Sarah Kuratle - Greta und Jannis. Vor acht oder in einhundert Jahren

  • Kurzmeinung

    kleine_hexe
    wunderschöne Liebes- und Familiengeschichte
  • „Das Leben ist halt einmal so und viel öfter anders“ (S. 107)


    Das Romandebüt einer Wort- und Stilsicheren Autorin, Sarah Kuratle, hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Die Handlung ist spannend, mit vielen Wendungen, nichts ist so wie es zuerst dargestellt wird, die Personen scheinen jede verloren in ihrer eigenen Welt zu sein und doch ergeben sie alle zusammen ein buntes wunderschönes Bild und ein gemeinsames Universum.


    Am meisten hat mich aber der Stil des Buches eingefangen. Die Sicherheit mit der Kuratle im gleichen Satz von indirekter zu direkter Rede wechselt, Dialoge in den Erzähltext einbaut, von dritter Person zur ersten wechselt, sich dadurch als Autorin zurücknimmt und die Gestalten reden und agieren lässt, ist einmalig. Dadurch schafft sie einen Perspektivwechsel der verwirrend schön ist, die Lektüre aber nicht einfach macht. Ohne tief auf das Buch konzentriert zu sein, lässt sich der Roman nicht lesen. Ist dies wirklich ein Romandebüt? Jedes Wort, jeder Satz ist ausgereift, steht an seinem Platz, kann durch kein anderes Wort, keinen anderen Satz ersetzt werden.


    Greta und Jannis leben im „letzten Dorf“ im Gebirge, hier kennt jeder jeden, es herrschen strenge, eherne Gesetze im Dorf: nur die Erstgeborenen haben das Recht zu heiraten, Kinder zu bekommen. Nur die erstgeborenen Männer dürfen die geschmückten Hüte tragen, nur den erstgeborenen Frauen steht Schmuck zu. Die jüngeren Geschwister werden Busfahrer oder wandern aus oder werden heimlich als Säugling vor Tante Severines Tür ausgesetzt. Im Laufe der Zeit wird Tante Severine mit Gretas Hilfe drei Kinder aufnehmen, Melina, Flora und Chaspar.


    Greta und Jannis kennen sich von Kindesbeinen an, später werden sie ein heimlich-offenes Liebespaar. So groß und unaufhaltbar diese Liebe auch ist, eigentlich dürfte sie nicht sein. Aber sie ist da und lässt sich nicht unterdrücken, mit all ihren Folgen und Konsequenzen. Ihre Liebe ist: „Eine Ruhe, klingend, eine Stille, knisternd, ein Friede und Zauber ist um dieses Liebespaar, das sie waren oder sein werden, ob vor acht oder in einhundert Jahren“ (S. 228)


    In der Nähe des Gehöftes von Tante Severine ist ein altes, verlassenes Schloss. Cornelio, der Sohn des verstorbenen Schlossherrn taucht auf, nähert sich langsam Tante Severine und ihren Schützlingen, nimmt das Schloss langsam, Raum für Raum in Besitz. Irgendwann ist er aus dem Leben dieser „Familie“ nicht mehr wegzudenken und er wird fester Teil dieser Gruppe.


    Magische Elemente, durchziehen den Roman, wie der Apfelbaum der nur alle 8 Jahre blüht um dann im Winter goldene Früchte zu tragen, die Steinböcke die verschwinden um dann in Feuervögel, Schnecken, Windbienen und Luchse, alle mit Hörnern weiter zu leben. Erst als Steinböcke wieder im Gebirge angesiedelt werden, verlieren diese Tiere ihre Hörner.


    Der Untertitel des Buches: „Vor acht oder in einhundert Jahren“ weist daraufhin, dass die Handlung des Buches zeitlos ist, oder dass sie jederzeit wieder passieren kann.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Sarah Kuratle Greta und Jannis Vor acht oder in einhundert Jahren“ zu „Sarah Kuratle - Greta und Jannis. Vor acht oder in einhundert Jahren“ geändert.
  • Das Buchcover ist schön gestaltet und gefällt mir sehr gut.

    Um dieses Buch zu lesen habe ich sehr lange gebraucht . Das hängt mit dem meines Erachtens schwierigen Schreibstil zusammen, der ständig im Text-auch in einem Satz- wechselt zwischen Präsenz /Vergangenheit und dem Konjunktiv ( z.B. ....das wäre ja, es rieche immer so gut, das sei ja wie etc). Die Sätze bleiben unvollendet, wechseln ständig in den Konjunktiv, in Kursivschrift abgesetzte Dialoge.
    Aufgrund des Schreibstils fragt sich der Leser ständig, ob es wirklich passiert oder surreal ist.

    Vom Inhalt her handelt es sich um eine Liebe zweier Menschen, die das ungeschriebene Gesetz von Familien übertreten, den " Zaun ohne Latten".
    Es ist eine Geschichte aus den Bergen und den strengen Gesetzen dort. Z.B. nur die Erstgeborenen dürfen Kinder bekommen. Wenn sie doch Kinder bekommen, müssen sie sie weggeben. Greta lebt auf dem Hof im letzten Dorf mit ihrer Tante Severine, die einige dieser "abgegebenen" Kinder aufgenommen hat. Die Zeitrechnung des Romans richtet sich nach dem Baum auf dem Hof und seiner Apfelernte. Z.B. Erstes Jahr nach der Apfelernte, zweites Jahr nach der Apfelernte usw.


    Vor acht oder in einhundert Jahren bleiben bestimmte Dinge immer gleich, z.B. die Sonneneinstrahlung zwischen Herbst und Frühling auf einem See.


    Die Charakter der Kinder und der Menschen sind meines Erachtens gut beschrieben, vermischen sich aber auch immer wieder mit dem Surrealen.
    Literarisch ist dieses Buch etwas ganz Besonderes und nach anfänglichen Schwierigkeiten habe ich mich gut eingelesen.

  • Das Cover finde ich nach wie vor sehr gelungen und ansprechend. Es ist sehr schlicht und harmonisch gestaltet. Im Buchladen hätte ich danach gegriffen. Es passt auch gut zur Liebesgeschichte von Greta und Jannis. Die Beiden haben starke Gefühle zueinander und dennoch darf da nichts sein.

    Ich habe mir wirklich sehr bemüht in diesen außergewöhnlichen Schreibstil rein zu finden. So poetisch und gefühlvoll, war mir oft zu viel des Guten. Ich habe gehofft, nach ein paar Seiten gewöhnt man sich daran. Die Gedankensprünge haben mich meistens sehr verwirrt und es waren mir einfach auch zuviele Karaktere (z. B. Alle angenommenen Kinder) . Ich habe manchmal die Seiten doppelt lesen müssen, um wieder im Geschehen zu sein. Die eigentlichen Protagonisten sind viel zu kurz gekommen, meiner Meinung nach.

    Fazit:

    Ansich ist es eine schöne Geschichte aber für mich nicht gut verpackt.

  • Leben gemäß der Natur

    Greta und Jannis wachsen in einem abgelegenen Bergdorf gemeinsam auf wie Bruder und Schwester, sie verstehen sich bestens und leben sehr naturverbunden. Als sie älter werden, spüren sie immer stärker die gegenseitige sexuelle Anziehung. Sie lassen der Natur freien Lauf und kommen sich wirklich näher, aber das darf nicht sein....Ihre Wege trennen sich, Jannis heiratet sogar, während Greta sich in ihrem abgelegenen Bergdorf zusammen mit ihrer Tante um Pflegekinder kümmert. Aber Greta und Jannis verlieren sich nie aus den Augen, und erst recht nicht aus dem Sinn. Jannis frühe Heirat ist sicher als Ausdruck der schwer zu ertragenden Realität zu sehen, die wahre Gefühle unterbindet und immer wieder Ausbrüche erlebt.

    Außergewöhnlich an diesem Buch ist der Schreibstil, der mich auch zunächst abschreckte, dann aber so faszinierte, dass mich der Roman in Gedanken reichlich beschäftigte. Denn erstens gewöhnt man sich an diese Sätze, in denen die wörtliche Rede in Kursivdruck einfach in den normalen Satzbau integriert wurde, was erstmal irritierend ist. Und zweitens hatte ich immer mehr das Gefühl, dass dieser Schreibstil genau die Denkweise und Einfachheit der Bergbewohner ausdrückt, was nicht negativ gemeint ist, sondern mit der Naturverbundenheit und der damit einhergehenden Spontanität zu erklären ist. Die Autorin hat mit der Sprache experimentiert und somit einen sehr atmosphärischen Roman geschrieben.

    Sehr schön ist, dass die Natur im Mittelpunkt steht und das Leben der Menschen stark beeinflusst. Sie lassen sich darauf ein und erleben dadurch eine Intensität, die ihnen viele Glücksmomente beschert. Die Natur hilft Greta trotz ihrer großen Traurigkeit positive Gefühle zu haben. Natürlich gibt es auch negative Erfahrungen, aber das gehört dazu. Bisweilen werden die Grenzen der Realität überschritten und erreichen den Bereich der träumenden Fantasie.

    Sehr interessant ist auch das Frauenbild in diesem Roman. Die Einstellung der Tante lautet: Wenn du dich auf einen Mann verlässt, bist du verlassen. Entsprechend leben auch die Frauen dieses Romans, sie sind autark, stützen sich gegenseitig und bekommen dadurch zuverlässigen Halt.

    Alles in allem hat mich dieses Buch nach anfänglichem Zögern stark beeindruckt, aber man muss sich Zeit nehmen, um sich einzulesen und darüber nachzudenken. Es ist kein Buch für zwischendurch, sondern verdient, dass man sich intensiv damit beschäftigt.

  • Das Buch Greta und Jannis von Sarah Kuratle hat einen schönen Einband mit einem Ast mit Beeren auf dem Cover und es ist ein eher dünnes Buch. Der Buchtitelzusatz vor acht oder in einhundert Jahren beschreibt für mich so ziemlich die Zeit in der die Geschichte stattfindet, denn es könnte jeder Zeit gewesen sein. Diese Geschichte die sich zum größten Teil um Greta und Jannis dreht, ist in einem Erzählstil geschrieben der meiner Meinung nach phantasievoll und poetisch zu gleich ist. Man schwebt förmlich durch die Seiten, so erging es mir jedenfalls.


    Das Fazit: Auch wenn die Thematik die das Buch behandelt vielleicht nicht jedermanns Sache ist, der einzigartige Erzählstil hat mich definitv überzeugt und daher bewerte ich das Buch mit vier verdienten Sternen. Ob ich das Buch empfehlen kann? Ja aufjedenfall es eignet sich als kurze Lektüre mit einem einzigartigen Erzählstil.