Flannery O'Connor - Die Gewalt tun / The Violent Bear It Away

  • Die Autorin (Q: Arche Verlag): Die am 25. März 1925 in Savannah im US-Bundesstaat Georgia geborene Mary Flannery O’Connor war eine amerikanische Schriftstellerin. studierte zunächst Soziologie. Mit dem Schreiben begann sie im berühmten Iowa Writer’s Workshop. 1951 wurde bei ihr Lupus erythematodes diagnostiziert, woraufhin sie auf die Farm ihrer Vorfahren zurückkehrte und dort Hühner, Enten, Gänse und hundert asiatische Pfauen hielt. Ihr Werk umfasst zwei Romane und 31 Kurzgeschichten. Flannery O’Connor starb am 3. August 1964 in Baldwin County, Georgie, im Alter von 39 Jahren an den Folgen ihrer Krankheit.


    Klappentext (Q: Diogenes): Dieser Roman spielt im amerikanischen Süden und erzählt die Geschichte von Francis Marion Tarwater, dem von seinem Großonkel geweissagt worden er ist, er sei zum Propheten ausersehen und werde das schwachsinnige Kind Bishop taufen. Der Vater des kleinen Bishop widersetzt sich diesem Vorhaben heftig, und so entbrennt ein Kampf zwischen ihm und Tarwater um den Jungen. Es ist ein Kampf zwischen Gefühl und Verstand, Passion und Intellekt, archaischer Gläubigkeit und spitzfindigem Atheismus. Seine Beschreibung gehört zu den packendsten des Buches. Tarwater bleibt schließlich als Sieger und Besiegter zurück.
    Flannery O'Connor schreibt eine kraftvolle und mutige Prosa, die erschreckt, aber das Erschrecken durch ihren trockenen Humor ertragbar macht.
    „Eines der originellsten und merkwürdigsten Bücher seines Jahrzehnts.“ (Spectator, London)


    Englischsprachige, deutsche, französische und italienische Ausgaben:

    • Der Roman erschien im amerikanischen Original zunächst 1960 als „The Violent Bear It Away“ als Nr. N303 in der Reihe „Noonday“ bei Farrar, Straus & Cudahy in New York sowie bei Faber & Faber in London, nachgedruckt auch bei Longmans Green (243 Seiten).
    • Eine erste deutsche Übersetzung von Leonore Germann erschien 1962 unter dem Titel „Das brennende Wort“ bei Hanser in München (199 Seiten). Eine Neuübersetzung besorgte Cornelia C. Walter. Sie erschien als „Die Gewalt tun" im Jahr 1987 als Diogenes-Taschenbuch Nr. 21562 im Diogenes Verlag in Zürich (198 Seiten).
    • Eine französische Übersetzung besorgte Maurice-Edgar Coindreau. Sie erschien 1965 als „Et ce sont les violents qui l'emportent“ in der Reihe „Du monde entier“ bei Gallimard in Paris, wiederaufgelegt und mit einem Vorwort von J.M.G. Le Clézio versehen auch noch im Jahr 1990.
    • Eine erste italienische Übersetzung erschien 1969 als „Il cielo e dei violenti“ bei Longanesi in Milano. Insgesamt gibt es zwei Übersetzungen, eine von Ida Omboni (die 2008 bei Einaudi in Turin verlegt wurde), eine von Gaja Cenciarelli (die 2020 bei Minimum fax in Rom verlegt wurde).


    Meine Einschätzung:

    Dem geistreichen, düster-satirischen Roman, in dem ständig um die Religion gestritten wird, gerungen um die Seele eines geistig eingeschränkten Kindes, ist ein Bibelzitat vorangestellt, das die Geschichte gut umreißt:

    Zitat von Zitat von Matthäus 11;12

    Aber von den Tagen Johannis, des Täufers, bis hierher leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, reißen es an sich.

    Ein unausstehliches Monster von Buch über den moralischen Kampf zwischen einem pragmatischen Lehrer und seinem strenggläubigen Cousin, dem verwaisten Vierzehnjährigen Francis Marion Tarwater, gesegnet mit all der bornierten Selbstüberschätzung der Jugend und kompromissloser Glaubensstrenge. Es passieren unglaubliche und schockierende Dinge, bei denen ich zwei-, dreimal kräftig schlucken musste. Und vor allem wird dem Leser nicht vorgekaut, welche Haltung es einzunehmen gilt. :thumleft: Das ist kratzbürstig und von einer Komik, die einem im Gesicht gefriert. :shock: Ein Southern-Gothic-Klassiker, der zeigt, dass die Gnade, die einem widerfahren kann, keine mildtätige Streicheleinheit sein muss, sondern oft ein Schlag in die Rippen. Ein Country Noir über die Gleichzeitigkeit von Schöpfung und Zerstörung, das anti-intellektuelle Gepräge einer fundamentalen christlichen Moral und die eingeschriebene Gewalt in Handlungen, die andere Menschen zum Guten bewegen wollen. :shock:

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 55 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Eine Neuauflage des amerikansichen Originals "The Violent Bear It Away", 2007 in der Reihe "FSG Classics" bei Farrar, Straus and Giroux veröffentlicht.

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  • Die französische Übersetzung von Maurice-Edgar Coindreau (zunächst 1965 als „Et ce sont les violents qui l'emportent“) erschienen, hier in einer Neuauflage mit einem Vorwort von J.M.G. Le Clézio von 1995 bei Gallimard.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

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  • Die italienische Übersetzung von Gaja Cenciarelli in einer Ausgabe aus dem Jahr 2020, als „Il cielo e dei violenti“ bei Minimum fax in Rom veröffentlicht.

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  • Das klingt interessant und kommt direkt auf meinen Wunschzettel.


    Peinlicherweise habe ich Flannery O'Connor immer für einen Mann gehalten :pale:

  • Flannery O´Connor ist eine ganz tolle Autorin. Ich habe sie durch tom leo kennengelernt. Das Buch von Jean van der Vlugt ist ja leider nur noch zu horrenden Preisen zu bekommen, wenn überhaupt noch.

    Ich selbst habe das verlinkte Buch mit Erzählungen von ihr. Ich weiß noch wie mich die erste Erzählung fast umgehauen hatte.


    Magdalena Ich beneide dich ja fast darum, dass du sie ja in Original lesen kannst. Wenn dir O´Connors Stil zusagt, dann können dir viele interessante Lesestunden bevorstehen. Sie ist aber auch wirklich ... ähm hammerhart. Mir fällt immer hammerhart ein, wenn ich an sie denke. Und düster mit einem Hauch von Licht.

    Das Buch muss ich unbedingt noch einmal lesen.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Ach ja, das hier ist dann noch die erste deutsche Übersetzung "The Violent Bear It Away", besorgt von Leonore Germanen, die 1962 unter dem Titel „Das brennende Wort“ bei Hanser in München veröffentlicht wurde (199 Seiten).

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

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  • Wer bei Flannery einmal angebissen hat und es eventuell auf Englisch probieren und kosten kann, dem sei diese wirklich sehr komplette Gesamtausgabe empfohlen. Eigentlich ein günstiger Preis, denn wenn man sich das separat besorgt kommt es viel teurer.


    In her short lifetime, Flannery O’Connor became one of the most distinctive American writers of the tentieth century. By birth a native of Georgia and a Roman Catholic, O’Connor depicts, in all its comic and horrendous incongruity, the limits of worldly wisdom and the mysteries of divine grace in the “Christ-haunted” Protestant South. This Library of America collection, the most comprehensive wever published, contains all of her novels and short-story collections, as well as nine other stories, eight of her most important essays, and a selection of 259 witty, spirited, and revealing letters, twenty-one published here for the first time.