Claudia List, Wilhelm Blum - Buchkunst des Mittelalters

  • Wie kann ein Zeitalter finster gewesen sein, wenn es solche Farbenpracht hervorbrachte? Wie kann es grau gewesen sein, wenn seine Zeugnisse uns in bunten Farben vorliegen?

    Die Autoren spüren der Buchkunst nach, die aus dem europäischen Mittelalter erhalten blieb, trotz zahlloser Verluste.

    Von den byzantinischen Eremitenklausen bis zu den mächtigen und berühmten abendländischen Abteien war die Buchherstellung die vorherrschende mittelalterliche Ausdrucksform der Kunst neben der Wandmalerei und der Ikonenkunst.

    Diese Kunst war zum grossen Teil religiös motiviert und herrschaftlichen Auftrags, ein wohlhabendes und selbstbewusstes Bürgertum als Auftraggeber entstand erst im Spätmittelalter. Es waren die geistlichen und adeligen StifterInnen, die sich solch teures Mäzenatentum leisten konnten.

    In unserer Zeit des rasanten Fortschreitens der Medientechnik mutet es exotisch an, wie lange meist Mönche und Nonnen in den Klöstern für nur ein einziges Exemplar benötigten. So etwa für das berühmte Itinerar (Reisebuch) Heinrichs des Löwen (1129-1195) beinahe zehn Jahre. Auch die wenigen weltlichen Autoren, wie etwa Kaiser Friedrich II. von Staufen (1194-1250) in seinem "De arte venandi cum avibus" über die Falkenjagd bedienten sich der klösterlichen Illustratoren.


    Die Herstellung der Farben aus naturgegebenen Ingredentien erforderte ein Team von Spezialisten und dauerte oft Wochen, ebenso wie die mühsame Präparation der Tierhäute zur Buchherstellung.

    In den hierfür berühmten irischen Klöstern gab es eigene "Schulen" der Buchgestaltung wie etwa beim "Book of Kells".

    Die Motive waren meist biblischen Ursprungs, aber die dargestellte Technik, die Kleidung und Architektur gaben den Historikern wertvolle Erkenntnisse über mittelalterliches Alltagsleben, da meist zeitgenössisch ausgestaltet.


    Fazit:

    Der hier vorliegende Bildband ist logisch und nachvollziehbar aufgebaut und führt von der Spätantike bis zu den Anfängen des Buchdrucks. (Inkunabeln)

    Die Farben sind in diesem Druck sehr gut wiedergegeben.Erstaunlich,wenn man das eine oder andere Werk schon selbst einmal in Augenschein nehmen konnte.

    Der Text ist als Introduktion für einen Bildband befriedigend.

    Das Entscheidende aber:

    Es liegt ein sinnliches Vergnügen in der Betrachtung dieser künstlerischen Phantasie und der suggestiven Kraft der Farben.

    Sehr verdiente viereinhalb Sterne.