Gaby Hauptmann - Unsere allerbeste Zeit

  • Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken – sie beleuchtet nur das Stück Weg, das wir bereits hinter uns haben.“ Diese Botschaft von Konfuzius hat auch Mittvierzigerin Katja in ihrem Lebensrucksack, als sie sich aufmacht und von ihrem geliebten Hamburg nach Stuttgart zurückkehrt.


    Im Job erfolgsverwöhnt, in Beziehungen durch Höhen und Tiefen gegangen, an sich aber eher auf der Sonnenseite des Lebens stehend ereilt sie das, womit sehr viele in diesem Alter konfrontiert sind: Jahrelang hat sie ihrem Elternhaus den Rücken gekehrt, ihre Freiheit geliebt und gelebt - doch nun wird sie gebraucht. Ihr Bruder ist ihr dabei keine Hilfe, stattdessen platzt er mit Eheturbulenzen der ganz besonderen Art in Katjas Leben. Aber auch ihr eigener Hormonhaushalt erfährt durch eine Begegnung aus der Vergangenheit ein Fresh-Up.


    „Unsere allerbeste Zeit“ liest sich, als wären es Kapitel aus meinem eigenen Leben. Es hebt sich wohltuend von den üblichen Frauenromanen mit den ewig gestrigen Abnützungs- und Ermüdungserscheinungen ab. Denn es geht nicht um die dauerjammernde, von Mann und Selbstbewusstsein verlassene Hitzewallungsgeplagte, die ihrem straffen Bindegewebe und ihrem Verflossenen hinterhertrauert.


    Statt Selbstmitleid packt Katja jede Herausforderung an - ohne zu Hadern und Zetern. Sie zieht ein in ein spießiges Stuttgarter Mehrfamilienhaus mit eigenbrötlerischen Bewohnern, in dem jedes Anzeichen von Lebensfreude mit Blicken im Keim erstickt wird.


    Nach kurzer Euphorie im neuen Job ist der Lack der Hochglanzfassade einer hippen Werbeagentur allerdings auch schnell angekratzt. Denn hinter den Kulissen zieht ein selbstherrlicher Kollege die Strippen, um das Projekt, das „die Neue“ bekommen hat, zu torpedieren. Für seinen Plan braucht er die jungen aufstrebenden Kollegen, die er – wunderschön bildhaft beschrieben - wie ein Sektenguru um sich schart und mit ihnen spielt. Doch keiner schert aus, denn jeder weiß, dass er der Brandbeschleuniger ihrer noch jungen Karriere sein kann. Dieser Narzisst versteht es prächtig, ein Fadengewirr aus Lügen und Intrigen zu knüpfen. Sobald seine Opfer an seinen Klebefäden hängenbleiben, verlässt er blitzschnell seine Lauerstellung, um seiner zappelnden Beute den Garaus zu machen.

    Dieses Buch öffnet wohl so mancher Leserin die Augen über ihren eigenen Berufsalltag, sitzen solche Spinnenexemplare wie Marvin doch in vielen angestaubten Büroecken.


    Statt sich aber über Jahre einem Kampf gegen Windmühlen auszusetzen, handelt Katja entschlossen.


    Die versteckten Mutmach-Botschaften ziehen sich dabei mit wohldosierter Leichtigkeit durchs Buch.: Und zeigt, dass aus anfänglichem Chaos durchaus etwas ganz wundervoll Neues entstehen kann. Die 416 Seiten richten den Blick nach vorn und sind ideale Ablenkung gerade in dieser Corona-geplagten und unübersichtlichen Zeit. Mit der Erkenntnis: Wenn wache Augen das Laternenlicht auf dem vor uns liegenden Weg verfolgen und die Seele bereit ist, dann sind es die Dinge auch.


    Auch für einen Neuanfang in den besten Jahren.“

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Gaby Hauptmann "Unsere allerbeste Zeit"“ zu „Gaby Hauptmann - Unsere allerbeste Zeit“ geändert.
  • Also:

    1.) Jeder der leichte Kost mit versteckten Botschaften gerne liest ist hier richtig und sollte zugreifen.

    2.) Ohne Erwartungen an ein Buch ran gehen ist immer die bessere Idee.


    Nun ja, ich könnte wirklich extrem ausholen und mich bis ins Unendliche auslassen. Aber das ist auch nicht Zielführend.

    Was mir nicht gefallen hat:

    Zuviele "Gutmenschen". Das Ende einer Situation ist immer "glatt" -> Was nicht passt wird passend gemacht. Situationen nicht zu Ende erzählt. Zu oft in der Luft hängen geblieben.

    Am aller schlimmsten war das ganze Szenario rund um die Job Sache in der Agentur.

    Nie im Leben ist das realistisch beschrieben. Und glaubwürdig schon garnicht. Nicht 2021 und mit der ganzen emanzipations Thematik. Mal davon abgesehen. Spätestens bei der zweiten Situation in der das Team am Projektleiter vorbei entscheidet, oder eine Situation sich ungünstig darstellt. Lässt jeder der was auf sich hält den Rauch rein um mal klar zu stellen wie der Hase läuft. Wer das sagen hat.

    Was mir gut gefallen hat:

    Die Beschreibung mit der Krankheit Demenz. Lustig und traurig in einem.

    Die Situation wo der Enkel gutes tun will weil der Onkel ein schlimmer Nazi war.

    Die tiefe Freudschaft von Doris und Katja.


    Jeder zieht aus solchen Bücher für sich was anderes. Ich bin ein wenig nachdenklich zurück geblieben. Mit meinem Vater wird es seit dem Tod der Mutter immer "komplizierter". Und mir ist wieder einmal bewusst geworden das sich alles, immer wieder wiederholt. Egal in welchem Jahr. In welcher Familie. Welches Geschlecht. Welcher Glaube. Alles ist wie eine Sanduhr die immer wieder aufs neue umgedreht wird.


    Von mir gibt es: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Ein Freund ist ein Mensch, der mich so nimmt wie ich bin -
    und nicht so,
    wie er am wenigsten Schwierigkeit mit mir hat!!