Christoph Ransmayr - Die Schrecken des Eises und der Finsternis (ab 09.04.2021)

  • Okay, sind wir also schon drei, die sich mehr für die reale Expedition interessieren :lol:

    Spannend, interessant wie hier die „Kunstfigur“ Mazzini die Leser bewegen kann, man sich intensiv mit dieser beschäftigt und versucht zu ergründen wieso „um Himmels Willen“ der Autor diese eingefügt hat.

    Übrigens es ist nicht so dass mich die reale Expedition nicht interessiert, denn ansonsten würde ich nicht gleichzeitig die Aufzeichnungen von Julius Payer lesen.

    Ich bin einfach begeistert vom „Gesamtpaket“, dazu gehört für mich Josef Mazzini.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Vielleicht drängt er sich aber auch nur so in den Vordergrund weil er Dich so nervt? Nervige Dinge fallen einem ja immer stärker ins Auge als alles andere.

    Das ist mit Sicherheit so. :mrgreen:


    Denn vom reellen Seitenverhältnis der beiden Stränge hab ich gar nicht das Gefühl als ob Mazzini im Vordergrund steht.

    Und das meinte ich anders: Mir nimmt er als das, was er ist zu viel Raum ein. Seine Strang, der sich grob geschätzt mit der historischen Tegethoff die Waage hält ist mir von vorneherein zu groß angelegt. Wäre er nur ein Einschub von immer mal einer Seite, dann würde er seine Rolle als Kontrapunkt aus meiner Sicht zu genüge spielen und mir nicht so auf den Keks gehen.


    Übrigens es ist nicht so dass mich die reale Expedition nicht interessiert, denn ansonsten würde ich nicht gleichzeitig die Aufzeichnungen von Julius Payer lesen.

    Und das habe ich auch so verstanden und finde die zusätzlichen Otöne Payers für unsere Leserunde sehr bereichernd. :thumleft:

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Das alles machte den Eindruck einer eher langweiligen Touristenfahrt mit ein paar

    Forschern. Der eklatante Unterschied zwischen der alten Expedition und diesem

    ereignislosen Trip wird in jeder Zeile deutlich.

    Zitat

    Als schließlich am 21. April 1908 Frederic Albert Cook, ein Arzt aus dem Staate New York, und am 6. April 1909 auch sein Konkurrent, der Armeeoffizier Robert Edwin Peary aus Pennsylvania, nach monatelangen Gewaltmärschen und Hundeschlittenfahrten das Eis des Nordpols (oder was sie dafür hielten) endlich betraten, war nicht viel mehr erreicht, als daß der Pol als Fluchtpunkt der Eitelkeiten an Bedeutung zu verlieren begann. Der höchste Norden war erobert. Und der Eroberung folgte die Peinlichkeit; folgte ein wütender Streit um die Ehre des Erstrechts.

    Das ist ein bemerkenswerter Satz, und passt so wunderbar zu dem Satz von taliesin "einer eher langweiligen Touristenfahrt" -


    Robert Edwin Peary hat seine Expedition Dem Nordpol am nächsten ebenfalls aufgezeichnet

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Zu Kapitel 14 Exkurs


    Eine interessante Sammlung an Zitaten rund um den Nordpol!



    Wieder das Buch Hiob. Eine sehr schöne Übersetzung, finde ich! "Wo ist die Stätte der Einsicht?"

    Etwas zum Nachdenken...


    In den Zitaten finden sich eine Fülle von Namen, die die Phantasie in Gang setzen.

    Bei mir war das der Name "Thule", heute ein Bezirk im Nordwesten von Grönland, zu Senecas (und späteren) Zeiten einfach nur eine Bezeichnung für ein sagenumwobenes nördliches kalt-eisiges Land.

    Wenn ich den Begriff "Thule" und "Magnete" lese, assoziiere ich sofort die verschiedenen Sagen vom Magnetberg, die ich im Studium schon so interessant fand. Keine Sorge: ich bin schon wieder still :wink: .

    Aber ich fand es interessant, dass diese Sage - die man im Orient (Sindbad der Seefahrer) und auch in Europa antrifft (mittelhochdeutsche Epik) - auch bei den Eskimos existiert: die Vorstellung des "Großen Nagels".



    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ein Mini-Nachtrag zu serjena s Zitat "Fluchtpunkt der Eitelkeiten":

    In Kapitel 14 wird Nansen zitiert, der keinen Wert in der Suche nach dem "Großen Nagel" sieht außer dem der Untersuchungen, also einen rein wissenschaftlichen Wert. Aber, sagt er, "man muss den Pol erreichen, damit diese Besessenheit aufhört."

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Spannend, interessant wie hier die „Kunstfigur“ Mazzini die Leser bewegen kann, man sich intensiv mit dieser beschäftigt und versucht zu ergründen wieso „um Himmels Willen“ der Autor diese eingefügt hat.

    Ja, eine Reizfigur zur Diskussion ist er auf jeden Fall, denn jeder nimmt ihn anders wahr

    Übrigens es ist nicht so dass mich die reale Expedition nicht interessiert, denn ansonsten würde ich nicht gleichzeitig die Aufzeichnungen von Julius Payer lesen.

    Ich bin einfach begeistert vom „Gesamtpaket“, dazu gehört für mich Josef Mazzini.

    Das wollte ich auch nicht ausdrücken. Ich hab nur das Gefühl, dass Mojoh, tom leo und ich den Schwerpunkt beim Lesen anders setzen. :wink:

    Wäre er nur ein Einschub von immer mal einer Seite, dann würde er seine Rolle als Kontrapunkt aus meiner Sicht zu genüge spielen und mir nicht so auf den Keks gehen.

    Okay, einverstanden :lol:

  • 14.Kapitel:


    Nun habe ich dieses Kapitel zweimal gelesen. Ja, sehr reich! Und ich selber finde es ebenfalls beeindruckend, hier erneut eine Stelle aus dem Hiob-Buch zu finden. Es geht etwas so eigenartiges, tiefsinniges davon aus... Die Fragen Gottes an Hiob, ob und inwieweit er denn die Zusammenhänge kennen würde, woher doch die so unerklärbaren, aber von uns bekämpften oder angezweifelten Wirklichkeiten herrühren mögen.


    Dieser Exkurs verweist im Titel auf die Spannung zwischen Mythos und Aufklärung. Wir hatten nun das Thema in verschiedenen Gewändern gehabt! Abenteuer, Geheimnis, Faszination? Oder oder und Wissenschaft, Erkenntnis, Ratio?


    Meines Erachtens gibt es neben der chronologischen Komponente dieser Fragmente (wir gehen die Zeitliste in Richtung Jetztzeit) auch eine der Rationalisierung. Wie gesagt: wir hatten das Thema bereits. Unsere Betrachtungen werden kühler, distanzierter, nüchterner. Ist das nur ein Fortschritt oder auch ein Verlust? Ich frage mich dies.


    Inwieweit brauchen wir also den Mythos???

  • Inwieweit brauchen wir also den Mythos???


    Wie ihr sicher schon gemerkt habt, ich bin nicht so sehr für Mythos, die Betrachtung der Geschichte bleibt bei mir auf einer Ebene welche rationaler ist. Deshalb kommen mir die Worte von tom leo sehr entgegen.

    Unsere Betrachtungen werden kühler, distanzierter, nüchterner.

    Lesenswert auf jeden Fall ist aus dem Buch Hiob das ganze

    Kapitel 38,1–42,17

    DIE ERSTE REDE DES HERRN AUS DEM STURM

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Kapitel 14

    Ein Mini-Nachtrag zu serjena s Zitat "Fluchtpunkt der Eitelkeiten":

    In Kapitel 14 wird Nansen zitiert, der keinen Wert in der Suche nach dem "Großen Nagel" sieht außer dem der Untersuchungen, also einen rein wissenschaftlichen Wert. Aber, sagt er, "man muss den Pol erreichen, damit diese Besessenheit aufhört."

    Und einer unserer Nordfahrer, Weyprecht selbst, bestätigt es ja im selben Kapitelvon der anderen Seite:

    Zitat von Weyprecht in Kapitel 14

    Der Pol selbst ist aber als Punkt für die Wissenschaft vollständig gleichgiltig. Ihm nahe gekommen zu sein, dient allenfalls zur Befriedigung der Eitelkeit ...

    Also auch wissenschaftlich sei es ziemlich egal, ob man am Pol oder einige Kilometer entfernt sei, es gehe um die Eitelkeit und eben das Ausschalten der Besessenheit und einer deutlich rationaleren Betrachtung.

    Auch Payer legt nach eigenem Bekunden keinen Wert darauf, neues Land entdeckt zu haben.


    Ein wirklich tolles Kapitel, in dem so viele verschiedene Menschen zu Wort kommen und sich alle über die Norpol Forschungs Reisen auslassen. Mein Lieblingssatz ist von Roald Amundsen, der sagt:

    Zitat von Roald Amundsen in Kapitel 14

    Jeder Entdecker erlebt Abenteuer. Sie regen ihn an, und er denkt gerne an sie zurück. Aber er sucht sie niemals auf.

    Unabhängig davon, ob man es allen Forschern und Seefahrern so glauben kann oder ob sie sich nicht eher gekonnt in Szene setzen und bewusst zitierbares in die Welt hinausrufen:

    Ich finde in letztem Satz steckt soviel Weisheit und Wahrheit und er nimmt beide Seiten ernst. Einerseits die Gefahren, die im Voraus niemand so plant, sondern die billigend in Kauf genommen werden, die aber im Nachhinein für so manche Erzählung herhalten und auf deren bestehen so mancher, sogar zurecht, stolz sein kann und es auch ist.

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Ein wirklich tolles Kapitel, in dem so viele verschiedene Menschen zu Wort kommen und sich alle über die Norpol Forschungs Reisen auslassen

    Dem kann ich mich anschiessen.

    Ich möchte nochmal Hiob erwähnen

    Zitat

    Die Weisheit aber - wo findet man sie, und wo ist die Stätte der Einsicht?

    Ich könnte mir vorstellen, dass irgendwann in der Mannschaft auf der Tegetthoff ähnliche Gedanken aufkeimen.

    Dieser Exkurs verweist im Titel auf die Spannung zwischen Mythos und Aufklärung

    Für Saxo Grammaticus war der Norden ganz sicher noch ein Mythos - welches auch das Buch bestätigt -

    Auszug von Amazon

    Der berühmte mittelalterliche Geschichtsschreiber berichtet in 9 Büchern von unseren nordischen Vorfahren - Erste vollständige, neu übersetzte und reichhaltig kommentierte Ausgabe - Gesta Danorum: Mythen und Legenden des berühmten mittelalterlichen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus


    Bei Michael Wassilijewitsch Lomonosow nicht der eigene Ruhm und das Ansehen im Vordergrund sondern das Vaterland. Das liest sich auch aus seiner Biografie.


    Die Ansichten von Issac Israel Hayes sind schon etwas bizarr. Über die Antwort von Henry Dodge musste ich wirklich schmunzeln.


    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Kapitel 14


    Mir hat es auch gefallen, die Ansichten durch die Jahrhunderte zu verfolgen.

    Wenn ich den Begriff "Thule" und "Magnete" lese, assoziiere ich sofort die verschiedenen Sagen vom Magnetberg, die ich im Studium schon so interessant fand. Keine Sorge: ich bin schon wieder still :wink: .

    Aber ich fand es interessant, dass diese Sage - die man im Orient (Sindbad der Seefahrer) und auch in Europa antrifft (mittelhochdeutsche Epik) - auch bei den Eskimos existiert: die Vorstellung des "Großen Nagels".

    Die Sage kannte ich noch nicht, musste ich jetzt erstmal nachlesen. Interessant, dass sie sich in ziemlich allen Erdteilen wiederfindet. :)

    Abenteuer, Geheimnis, Faszination? Oder oder und Wissenschaft, Erkenntnis, Ratio?

    Für mich ist Wissenschaft durchaus Abenteuer, Geheimnis und Faszination. Ich hab ja einen wissenschaftlichen Beruf und bin auch nach fast 40 Jahren immer noch davon fasziniert, was sich ständig neues ergibt und findet. Für mich schließt sich das nicht aus. :wink:


    Und einer unserer Nordfahrer, Weyprecht selbst, bestätigt es ja im selben Kapitelvon der anderen Seite:

    Nansen und Weyprecht waren wohl sehr ähnlich veranlagt. Die beiden Männer hätten sich vermutlich prächtig verstanden.

    Ein wirklich tolles Kapitel, in dem so viele verschiedene Menschen zu Wort kommen und sich alle über die Norpol Forschungs Reisen auslassen.

    Mich hat schon der Beginn fasziniert: hätte Eratosthenes sich getraut, wäre Amerika Jahrhunderte früher entdeckt worden :lechz: Stell Dir mal vor wie anders die Geschichte wohl verlaufen wäre.


    Aufgefallen ist mir der Unterschied zwischen den beiden Russen und dem Rest der Forscher. Die Beiden waren doch wesentlich rationaler eingestellt, der eine mit der kaufmännischen Sicht auf die Dinge und der andere mit der klaren Einsicht, dass die Nordostpassage mit damaligen Mitteln nicht wirklich schiffbar sei. Während alle anderen teils sehr phantastische Theorien entwickelten über freies Wasser in einem Eisring etc. Wirklich spannend.

  • Die Sage kannte ich noch nicht, musste ich jetzt erstmal nachlesen.

    Ich hätte Dir gerne einen privaten Vortrag gehalten :-) Ich finde es interessant, wie dieser Magnetberg zunächst im fernen Indien, dem Land aller Wunder, verortet wird und dann erst in den Norden wandert. Offenbar existierte Wissen um einen solchen magnetischen Pol.

    Ein Teil der Faszination rührte vielleicht von diesen Mythen her.

    Dass die Vorstellung vom Ende der Welt, das ja wegen der Kugelgestalt gar kein Ende sein kann, große Anziehungskraft ausübt, das habe ich ja an mir selber gemerkt.


    hätte Eratosthenes sich getraut,

    Der hat sich getraut, aber seine Schriften wurden alle in Alexandria verschüttet bzw. überdauerten im ägyptischen Sand. Aber das finde ich faszinierend, mit welch relativ einfachen Mitteln er die Kugelgestalt ermittelte und berechnete.


    Mir gefällt die Zusammenstellung der Zitate sehr gut, weil sie die vielen Denkrichtungen im Zusammenhang mit dem Nordpol aufzeigt. Ich dachte immer, die Entdeckung des Nordpols und der Passagen sei in der Neuzeit überwiegend vom Nationalstaatsdenken getragen worden: Aufteilung der Welt, Vergrößerung der eigenen Einflussbereiche und dergleichen. Aber es gab doch sehr früh rationale, wissenschaftlich orientierte Einstellungen, wie sie im Buch von Weyprecht vertreten werden.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Begriff "Thule" und "Magnete"

    In seinem wunderbaren :wink: Buch befasst sich Umberto Eco in einem Kapitel damit.

    Zitat

    Einleitung

    Thule wurde erstmals in einem Reisebericht des griechischen Entdeckers Pytheas erwähnt, der von einem Land im Nordatlantik sprach, einem Land aus Feuer und Eis, in dem die Sonne nie untergeht.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Wie schön, das gibt es auch in Deutsch!


    Liest es sich annehmbar?


    Von Atlantis zu Gullivers Riesen und Zwergen, Homers Troja bis Tolkiens Mittelerde, King Kongs Insel bis Alices Wunderland: Von nichts haben die Menschen so ausdauernd geträumt wie von fernen Kontinenten, unbekannten Ländern und funkelnden Städten. Ob früheste Mythen oder neueste Science fiction: allen gemein ist die Sehnsucht nach einer neuen, ganz anderen Welt. Und immer schon gab es zwei Orte für diese legendären Wunschwelten: Bücher und Bilder. Umberto Eco hat sich von Italien aus auf eine wunderbare Reise durch unsere Einbildungskraft begeben. Entstanden ist ein fesselndes Werk über Träume und Utopien, ein Bilder- und Lesebuch über die unendliche Geschichte des menschlichen Fernwehs.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Liest es sich annehmbar?

    Ja, ich besitze es schon mehrere Jahre, ausserdem ist es reichhaltig an ausgewählten Illustrationen namhafter Künstler. Ebenso zitiert er Geschichtsschreiber usw.

    Um nochmals bei Thule zu bleiben

    Zitat

    Strabon

    Thule

    In Bezug auf Thule sind unsere historischen Informationen sogar noch unsicherer, da es sich um das nördlichste der genannten Länder handelt.

    Die Menschen von Thule ernähren sich von Hirse und anderem Gemüse, Früchten und Wurzeln; wenn sie Getreide und Honig haben, stellen sie daraus ihre Getränke her.

    Das Bild zeigt die Charta Marina 1539 von Olaus Magnus

  • Das Bild zeigt die Charta Marina 1539

    Danke für das Bild!

    Auf dieser Karte sieht man deutlich, dass das Meer über Jahrhunderte hinweg ein sog. Angstraum war: unergründlich tief, bedrohlich, lebensgefährlich, bevölkert mit riesigen Ungeheuern, die plötzlich aus der Tiefe auftauchen und das komplette Schiff verschlingen können. Eine Seereise war ein Abenteuer.

    Das Buch werde ich uns kaufen, danke für den Tipp.


    Thule wird meines Wissens immer unterschiedlich verortet; Pytheas, Du hattest ihn zitiert, galt lange als Lügner und Aufschneider, aber er scheint tatsächlich bis nach Island gekommen zu sein, in dem er das sagenumwobene Thule zu sehen meinte.


    Ich freu mich schon auf das Buch!

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Kapitel 15


    Das Kapitel ist sehr lang und ich hab es auch noch nicht fertig gelesen, möchte aber mal ein paar erste Eindrücke hinterlassen.


    Das Land schützt das Schiff, so dass der zweite Winter nicht ganz so schlimm ist wie der erste, aber wohl noch immer schlimm genug. Wir schauen dem Maschinisten beim Sterben zu, ein langsames grausames Sterben, das alle realisieren außer ihm. Aber wer will schon so jung sterben? Schlimm...

    Aber die Kommandanten beweisen Vernunft, indem sie für den "Sommer" die Rückkehr nach Süden planen. Eine für mich und vermutlich für alle Mann an Bord schlimme Vorstellung, zu Fuß durch das Eis Richtung "zu Hause" laufen zu müssen. Aber eben sinnvoll, es so zu planen und keinen dritten Winter zu riskieren.

    Davor die Landexpeditionen von Payer - die ich mir nicht so schlimm vorstellte wie sie hier, v.a. mit Tagebuchauszügen, dokumentiert sind. Welche Qual für wenige Meter und ein paar geografische Angaben. :shock: Da frag ich mich schon unwillkürlich: für was? Es war schnell erkennbar, dass diese Insel aus reinem Fels bestehen, wofür also diese Quälerei? Ja, es ergeben sich einige geografische und v.a. geologische Erkenntnisse, aber steht das in einer Relation zu den Gefahren? Da bin ich vielleicht zu verweichlicht, keine Ahnung, aber ich glaube nicht, dass sich das lohnte.

  • Welche Qual für wenige Meter und ein paar geografische Angaben. :shock: Da frag ich mich schon unwillkürlich: für was? Es war schnell erkennbar, dass diese Insel aus reinem Fels bestehen, wofür also diese Quälerei? Ja, es ergeben sich einige geografische und v.a. geologische Erkenntnisse, aber steht das in einer Relation zu den Gefahren? Da bin ich vielleicht zu verweichlicht, keine Ahnung, aber ich glaube nicht, dass sich das lohnte.

    Rational kann ich das auch nicht nachvollziehen, aber wenn man das in den Kontext anderer Mammutunternehmungen wie z.B. die Reise zum Mond in den 60ern oder der Entdeckung des Südpols durch Amundsen setzt, wird daraus vielleicht ein Schuh. Als erster sein Fähnchen in ein Gebiet stecken zu können, scheint für viele Menschen (Männer?) sehr verlockend, quasi unwiderstehlich zu sein.

    Dazu kommt/kam oft auch Profitdenken. Wenn jemand Land durch Entdeckung in Besitz nimmt, hofft er oft ja auch auf reiche Ressourcen wie Gold, Edelsteine, Öl oder andere Dinge, die man ausbeuten kann.

    I will take with me the emptiness of my hands. What you do not have you find everywhere. (W. S. Merwin)


  • Ich habe auch gut die Hälfte des 15.Kapitels gelesen.


    Die Gegenüberstellung der Entwicklungen von Krisch einerseits - und dessen Weg zum Tode - und dann dem Klotz andererseits - und dessen teilzeitiger vollständigen Abwesenheit, Versteinerung - steht hier anfangs stark da.


    Es gibt erneut auch "mythische-abergläubige" Vorstellungen: wenn eine der sich einander begegnenden Seelen dann die andere auffordert umzukehren... Oder Carlsen die Eiszapfenbildungen am Katafalk interpretiert als Anzeichen des Aufenthaltsortes der verstorebenen Seele.


    Mehr als in jenen Kapiteln, wo Weyprecht viel zitiert wurde, erzählt uns hier dann zunehmend Payer. Einiges foredert den Respekt: die sehr genauen Beschreibungen von Gesteinsproben zeugen doch von ungeheurer Kenntnis. Und es werden - wie Squirrel betont - die Qualen der Expeditionen beschrieben. Ja, das klingt entsetzlich... Payer ist dabei, aber sein Enthusiasmus anscheinend grenzenlos. Woher nimmt er diese Spannkraft? Wächst einem das zu?


    Aber dann kommt unsere Brecht-Frage von weiter oben auf uns zu: Wir reden von Payer! Aber Ransmayr macht uns auch mit den anderen bekannt, ihren Qualen. Jeder wird benannt. Und er "relativisiert" dann sogar Payers ungeheure Kräfte: ja, der hat sich die Richtungen stets auswählen können. War gut/besser gerüstet. Konnte das physische Mitziehen und -schleppen anscheinend auch liegenlassen?! An dieser Stelle halte ich mal inne, und will das später nochmals nachlesen und auf mich wirken lassen. Mir scheint, dass der Erzähler hier mal sich einmischt!

  • Hallo ihr Lieben,


    dringende und sehr traurige Familienangelegenheiten zwingen mich zum Abbruch der

    MLR. Näheres vielleicht später mal.


    Gruß

    taliesin

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen