Lilja Sigurðardóttir – Der Käfig / Búriđ

  • Klappentext/Verlagstext
    Sonja wünscht sich nichts sehnlicher, als ein normales Leben zu führen. Alle Brücken wollte sie hinter sich abbrechen und in London neu anfangen, weit weg von ihrer Vergangenheit und ihrer Heimat Reyk­javík. Doch ihre Pläne werden zunichte gemacht: Sie muss mit ihrem Sohn Tómas zurück nach Island und mit langjährigen Gegnern abrechnen, wenn sie am Leben bleiben will. Für ihre Exfreundin Agla haben sich die Gefängnistore derweil wieder geöffnet, doch ist sie gefangen in ihrer Einsamkeit. Ihre Beziehung zu Sonja hat sie aufs Spiel gesetzt und verloren. Als sie von einem großen ausländischen Unternehmen gebeten wird, sich in ein Komplott in der Aluminiumbranche einzumischen, willigt sie resigniert ein und recherchiert mit Hilfe ihrer Erzfeindin, der investigativen Journalistin María. Bald schweben die beiden Frauen in höchster Gefahr, denn der skrupellose Geschäftsmann Ingimar schreckt vor nichts zurück, um sein Imperium zu schützen ? doch er hat keine Ahnung, auf welchem Pulverfass er sitzt …


    Die Autorin
    Lilja Sigurðardóttir wurde 1972 in der isländischen Kleinstadt Akranes geboren und wuchs in Mexiko, Spanien und Island auf. Bereits mehrfach ausgezeichnet für ihre Theaterstücke, wurde sie mit ihrer Reykjavík-Trilogie auch einem internationalen Publikum bekannt. Band 1 und 2 der Reihe erschienen 2020. Eine Verfilmung ist in Planung.


    Inhalt

    Einige Jahre sind vergangen seit der Begegnung zwischen der Bankerin Agla, der Drogenschmugglerin Sonja und der Sonder-Ermittlerin María. Sonja hat Island verlassen und versucht in London noch immer, ihren Sohn Tómas vor ihren Verfolgern aus dem 2. Band zu schützen. Sonja vertraut niemandem mehr. Agla sitzt „im Käfig“ eine Gefängnisstrafe für Wirtschaftsbetrug ab und María krebst gemeinsam mit einem psychisch kranken Kollegen als Investigativermittlerin am Rande des Existenzminimums herum. Nur an Ingimar, mit dem Sonja damals einen erbitterten Kampf ausgetragen hatte, scheinen die vorhergehenden Ereignisse spurlos abgeprallt zu sein. Aglas Kenntnisse und Beziehungen als Bankerin führen in diesem Band einen Besucher zu ihr ins Gefängnis, der in Island verdächtige Beobachtungen im Handel mit Aluminium untersucht haben möchte. Agla beauftragt María mit Ermittlungen zum Meteorite-Metal-Konzern, deren Zwei-Personen-Agentur durch den Fall endlich neue Auftraggeber aquirieren könnte. Internationale Konzerne, die für ihre Produktion im Land kostbares Wasser verschwenden, die Gewinne jedoch nicht versteuern, machen sich wenige Jahre nach der Wirtschaftskrise sicherlich keine Freunde - und wären für Islands Presse ein gefundenes Fressen. An einem anderen Ort plant ein 16-Jähriger ein ganz großes Ding, um seine Freundin damit zu beeindrucken.


    Der Abschlussband der Reykjavik-Trilogie wirkte auf mich zunächst nur schwach mit den Vorgängerbänden verknüpft, weil Bragi und Sonja sich offenbar aus ihrem jeweiligen Tagesgeschäft zurückgezogen haben. Könnte ein Generationswechsel anstehen im Drogenhandel Islands, in dem Sonja damals als Kurierin arbeitete? Bald drängte sich jedoch Struktur der Reihe wieder in den Vordergrund, in der mehrere Figuren Ziele verfolgen, deren Motive sich Sigurðardóttirs Lesern jedoch erst in letzter Minute erschließen. Welche Verbindungen könnten zwischen Agla, Ingimar und dem Jugendlichen bestehen – und wie passt die ausgewanderte Sonja in dieses Bild, fragt man sich. Ein privates Foto erst führt María auf die richtige Spur, nachdem sie sich zuvor in lebensgefährliche Situationen gestürzt hat.


    Fazit
    Nach eher gemächlichem Anfang findet Sigurðardóttir im Abschlussband zu ihrem gewohnten Tempo zurück und bringt in extrem kurzen Kapiteln diesen Band und die Reihe zu einem befriedigenden Abschluss.


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    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Arnott - Limberlost

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Interessante Fortsetzung der Island-Trilogie


    Die zielstrebige und nach außen hin starke Agla kann mit den Konsequenzen ihres bisherigen Lebens nicht zurechtkommen. Die Haftzeit und das Ende ihrer Beziehung zu Sonja zerren an ihren Kräften, sie zweifelt am Sinn ihres Lebens. Noch im Gefängnis kreuzen zwei Personen ihren Lebensweg durch: die junge Drogenkurierin Elisa und der Vertreter eines ausländischen Unternehmens. Beide brauchen Aglas Hilfe und geben gleichzeitig ihrem Leben einen neuen Sinn.


    Unerwartet bekommt Agla Unterstützung von der investigativen Journalistin Maria, die früher als staatliche Ermittlerin tätig war und gegen Agla ermittelt hat. Die Lage spitzt sich zu, als der skrupellose Geschäftsmann Ingimar beide Frauen in sein Visier nimmt.



    Konsequent und unauffällig zieht sich die Schlinge um die Protagonisten der Trilogie zu. Jede Person scheint im unsichtbaren Käfig gefangen zu sein und die Befreiung daraus erscheint unmöglich.


    Das dritte Band mit einigen neuen Charakteren verwirrt am Anfang etwas. Die bisherige Hauptperson Sonja verschwindet zuerst von der Oberfläche und erscheint erst später in einer vollkommen neuen Rolle. Es war für mich ein bisschen unübersichtlich, wie es genau dazu kam. Einige weiteren Personen spielen keine Rolle mehr in diesem Teil oder werden nicht mehr erwähnt.


    Aglas Geschichte und ihr neues Leben dominieren jetzt in der Fortsetzung der Trilogie. Die früher angesehene Bankangestellte lässt ihre Kontakte spielen und kann erneut in einem bedeutenden Wirtschaftskomplott kräftig mitmischen. Auch den Kampf um ihr persönliches Glück gibt sie jetzt nicht auf.


    Kontinuierlich führt die Autorin den Leser in die Welt der Wirtschaftskriminalität, der Korruption und diversen Machenschaften ein. Ausdrucksvoll und erschütternd sind die Bilder aus der Drogenszene und die von dem Alltag im Frauengefängnis. Ilja Sigurðardóttir lässt auch die aktuellen Probleme der Gesellschaft, wie Einwanderung oder Fremdenhass, nicht außer Acht.


    Ich fand die vorherigen Bücher der Trilogie um einiges spannender als „Der Käfig“. Es ist aber trotzdem eine sehr interessante Fortsetzung der Krimireihe, die gute Unterhaltung bietet.