William Kotzwinkle - Dr. Ratte / Doctor Rat

  • Kurzmeinung

    Jean van der Vlugt
    Harter Stoff! Eine Konferenz der Tiere. Eine Weltseele. Wie Menschen reagieren. Wie das Universum reagiert! Groß!
  • Der Autor (Quelle: Rowohlt): William Kotzwinkle, geboren 1943, der auch Kriminalromane und Jugendbücher schreibt, erhielt mehrere literarische Auszeichnungen und gehörte in Amerika schon lange zu den Bestseller-Autoren, bevor sein rührend hässliches Sternenwesen E.T. bekannter wurde als der Präsident der USA. Ein Kritiker schrieb: „Es wäre kein Wunder, wenn ein Kotzwinkle-Kult entstehen würde – stärker als bei Bukowski und Tolkien …“ Kotzwinkle ist mit der Schriftstellerin Elizabeth Gundy verheiratet und lebt abwechselnd in den USA und Kanada.


    Klappentext (Quelle: Rowohlt): So geht es nicht weiter, sagen sich die Versuchstiere der Menschen: Mäuse, Affen, Hunde, Kaninchen, Katzen holen zum Gegenschlag aus. „In der wüsten Apokalypse beschreibt William Kotzwinkle (der E.T. in Romanform brachte), wie die Tierversuche aus der Sicht der Opfer aussehen. Eine ätzende Satire“ („Abendzeitung“, München). „Die Tierversuchsgegner haben ihre Bibel“ („Münchener Stadtzeitung“)


    Der Roman erhielt 1977 den World Fantasy Award als bester Roman des Jahres.


    Englische, deutsche und französische Ausgaben:

    • Die amerikanische Originalausgabe erschien 1976 als „Doctor Rat“ bei Alfred A. Knopf in New York (243 Seiten), neu aufgelegt u.a. 1983 bei Avon Books in New York (215 Seiten), 1997 bei Marlowe & Company in New York (243 Seiten) und 2014 bei Open Road Integrated Media in New York (193 Seiten).
    • Die deutsche Übersetzung von Benjamin Schwarz erschien 1984 im Verlag Rogner und Bernhard bei Zweitausendeins in Frankfurt am Main (247 Seiten). Neu aufgelegt 1986 (und erneut 1988 und 1991) als rororo-Taschenbuch Nr. 5685 im Rowohlt Taschenbuch Verlag in Reinbek bei Hamburg (247 Seiten). Im April 2019 erschien die Schwarz-Übersetzung erneut bei Rowohlt in Reinbek in der Reihe „Rowohlt Repertoire“ als E-Book und Taschenbuch.
    • Der Roman ist in deutscher Übersetzung auch in dem Sammelband „Der William-Kotzwinkle-Omnibus“ enthalten, der 1993 im Verlag Rogner und Bernhard bei Zweitausendeins in Hamburg veröffentlicht wurde (912 Seiten). Darin enthalten sind außerdem die Bücher „Fan Man“ (1974), „Nachtgeschichten" (1974), "Schwimmer im dunklen Strom" (1975) und "Fata Morgana" (1977).
    • Die französische Übersetzung von Michel und Jacqueline Lederer erschien 1977 als „Docteur rat“ bei J.-C. Lattès in Paris (292 Seiten), wiederaufgelegt 2017 im Verlag Éditions Cambourakis in Paris (348 Seiten).

    Meine Einschätzung:
    Wie es auch angemessen ist, sind die Beschreibungen aus dem Tierversuchslabor sehr harter Stoff! Feinfühlige Tierfreunde werden diesen Roman nicht lesen können. :shock:


    Erzählt wird der Roman zur Hälfte von Dr. Ratte, einer sich für gebildet haltenden Laborratte, einem rattigen Kollaborateur der menschlichen Wissenschaftler, die ein Loblied auf die Wissenschaft singt, eine groteske Karikatur eines „Mad Scientist“, die sich selbst als Wissenschaftler und Chronist der Tierversuche versteht, und den Tieren erklärt, warum sie für den Menschen leiden und sterben müssen: Tod ist Freiheit! Doch die Hunde proben den Aufstand im Labor und andere Tiere ziehen mit. Dr. Ratte muss als Verräter um sein Leben fürchten…


    Die andere Hälfte des Romans wird aus der Sicht unterschiedlicher Tiere aus freier Wildbahn, aber auch aus Zoos, Zirkussen und Schlachthöfen erzählt, in deren Bewusstsein der Funke einer tierischen Revolte gegen den Menschen bzw. für die Selbstbestimmung erwacht. Ein Adler ist der erste, der eine Art telepathischen Weckruf in die Welt ausschickt, der sich unter den Tierarten dieser Erde verbreitet und sie zu einer Konferenz der Tiere einbestellt. Eine alle Geschöpfe verbindende Weltseele soll geschaffen werden. Auch der Mensch ist eingeladen, aber er hört den Ruf nicht... Es folgt, wie die Menschen auf die Tierwanderung reagieren. Dann lesen wir, wie gewissermaßen das Universum reagiert! Und das ist ganz groß! :pray:


    Die „Vermenschlichung“ der tierischen Gedanken hat mich über die Maßen überzeugt: So gut bin ich literarisch vielleicht noch nie in die Tierseele abgetaucht; Richard Adams stinkt ab dagegen! Es erinnert mich eher an die Art, wie William Golding in „Die Erben“ das Bewusstsein von Urmenschen zum Leben erweckte. Kotzwinkle stülpt den wilden Tieren nicht einfach menschliche Eigenarten über, sondern findet nicht-menschliche Bilder, um die Befindlichkeiten der Tiere zu erspüren und beschreibbar zu machen. :applause:


    Dachte ich zuerst noch, der Roman spielte als böser Witz auf genau einer Saite, mischt sich der grotesk gespiegelten Satire über Speichellecker und Mitläufer des Bösen ein gehöriger Schuss Horror bei, in den sich immer mehr philosophische Gedankengänge einweben, bis man im Einklang mit der faunischen Weltseele fast in eine Art Trance gerät – bevor alles im Chaos endet und die Tiere gewissermaßen vor dem Menschen kapitulieren: Sie sterben, sie verschwinden, ihre Seelen ziehen sich von der Erde zurück. :(


    Der Roman ist eine extrem bildhafte, einfallsreiche Fabel über das Böse, das Menschen ihren Mitgeschöpfen antun, die Selbstgerechtigkeit des Menschen und seine Blindheit für die Harmonie der Schöpfung, aber auch über Kollaborateure mit dem Feind, denen ihr Einverständnis mit dem Schlachten der eigenen Art das eigene nackte Leben retten soll. Bei so einem Roman erwarte ich geradezu Schwarz-Weiß-Malerei. :wink: Wirklich eine Art Bibel der Tierversuchsgegner! So schön wie erschreckend! :shock: :thumleft: :applause: :cat:

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (54/151)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 56 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • Die amerikanische Originalausgabe erschien 1976 als „Doctor Rat“ bei Alfred A. Knopf in New York (243 Seiten), neu aufgelegt u.a. 1983 bei Avon Books in New York (215 Seiten) und 1997 bei Marlowe & Company in New York (243 Seiten).

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  • Zuletzt erschien der Roman im englischen Original 2014 bei Open Road Integrated Media in New York (193 Seiten).

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