Fatou Diome - Ketala / Kétala

  • Verlagstext:


    Wer ist die Frau, die zum Sterben nach Afrika zurückgekommen ist? Man weiß nichts von ihr. Ihre treuesten Begleiter, einige Habseligkeiten, drohen in Kürze in alle Winde zerstreut zu werden. Doch vor der Erbteilung bleiben den Möbeln noch sechs Nächte und fünf Tage, um einander die abenteuerliche Geschichte ihrer Besitzerin zu erzählen.

    Quelle: amazon.de


    Meine Meinung:


    Nach meinem Reread des Klassikers "Ein so langer Brief" von Mariama Bâ wollte ich auch noch etwas Aktuelleres aus dem Senegal lesen. Meine Wahl fiel auf "Ketala", weil mir das Cover gefiel und weil ich die Grundidee, die Geschichte einer Person von ihren Einrichtungsgegenständen erzählen zu lassen, interessant fand. Im Laufe der Lektüre musste ich jedoch feststellen, dass die Autorin dabei die für meinen Geschmack richtige Balance verfehlt hat: Die Gegenstände und Möbel drängen sich mit ihren unablässigen Streitereien und Kabbeleien darum, wer dran ist mit Erzählen oder wer sich wie ausufernd äußern darf, so sehr in den Vordergrund, dass diese Passagen mich jedes Mal aus dem Lesefluss gerissen und den Lauf der Geschichte nicht vorangebracht, sondern nur gestört haben.

    Ohne diese ständigen Unterbrechungen hätte die Geschichte von Memoria, einer jungen, unglücklich verheirateten Senegalesin, mir wahrscheinlich insgesamt gut gefallen. Memoria, ein hübsches, verwöhntes Gör, halbgebildet und wohlhabend genug, musste nie arbeiten und konnte eine gewisse Zeit lang alle Bewerber abweisen, bis ihre Eltern sie aus Angst, sie würde zur alten Jungfer werden, in die Ehe mit Makhou drängten – das Verhängnis nahm seinen Lauf. Man muss Memoria nicht mögen, um Mitgefühl entwickeln zu können mit einer jungen Frau, deren Leben den scheinbaren Zwängen alter Traditionen und Scheinheiligkeiten geopfert wird, bevor sie selbst in der Lage gewesen wäre, ihrem Leben eine sinnvollere Richtung zu geben.

    Fatou Diome (*1968 im Senegal) behandelt Problembereiche wie – immer noch – die Rolle der Frau und des Kastensystems in der senegalesischen Gesellschaft, den Einfluss und die Erwartungen der Familie, aber auch in Westafrika tabuisierte Themen wie nichttraditionelle Lebensentwürfe, sexuelle Diversität oder HIV. Dass sie dabei wiederholt ihren eigenen Bildungshintergrund hervorhebt, wäre aus meiner Sicht verzichtbar gewesen.

    Die Erwartungshaltung an Familienmitglieder, die es nach Europa oder in die USA „geschafft“ haben und nun gefälligst regelmäßig eine Bankanweisung zu tätigen haben, macht mich allerdings neugierig auf den anderen Roman der Autorin, "Der Bauch des Ozeans", in dem diese Thematik vertieft wird und der mich hoffentlich mehr überzeugen kann als dieses Buch hier.

    Aber immerhin hat es ein schönes Cover! :lol:


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    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)