Anna Baar - NIL

  • Kurzmeinung

    mapefue
    Hochliterarischer Roman über das Verhältnis von Realität und Fiktion, Erzählen und Erinnern - sprachlich virtuos
  • Zwei Personen suchen eine Autorin


    „Nil“ von Anna Baar – ein erlesener Roman über das Schreiben. Vielleicht zu erlesen.

    Es ist ein hochliterarischer Roman über das Verhältnis von Realität und Fiktion, Erzählen und Erinnern - sprachlich virtuos und packend geschrieben.


    Für Literaturästheten sind Sätze wie diese reiner Genuss: „Im Schweigen ist weniger Stummsein als in gängigen Worten.“ Oder: „Das Künftige ist gesät aus der Vergangenheit.“ Oder der etwas längere: „Als Kind stand ich abends am Fenster, erpicht, einen Dieb zu ertappen, nein, nicht ihn zu ertappen, sondern auf frischer Tat zu erspähen, jenen letztlichen Retter, der es zuwege brächte, den immer grimmigen Alten von dem Fluch des Geldes zu befreien.“


    Erzählt wird in dieser literarischen Hochebene die Geschichte einer Autorin, die einen Fortsetzungsroman für eine Frauenzeitschrift verfasst, doch ihre Geschichten verstören das Publikum, weshalb ihr beschieden wird, sie möge den Roman in der nächsten Folge zu Ende zu bringen, irgendwie. Soll das Paar doch einfach über die Klippe springen, meint der Chefredakteur.

    Die Autorin wird festgenommen, sie muss sich verantworten für das, was in ihrem Manuskript passiert, für das, was ein Leser aus diesem Manuskript herausgelesen hat. Auf ihr Verhör wartend – ist es ein Verhör? –, ersinnt sie die Geschichte eines Mannes, der selbst schreibt, und einer Frau, die fabuliert. Wobei: Wer ist da wer? Wo fängt die Autorin an, wo hört die Figur auf? Allesamt teilen sie Erinnerungen, Beobachtungen, Erfahrungen. Eine Art Schnitzeljagd, in dem Klippen, ein Krokodil (der Nil!) und gruselige Einmachgläser eine Rolle spielen.


    Anna Baar, geb. 1973 in Zagreb (ehem. Jugoslawien). Kindheit und Jugend in Wien, Klagenfurt und auf der dalmatinischen Insel Brac. Ihr Debütroman »Die Farbe des Granatapfels« stand drei Monate auf Platz 1 der ORF-Bestenliste. Für die Arbeit an »Als ob sie träumend gingen« erhielt sie den Theodor Körner Preis. 2020 wurde sie mit dem Humbert-Fink-Literaturpreis der Stadt Klagenfurt ausgezeichnet. Anna Baar lebt in Klagenfurt und Wien.

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