Barack Obama - Ein verheißenes Land / A Promised Land

  • Der menschliche Potus

    Dieses Buch verdeutlicht auf eindrucksvolle Weise, welch schreckliche Realität die letzten vier Jahre nach der Präsidentschaft Obamas herrschten. Schon nach wenigen Seiten wollte ich es abbrechen, weil es mich daran erinnert hat, wie gut es sich angefühlt hat, die acht Jahre unter seiner Präsidentschaft Amerikanerin gewesen zu sein. Danach gab es nichts als Peinlichkeit und Zynismus in einem System, das es jemandem, der so giftig wie Trump ist, erlaubte, gewählt zu werden.


    Obama war kein Mr. Perfect, aber er ist ein anständiger Mensch mit so viel Ernsthaftigkeit, Empathie und Glauben an das Wohl Amerikas, wie man es von jemandem erwarten kann, der das Land führt. Dieses Buch gibt einen Einblick in Obamas Gehirn, als er die vielen kleinen Entscheidungen traf, die seinen Weg ins Weiße Haus bereiteten. Auch der intime Blick in das Familienleben der Obamas, seine Beziehungen zu Michelle, Sasha und Malia sind informativ und lassen ihn umso nahbarer wirken. Ebenso inspirierend war seine Rede auf der Democratic National Convention 2004, die für Obama den Weg ins Weiße Haus ebnete. Seine Worte wirken heute noch viel intensiver als im Jahr 2004.


    Millionen von Amerikanern vermissen Obama auf unterschiedliche Weise, vor allem aber aufgrund seiner Menschlichkeit und Nahbarkeit.Dieses Buch öffnet neue Wunden und erinnert an die wahre Natur derer, die versuchen, Obamas Erbe der dienenden Führung zu zerstören. Gleichzeitig ist es inspirierend und lässt einen hoffen, dass das Land wieder dorthin zurückfinden kann, wenn auch der Weg ein wesentlich steiniger wird.


    Ein nachdenklich stimmendes, offenes und ehrliches Buch, das sich sehr gut lesen lässt und einen packt. Es weckt Empfindungen, wenn man gemeinsam mit ihm im Oval Office an diesem imposanten Schreibtisch sitzt und sich fragt, was man Wladimir Putin sagen wird, wenn der Anruf nach Moskau durchgestellt ist. Oder wie Obama es geschafft hat, seine positive Einstellung und seinen Verstand beizubehalten. Viele andere hätten schon früh aufgegeben. Aber seine Beharrlichkeit ist es, die Obama zu einem so effektiven Präsidenten gemacht hat.


    In "Ein verheißendes Land“ geht es um Hoffnung und Veränderung. Und gerade die braucht Amerika jetzt in Hülle und Fülle. Absolut empfehlenswerte Lektüre, unabhängig von der politischen Gesinnung.


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Barack Obama - Ein verheißenes Land“ zu „Barack Obama - Ein verheißenes Land / A Promised Land“ geändert.
  • Charme und Charisma hat er. Leider ist er geschwätzig, wie er selbst zugibt. Während des Wahlkampfes hatten seine Berater ihre liebe Not, seinen Redefluss zu stoppen und ihn so zu programmieren, dass er ins prägnanten, einfachen Sätzen spricht.


    Das Buch wollte er aber so schreiben, wie es ihm am besten passt, sagt er. Zu dumm, dass beim Buchverlag keiner war, der ihn gestoppt hat. :roll:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich habe von vielen Politikern Erinnerungsbücher gelesen, aber bisher fand ich keines so gut wie das des früheren US-Präsidenten. Das gilt sowohl für seinen unfassbar guten, eleganten Schreibstil als auch für seine Offenheit. Die zeigt sich u. a. darin, dass er sich immer bewußt bleibt, wie groß die Diskrepanz ist zwischen dem, was er während seiner Wahlkampfauftritte versprochen hat und dem, was er als Präsident vertreten und entscheiden muß. Wie schal sein „Yes, we can“ in den Ohren seiner Unterstützer geworden sein muss. Zumal es genau diese Diskrepanz war, die er früheren Amtskollegen übel genommen hat.


    Die „geerbten“ Kriege in Iran und Afghanistan und die bald beginnende, weltweite Finanzkrise nehmen Obama schon früh jegliche Illusion, die primär friedensstiftende Funktion zu übernehmen, die er für sich gesehen hatte, er spürt schnell, wie ihm seine Träume abhanden kommen wollen.

    An diesen Gedanken und Entwicklungen der frühen Phase lässt er seine Leser teilhaben, sehr detailliert und mit vielen Referenzen auf Gespräche mit Familie, Freunden und vor allem Beratern, wie um zu zeigen, warum er und seine Administration so und nicht anders handeln konnten.


    Auch für Leser, die sich ein bisschen mit US-amerikanischer Politik auskennen, ist das Buch eine Herausforderung. Viele Begriffe, die für das dortige System von entscheidender Bedeutung sind, musste ich recherchieren, z. B. „filibustering“ und „Gerrymandering.“ (Aber da ich schöne, reiche Wörter mag, betrachte ich das als Gewinn.)


    Beeindruckend finde ich, wie Obama seine Begegnungen mit Staats- und Regierungschefs beschreibt: sein respektvoller Umgang und die Bemühung, die Persönlichkeiten hinter den Ämtern zu sehen. Soweit möglich, informiert er sich auch über lokale politische Zusammenhänge und Interessen, die ihm von seinen Beraterteams zusammengestellt werden.


    Ein echter Erkenntnisgewinn war für mich die Darlegung der Faktoren, die die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft mitverursacht haben. Sie geht zurück auf die 1960er Jahre, als der Civil Rights Act als Bundesgesetz gegen große Widerstände verabschiedet wurde.

    Was in diesem Zusammenhang auffällt: Der grenzenlose Hass, der Obama von Teilen seiner Fellow-Americans entgegengebracht wird. Ein absolut elementarer, archaischer Hass, auf den er aber niemals, auch nicht für einen Moment, antwortet. Stattdessen hält er fest an der Überzeugung, dass Amerika das werden kann, wofür es das Potential hat: A promised land.


    Keine leichte Kost ist das Buch, vor allem, wenn man, wie ich, tausend Dinge nachschlagen muß. Aber ich wollte es nicht nur überfliegen und abhaken, sondern wirklich kennenlernen, was den Menschen ausmacht und seine Arbeit.


    Und nochmal: Mit Sicherheit das beste Erinnerungsbuch eines Politikers, das ich je gelesen habe und das schließt das Buch meines Lieblings Willy Brandt mit ein.


    Mein Kommentar bezieht sich auf die Originalausgabe, die ich gelesen habe: A Promised Land.

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    signed/eigenmelody

    Dear Life,

    When I said "Can my day get any worse?" it was a rhetorical question, not a challenge.

    -Anonymous

  • Autobiographien gegenüber bin ich skeptisch. Klar, wer von uns – mich eingeschlossen – würde nicht von sich selbst so schreiben, dass es dem Bild entspricht, das man der Öffentlichkeit gern vermitteln würde? Das ist ganz normal und ganz menschlich. Man erfährt durch eine Autobiographie daher meist mehr über das Selbstbild des Autors als über sein tatsächliches Wesen.


    Barack Obama bildet hier keine Ausnahme. Allerdings: Während es die Öffentlichkeit bei mir schwer hätte, gewisse Begebenheiten oder Umstände zu verifizieren (falls nicht Gutergatte oder eins meiner Kinder sich auch autobiographisch äußern würden 8-[ ), fand sehr viel von dem, was Obama erlebt, getan oder nicht getan hat, coram publico statt. Er ist also gezwungen, zumindest betreffs tatsächlicher Ereignisse wahrheitsgemäß zu berichten. Dennoch bleibt eine Grauzone, denn niemand kann einem anderen in Herz oder Hirn schauen.


    Schwierig ist es auch, die Autobiographie eines Menschen zu rezensieren ohne sich von persönlicher Sympathie oder Antipathie leiten zu lassen.
    Daher sage ich es direkt deutlich: Ich mag Barack Obama, ich habe ihn (am Fernsehen und aus Gesprächen mit Amerikanern) als freundlich, zugewandt, offen und sozial erlebt. Doch sein Buch gefällt mir nicht besonders.


    Vor allem wegen des immer gleiche Tempos, des immer gleichen Duktus'. Beteiligte an politischen Entwicklungen werden vorgestellt, die endlose Folge von Sitzungen und Debatten im einzelnen dargelegt, die eigene Vorstellung präsentiert. Dadurch klingt alles, was an Beschlüssen, Gesetzen oder Diskussionen während seiner Präsidentschaft vor sich ging, gleich relevant und gleich wichtig. Hätte er einzelne, besonders fundamentale Entscheidungen auf ihrem Weg geschildert, wären sie eher im Gedächtnis geblieben als diese Riesenmenge an Einzelheiten und Namen.


    Immerhin wird eins klar: Als Politiker in einer Demokratie wird man zum Meister der Kompromisse. Vieles von dem, was man ihm vorgeworfen hat (z.B. dass er Guantanamo nicht wie vor der Wahl versprochen geschlossen hatte), konnte er nicht durchsetzen, weil er die dazu benötigte Mehrheit nicht fand. Ob er bezüglich der Kriege in Iran und Afghanistan die richtigen Entscheidungen traf, wird man von außen nie sagen können.


    Am meisten war ich auf Obamas Bericht über den Militärschlag gegen Osama bin Laden gespannt, weil mich die Frage bis heute beschäftigt, ob die gezielte Tötung eines Menschen gerechtfertigt sein kann und wenn Ja, wodurch.
    Obama wollte Amerika vereinen, und ausgerechnet der „erfolgreiche“ Abschluss der Jagd nach bin Laden war der erste und einzige Moment, in dem ihm dies gelang. Amerika jubelte gemeinsam über Partei-, Länder- und Rassengrenzen hinweg. Es spricht für ihn, dass er dieser Euphorie zwiegespalten gegenüberstand.


    Auch wenn mich das Buch mit seiner Detailversessenheit stellenweise gelangweilt und genervt hat, werde ich den zweiten Band auch lesen, obwohl ich nicht mit einer Besserung rechne. Denn Obama bleibt für mich ein faszinierender Mensch, der viel zu sagen hat – im übertragenen und im wörtlichen Sinn.

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    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Beteiligte an politischen Entwicklungen werden vorgestellt, die endlose Folge von Sitzungen und Debatten im einzelnen dargelegt, die eigene Vorstellung präsentiert. Dadurch klingt alles, was an Beschlüssen, Gesetzen oder Diskussionen während seiner Präsidentschaft vor sich ging, gleich relevant und gleich wichtig.

    Das ist genau das, was uns stört und das Buch gelegentlich lang-weilig macht. Das Buch soll wohl vorwiegend eine Art Rechtfertigung sein, und so wird jeder Mitarbeiter auch entsprechend gewürdigt. Die Fülle an Namen und Einzelheiten sind vielleicht für seine Parteigänger wichtig, aber nicht für uns. Mir fehlt die Schwerpunktsetzung.


    Trotzdem lernt man interessante neue Dinge kennen, finde ich.

    Heute war das die Tatsache, dass Wahlkampfveranstaltungen auch im Rahmen von Gottesdiensten stattfinden, was bei uns unmöglich ist. Und die manchmal zweischneidige Hilfe allzu eifriger Geistlicher und ganz allgemein die Strapazen und unglaublichen Kosten der Wahlkämpfe, bedingt durch ein (überholtes) Wahlrecht.


    Wir nutzen auch die Gelegenheit, uns über Ereignisse wie den Bloody Sunday oder die Jim-Crow-Gesetze genauer zu informieren, neben der Lektüre.

    Mal sehen, was noch kommt!

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Trotzdem lernt man interessante neue Dinge kennen, finde ich.

    Meine Drähte zu Google liefen während des Lesens heiß. :) Ich habe unzählige Fakten nachgelesen, neues Wissen angehäuft und altes Wissen aufgefrischt.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


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  • In seinem autobiographischen Buch erzählt Obama chronologisch zunächst von seiner Kindheit und Jugend auf Hawaii und in Indonesien, als Sohn einer weißen US-Amerikanerin und eines Kenianers. Sein Vater spielte in seinem Leben keine große Rolle nach der frühen Trennung seiner Eltern, dafür war die Bindung an die Familie seiner Mutter eng, insbesondere an seine Großmutter.


    Nach ein paar rebellischen Jugendjahren begann er sich für politische und soziale Themen zu interessieren, was auch sein frühes Berufsleben geprägt hat, bevor er sich dann für eine Karriere in der Politik entschied - wovon seine Frau übrigens nicht sehr begeistert war.


    Die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten kam für viele überraschend und die Wahl des bis dahin relativ unbekannten Senators Barack Obama zum ersten Schwarzen Präsidenten der USA war 2008 ein Meilenstein in der Geschichte, der viel Hoffnung weckte, aber auch hohe Erwartungen an den neuen Mann im Amt mit sich brachte. Und gleich die erste Amtszeit hatte es auch von Beginn an thematisch ordentlich in sich, steckte die Welt doch 2008/2009 in einer der größten Wirtschaftskrisen aller Zeiten.


    Wie gefiltert oder geschönt Obamas Version der Ereignisse ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich habe das Buch auf jeden Fall gerne gelesen, auch wenn es einige Konzentration erfordert angesichts der unzähligen Namen und der komplexen Zusammenhänge. Man sollte etwas Zeit und Muße beim Lesen haben, und es schadet auch nicht, ein paar grundlegende Kenntnisse der US-Politiklandschaft zu haben, um das eine oder andere besser einordnen zu können.


    Ich hatte vor dem Lesen etwas Angst, dass es zu politisch-trocken werden könnte, doch ich bin lediglich bei ein paar Finessen der Finanzpolitik ausgestiegen. Den Rest fand ich durch die Bank erstaunlich interessant, was wohl auch daran lag, dass Obama zwar weitestgehend recht sachlich schreibt, aber trotzdem häufig seine persönlichen Empfindungen, Gedankengänge oder auch Zweifel in schwierigen Situationen einstreut oder von seiner Familie erzählt. Er gibt auch immer wieder zu, anfangs etwas blauäugig an das eine oder andere Thema herangegangen zu sein und unterschätzt zu haben, wie häufig Kompromisse nötig sind, um überhaupt ein Gesetz durchzubekommen, wie im Fall seiner vieldiskutierten Gesundheitsreform.


    Kein Buch für „mal so zwischendurch“, aber für interessierte Leser empfehlenswert. Wenn es irgendwann ein weiteres Buch über die zweite Amtszeit gibt, würde ich es definitiv lesen.