Yishai Sarid - Siegerin / Menatzachat

  • Kurzmeinung

    Squirrel
    Kalt, hart, aber deutlich stellt sich die Frage danach, ob alles was machbar ist auch getan werden sollte.
  • Über den Autor:
    Yishai Sarid wurde 1965 in Tel Aviv geboren, wo er bis heute lebt. Nachdem er als Nachrichtenoffizier in der israelischen Armee tätig war, studierte er in Jerusalem und an der Harvard University und arbeitete später als Staatsanwalt. Heute ist er als Rechtsanwalt tätig und veröffentlicht Artikel in diversen Zeitungen. Bei Kein & Aber erschienen bislang seine Romane Limassol, Alles andere als ein Kinderspiel und zuletzt Monster.
    (Quelle: Klappentext)


    Buchinhalt:
    Abigail ist Psychologin, so wie ihr Vater auch. Während dieser dominante Vater weiter der Psychoanalyse anhängt, die sie als veraltet betrachtet, hat Abigail sich darauf spezialisiert, traumatisierte Soldaten zu behandeln und das Militär zu beraten, um genau diese Traumata möglichst zu verhindern. Dieser innerfamiliäre Konflikt weitet sich aus als Abigails Sohn zum Militär einberufen wird. Inwieweit wird er zum inneren Konflikt Abigails zwischen ihrer Arbeit und ihrer Liebe zu ihrem Sohn?

    Das Buch umfasst 254 Seiten ohne in Kapitel unterteilt zu sein. Übersetzt wurde es von Ruth Achlama.


    Meine Meinung:
    Ein interessantes Buch, das viele Fragen aufwirft und keine beantwortet. Der Leser muss selbst denken und sich eine eigene Meinung bilden – und das ist gar nicht so einfach.


    Abigail hat sich als Psychologin darauf spezialisiert, Soldaten in Kampfeinheiten und deren Vorgesetzte möglichst so vorzubereiten, dass sie ohne Traumata aus ihren Einsätzen zurückkehren. Diese Traumata kennt sie nur zu gut, denn seit ihrer aktiven Militärzeit behandelt sie ausschließlich traumatisierte Soldaten.
    So weit, so gut und ehrenhaft, denn auch jeder gute Mediziner setzt doch lieber auf Prävention als auf die Behandlung von vermeidbaren Krankheiten. Oder doch nicht so gut? Schafft Abigail hier nicht die Kampfmaschinen, die psychisch unberührt von ihrer Arbeit töten? Bildet sie den perfekten Soldaten aus wie ihn sich die Militärs erträumen und ihr Vater, um dessen Anerkennung sie ihr Leben lang kämpft, ihr vorwirft?



    Und dann ist da noch Noga, Hubschrauberpilotin in Ausbildung, die bereits dort ihr erstes Trauma erleidet. Diese Frau nimmt eine besondere Stellung ein in Abigails Leben. Und am Ende stellt sich die Frage, wer denn eigentlich die Siegerin ist:



    Ich habe bewusst keinen Klappentext vom Buch oder von Amazon zitiert, da meiner Meinung nach dort der Themenschwerpunkt falsch gesetzt ist. Das merkt man aber erst beim und nach dem Lesen. Doch keine der Inhaltsangaben verrät den meines Erachtens eigentlichen Konflikt, das tun nur die Spoiler.
    Womit ich mich nicht wirklich versöhnen kann ist das Ende, dass der Autor gewählt hat. Hier finde ich, dass er es sich zu leicht macht, den überall postulierten Hauptkonflikt Abigails auf einfache Art löst und sich vor einer Antwort drückt. Vermutlich gibt es keine Antwort, aber dann hätte das Ende ein anderes sein müssen für meinen Geschmack und Anspruch. Dieses Ende hat mich auch lange zögern und mit dieser Rezension und der Bewertung des Buches kämpfen lassen.


    Sprachlich und von der Konzeption her ist das Buch unauffällig, nichts wirklich Besonderes. Es wird vom Thema getragen und das reicht auch völlig aus. Aber es liest sich trotz des Themas gut.


    Mein Fazit:
    Ein lesenswertes Buch mit fürchterlich aktuellem Bezug. Ich hoffe, dass sich hier einige Leser finden werden, denn ich hab echt Diskussionsbedarf. Den werde ich kommende Woche erstmal mit meinen Bücherwürmern ausleben, mit denen zusammen ich dieses Buch gelesen habe. Aber auch hier würde ich mich zu gerne mit anderen zusammentun und darüber diskutieren – auch wenn es eine Diskussion in Spoilern sein wird.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • dass sie ohne Traumata aus ihren Einsätzen zurückkehren.

    Kann so etwas überhaupt möglich sein? Auch wenn der Krieg sehr technisch geworden ist, kann ich mir nicht vorstellen, wie Menschen mit dem Wissen leben können, andere getötet zu haben oder für deren Tod verantwortlich zu sein.

    Eine sehr interessante Buchvorstellung, danke dafür!

  • Kann so etwas überhaupt möglich sein?

    Da kann ich als absoluter Laie der Psychologie nur vermuten, dass es bei manchen Menschen funktionieren könnte. Das dürfte v.a. von der eigenen inneren Einstellung und Veranlagung abhängen. Aber ich denke schon, dass man durch ein bestimmtes Training die Soldaten auf jeden Fall besser vorbereiten und damit mental trainieren kann. Die Folgen dieses Trainings? Die können natürlich vielfältig sein 8-[

    Auch wenn der Krieg sehr technisch geworden ist

    Das ist durchaus Thema im Buch, denn die Soldaten in dunklen Räumen, die irgendwelche ferngelenkten Raketen abschießen, sind definitiv in einer anderen Situation als diejenigen, die im Bodenkampf eingesetzt werden. Sitzt Du vor einem Monitor, drückst einen Knopf und siehst auf dem Monitor einfach nur ein Aufblitzen, so hast Du eine ganz andere Distanz zum Geschehen und zu den Auswirkungen des eigenen Handelns.

  • Mir hat der Roman leider überhaupt nicht gefallen, weil ich mit den Protagonisten absolut nichts anzufangen wusste.

    Abigail ist eine sterile und für mich bis zum Ende anonym gebliebene Figur, die in einer mir fremden Welt agiert. Weder in ihrem Berufs- noch Privatleben ist sie mir nahegekommen, zu keinem Zeitpunkt hat sie mich auch nur annähernd berührt. Ihre Freundschaften und Liebschaften, aber auch die Beziehung zu ihrem Sohn fand ich eher seltsam und unwirklich.

    Wer sich mit dem Thema Militärpsychologie beschäftigt, hat gewiss eine Botschaft zu hinterlassen, so dachte ich zumindest vor der Lektüre. Was der Autor mit dieser Geschichte jedoch bezwecken und seinen Lesern mitteilen wollte, hat sich mir leider nicht erschlossen.

    Stilistisch fand ich den Roman nicht schlecht, er liest sich leicht und flüssig, inhaltlich ist er bei mir jedoch komplett durchgefallen.