Anna Nerkagi - Weiße Rentierflechte

  • Anna Nerkagi - Weiße Rentierflechte


    Klappentext:

    Eine für mitteleuropäische Verhältnisse unwirtliche Region, monatelanger Frost, Schnee, scheinbar dürftige Lebensbedingungen. Ein Mann und drei Frauen; eine unerfüllte, eine sich vielleicht nie erfüllende Liebe und das Diktat der Tradition: Heirate, gründe einen Hausstand, zeuge Kinder, züchte und hüte Rentiere – verkaufe sie. So die Lebensmaxime vieler Nenzen seit vielen Jahrhunderten. Aber der Protagonist der Erzählung verweigert sich. Er sucht nach dem individuellen Glück, wie es für uns ganz selbstverständlich, aber bei den Nenzen noch immer die Ausnahme ist. Eine tragische Lebensgeschichte, die uns tief berührt wie einst die Schicksale der Figuren bei Aitmatow. Dies ist die erste Veröffentlichung einer nenzischen Autorin im deutschsprachigen Raum voller Poesie und von großer literarischer Qualität.


    Erster Eindruck:

    Von den Nenzen habe ich bis vor kurzem noch nie gehört. Ich bin aufgrund einer Buchbesprechung auf das Buch von Anna Nerkagi gestoßen. Die Autorin gehört selbst zur Minderheit der weitgehend noch nomadisch lebenden Nenzen, die als Rentierzüchter unter harten klimatischen Bedingungen leben. Nerkagi wurde im Alter von 6 Jahren von den sowjetischen Behörden auf ein Internat geschickt, studierte in Tjumen, verließ Tjumen und kehrte 1980 zurück zur nomadischen Lebensweise. 1990 gründete sie eine Tundra-Schule für Nenzenkinder. Die Schule basiert auf dem Konzept der Ethnopädagogik (lt. Klappentext)


    Am Anfang sind einige Seiten mit Schwarz-Weiß-Photos nenzischen Alltags des Fotografen Sebastiao Salgado, welche dem Leser erste Eindrücke vermitteln in eine fremde Welt, einer völlig anderen Lebensweise.

    Der Roman spielt auf der Halbinsel Yamal im Nordwesten Sibiriens und beginnt mit einer Hochzeit, die untypisch ist für die Nenzen. Es gibt keine große Feier, es fehlen Gäste, die üblichen Riten. Der Bräutigam ist verliebt, muss aber eine andere heiraten, feirert also eine "Beerdigungshochzeit", da er seine Liebe "beerdigen" muss.

    Ein "kleines ABC des nenzischen Lebens" findet sich am Ende des Buches; die nachzuschlagenden Begriffe sind fett gedruckt.

    So habe ich erfahren, dass es nach nenzischer Sitte unhöflich ist, Erwachsene mit ihrem eigenen Namen anzureden. Üblich ist die Benennung mit dem Verwandschaftsgrad, z.B. "Mutter Aljoschkas".

    Ich bin gespannt, wie die Geschichte weitergeht und hoffe auf interessante und informative Lektüre.

  • Ich zitiere mal eine Textstelle wegen des Schreibstils, hier hadert der Protagonist Aljoschka zwischen Tradition und Moderne:



    Hier kann man übrigens die Photos von Sebastiao Salgado sehen und ins Buch reinlesen.

  • Das hört sich sehr interessant an! Vielen Dank, Conor!

    Hier kann man übrigens die Photos von Sebastiao Salgado sehen und ins Buch reinlesen.

    Wenn ich diese Referenz für die Photos sehe, steht sie für mich für Qualität. Ich kenne mehrere Photobücher dieses Brasilianers wie auch den Biotopic-Film von Wim Wenders - sehr empfehlenswert!

  • Die Fotos sind ja der Hammer! :shock: Für die Leseprobe fehlt mir momentan die Muße, aber das Buch wandert auf jeden Fall auf die Merkliste. :D

    :study: Jutta Aurahs - Katzen :cat:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :musik: Satoshi Yagisawa - Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)

    :montag: Rumi - Die Musik, die wir sind





  • Die Fotos sind ja der Hammer! :shock: Für die Leseprobe fehlt mir momentan die Muße, aber das Buch wandert auf jeden Fall auf die Merkliste. :D

    Merke Dir den Namen und schaue mal in der Bücherei, ob sie dort die (recht teuren) Photobücher von ihm haben. Einfach umwerfend!

  • Die Fotos sind ja der Hammer! :shock: Für die Leseprobe fehlt mir momentan die Muße, aber das Buch wandert auf jeden Fall auf die Merkliste. :D

    Merke Dir den Namen und schaue mal in der Bücherei, ob sie dort die (recht teuren) Photobücher von ihm haben. Einfach umwerfend!

    In meinem Kaff sicher nicht; dafür muss ich mal in die große Stadt fahren. :lol:

    :study: Jutta Aurahs - Katzen :cat:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :musik: Satoshi Yagisawa - Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)

    :montag: Rumi - Die Musik, die wir sind





  • Die Fotos sind ja der Hammer! :shock:

    Aber sowas von :shock:


    Das Buch liegt bereits auf meiner Wunschliste und ich bin sowas von gespannt was du uns noch berichten wirst Conor :winken:

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Ana Nerkagi erzählt vor allem vom einfachen Leben in ihren Zelten (Tschums) von Naturverbundenheit und von den Traditionen und Aufgaben, die jede/r hat. Der Mann hat das Sagen, die Frau hat sich unterzuordnen.

    Nun bin ich an die Stelle gekommen, wo weiße Rentierflechte erwähnt wird.

    Im Nenzen-ABC heißt es dazu:

    Zitat

    ".......Es handelt sich um mythologische Zuschreibungen, im nenzischen Mythos von der weißen und der schwarzen Rentierflechte ist die Rede von der weißen R. , die an heiligen Orten im Herzen der Großen Berge (Uralgebirge) als göttliche Kleidung der Herren der Berge wächst und selbst in dunkler Nacht leuchtet.

    Die schwarze R. gilt als Zeichen der Trauer um eine verstorbene Seele, die im Leben zu wenig Liebe erfahren hat...."

    Zitat S. 187

  • Nun habe ich das Buch beendet. Es war eine interessante Lektüre über eine völlig andere fremde Lebens- und Denkweise.

    Aber sicher macht auch bei den Nenzen die moderne Zeit, der Wandel keine Ausnahme.

    Auch sprachlich hat mich der Roman überzeugt und ich wünsche ihm viele Leser.