern gemieden. Nur wenn sie Hilfe bei anstrengenden oder schwierigen Arbeiten wollen, erinnern sie sich an ihn. Er ist trotzdem immer hilfsbereit und freundlich. Eines Tages taucht ein Maler in dem Ort auf und die Welt ändert sich für Martin, er begleitet den Maler auf seinen weiteren Weg. Die Welt ist zwar nicht besser aber er bringt mit seinen besonderen Gaben Licht darin.

    Ist die Erzählung ein Märchen, eine Fabel oder eine Horrorgeschichte? Spielt die Geschichte im Mittelalter, während des dreißig jährigen Krieges oder ist es vielleicht eine Dystopie? Wie kann ein so intelligentes Kind zwischen all diesen Dummköpfen überleben ohne wahnsinnig zu werden? Warum fühlt sich niemand in irgendeiner Form für diese Waise verantwortlich denn ihr Schicksal hat viel mit dem Dorf zu tun.

    Alle diese Fragen sind mir beim Lesen durch den Kopf geschossen und habe sie dann für mich selbst beantwortet, andere Leser finden vielleicht andere Fragen und dann auch andere Antworten. Spannend und ungewöhnlich ist das Buch. Einerseits hatte ich Mitleid mit dem Jungen und dann wieder mit seiner Umwelt. Auf subtile Art und Weise führt Martin seine Umwelt vor, wer möchte sich gern als so dumm oder gar dämlich bloßstellen lassen. Okay die Dorfbewohner und andere Figuren wissen nicht wie sie wirken aber mein Mitleid für Martin war verschwendet, er hat Bewunderung verdient.

    Genau wie die Autorin, sie hat ein wunderbares, anderes Buch geschrieben.

  • Ein Licht in der Dunkelheit


    Inhalt:

    In einer dunklen, unbestimmten Vergangenheit wächst der kleine Martin in einem Dorf auf, von dessen Bewohnern er verachtet und gemieden wird. Sein bester und treuester Freund ist ein schwarzer Hahn, den er stets mit sich herumträgt. Trotz der großen Last, die auf Martins Schultern liegt, ist er zu jeder Zeit klug, einfühlsam und liebenswürdig. Er behandelt die Menschen besser als sie es verdienen.

    Eines Tages wird Martin Zeuge, als ein dunkler Reiter ein Mädchen aus seiner Mutter entreißt und mit ihm verschwindet. Solche Vorfälle gibt es immer wieder. Die Geschichte vom Reiter ist eine Legende, ein Rätsel, zu dem niemand die Antwort kennt.

    Als ein freundlicher Maler auftaucht, ergreift Martin die Gelegenheit und verlässt seine engstirnige Heimat, um in die Welt hinauszuziehen und vielleicht das Geheimnis des Reiters lüften zu können.


    Inhalt:

    Auf „Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte bin ich in erster Linie aufmerksam geworden, weil ich quasi jede Diogenes Neuerscheinung unter die Lupe nehme, und zweitens weil die ersten Rezensionen so unglaublich gut klangen. Und nachdem ich die Geschichte nun selbst gelesen habe, kann ich sagen: Absolut zurecht!

    Es ist ein Buch, wie ich es zuvor in dieser Form noch nie gelesen habe. Vielleicht könnte auf den ersten Blick der Eindruck entstehen, dass man es hier mit einem historischen Roman zu tun hat. Das ist dieses Buch meiner Meinung nach auf gar keinen Fall. Die Zeit und Gesellschaft, in der es spielt wirkt mittelalterlich, bleibt aber wage. Geschichtliche Eckpunkte sind für den Inhalt auch nicht relevant.

    An anderer Stelle habe ich gelesen, bei „Junge mit schwarzem Hahn“ handele es sich um ein dunkles Märchen und ich finde, das trifft es ziemlich gut. Die Sprache ist einfach und doch poetisch. Der Text hat etwas Erzählerisches an sich, als könnte jemand die Geschichte an einem dunklen Herbstabend in einer Lagerfeuerrunde zum Besten gegeben haben.

    Die Welt, die Stefanie vor Schulte beschreibt, ist grau und teilweise schonungslos brutal. Martins Freundlichkeit ist ein Lichtkegel in Mitten all dieser Dunkelheit. Die Art und Weise, wie er mit Verstand und einem guten Herzen die größten Widrigkeiten überwindet, macht ihn zu einem wahren Helden. „Junge mit schwarzem Hahn“ ist also nicht nur ein Märchen, sondern auch eine Heldengeschichte. Noch viel mehr halte ich das Buch allerdings für eine Erzählung, die durch Metaphern und Sprachbilder, eine zeitlose Form der Kritik an der menschlichen Gesellschaft zum Ausdruck bringt. Der Text hat einen doppelten und dreifachen Boden. Man kann ihn unglaublich gut diskutieren. Beim Lesen hatte ich immer wieder das Bedürfnis ein paar Seiten zurückzublättern und nochmal zu evaluieren, was ich da jetzt eigentlich gelesen habe und was in letzter Konsequenz damit gemeint gewesen sein könnte. Diese Tatsache macht „Junge mit schwarzem Hahn“ auch zu einem Buch, das man nochmal und nochmal lesen kann. Am liebsten hätte ich immer wieder von vorne angefangen, weil ich den Eindruck hatte, dass ich noch nicht alles vollständig erfasst habe. Obwohl das Buch so dünn ist, steckt also wahnsinnig viel Inhalt im Text das. Das fand ich in dieser Form absolut faszinierend. Man kann die Geschichte schnell verschlingen, man kann sie aber auch langsam und mit Bedacht lesen, weil sie genug Stoff zum Nachdenken bietet. Unabhängig von aller Interpretation, ist Martin außerdem einfach ein anrührender Protagonist, den man nur in sein Herz schließen kann.


    Fazit:

    „Junge mit schwarzem Hahn“ hat mich fasziniert und begeistert. Ich finde die Geschichte absolut außergewöhnlich, etwas Vergleichbares habe ich so noch nicht gelesen. Besonders empfehlenswert ist das Buch auch für Leserunden und Buchclubs, denn man kann es wunderbar diskutieren, wie ich finde.

  • :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Ungewöhnlich fabelhaft


    Der junge Martin wächst unter schwierigen Bedingungen in einem Dorf lange vor unserer Zeit auf, wird ständig begleitet von einem schwarzen Hahn. Hahn und Junge werden von den Dorfbewohnern argwöhnisch beobachtet. Martin ist ruhig, im Vergleich zu den übrigen Menschen im Ort deutlich klüger und immer hilfsbereit. Er weiß instinktiv, dass er für eine besondere Aufgabe vorgesehen ist. Zusammen mit einem Maler, der sein Dorf besucht, verlässt er die vertraute Umgebung und macht sich auf seinen Weg. Mit Mut, Zuversicht und Zuspruch wird er letztendlich zum Retter und findet seinen Platz in der Welt.


    Man könnte den Roman auch beginnen mit „es war einmal“. So fabel- oder märchenhaft mutet die Erzählung an. Eine Rezension zu schreiben fällt mir schwer, denn nach dem Lesen bin ich hin- und hergerissen. Ich empfinde die Geschichte einerseits als literarisch anspruchsvoll, in Gedanken wirkt sie nach. Anderseits bin ich der Meinung, dass der Leser auch zu viel hineininterpretieren könnte. Handelt es sich um eine Parabel, deren Sinn in eine erzählte Geschichte gekleidet wurde oder eher um eine Allegorie, die eine bildliche Vorstellung gestattet und gestaltet?


    Auf jeden Fall hebt sich der Roman von anderen deutlich ab und ist lesenswert. Auch Noch-Skeptiker sollten sich ruhig daran versuchen, mit gut 220 Seiten und einem flüssigen Schreibstil ist das Buch schnell gelesen.

  • Mit innerer Stärke souverän das Böse überwinden


    Zu Beginn dieses wunderbaren Märchens ist Martin elf Jahre alt. Er ist der einzige Überlebende in seiner Familie, denn sein Vater brachte die Mutter und die Geschwister um. Und sich im Anschluss.


    Aber Martin ist nicht allein, er hat einen einzigartigen Freund: den schwarzen Hahn. Der Hahn fand ihn schon als Baby, zwischen all den Körnern im Hühnerstall und ab da waren sie unzertrennlich. Und Martins Eltern ließen sie, zu dem Zeitpunkt lebten sie ja noch.


    Nach dem Attentat lebt Martin mehr schlecht als recht in der Hütte. Die meisten Leute im Dorf sind misstrauisch, sie sind böse und dumm, wollen mit ihren Fehlern in Frieden leben. (S. 53) Und Martin ist klug und gut und das passt nun mal nicht zusammen. Und das nervt sie gewaltig.


    Als ein Maler ins Dorf kommt, um ein großes Altarbild zu malen, gehen Martin und der Hahn mit ihm fort, als dieses Werk vollendet ist.


    Im Land herrscht Krieg, Elend und Hunger. S. 168: „Weil nur die niedrigste Gesinnung in solchen Zeiten überlebt, denn Güte und Ehre brauchen genug zu fressen.“ Dazu werden in jedem Jahr zwei Kinder geraubt. Ein Junge und ein Mädchen. Die werden später dauer-betäubt und leiden. Und tauchen in der Regel danach nicht wieder auf.


    Das Büchlein hat nur 223 Seiten, aber wir alle können viel daraus lernen. Denn Martin meistert seine Lebensaufgabe mit Bravour, Feingefühl und gewaltiger innerer Stärke. Er kann sogar Leben einhauchen. Gottgleich? Er hilft bei einer Geburt, als die Dorfhebamme sich weigert, zu erscheinen. Seite 172: „Sie [gemeint ist hier die Hebamme] kommt nicht, sagt Martin, als er wieder bei Frau und Reiter ist. Und so müssen sie es allein schaffen. Martin voller Mut. Mit diesem Vertrauen in eine Welt, die es nur in ihm gibt. Die er dem Kind einhaucht, das sich mit dem ersten Atemzug schwertut.“


    Ich möchte noch den Beginn des Kapitels 22 auf Seite 144 erwähnen: "Nach und nach offenbaren sich die Regeln für das Leben auf der Burg. Wobei beliebig Regeln hinzuwachsen oder verschärft werden, aber nie aufgekündigt. Es gibt ein schwammiges Grundsätzliches, der Rest ist Glück oder Pech, man fährt wohl am besten mit Angst und Misstrauen ..." Hier mag jeder selbst überlegen, ob ihm das irgendwie bekannt vorkommt?


    Fazit: Dieses feine Büchlein möchte ich jedem ans Herz legen, denn es macht Mut – gerade in dieser schwierigen Zeit. Es ist wirklich ein außergewöhnlicher Debütroman, eine literarische Entdeckung, wie schon im Klappentext vermerkt und verdient unsere höchste Anerkennung. Glanzvoll verdiente 5 Sterne dafür.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • MARTINS BESTIMMUNG


    Martin, der 11jährige Junge, erlitt in seiner frühen Kindheit ein furchtbares Schicksal. Nur er blieb von der Familie übrig, nach dem der Vater sie alle umbrachte. Obwohl allein, meiden ihn die Dorfbewohner. Sie halten seinen treuen Gefährten, den schwarzen Hahn, für den Teufel. Das hält sie jedoch nicht davon ab, sein reines Herz und seinen wachen Verstand für ihre Zwecke auszunutzen. Schließlich verläßt Martin mit dem Maler den Ort, um seiner Bestimmung zu folgen.Er will einem immer wiederkehrenden, schrecklichen Geschehen ein Ende setzen. Er zieht aus, um gegen Unrecht und Bosheit zu kämpfen!


    Wie durch ein Wunder bewahrte der Junge sein sonniges Gemüt. Er ist eine wahre Lichtgestalt in all dem Dreck, Gestank, in dem allgegenwärtigen Aberglauben vor Dämonen und Geistern, in der Unwissenheit bis zu der unvorstellbaren Dummheit. Auf seinem Weg lernt er die Folgen des Krieges, das Verderben, die Verrohung, die abgrundtiefe Gemeinheit der Menschen kennen. Sein verläßlichster Vertrauter, seine Zuflucht, sein ein und alles auf all seinen Wegen ist für ihn der schwarze Hahn, der auch sprechen kann. Durch seine natürliche Intelligenz und Gewitztheit kämpft sich das Kind durch all das Elend. Er beobachtet, analysiert und ordnet ein! Martin ist genial.


    Der Debütroman von Stefanie vor Schulte begeistert mich. Die Erzählweise gefällt mir. Sie kommt daher wie im Stil der alten Märchen. Die Geschichte hat etwas Besonderes, verbindet das Alte mit dem Neuem, irgendwie zeitlos, obwohl scheinbar im Mittelalter verortet, anwendbar auch im Hier und Heute. Sie ist sehr metaphorisch, sinnbildlich.

    Die Gegensätze zwischen gut und böse, schön und häßlich u.s.w. sind hier sehr deutlich herausgearbeitet.

    Die Autorin erzählt Martins Geschichte ausdrucksstark in kurzen, prägnanten Sätzen. Die Charaktere sind zum großen Teil skurril (besonders die Fürstin, der Thomanns). Der Roman hat nicht viele Seiten, aber wurde sehr kreativ geschrieben und läßt vielfältige Interpretationen zu. Immer wieder sind mir Bezüge u. a. zu bekannten Märchen aufgefallen.


    Fazit:

    Das ist eine Erzählung, die ich in erster Linie als Märchen verstanden habe, mit Elementen aus Fabel, Legende, Parabel und in enger Symbiose mit diesen.

    „Junge mit schwarzem Hahn“ beinhaltet eine Menge an Symbolik und Metaphern, dass es sich meiner Meinung nach lohnt, das Büchlein immer mal wieder zu lesen. Ich habe die Geschichte zwar aufmerksam verfolgt, aber ich bin mir sicher, dass ich nicht alles an Feinheiten erfaßt habe.


    Für mich ist dieses Debüt bemerkenswert und verdient die hochgradigste Beachtung mit voller Sternenanzahl. Von mir gibt es die unbedingte Lese- und Kaufempfehlung!

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Meine Meinung: Eins kann ich direkt vorweg nehmen, dass dieses Buch gut geschrieben ist, aber ich bin auch irgendwie nicht ganz konform mit dem Diogenes Verlag. Ich will zwar nicht behaupten, dass ich zu doof als Leser bin, aber irgendwie ist es oft kompliziert und dramatisch und verschnörkelt, aber in diesem Fall muss man sagen, dass die sprachliche Ausdrucksart und Ausdrucksweise schon faszinierend und perfekt auf dieses Märchen, auf diese Parabel, auf diese Fabel oder auf diese Allegorie passt. Dieses bezaubernd schöne und zugleich schreckliche Märchen ist vieles und spielt in der Vergangenheit an irgendeinem Ort, welche nicht näher beschrieben werden. Definitiv kann ich aber noch erwähnen, dass dieses Buch sich wunderbar in einer Leserunde lesen lässt und ich sehr viele Gespräche darüber hatte, die sehr aufschlussreich waren und auch mir neue Wege in die Märchenwelt eröffnet haben. Sprachlich ist es auf einem höherem Niveau als viele andere Bücher und man kann das Buch auch auf mehreren Ebenen lesen gerade auch viel zwischen den Zeilen, aber ich vergebe dennoch nicht volle Sternenzahl, einfach weil das Buch auf weite Strecken völlig deprimiert und traurig macht und wenig Humor und Unterhaltung besitzt. Vielleicht ist das nicht ganz fair gegenüber dem Buch, aber ich bin auch nur ein lesender Mensch mit Schwächen hier und da. Mein Fazit ist eine klare Leseempfehlung, aber man soll nicht sagen können ich hätte nicht gewarnt vor dem Inhalt des düsterem Buches.


    Fazit: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: 111 Pflanzen die man kennen muss (Klaudia Blasl) 240 / 240 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 0 / 268 Seiten



    SUB: 857

  • Was für ein trauriges Buch - und so voller Hoffnung <3


    Martin ist 11 Jahre alt. Er lebt allein, von der Hand in den Mund, seit sein Vater seine ganze Familie abgeschlachtet hat. Von der Dorfgemeinschaft darf er nichts erwarten, denn sie misstrauen ihm, der als einziger überlebt hat - und trotzdem bei Verstand geblieben zu sein scheint.

    Sein einziger Freund ist ein schwarzer Hahn, der ihm auf Schritt und Tritt folgt und den er hütet, sein wertvollster Schatz.


    Er trinkt ein bisschen und klaubt den Apfel hervor, den er neulich gefunden und als eiserne Ration aufbewahrt hat. Er teilt mit dem Hahn. Der kriegt die Würmer.

    Zitat Seite 30


    Martin ist wissbegierig, neugierig, er hinterfragt und zieht seine Schlüsse. Das alles ist den anderen suspekt. Sie wollen nicht so genau hinsehen und verschanzen sich hinter ihrer rauen Art und regeln alles auf die Weise, wie es schon immer im Dorf gang und gäbe ist: mit Ignoranz, Egoismus und dem Recht des Stärkeren.

    Schließlich ein Abschied, eine Heldenreise, doch keine strahlende, sondern mürbe machend ... vor Hunger, auf der Flucht vor dem Krieg und doch eine Mission im Herzen, die er nicht vergisst.

    Und dabei muss er soviel Grausamkeit erleben - nicht körperlich, obwohl er das auch zur Genüge kennt - aber grade deshalb umso tiefgehender. Das hinterhältige, böswillige; aber auch das getriebene ausweglose, das die Menschen zu Handlungen verleitet, die die Grenzen brechen.


    Warum muss er finden, was niemand finden will. Warum muss er wissen, dass die Menschen selbst schlimmer sind als alle Dämonen, vor denen sie sich grausen.

    Zitat Seite 114


    Die Autorin hat hier einen ganz besonderen Stil, den ich kaum zu beschreiben weiß. Oftmals springt sie in den Szenen und den Gedanken, aber nicht so, dass es unterbricht, sondern dass es den Radius vergrößert, man mehrere Blickwinkel erhascht und damit ein besseres Gesamtbild bekommt.

    Dabei schreibt sie sehr prägnant und auf den Punkt, anschaulich in ganz außergewöhnlicher Art.

    Die Atmosphäre wirkt manchmal dadurch etwas bizarr, ja surreal, gerade weil sie so treffend genau die Realität beschreibt. Die Menschen, wie sie sind, ihre Abgründe, aus denen kein Weg hinaus zu führen scheint - und mittendrin Martin, mit den dunklen, ruhigen Augen. Der geduldig ist und feinfühlig, hilfsbereit und liebenswert, der gar nicht in diese Welt zu passen scheint, in der nur der Neid zählt und die Selbtsucht.


    Auch sehr schön getroffen auf dem Cover mit dem Bild von Picasso. Davon bin ich jetzt kein Fan, aber die Aussage trifft es schon sehr genau, denn Martin scheint tatsächlich ein Engel, der zielstrebig auf seinem Weg bleibt und in jedem Dunkel ein Licht zu zünden weiß.


    »In deinem Leben gibt es Unerklärliches, damit du zum Erklärlichen gelangst«, sagt der Hahn.

    Zitat Seite 52


    Es gibt aber auch gute Menschen, die Martin trifft. Nur eine Handvoll, aber gerade die sind es, die sein Licht weitertragen.

    Schlau und gewitzt beißt Martin sich durch, muss Entscheidungen treffen, die weh tun, aber sein Überleben sichern. Das setzt er nicht leichtsinnig aufs Spiel; steht trotzdem zu seinem Versprechen, das er sich selbst gegeben hat, um ein Unrecht zu sühnen, das ihn schließlich auch sein eigenes Schicksal erkennen lässt.


    Damit schließt sich der Kreis und die Autorin hat einen perfekten Bogen gesponnen, der am Ende wieder zurückführt an einen neuen Anfang. Ein wirklich beeindruckendes, berührendes und zu Herzen gehendes Debüt!


    Mein Fazit 5 Sterne



    Weltenwanderer

  • Bei "Junge mit schwarzem Hahn" von Stefanie vor Schulte muss man sich auf eine Geschichte der besonderen Art einlassen. Dieser Roman, der schon eher in die Richtung Märchen/Fabeln passt, nimmt einen mit in dunkle Abgründe. Die Stimmung ist durchweg sehr grausam, bedrückend und voller Traurigkeit. Aber die Geschichte hat mit Martin einen Protagonisten, der mich definitiv nicht kalt gelassen hat und ein wenig Helligkeit in diese düstere Geschichte bringt. Er ist jung, clever, mutig und gleichzeitig so liebenswert, dass man gar nicht anders kann, als ihn in sein Herz zu schließen.
    Die Zeit und der Ort, in dem sich der kleine Martin auf seine abenteuerliche Reise begibt, ist nicht klar definiert. Aber von der Atmosphäre und den Charakteren finde ich, dass es gut in das Mittelalter hineinpassen könnte.
    Das Besondere in diesem Roman ist natürlich der schwarze Hahn, der hier wie ein Fabelwesen erscheint. Er und Martin sind ein unzertrennliches Paar. Auch mich hat der Hahn sehr fasziniert, allerdings habe ich nicht ganz seine Bedeutung verstanden. Für die Dorfbewohner ist er der schwarze Teufel, für Martin der treue Gefährt und für mich war er einfach nur skurril.
    Und so gern wie ich Martin mochte, konnte mich die Geschichte trotzdem nicht gänzlich für sich einnehmen. Vielleicht fehlt mir hier das Feingefühl, um auch das zu verstehen, was zwischen den Zeilen steht.
    Öfters habe ich den roten Faden verloren und konnte dem Verlauf der Geschichte nicht so ganz folgen, da einige Handlungen und Ereignisse aneinandergereiht wurden, ohne das ich eine Verbindung nachvollziehen konnte.


    Und so hinterlässt die Geschichte auch zum Ende hin bei mir gemischte Gefühle.
    Ich kann sie aber trotzdem absolut empfehlen, wenn ihr eine außergewöhnliche Geschichte lesen wollt. Die euch allerdings definitiv keine Wohlfühlatmosphäre verschaffen wird, aber über die ihr vielleicht auch wie ich noch länger nachdenken werdet.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    SuB Anfang 2024/aktuell: 742/751
    gelesene Bücher/Seiten 2024: 15 / 4 882 S.

    :study:


    Hier kommt ihr zu meinem Bookstagram Account . :D Schaut gerne vorbei. :love:

  • Martin, der 11-jährige Junge, erlitt in seiner frühen Kindheit ein furchtbares Schicksal. Nur er blieb von der Familie übrig, nach dem der Vater seine Mutter und die Geschwister umbrachte. Obwohl allein, meiden ihn die Dorfbewohner. Sie halten seinen treuen Gefährten, den schwarzen Hahn, für den Teufel. Martin gilt als Verflucht. Das hält sie jedoch nicht davon ab, sein reines Herz und seinen wachen Verstand für ihre Zwecke auszunutzen. Schließlich verlässt Martin mit dem Maler den Ort, um seiner Bestimmung zu folgen.

    Wie durch ein Wunder bewahrte der Junge sein sonniges Gemüt. Er ist eine wahre Lichtgestalt in all dem Dreck, Gestank, in dem allgegenwärtigen Aberglauben vor Dämonen und Geistern, in der Unwissenheit bis zu der unvorstellbaren Dummheit. Auf seinem Weg lernt er die Folgen des Krieges, das Verderben, die Verrohung, die abgrundtiefe Gemeinheit der Menschen kennen. Sein verlässlichster Vertrauter, seine Zuflucht, sein ein und alles auf all seinen Wegen ist für ihn der schwarze Hahn, der auch sprechen kann. Durch seine natürliche Intelligenz und Gewitztheit kämpft sich das Kind durch all das Elend. Er beobachtet, analysiert und ordnet ein! Martin ist genial.

    Der Debütroman von Stefanie vor Schulte begeistert mich. Die Erzählweise gefällt mir. Die Geschichte hat etwas Besonderes, verbindet das Alte mit dem Neuem. Sie ist sehr metaphorisch, sinnbildlich, weswegen ich das Buch als modernes Märchen ansehen würde.
    Die Autorin erzählt Martins Geschichte ausdrucksstark in kurzen, prägnanten Sätzen. Die Charaktere sind zum großen Teil skurril (besonders die Fürstin, der Thomanns).
    „Junge mit schwarzem Hahn“ beinhaltet eine Menge an Symbolik und Metaphern, dass es sich meiner Meinung nach lohnt, das Büchlein immer mal wieder zu lesen. Ich gebe hier gerne vier Sterne und hoffe, wir lesen noch viel mehr von der Autorin!

  • Der 11jährige Martin hat als einziger das Massaker an seiner Familie überlebt. Er driftet ein trauriges Dasein, mit einem schwarzen Hahn als treuen Begleiter. Als wieder ein Kind vom schwarzen Reiter entführt wird, verlässt Martin sein Dorf und macht sich auf die Suche nach den verschwundenen Kindern und dem schwarzen Reiter.


    Das Buch hat mir nicht gefallen und daran ist vor allem der Schreibstil der Autorin Schuld. Ich möchte als Leserin vollständige Sätze sehe und nicht Wörteraneinanderreihungen. Dieses Phänomen, dass man Sätze nicht mehr korrekt bildet, habe ich dieses Jahr schon öfters gehabt, und in diesem Buch stören sie mich sehr. Da kommt natürlich auch zum Tragen, dass ich ausgerecht letzte Woche Norbert Gstreins Roman „Der zweite Jakob“ gelesen habe, mit seiner eleganten Sprache und den langen melodiösen Satzbögen.


    Auch mit der Handlung komme ich kaum zurecht. Ich weiß weder Zeit noch Gegend, in der die Geschichte spielt, einzugrenzen. Wenig ist definiert. Es herrscht nichts anderes als blanke Not und der Mensch lebt im Dreck. Der sprechende Hahn, die Begabung des Jungen, die unterschiedlichen Begegnungen, das alles wirkt auf mich gekittet, gebrochen, unwahrscheinlich, zum Teil wirklichkeitsfremd. Nichts kann mich innerlich rühren als der Ekel über die beschriebenen Szenen.