Olli Jalonen - Die Himmelskugel / Taivaanpallo

  • Autor: Olli Jalonen

    Titel: Die Himmelskugel

    Seiten: 543

    ISBN: 978-3-86648-609-6

    Verlag: mare

    Übersetzer: Stefan Moster


    Autor:

    Olli Jalonen wurde 1954 geboren und ist ein finnischer Schriftsteller. Er studierte zunächst Sozial- und Literaturwissenschaften und promovierte 2006 an der Universität von Tampere. 1978 erschien sein Erstlingswerk, eine Novellensammlung, die ausgezeichnet wurde. 1990 erhielt er für sein Werk den Finlandia-Preis, 2018 zum zweiten Mal. Er zählt zu den bedeutendsten Autoren Finnlands. Seine Werke wurden in die skandinavischen Sprachen übersetzt, einige wenige in weitere. Neben Romanen schreibt er Hörspiele, Theaterstücke und führt Regie beim Fernsehen.


    Inhalt:

    Eine außergewöhnliche Geschichte über die Anfänge der Aufklärung - erzählt mit der Stimme des Jungen Angus, der von der abgelegenen Insel St. Helena auf abenteuerlichen Wegen nach London reist, um bei dem berühmten Sternenforscher Edmond Halley in die Lehre zu gehen und sich seinen Traum von Wissen zu erfüllen. (Klappentext)


    Rezension:

    Kaum ein Ort könnte abgelegener sein als St. Helena, diese Insel inmitten des Atlantiks zwischen Afrika und Südamerika, auf der Stand heute, ein paar tausend Menschen leben. Der finnische Autor Olli Jalonen nimmt uns mit, dorthin auf eine Zeitreise und einem großen Abenteuer, im Zeitalter des Beginns der Aufklärung, der Hinwendung zu den Wissenschaften und großer Namen.


    Hauptprotagonist, aus dessen Sicht die gesamte Geschichte erzählt wird, ist der zu Beginn achtjährige Angus', dessen Faszination dem Sternenhimmel gilt, den er im Auftrag des Astronoms Edmond Halley beobachtet. Dessen Reise durch den Atlantik , um an verschiedenen Punkten der Erde die Position der Magnetnadel zu bestimmen, ist historisch verbürgt und Grundlage dieses historischen Romans, der im 17. Jahrhundert angesiedelt ist und sofort den Lesenden das schon damals beschwerliche Inselleben jener Zeit vor Augen führt. Zudem ist da die politische Gemengenlage, in der sich selbst dieser kleine englische Vorposten befand. Hier in Gestalt des gegenspielenden Protagonisten, eines nicht näher benannten Gouverneurs, der die Inselbewohner traktiert.


    Zitat

    Sämtliche Angelegenheiten der Erwachsenen sind voller Windungen und Schatten. Wenn man einen normalen Schatten sieht und woran er hängt, dass er zum Beispiel von einem Baum als Schatten des Baums auf die Erde geowrfen wird, dann weiß man Bescheid, aber wenn man nicht sieht, woran er hängt, weiß man nichts.


    Diese Ausgangslage benutzt Jalonen um eine Geschichte zu erzählen, so ausschweifend wie die Himmelsbeobachtungen Halley sebst. Die handlungstragenden Protagonisten sind sofort sympathisch, auch spürt man sofort die schwierige Lage, in der die Inselbewohner sich befinden, auch wenn nur grob die Auswirkungen beschrieben werden. Details gehen in der Melancholie des Schreibstils unter, Längen entstehen, durch die sich die Lesenden kämpfen müssen, gleichsam, auch führt der Klappentext in die Irre. Zumindest, was die Gründe für Angus' beschwerliche Reise angeht.


    Der Handlungsstrang, der per Text verfolgt wird, wird dennoch stringent erzählt, leider nicht zu Ende, und zumindest die Hauptprotagonisten werden vielschichtig beschrieben, auch wenn so mancher Beweggrund für die handelnden Personen unerwähnt bleibt.


    Zitat

    Alles ist anders als es daheim jemals war. Ich bin hier, inmitten von alldem. Ich bin Angus, und Angus ist ich, und Ich-der-Totholz-Angus ist auf dem Weg zu den verschneiten Bergen.


    Zudem ist es eine große Schwäche, dass sich nach Ende des Romans nicht die Mühe gemacht wurde, historische Hintergründe, Wahrheiten und Tatsächliches aufzuführen, was als Grundlage der Geschichte gedient hat und was zwangsläufig dazu erfunden werden musste. Diese Recherchearbeit obliegt allein den Lesenden, trotzdem reiht sich "Die Himmelskugel" in die Reihe großer Expeditionsbücher ein, die bei dem Verlag erschienen sind, ohne den Vergleich mit diesen scheuen zu müssen.


    Das melancholische Erzählen hemmt den Lesefluss, an einigen Stellen hätten es zudem ein paar Seiten weniger gebraucht und die fehlende Aufstellung am Ende sind die großen Kritikpunte, denen gut ausgestaltete Protagonisten gegenüber stehen, eine über weite Strecken tragende gute Grundidee, die von einer Welt im Wandel erzählt, von Mut und Vertrauen, großen Forschergeist.

  • Danke für diese ausführliche Vorstellung. Ich bin im Moment gerade sehr viel mit naturwissenschaftlichen Themen und vor allem auch ihrer Geschichte befasst und daher scheint dieses Buch sehr gut zu passen. Trotz deiner Kritikpunkte wandert es mal direkt auf meine Wunschliste.

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    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark