William Kotzwinkle - Fan Man

  • Kurzmeinung

    Jean van der Vlugt
    Nach 80 S. Einlesezeit will ich die spezielle Dude-Hippie-Sprechweise nich mehr missen! Eine liebenswerte Offenbarung!
  • Der Autor (Quelle: Wikipedia): William Kotzwinkle (* 22. November 1943 in Scranton, Pennsylvania) ist ein amerikanischer Schriftsteller.


    Klappentext (Quelle: Rogner & Bernhard): Horse Badorties, der Fan Man, tritt rein in die Literatur: in voller Größe, ein heldenhafter, gottähnlicher Verstand, ein schillernder Außenseiter, der erhabene Prinz des geheiligten Müllhaufens.“


    Englische, deutsche und französische Ausgaben:

    • Die amerikanische Originalausgabe erschien 1974 als „The Fan Man“ bei Harmony Books in New York (191 Seiten), neu aufgelegt u.a. 1983 bei Penguin Books in Harmondsworth (140 Seiten), 1994 bei Vintage Books in New York (191 Seiten) und 2015 mit einer Einleitung von T.C. Boyle und einem Vorwort von Kurt Vonnegut Jr. im Verlag Pharos Editions in Berkeley, CA (147 Seiten).
    • Die deutsche Übersetzung von Dirk Mülder erschien 1978 mit einem von Guy Peellaert gestalteten Umschlag bei Rogner und Bernhard in München (187 Seiten). Neu aufgelegt 1980 (und erneut 1981, 1982, 1983, 1984, 1985, 1986, 1988, 1990, 1991, 1993, 1995 und 1999) als rororo-Taschenbuch Nr. 4592 im Rowohlt Taschenbuchverlag in Reinbek bei Hamburg (154 Seiten).
    • Der Roman ist in deutscher Übersetzung auch in dem Sammelband „Der William-Kotzwinkle-Omnibus“ enthalten, der 1993 im Verlag Rogner und Bernhard bei Zweitausendeins in Hamburg veröffentlicht wurde (912 Seiten). Darin enthalten sind außerdem die Bücher „Nachtgeschichten" (1974), "Schwimmer im dunklen Strom" (1975), "Dr. Ratte" (1976) und "Fata Morgana" (1977).
    • Die französische Übersetzung von Nicolas Richard erschien 2008 als „Fan Man: L'homme au ventilo“ mit einem Vorwort von Kurt Vonnegut Jr. im Verlag Éditions Cambourakis in Paris (208 Seiten).


    Kapitel:

    1. Horse Badorties‘ Nummer-Eins-Apartment (6 Seiten)
    2. Horse Badorties‘ Beutel (6 Seiten)
    3. Horse Badorties‘ Flasche Pina-Colada (8 Seiten)
    4. Ein Ritter des Hot Dog (10 Seiten)
    5. Der Mantel, der in die Bronx ging (4 Seiten)
    6. Fuge in A-Dur (14 Seiten)
    7. Horse Badorties‘ Träume (4 Seiten)
    8. Horse Badorties‘ Nummer-Zwei-Apartment (4 Seiten)
    9. Rund einen Löffel voll (4 Seiten)
    10. Der wunderbare gelbe Schulbus (8 Seiten)
    11. Der verrückte Anrufer (8 Seiten)
    12. Commodore Schmock auf See (14 Seiten)
    13. Commodore Schmock an der Krabbenbuch verraten (4 Seiten)
    14. Der Fan Man im Haus des Todes (8 Seiten)
    15. Der Fan Man fällt in den Schacht (6 Seiten)
    16. Weit draußen, Mann (2 Seiten)
    17. Der Elephantentanz (10 Seiten)
    18. Horse Badorties‘ vier Apartments (8 Seiten)
    19. Habichtmann lebt! (8 Seiten)
    20. Die Doktor-Juckfuß-Wunderkur (8 Seiten)
    21. Es ist mal wieder Dorkie-Tag! (10 Seiten)
    22. Lebt wohl, Horse Badorties‘ vier Apartments! (4 Seiten)
    23. Der Avatar bei der Arbeit (2 Seiten)
    24. Onkel Schleicher (4 Seiten)
    25. Der Fan Man geht essen (6 Seiten)
    26. Etwas ruft den Fan Man, ganz schwach (13 Seiten)


    Meine Einschätzung:
    Ich liebe dieses Buch, weil ich gerne von den Gedankengängen einer Romanfigur überrascht werde. Nach fast der Hälfte des Romans an Einlesezeit will ich die spezielle Dude-Hippie-Sprechweise nicht mehr missen! Eine liebenswerte Offenbarung! Ich lege mich völlig in die Hände dieser ganz anders tickenden, spleenigen, exzentrischen Hauptfigur und folge mit Staunen, Unglauben und Grinsen den Irrwegen, auf die sie ihr wagemutiger, genial-verrückter Autor schickt. :love:


    Der Leser begleitet den Über-Hippie Horse Badorties einige Tage lang durch seinen Alltag in New Yorks Lower East Side irgendwann zu Beginn der 1970er, ein spinniger, extrem unkonventioneller Außenseiter und Lebenskünstler, völlig frei von bürgerlicher Moral, laufend ungedeckte Schecks verteilend, seine Gesundheitskräuter rauchend, befreite Einstellung zu Sexualität, von einem vermüllten Apartment in ein anderes. Besitz kommt, Besitz geht. Geschenke verteilend. Eine vermüllte Wohnung verlässt er wie ein Aktionskünstler, wenn das Kunstwerk als künstlerisches Statement fertig ist. Die Karikatur eines selbstbezogenen, hedonistischen, esoterischen Hippies auf dem Weg zur Erleuchtung, völlig davon überzeugt, dass alles richtig ist, wie er es tut. Wenn alle nur an sich denken, ist an alle gedacht!


    Auf den Leser prasselt ein durchgehender innerer Monolog ein, in dem jeder zweite Satz auf „Mann“ endet. Die typische Hippie-Sprechweise wird authentisch eingefangen! :loool: Horse schummelt sich so durch, ist voller Spleens, hat überall kleine Geschäfte und Projekte am Laufen, ist von spirituellen Ideen durchzogen, legt keinen Wert auf Sauberkeit, aber spürt sehr lange dem nach, was ihm zu essen in dem Moment wohl gut täte. Sein Viertel, seine Stadt als verlängertes Wohnzimmer. Dinge, die er unbedingt haben muss: den Sonnenschirm des Hot-Dog-Verkäufers, den er fortan durch die Gegend schleppt, den alten Schulbus, um mit seinem „Liebeschor“ auf Tournee zu gehen, die Luftschutzsirene und das Metallsuchgerät vom Flohmarkt, den stinkenden Köter nimmt er auch noch mit – Gestank als Diebstahlsicherung. :wink: Besessen von Tonbandgeräten, billigem Plastikspielzeug, seiner Sonnenbrille (nicht irgendein Sonnenschutz, sondern eine energetische Sicht-Korrektiv-Sonnebrille!) und vor allem kleinen, batteriebetriebenen Handventilatoren, um den Kopf zu kühlen! Einmal im Monat reinigt er seinen Geist, indem er immer und immer wieder das Wort „dorkie“ laut vor sich hin spricht: Dann ist Dorkie-Tag! :love:


    Derzeit leitet Horse einen Chor von 15-jährigen Ausreißerinnen, die er in einem offenen Gemeindehaus Kirchenlieder singen lässt, und plant einen großen öffentlichen Auftritt auf dem Tompkins Square, für den er laufend Handzettel verteilt, für den er sich auch zum Kulturprogrammchef von NBC hochschummelt, um die Medien vor Ort zu haben. Scheint er den Chor zunächst nur deswegen zu leiten, um möglichst einfach an sexuelle Abenteuer zu geraten, wird bald immer stärker deutlich, dass er da tatsächlich „was Großes“ am Wickel hat. Wie er versucht, die teils unmusikalischen Mädchen zunächst durch wildes, unzivilisiertes Grimassieren in Kontakt mit ihrer Reptilienvergangenheit aus der Vorzeit des Menschen zu bringen, was einen unverstellten Zugang zur Kraft der Musik ermöglichen soll, den jeder hat, scheint Früchte zu tragen. :drunken: Oder hat der Fan Man mit seinem allgegenwärtigen Geplapper nur einfach alle überzeugend in seinen Wahn eingesponnen? :king:


    Ein essenzieller, anarchistischer Hippie-Roman mit klassisch komischer Hauptfigur aus der Don-Quijote-Ecke, geblendet von der eigenen Großartigkeit, dabei im Grunde zum Scheitern verdammt: alles Schöne kann jederzeit weggewischt, weggeschmissen, vergessen und rausgeworfen werden. Jeder kennt den Fan Man, aber eine zwischenmenschliche Verbundenheit mit ihm hat eher niemand. Als Gerücht, als Geschichte vom Hörensagen, als Mythos ist er stark (und als Antrieb im Grunde ausreichend), als Mensch, als "Freund" dagegen eher schwierig. Ein anstrengender Gonzo-Lebensstil ohne Sicherheiten und Planbarkeiten, der sich aber wie völlige Freiheit anfühlt, wie ein völliges in den Tag Hineinleben, mit Scheuklappen für die Schwierigkeiten am Rande des Blickfeldes. Über vergossene Milch wird nicht lange geweint. Obwohl die Welt also schrecklich ist, gibt es für Horse Badortie eigentlich nur Licht und Schönheit! Was das Buch zu einem äußerst positiven Leseerlebnis macht, selbst wenn es der Welt der „Gammler“, Hippies, New-Age‘ler und Potheads satirisch am Zeug flicken will: ein Roman als Abgesang auf den Narzissmus einer Gegenkultur. :geek:

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 55 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Die amerikanische Originalausgabe erschien 1974 als „The Fan Man“ bei Harmony Books in New York (191 Seiten).

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


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    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Neu aufgelegt nach 1974 wurde die amerikanische Originalausgabe u.a. 1983 bei Penguin Books in Harmondsworth (140 Seiten), 1994 bei Vintage Books mit einem Vorwort von Kurt Vonnegut Jr. in New York (191 Seiten) und 2015 mit einer Einleitung von T.C. Boyle und einem Vorwort von Kurt Vonnegut Jr. im Verlag Pharos Editions in Berkeley, CA (147 Seiten).

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

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  • Die französische Übersetzung von Nicolas Richard erschien 2008 als „Fan Man: L'homme au ventilo“ mit einem Vorwort von Kurt Vonnegut Jr. im Verlag Éditions Cambourakis in Paris (208 Seiten).

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  • Der Roman ist in deutscher Übersetzung auch in dem Sammelband „Der William-Kotzwinkle-Omnibus“ enthalten, der 1993 im Verlag Rogner und Bernhard bei Zweitausendeins in Hamburg veröffentlicht wurde (912 Seiten). Darin enthalten sind außerdem die Bücher „Nachtgeschichten" (1974), "Schwimmer im dunklen Strom" (1975), "Dr. Ratte" (1976) und "Fata Morgana" (1977).

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