Linda Dielemans - Der Schatten des Löwen / Schaduw van de leeuw

  • Klappentext/Verlagstext
    28.000 Jahre ist es her. Junhi ist auf sich allein gestellt. Das Mädchen, das die Zukunft in seinen Träumen vorausschauen kann, ist von seinem Stamm verstoßen worden. Nun irrt Junhi auf der Hochebene umher, auf der Suche nach den Mammutjägern, die nicht zurückkehrten, auf der Suche nach dem geheimnisvollen Löwenmann aus ihren Träumen und nach ihrer eigenen Bestimmung und ihrem Platz in dieser Welt. ›Im Schatten des Löwen‹ ist ein packendes, vielschichtiges Abenteuer um Vor- und Selbstbestimmung.


    Die Autorin
    Linda Dielemans, geboren 1981 in den Niederlanden, ist Archäologin und Schriftstellerin. Ihr Roman Der Schatten des Löwen wurde als bestes historisches Jugendbuch des Jahres 2019 von der Jugendjury des Thea Beckmann Preises sowie von dem Senat der Niederländischen Kinderjury ausgezeichnet.


    Inhalt
    Das Mädchen Junhi lebte vor 28 000 Jahren, zur Zeit als die Höhlenmalereieren im südlichen Frankreich entstanden. Als Waise gehört sie zu einer kleinen Gruppe Jäger und Sammler, die vermutlich ihrer Jagdbeute nachzogen und dabei in Höhlen unterschlüpften, ohne unbedingt sesshaft zu werden. Die Stämme entnahmen der Natur außer ihrer Jagdbeute z. B. Beeren, Kräuter und Farbpigmente. Diese Produkte wurden von allen Gruppen gesucht und gemeinsam hatten sie Interesse daran, ihre Lebensgrundlagen zu erhalten. Junhi hat regelmäßig Träume/Visionen, in denen ihr Tiere erscheinen. Die Höhlenmalereien, wie wir sie inzwischen kennen, könnten nach Linda Dielemans Idee Abbildungen dieser Visionen gewesen sein. Der Gedanke liegt nahe, da die Felszeichnungen große Tier zeigen, die die Menschen vermutlich selten zu Gesicht bekamen und die nur aufwändig von einer Gruppe gejagt werden konnten. Höhlenmalereien könnten nach dieser Idee erste abstrakte Abbildungen gewesen sein.


    In Junhis Stamm ist jedoch bereits die köperbehinderte Tira als Nachfolgerin des Sehers Tukh vorgesehen. Der angesehene Seher/Träumer, die Stammesmutter und ein erfahrener Jäger führen den Stamm gemeinsam an. Streng und fürsorglich hat die Stammesmutter Uma die Vorgänge in der Gemeinschaft im Blick und ordnet an, dass Junhi später einmal jagen und Kinder aufziehen wird. Da Junhi ihre Träume noch nicht lesen könnte, wären sie eine Gefahr für den Stamm, und Junhi muss ihre Träume für sich behalten. Tukh will entgegen Umas Gebot jedoch von Junhi Bericht erstattet bekommen; denn die Gruppe wartet dringend auf einen Traum von größerer Jagdbeute. Die Heimlichkeiten mit Tukh führen zu einem Missverständnis, das beinahe alle Jäger das Leben kostet, nur zwei jagdfähige Erwachsene überleben schwerverletzt. So stark dezimiert hat der Stamm kaum Überlebenschancen und Uma verkündet, dass alle Frauen von Männern anderer Stämme gewählt werden sollen. Ihre Entscheidung, dass Junhi keine Seherin sein wird, könnte nun neu zur Disposition stehen.


    Junhis Schicksal zeigt sehr anschaulich, wie verletzbar eine kleine Stammesgruppe durch Krankheit oder Tod gewesen sein muss und dass die Überlebenden keine andere Chance hatten, als sich einem anderen Stamm anzuschließen oder neue Mitglieder aufzunehmen. Besonders die Situation jugendlicher Stammesmitglieder wird deutlich, die durch ein solches Unglück ihre erwachsenen Vorbilder verlieren, bevor sie alles gelernt haben, das die Gruppe zum Überleben braucht. Der Grundkonflikt um Junhis Begabung und ihren Platz in der Gemeinschaft setzt in diesem Buch für Jugendliche ab 12 sehr stark auf ein Konzept von Neid, Eifersucht und Hadern mit der Vergangenheit, das eine Autorin der Gegenwart in ihre Figuren projiziert und das diese so nicht gekannt haben müssen. Kulturelle Sensibilität sollte jedoch Figuren anderer Epochen zugestehen, dass sie eigene Konzepte hatten, wenn wie hier die Erhaltung der Nahrungsquellen und das Überleben in der Gruppe das Denken und Handeln bestimmten. Junhis Geschichte ist an historischen Schauplätzen angesiedelt und die Kapitelanfänge wurden mit Kopien authentischer Höhlenzeichnungen illustriert (u. a. aus Niaux, Chauvet, Cougnac, Rouffignac, Vallon-Pont-D’Arc, Lascaux).


    Fazit

    Im Nachwort berichtet die Autorin, dass sie eine Figur aus der Zeit der Höhlenmalerei als Mädchen wie du und ich zeigen wollte. Diesen Ansatz finde ich zwar gewagt, die „Belebung“ der authentischen Höhlen mit Junhis Zeitgenossen hat mich jedoch angesprochen. Als historischer Jugendroman konnte mich Junhis Schicksal fesseln, für die Zielgruppe ab 12 fehlte mir jedoch ein durchgehender Spannungsbogen.


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    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Toibin - Long Island

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Linda Dielemans – Im Schatten des Löwen / Schaduw van de leeuw“ zu „Linda Dielemans - Der Schatten des Löwen / Schaduw van de leeuw“ geändert.