Kristina Hauff – Unter Wasser Nacht

  • Kurzmeinung

    Cordi
    Das sehr bewegende Thema wurde gut rübergebracht, aber mit den Protas wurde ich nicht warm.
  • Kurzmeinung

    Brombeere
    Bewegend, aber zu gewollt mit zuvielen "Zufällen".
  • Klappentext/Verlagstext
    Wie lebt man weiter nach einem großen, unerklärlichen Verlust? Mit psychologischem Gespür erzählt Kristina Hauff eine Geschichte voller Hoffnung und Trauer und vom Wert der Freundschaft In den idyllischen Elbauen im Wendland teilen zwei Paare Hof, Scheune und Kräutergarten - doch ihre einst enge Freundschaft ist zerbrochen. Thies und Sophie trauern um ihren Sohn Aaron, der unter ungeklärten Umständen ertrank. Allein mit ihren Schuldgefühlen müssen sie Tag für Tag Ingas und Bodos scheinbar perfektes Familienglück mit ansehen. Bis ein Jahr nach Aarons Tod eine Fremde in den Ort kommt und ans Licht bringt, was die vier Freunde lieber verschwiegen hätten.
    Atmosphärisch und feinfühlig schreibt Kristina Hauff von tiefer Verbundenheit, von schamvollen Geheimnissen und von Schmerz, aus dem neue Hoffnung wächst.


    Die Autorin
    Kristina Hauff wurde am Niederrhein geboren. Sie arbeitete als Pressereferentin für Fernsehserien von ARD und ZDF und am Theater. Unter ihrem echten Namen Susanne Kliem schreibt sie erfolgreiche Kriminalromane. Für „Unter Wasser Nacht“ verbrachte sie längere Zeit im Wendland und recherchierte in Archiven. Kristina Hauff lebt mit ihrer Familie in Berlin.


    Inhalt

    Thies hört vom Elbe-Ufer aus, wie sich die Fähre dem Anleger nähert. An Bord ist eine Fremde, die sich schon bald nach ihrer Ankunft im Ort bewegen wird, als hätte sie schon immer hier gelebt und die als Katalysator gewaltiger Veränderungen wirken wird. Das Wendland wirkte zur Zeit der deutschen Teilung wie das Ende der Welt, an dem sich nur schwer ein Lebensunterhalt verdienen ließ. Thies hat hier einen alten Bauernhof mit Grundstück und Nebengebäuden gekauft und wollte darauf mit seiner Frau Sophie und den Freunden Inga und Bodo ein alternatives Lebensmodell verwirklichen. Mit Ausnahme von Sophie hatten alle WG-Erfahrung und wollten als Kinder der 80er die Kleinfamilie überwinden. Ihr Lebensmodell zeigt jedoch erste Risse, als Thies und Sophie sehr lange auf ihr Wunschkind warten und zugleich direkt vor ihrem Küchenfenster das Glück des anderen Paars miterleben müssen.


    Das Wunschkind Aaron wird die Idylle sprengen, weil er verhaltensauffällig ist und sich offenbar niemand um eine Therapie für ihn bemüht. Zwei Jahre zuvor ist Aaron unter ungeklärten Umständen in der Elbe ertrunken. In einer Situation, in der Haustüren den Nachbarn immer offen stehen (und wehe, wenn nicht), man voneinander jeden Pieps mitbekommt und mancher glaubt, alles beurteilen zu dürfen, fällt es schwer zu glauben, dass damals niemand Aarons Todesumstände mitbekommen hat. Mara, die Fremde, um einige Jahre älter als die beiden Paare, ist angeblich im Ort, um eine Person zu suchen, der sie eine Nachricht ihrer verstorbenen Mutter überbringen will. In der kleinen, überschaubaren Welt des niedersächsischen Orts wirkt Maras Präsenz beinahe unheimlich, der die Herzen leicht zuzufliegen scheinen. Sie freundet sich blitzschnell mit Inga an, wird Ingas Tochter Jella zur unentbehrlichen Vertrauten und heizt damit Sophies Trauer und Eifersucht weiter ein. Mehrere unbeantwortete Fragen führen offenbar direkt in die Katastrophe: Wie starb Aaron, welche Verbindungen bestehen zwischen Mara und dem Ort – und können die Verletzungen der Beteiligten je heilen?


    Fazit

    Kristina Hauff hat schon mit dem ersten Kapitel hohe Erwartungen bei mir geweckt. Vor dem historischen Hintergrund der Gorleben-Proteste (ab 1979) entwickelt sie Figuren, die tief mit der Flusslandschaft verbunden zu sein scheinen und die einmal aufrichtig für neue Lebensformen brannten. Am Fluss laufen alle Fäden zusammen. Die Flussaue bei Gorleben und den Fluss, der einmal einen Abschnitt der deutsch-deutsche Grenze bildete, habe ich fast wie eine handelnde Person erlebt.


    Mit wechselndem Focus lernt man zuerst Thies, Sophie und Inga kennen, mit den Kindern der beiden Paare, Mara und der Fährfrau Edith (Ingas Mutter) erweitert sich der Blick auf weitere Personen und auf Maras Vorgeschichte. Die Autorin erzählt von sozialer Kontrolle in der Provinz und von Konflikten, die deshalb zunächst unlösbar scheinen. In kurzen Kapiteln, mit kurzen Sätzen entsteht eine dichte, düstere und dabei hochspannende Handlung. Meine hohen Erwartungen wurden übertroffen – Unter Wasser Nacht wird in diesem Jahr eines meiner Lieblingsbücher sein.


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    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Sophie, Thies, Inga und Bodo sind schon lange Freunde. Daher haben sie sich gemeinsam in den idyllischen Elbauen im Wendland niedergelassen. Doch dann ertrinkt Aaron, der Sohn von Sophie und Thies, unter ungeklärten Umständen. Das hat auf alle Auswirkungen. Sophie und Thies trauern, haben aber auch Schuldgefühle. Sie wollen wissen, wie es passiert ist. Es fällt ihnen schwer, das Glück von Inga und Bode mit ihren Kindern Jella und Lasse im anderen Haus auf dem Grundstück zu sehen. So ziehen sich Sophie und Thies immer mehr zurück. Doch dann taucht eine Fremde auf und bringt alles gehörig durcheinander. All das Verdrängte bricht hervor.


    Das Buch hat mich von Anfang an gepackt. Die Gegend, in der die Freunde leben, ist sehr atmosphärisch beschrieben. Das Wendland ist eigentlich eine idyllische Landschaft, aber in diesem Roman hat sie auch etwas Düsteres und die Elbe etwas Bedrohliches.


    Sophie, Thies, Inga und Bodo waren mir sympathisch und ich fand es traurig, dass sie sich so entfremdet haben, wo Freundschaft doch eigentlich Halt und Trost geben sollte. Jeder für sich ist mit seinen Gefühlen alleine und will aber auch nicht, dass davon etwas nach außen dringt. Aber ich konnte auch ihre Gedanken gut nachvollziehen. Mara, die Fremde, nimmt jeden für sich ein, aber sie ist auch schwer zu durchschauen.


    Immer wieder gibt es überraschende Wendungen, die alles in einem neuen Licht zeigen. Wie werden die Protagonisten damit fertig? Wird es ihnen gelingen, das Geschehene zu verarbeiten und ihre Freundschaft wieder aufleben zu lassen?


    Es ist eine tragische und sehr emotionale Geschichte über Trauer und Schmerz, Liebe und Freundschaft, die mir gut gefallen hat.

  • Bewegend, aber zu gewollt.


    Worum geht es?

    Zwei befreundete Paare teilen sich im Wendland einen Hof, doch seit der Sohn des einen Paares ertrunken ist, hat sich alles zwischen ihnen verändert.


    Worum geht es wirklich?

    Schuld, Geheimnisse und Sehnsucht


    Lesenswert?

    Ja, eine interessante Lektüre für zwischendurch mit ein paar Schwächen.

    Das Setting, der teilweise verwunschen wirkende Fluss, der auch Gefahr birgt und das gemeinsame Leben auf dem Hof, die unausgesprochenen Hürden zwischen den Paaren, all das hat mich sehr angesprochen und die Naturbeschreibungen und Eindrücke waren sehr atmosphärisch. Dafür sorgt auch eine durchweg sehr angenehme Erzählweise, kurze Kapitel setzen den Fokus auf unterschiedliche Personen und der Kreis dieser Protagonist*innen wird immer größer, denn immer mehr Personen verstricken sich in den ungeklärten Tod von Aaron und selbst dessen Eltern trauen sich nur begrenzt gegenseitig.

    Vor allem Sophie, die Mutter von Aaron, fand ich wunderbar vielschichtig dargestellt und ihre Gedankenwelt sehr bewegend.

    Aber je mehr Figuren in die Geschehnisse vor 13 Monaten verstrickt sind und je mehr stille Post gespielt wird, desto mehr entfernt sich die Geschichte von ihrem atmosphärischen Anfang und zwischenmenschliche Handlungen stehen im Vordergrund, die für mich teilweise aber nicht nachvollziehbar waren. Das Auftauchen von der fremden Frau und wie dadurch Dinge ins Rollen kommen, wirkt seltsam, wie ein unpassendes Objekt, das mit seiner kurzweiligen Anwesenheit etwas auslöst und sich dann wieder in Rauch auflöst. Vielleicht ist aber genau dies beabsichtigt gewesen - für mich war es jedoch eher konstruiert.

    Viele Randinformationen werden erzählt, die aber keine bedeutsame Rolle mehr spielen im Verlauf der Geschichte und manche Objekte, die wie ein Schlüssel wirken, bleiben schlicht Objekte ohne noch einen besondere Aufgabe zu erhalten. Das war ein wenig enttäuschend.

    Die Autorin beschreibt jedoch sowohl Natur als auch die verschiedenen Beziehungen der Protagonist*innen so realistisch und voller Tiefe, dass es für mich trotz der genannte Kritikpunkte eine schöne Lektüre war. Allerdings keine mit nachhaltigem Leseeindruck. Tatsächlich hätte ich mir weniger Aufregung gewünscht, weniger skandalöse Enthüllungen und mehr emotionale Tiefe auch ohne Geheimnisse. Schließlich bietet dafür der Verlust des Sohnes und das Entfremden zwischen den Freunden schon genug Stoff.


    Bewertung: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Es klang damals wie eine großartige Idee, als Thies und Sophie ihre Freunde auf ihrem großen Grundstück ein Haus bauen ließen. Eine tolle Nachbarschaft unter Freunden und die Kinder könnten zusammen aufwachsen. Doch niemand ahnt damals, dass sich dieser Wunsch leider nicht erfüllen wird. Aaron, der Sohn von Thies und Sophie verstirbt unter ungeklärten Umständen. Vor lauter Trauer wissen die Freunde nicht mehr, wie sie miteinander umgehen sollen, Thies und Sophie verlieren sich ebenfalls und müssen zu allem Überfluss ständig mitansehen, wie nebenan die Kinder größer werden und dort die perfekte Familie lebt, die sie selbst gerne gewesen wären.



    Ich habe eigentlich einen Roman erwartet, der hauptsächlich die vier Freunde betrachtet, der darauf eingeht, wie man mit so einem großen Verlust umgeht und ob eine Beziehung und eine Freundschaft das überleben können. Susanne Kliem unter ihrem Pseudonym Kristina Hauff hat mir aber gerade am Anfang so viel mehr geboten.



    Sie schildert die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven und bedient sich kurzer Kapitel, so dass die Geschichte abwechslungsreich erzählt wird. Schnell bekommt man ein Gespür für die Situation am Hofe doch dann taucht eine Unbekannte auf, die das Leben aller ziemlich durcheinander würfelt. Diesen Part fand ich perfekt. Es wird gezeigt, wie „externe Einflüsse“ auf jeden wirken, was diese eine Person zu tun vermag und wie jeder unterschiedliche Erwartungen an sie stellt. Ich habe die erste Hälfte des Buches in einem Stück gelesen und war begeistert davon. Die zweite Hälfte konnte mich dann nicht mehr so 100%ig überzeugen, was nach dem brillanten Anfang schade war. Ich habe mich selbst schon gefragt, ob es an der Geschichte lag oder der anderen Lesesituation. Hätte ich das Buch durchgängig grandios gefunden, wenn ich es an einem Stück gelesen hätte? Das lässt sich leider nicht mehr herausfinden.



    Die Geschichte ist zwar durchgängig gut, aber irgendwann ging es nicht mehr um das Wirken dieser unbekannten Person, sondern diese hat ihr Wesen auf einmal verändert und es ging dann mehr um alte Geheimnisse und weniger um die spannenden Beziehungen zwischen den Menschen.



    Fazit: Die erste Hälfte war grandios, die zweite hat mich nicht mehr komplett zufriedengestellt, aber trotzdem ist das Buch lesenswert daher vergebe ich 4,5 Sterne, die ich auf 4 abrunde.


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