Katie McLane - Never really me

  • Rezension: „Never really me“ von Katie McLane


    Klappentext

    Mehr als acht Jahre lang und fast dreitausend Meilen weit bin ich vor allem davongelaufen, besonders vor ihr. Nur, um ihr jetzt in meinem eigenen Nachtclub zu begegnen.

    ETHAN – Ich bin das erfolgreiche Arschloch, das reihenweise Weiber flachlegt und sich ab und zu einen Adrenalinkick holt. Ein wunderbares Leben, könnte man meinen. Bis meine erste Liebe auftaucht und unsere verkorkste Vergangenheit heraufbeschwört. Und damit auch mein dunkelstes Geheimnis.

    LILLIAN – Ich erkenne meinen Jugendfreund kaum wieder, purer Sex und Arroganz auf zwei Beinen. Er ist abscheulich zu mir, provokant ehrlich und ruchlos, will mich damit auf Distanz halten. Doch diesen Fehler werde ich kein zweites Mal begehen. Und davon kann mich auch die Dunkelheit in seinen Augen nicht abschrecken.


    Buchtitel und Coverdesign

    Das Cover ist vom Untergrund her komplett in schwarz gehalten und vermittelt so einen sehr düsteren und geheimnisvollen Eindruck. Aus der oberen linken und der unteren rechten Ecke züngeln flackernde gelbe Flammen in Richtung der Covermitte. Sie hellen die Dunkelheit auf, strahlen den Leser förmlich an, und sind ein absoluter Blickfang. Auch der Buchtitel ist in diesem gelb, wenn auch etwas heller, farblich kenntlich gemacht. In schwungvollen Buchstaben ist „Never really me“ in drei Zeilen über die Front verteilt.

    Vom Titel her könnte ich mir vorstellen, dass sich die Geschichte viel mit der Frage beschäftigt, wer man eigentlich ist und ob man sich durch eigene getroffene Entscheidungen entwickelt hat oder eher durch die Entscheidungen anderer. Vielleicht hat einer der Charaktere auch eine Art Identitätskrise – ich werde es sicher in der Geschichte erfahren.


    Charaktere

    Lillian arbeitet als Sekretärin der Geschäftsleitung bei einem großen Marketingunternehmen. Sie scheint durchweg eine graue Maus zu sein, die man locker mal übersehen oder vergessen kann. Sie ist eher konservativ, trägt immer ein ordentliches Business-Kostüm und hat, meines Wissens nach, keine Freunde. Ihre Beziehung zu ihrem Freund Willard ist gewöhnungsbedürftig – sie wirkt auf mich kindisch und lieblos, als hätte Lillian keinerlei Ansprüche an einen Partner. Generell wirkte sie zu Beginn der Geschichte sehr farblos und öde auf mich, dass ich sie gerne mal geschüttelt hätte.

    Ethan ist der Manager seines eigenen Nachtclubs. Er kümmert sich gut um seine Mitarbeiter, privat jedoch ist er ein ziemliches Ar******h. In seinem Leben scheinen nur Alkohol, Sex, eine Menge verschiedener Frauen und riskante Freizeitbeschäftigungen, wie z.B. illegale Autorennen, eine Rolle zu spielen. Mit all dem versucht er vehement vor seinen mehr als düsteren Gedanken davonzulaufen. Zusätzlich ist Ethan noch Teil der sozialen Organisation ‚Blue Guardian‘, bei der er sich um einen traumatisierten Jugendlichen kümmert. Man kann definitiv sagen, dass Ethan eine sehr kontrastreiche Persönlichkeit hat, die nicht immer ganz so leicht zu verstehen ist.


    Schreibstil und Handlung

    Für mich war „Never really me“ das erste Buch der Autorin und ich muss sagen, dass es mir vom Schreibstil her sehr gut gefallen hat. Angenehm und flüssig wurde ich durch die Geschichte geführt und von den Worten ausgehend wollte ich immer weiter und weiter lesen. Auch der Perspektivenwechsel in der ersten Person von Kapitel zu Kapitel hat dafür gesorgt, dass man einen tiefen Einblick in die Protagonisten nehmen konnte, was auch den Drang steigerte, wissen zu wollen, wie sie sich entwickeln, etc. Leider muss ich hier allerdings anmerken, dass für mich verschiedene Gedankengänge und auch Gefühlsauslegungen nicht immer nachvollziehbar gewesen sind. Auch wenn ich nicht alles so verstehen konnte, wie vielleicht notwendig gewesen wäre, um zu 100 % in die Geschichte abzutauchen, ist die Darstellung all der widersprüchlichen Gedanken in Lillians und Ethans Kopf sehr deutlich und genau zum Ausdruck gebracht worden – das hat mir dann doch sehr gut gefallen. Auch die Verwendung der vielen unterschiedlichen Emotionen, die zwischen den beiden hochkochen, wie Freude, Trauer, Erregung, etc. ist sehr gut gelungen und hat für ein recht intensives Leseerlebnis gesorgt. Besonders die Anziehung zwischen Lillian und Ethan ist mit ihrer verruchten, sexy und überaus heißen Art sehr gut zur Geltung gekommen. Auffällig war auch, dass bestimmte Umgebungsbeschreibungen äußerst genau gewesen sind, sodass man sich die Orte perfekt vor Augen vorstellen konnte, während an anderer Stelle leider nahezu komplett auf Beschreibungen dieser Art verzichtet worden sind. Eine etwas ausgeglichenere Variante hätte mir an dieser Stelle besser gefallen, auch um sich die einzelnen Handlungsszenen teilweise besser vorstellen zu können.

    Inhaltlich gesehen war die Story anders, als ich es erwartet hatte. Meine Erwartung bezog sich auf alte Freunde, die sich Jahre später wiedertreffen, einiges aufzuarbeiten haben, sich langsam wieder annähern und wieder zusammenfinden, etc. Der Klassiker vom Gedanken her. Grundsätzlich war das auch so, allerdings mit vielerlei Aspekten gespickt, die leider nicht meinen persönlichen Vorlieben entsprochen haben. Die Charaktere z. B. waren ziemlich in ihrem Denken, hier speziell in den Erlebnissen der Vergangenheit, festgefahren. Interessant waren auf jeden Fall die Rückblicke eben dieses Vergangenheit, um das Denken und Handeln der Charaktere in der heutigen Zeit zu verstehen, allerdings wäre ich grundsätzlich mit vielen Dingen anders umgegangen, als es die Protagonisten in „Never really me“ tun. Viele Probleme und Taten von Ethan rührten von Eifersucht her, die viele Jahre Zeit hatte, sich aufzustauen. Für mich ist Eifersucht allerdings ein so schwaches Motiv, dass seine deshalb geplanten Racheaktionen auf mich einfach nur kindisch und sinnlos gewirkt haben sowie seinen Charaktere äußerst unsympathisch haben erscheinen lassen. Wenn man Lillian in der Geschichte näher betrachtet hat, wird auffällig, dass sie eine sehr starke Entwicklung durchmacht – von der grauen Maus hin oder eher zurück zu einer selbstbewussten Frau. Leider ging dieser Vorgang viel zu schnell vonstatten, um noch realistisch zu wirken, und außerdem wurde schnell deutlich, dass sie gewisse Marotten von ihrer letzten Beziehung direkt auf mit in die neue projizierte. Bei beiden Charakteren kam es mir irgendwann so vor, als würden sie pausenlos nur Rumjammern, statt endlich was an ihrer Situation aktiv zu ändern. Lillian gelang die Änderung auf jeden Fall schonmal besser als Ethan, aber trotzdem war es ein ständiges Hin und Her zwischen den beiden, ohne dass neue Aspekte einen Part in der Geschichte gefunden haben, dass es mich kurzzeitig sogar genervt hat. Zusätzlich gab es auch viele Szenen, die sich für mich einfach befremdlich angefühlt haben. Einerseits, weil verschiedene Dinge wirklich Geschmackssache sind, und andererseits, da einige Aspekte einfach nicht zu meiner Erziehung oder auch meinen bisherigen im Leben gesammelten Erfahrungen gepasst haben.

    „Never really me“ fasst eine Menge ernster Themen zusammen, wie z. B. Verlust eines guten Freundes, Trauer, aber auch Eifersucht, die Frage nach der eigenen Identität, das Erkennen seiner eigenen Träume und Wünsche, etc. Es ist eine Menge, was hier unter einen Hut gebracht worden ist. Einige Bereich wurden ausführlicher und realistischer dargestellt als manch andere. Jedes dieser Themen bedurfte sehr viel Aufarbeitung und Verständnis, was mich allerdings nicht immer erreichen konnte, da sich einige Szenen für meinen Geschmack zu stark ähnelten und so eine Art Doppeleffekt hervorgerufen haben. Auch wenn man die beiden Bereich nicht miteinander vergleichen sollte – ähnlich ging es mir mit den Sexszenen zwischen Lillian und Ethan. Am Anfang war noch alles unglaublich heiß und verrucht und es hat Spaß gemacht, diese zu lesen. Aber irgendwann schwang das um, denn bei jeder Begegnung, die die beiden auf diese Art hatten, lief es gefühlt nach Schema F ab und es wurde nichts Neues mehr mit hineingebracht.

    Besonders positiv hervorheben möchte ich an dieser Stelle aber noch den abschließenden Epilog. Mir gefiel die darin deutlich werdende Entwicklung in der Beziehung von Lillian und Ethan sehr gut. Wie locker und angenehm der Umgang miteinander geworden ist, wie sie zueinander stehen und vor allem, dass sie nicht mehr in einem Meer aus Düsternis versinken. In Anbetracht der vorhergehenden Szenen ein überaus realistischer und harmonischer Abschluss, der sogar mich sehr glücklich machen konnte. Gerne würde ich z. B. auch Kurzgeschichte über die beiden lesen, wie es ihnen vielleicht in ein paar Jahren in der Zukunft ergangen ist. Nach diesem Abschluss würde mich das sehr interessieren.

    Man merkt, ich hatte einiges zu diesem Buch zu sagen, aber so langsam komme ich zum Ende. Das wohl Wichtigste an einer Geschichte ist wohl unter anderem die Kategorisierung in ein Genre und hier muss ich sagen, dass „Dark Romance“ für mich nicht wirklich gepasst hat. Klar, Ethan und Lillian sind auf jeden Fall emotional kaputte Charaktere, aber nur weil Ethan sich die erste Hälfte dauerhaft wie ein Idiot aufführt und ganz offensichtlich mit starken psychischen Problemen zu Kämpfen hat, reicht das noch lange nicht für diese Genrezuordnung aus. Für mich war es eher eine sehr düstere New-Adult-Geschichte mit einer großen Menge an Vergangenheitsaufarbeitung. Letztendlich haben Lillian und Ethan schließlich, glücklicherweise, nahezu jegliche Dunkelheit verloren.


    Fazit

    „Never really me“ hat mich leider etwas zwiegespalten zurückgelassen. Der Schreibstil war auf jeden Fall top, weshalb ich auch gerne noch weitere Bücher der Autorin lesen würde. Allerdings konnte mich der Inhalt nicht so mitreißen, wie ich es mir gewünscht hätte, was meistens daran gelegen hat, dass ich eine ziemlich unterschiedliche Einstellung zum Leben und vereinzelten Handlungen der Protagonisten hatte als diese selbst und ich mich dadurch bedingt nicht vollständig in sie hineinversetzen konnte.


    Bewertung: 3 YYY von 5 Sternen