Alicia Zett - Not your type

  • Not your type - Alicia Zett


    Droemer Knaur

    368 Seiten

    LGBTQ+

    Band 1 (einzeln lesbar)

    01. Februar 2021


    Inhalt:


    Die zwanzigjährige Studentin Marie ist in ihren stillen Kommilitonen Fynn verliebt, und auch Fynn empfindet für Marie mehr, als er sich selbst eingestehen will. Denn eigentlich lässt Fynn niemanden an sich heran: Keiner soll wissen, dass er trans ist.

    Einen wie ihn kann man nicht lieben, meint er.

    Doch dann finden sich Fynn und Marie unversehens mit einigen Freunden auf einem Roadtrip nach Italien wieder.

    Langsam kommen die beiden einander näher, das Mittelmeer als Ziel vor Augen.

    Jetzt muss Fynn sich entscheiden, wie viel er Marie anvertrauen kann, ohne sie für immer zu verlieren …


    Meinung:


    Ich gestehe, das ist meine erste Lektüre, die sich um eine Transperson dreht. Ich lese sonst anderes aus dem LGBTQ+ Bereich.

    Gayromance, Outingstorys und all das. Und „Not your Type“ hat sich irgendwie wunderbar normal angefühlt beim Lesen.

    Da waren keine Unterschiede zu anderen Lovestorys sichtbar.

    Einzig die Charaktere hatten alle jeweils verschiedene Hintergründe, die sie hinter sorgfältigen Fassaden verbergen.

    Es ist schade, dass die LGBTQ+ Gemeinschaft es zur heutigen Zeit an manchen Orten noch so schwer hat - ist sie doch so bunt und lebhaft. Aber das ist ein anders Thema.


    Fynn ist Einzelgänger. Aufgrund seiner Trans-Persönlichkeit leidet er seit seiner Kindheit unter schweren Bindungsstörungen.

    Er hat kaum Freunde, meidet Berührungen und ganz ehrlich?

    Obwohl mir das Thema theoretisch fremd ist, konnte ich seine Beweggründe so gut nachvollziehen.

    Vertrauensangst ist mir auch nicht fremd. Menschen können verletzen, gemein sein, vor allem, wenn man anders ist.

    Und die Autorin hat diese Emotionen wundervoll umgesetzt.

    Insofern man dabei von „wundervoll“ sprechen kann.


    Der Schreibstil und die Erzählperspektive unterstreichen das Ganze nochmal.

    Der Stil vermittelt eine permanente Angespanntheit, schafft eine Umgebung, bei der man sich wohl und unwohl zugleich fühlt.

    Im Verlauf der Handlung schwanken die Gefühle wie ein Stimmungsbarometer.

    Nicht nur bei Fynn, auch bei der zweiten Protagonistin Marie kann man das sehr gut feststellen.

    Es wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive der beiden Charaktere erzählt.

    Das schafft ironischerweise nochmal eine engere Bindung zwischen dem Leser und den Figuren.

    Und obwohl diese Bindung vorhanden war und ich Gemütslagen nachvollziehen konnte, war es mir nicht intensiv genug für ein solches Thema. Da muss ich leiden, lachen, zittern, weinen auf einer tiefen, tiefen Ebene.

    Das war hier nur zur Hälfte gegeben - ausreichend, aber nicht genug.


    Was mir ebenfalls gut gefallen hat, aber nicht genug war, waren Spannungsmomente.

    Solche, in denen man die Luft anhält, emotional überrollt wird oder einfach nur Euphoriehochs erlebt.

    Fynn wird von Joon aus seiner düster, grauen Welt gerissen, erlebt mit ihm und seinen Freunden den Roadtrip seines Lebens, lernt wieder Menschen zu vertrauen und nicht mehr von sich zu stoßen.

    An sich wirklich schön, gelungen, abenteuerlich.

    Jedoch, bis auf das Ende, ohne große Überraschungsmomente und Knalleffekte. „Not your type“ setzt viel auf Emotionen und Atmosphäre, weniger auf wirkungsvolle Handlungssituationen - das hätte die Geschichte für mich abgerundet.

    Natürlich muss nicht immer alles dramatisch sein. Aber zumindest eine Prise aufregender.


    Mal davon abgesehen ist dieser LGBTQ+ Roman gelungen.

    Unterhaltsam. Ein wenig aufklärend. Tolerant. Gefühlvoll und auf mich wirkte es definitiv authentisch.

    Fynn und Maries zarte Annäherung verursacht Herzflattern, Noahs und Chiaras Liebe ein Wonnegefühl und Joon peppt die Truppe mit Humor und starkem Charakter auf.

    Frau Zett schreibt vielleicht nicht ausschweifend, tiefgreifend genug für mich, aber eindeutig fesselnd!


    Fazit:


    „Love is queer“ sollte viel öfter in Büchern eine Bedeutung finden.

    Und zwar so oft, bis es normal geworden ist darüber zu lesen und zu schreiben.

    Fynns Geschichte ist tragisch, hilft aber beim Verstehen.

    Seine Gedankenwelt ist von einem dunklen Vergangenheitsschleier durchzogen, dafür strahlt Maries Licht umso heller.

    Das Buch trumpft mit einer kontinuierlich schönen Emotionspalette auf, verliert aber ein paar Punkte beim „Spannungsbogen“ und der Intensität des Ganzen. Alles in allem ein wunderbares, lehrreiches Abenteuer durch Europa, bei dem man vielfältige Charaktere begleiten kann.


    Bewertung:


    ⭐️⭐️⭐️⭐️ (4/5)

  • Diese Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven von Marie und Fynn erzählt und ist eine Mischung aus Roadtrip, Selbstfindungs-, Freundschafts- und Liebesroman.


    Direkt zu Beginn der Geschichte hat mir gefallen, wie natürlich die Charaktere wirken. Fynn hat keinerlei Freunde und bleibt immer für sich, weil er befürchtet, nicht akzeptiert zu werden. Mir hat sehr gefallen, wie authentisch und nachvollziehbar die Autorin seine Gefühlswelt dargestellt hat, mit all seinen Ängsten und Unsicherheiten. Ohne mich mit dem Thema auszukennen hat sie es geschafft, dass ich Fynns Handlungen über das gesamte Buch hindurch immer plausibel fand. Lediglich seine spontane Entscheidung, an einem Roadtrip mit ihm völlig unbekannten Personen teilzunehmen, fand ich nicht ganz nachvollziehbar.


    Auch in Marie konnte ich mich sehr gut hinein versetzen. Sie ist unglücklich mit ihrem Studium und zugleich ratlos, was sie stattdessen aus ihrem Leben machen möchte. Ihre Probleme erscheinen im ersten Moment vielleicht nichtig im Vergleich zu denen, welchen Fynn sich stellen muss; dennoch sind sie genauso beängstigend und existenziell. Fynn und Marie sind sich durch ihre Probleme und ihre Art, mit diesen umzugehen, in gewisser Weise sehr ähnlich, wodurch sie einander verstehen, ohne die Probleme des jeweils anderen genau zu kennen. Dies führt dazu, dass sie sich auf natürliche Weise im Verlauf der Geschichte aneinander annähern.


    Mir hat sehr gefallen, welche Themen hier aufgegriffen wurden und wie es sich nicht nur um eine Liebesgeschichte, sondern vor allem auch um eine Geschichte um Freundschaft und Selbstakzeptanz handelt. Für meinen Geschmack hätte es noch zwei oder drei "dramatische" Szenen geben dürfen, da die Handlung im Mittelteil etwas auf der Stelle getreten ist. Und ich hätte mir gewünscht, dass uns das Buch noch etwas mehr in die Beziehung der beiden mitgenommen hätte; noch ein paar mehr Szenen nach der "großen Enthüllung" und wie Marie damit umgeht.


    Fazit:

    Eine wirklich schöne, emotionale Geschichte mit wichtigen, aktuellen Themen. Ich freue mich auf die nächsten Bücher der Reihe und vergebe empfehlenswerte :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sterne.

    Erfahrung heißt gar nichts. Man kann seine Sache auch 35 Jahre schlecht machen. Kurt Tucholsky :wink:


  • Auf mich hat dieses Buch einen durchwachsenen Eindruck gemacht. Positiv ist, dass die Autorin mich mit ihrem Schreibstil durchaus fesseln konnte (wobei mich das Thema ohnehin interessiert, aber das heißt ja noch nicht automatisch, dass man dann auch dran bleibt). Die Figuren waren mir auch sympathisch, inklusive der Nebencharaktere wie Freunde und Familie von Marie.


    Weniger schön ist, dass das Buch etwas "weichgespült" wirkt. Wirklich negatives hat sich nur in Fynns Vergangenheit abgespielt und selbst das wirkt eher blass, wenn man bedenkt, wie sehr Fynn deshalb psychisch leidet. Die Verwicklungen der Gegenwart sind weitgehend harmlos, wenn auch unterhaltsam und das Ende ist absehbar.


    Auch ich hätte mir gewünscht, dass man mehr über die Beziehung der beiden Protagonisten erfährt. Und was den körperlichen Aspekt angeht, wird nur die Problematik der störenden Brüste dargestellt, aber was ist mit dem primären Geschlechtsmerkmal? Kein Wort dazu, was Fynn plant oder wie Marie das sieht, die doch offenbar heterosexuell ist. Das gehört für mich zum Thema Transsexualität, auch in einem Jugendbuch.


    Am Rande hat mich auch die immer wieder mal eingeworfene "Werbung" für veganes Essen genervt, da musste wohl dem Zeitgeist Tribut gezollt werden.


    Man kann das Buch aber durchaus lesen, wenn man einen leichten Einstieg in das Thema sucht.