Allan Prior - Verhör im Zwielicht / The Interrogators

  • Kurzmeinung

    Jean van der Vlugt
    Police Procedural, seiner Zeit voraus, über Menschen, deren Leben & Ansichten in unterschied. Bahnen festgefahren sind.
  • Autor (Quelle: wikipedia.org und flubow.ch): Der am 13. Januar 1922 in Newcastle upon Tyne, Northumberland, geborene TV-Drehbuchschreiber und Romanautor Allan Prior verbrachte die meiste Zeit seiner Kindheit und Jugendzeit in Blackpool. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Prior als Beamter, Journalist und Werbetexter, ehe er Schriftsteller wurde. Zwischen 1951 und 1986 veröffentlichte er 20 Bücher, von denen zehn Kriminalromane waren. Anfang der 1990er verfasste er noch die autobiografisch angehauchten Romane "The Old Man and Me" und "The Old Man an Me Again". Außerdem gehen mehr als 300 TV-Serien-Folgen und mehr als 70 Radiohörspiele auf seine Kappe. Er war unter anderem Schöpfer und Hauptautor der einflussreichen BBC-Polizeiserie "Z-Cars" (in der BRD als "Task Force Police", in der DDR als "Freie Hand für Barlow" bekannt) und deren Spin-Off-Serie "Softly, Softly". In den Jahren 1962 und 1964 wurde er mit dem Crime Writers' Association Award ausgezeichnet. 1962 und 1965 erhielt er den Writers Guild of Great Britain Award, 1963 den Grand Prix de Littérature Policière und 1974 einen BAFTA Award. Er starb mit 84 Jahren am 1. Juni 2006 in St. Albans, Heartfordshire.
    In deutscher Übersetzung liegen von ihm die Kriminalromane "Flieh, wenn du kannst" (OT: One Away, 1961) und "Verhör im Zwielicht" (OT: The Interrogators, 1965) vor.


    Der sehr ausführliche (und gerade zum Ende hin wirklich nur noch salbadernde) Klappentext (Quelle: Mosaik Verlag): In Arkley, einer ruhigen Provinzstadt im Norden Englands, läutet um fünf Uhr früh das Telefon bei Detektiv-Sergeant Jack Eaves, Die vierzehnjährige Vera Small ist vergewaltigt und ermordet aufgefunden worden, und Inspektor Sid Savage ruft seinen Assistenten zum Dienst. Für den alten Hasen Savage, der kurz vor seiner Pensionierung steht, handelt es sich bei der Aufklärung des Falles um eine reine Routinearbeit; er vertraut auf seinen legendären sechsten Sinn, er wird den Mörder in kürzester Zeit fassen und so seinen letzten Lorbeer ernten.
    Der Verdächtige ist schnell zur Hand – zu schnell für den gründlichen, intelligenten und sensiblen Eaves, den die drastischen Verhörmethoden seines Chefs Savage anwiedern. Stanley Norris kann nicht der Täter sein, es wäre zu einfach. Aber Norris ist vorbestraft, sein Vergehen: Notzucht an einer Minderjährigen. Ein klarer Fall für Savage. Nach fast siebzig Stunden Verhör ist es soweit: Savage gelingt es, dem völlig eingeschüchterten Norris ein Teilgeständnis zu suggerieren. Norris hält es jetzt fast selbst für möglich, das Verbrechen an Vera Small in einem Anfall von Bewusstseinsstörung begangen zu haben. Doch dem jungen Eaves gefällt die Sache nicht. Seinem scharfsinnigen Intellekt gelingt es schließlich, Inspektor Savage von der Unhaltbarkeit seiner Theorie zu überzeugen.
    Und in diesem Augenblick läuft die Meldung von einem weiteren Notzuchtsversuch ein. Und diesmal setzt die Polizei an der richtigen Fährte an. Seit 72 Stunden sind die Männer nicht aus den Kleidern gekommen; ihr Ehrgeiz, die aufgebrachte Öffentlichkeit, die wütende Presse lassen sie ihre Erschöpfung vergessen. Wieder kommt es zum Verhör, das von einer ungewöhnlichen Dramatik vorangetrieben wird. Die Verhörenden werden selbst zu Verhörten, lang verborgene Geheimnisse kommen ans Licht, die Vergangenheit wird lebendig, und keiner der Beteiligten wird noch derselbe sein, wenn der Schlusspunkt unter die Anklageschrift gesetzt ist.


    Der Roman erschien im Original unter dem englischen Titel "The Interrogators" 1965 bei Cassell & Company in London und bei Ballantine Books in New York. Eine Ausgabe auf Schwedisch folgte unter dem Titel "Sista uppdraget" 1966 bei Bergh in Malmö und eine auf Französisch von Jack B. Hess unter dem Titel "Une petite ville bien tranquille" 1966 bei Presses de la Cité in Paris. Die deutsche Übersetzung von Ilse Lauterbach erschien 1966 unter dem für meinen Geschmack zu poetischen, betulichen Titel "Verhör im Zwielicht" beim Mosaik Verlag in Hamburg. Diese hartgebundene Ausgabe umfasst 350 Seiten. Spätere deutsche Taschenbuchausgaben gibt es leider nicht.


    "Verhör im Zwielicht" ist seiner Zeit weit voraus als kristallklare Chiffre des modernen Police Procedurals, die uns alle im Krimigenre derzeit als Standard umgibt - in Romanen, in Fernsehserien, Filmen - mit all dem Leiden der Kriminalisten unter der Härte ihres Berufs und dem in die Brüche gehenden Ehealltag. Der Roman ist randvoll mit psychologisch stimmiger Personenzeichnung und bloßlegenden Dialogen: Mehr oder wenige glückliche Lebens- und Liebesgeschichten werden geschickt verknüpft, die Handlung ruht auf diversen Schultern, die Typen sind noch nicht zu wandelnden Klischees verkommen. Ich mag vor allem, dass die Ehefrau des Kommissars nicht nur die illustrierende Staffage eines Eheproblems ist, sondern eine vollwertige, eigensinnige Figur darstellt (vielleicht sogar die wichtigste des Romans). Ganz nebenbei, aber tiefgründig und vor allem ergebnisoffen werden moralische Fragen erörtert, während im Hintergrund eine aufgebrachte Kleinstadt Blut sehen will. Insofern ist "Verhör im Zwielicht" fast ein Kleinstadtroman über das moralische Klima in der Provinz und die Schwierigkeiten, sich als Außenstehende(r) mit der Mentalität anzufreunden. Vor allem aber ist es ein großartiger, recht komplexer Kriminalroman, der im Grunde von Menschen handelt, deren Leben und Ansichten in unterschiedlichen Bahnen festgefahren sind.

    Trotz des etwas knapp hingehuschten Schlusses die Höchstwertung: Fünf :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sterne.

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  • Hier eine englische Pan-Taschenbuchausgabe von 1967 unter dem Originaltitel erschienen.

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  • Oder eine englische Kindleausgabe von 2013 bei Mulholland Books.

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  • Die französische Übersetzung von Jack B. Hess, 1966 in Paris bei Presses de la Cité erschienen.

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