Regine Kölpin - Als wir der Freiheit nahe waren

  • Als wir der Freiheit nahe waren ist der zweite Band der Nordseehof-Reihe von Regine Kölpin. Die Reihe startete im Oktober 2020 im Piper Verlag.



    Über die Autorin (lt. Verlag):

    Regine Kölpin, geb. 1964 in Oberhausen (NRW), lebt seit ihrer Kindheit in Friesland an der Nordsee. Sie hat zahlreiche Romane und Kurztexte publiziert und ist auch als Herausgeberin tätig. Regine Kölpin wurde mehrfach ausgezeichnet. Mit ihrem Mann lebt sie in einem kleinen idyllischen Dorf. Dort konzipieren sie gemeinsam Musik- und Bühnenprojekte und genießen ihre Großfamiliendasein mit fünf erwachsenen Kindern und mehreren Enkeln.


    Über das Buch (lt. Verlag):

    1973: Die 18-jährige Adda träumt davon, die Enge des elterlichen Hofs an der Nordseeküste zu veranlassen, um in der Großstadt eine Ausbildung zur Krankenschwester zu machen. Erst nach und nach wird ihr klar, dass Freiheit nur dem gehört, der wagt, sie zu leben ...


    Mein Leseeindruck:

    Äußerlich betrachtet, knüpft das Cover direkt an den Vorgänger an. Ein Wiedererkennungswert ist somit gegeben. Diese Farben sind hell und auffällig, so dass das Buch nicht ungesehen bleibt. Ob die junge Frau im Vordergrund Johanna darstellen soll, ist unklar. Die Mühle im Hintergrund stellt eine gewisse Weite dar, strahlt aber auch Ruhe und Gelassenheit aus. Das Cover verleitet dazu, im Buch blättern zu wollen.

    Kommen wir zum Inhalt. Hier erwartet den Leser zu Beginn ein ausführliches Personenverzeichnis, das den Einstieg in den Roman etwas leichter macht. Mit "Johanna trat aus dem großen schmiedeeisernen Tor des Nordseehofs und atmete tief durch" lässt die Autorin den Leser in die Zeit von 1973/1974 eintauchen. Johanna ist inzwischen sechsundvierzig Jahre alt und mit Eike glücklich. Sie haben sich arrangiert und auch Gefühle entwickelt. Dennoch lässt Johanna die Gedanken an Rolf und ihre Vergangenheit nicht los. Die Autorin fasst hier sehr gekonnt die Geschehnisse des Vorgängerbandes zusammen, bevor die Geschichte vom Nordseehof weiter geht. Ich denke, dass an dieser Stelle die Neuleser sich wünschen, dass sie den ersten Band gelesen hätten. Obwohl dieses Buch auch ohne Vorkenntnisse gut verständlich ist, macht es noch mehr Spaß, wenn man die Entwicklung der Protagonisten verfolgen kann. Ich möchte deshalb jedem raten, unbedingt den ersten Band vorab zu lesen. Es lohnt sich, versprochen. 😉 Klar entwickelt sich die Geschichte weiter und man erhält weitere Einblicke in die Gefühlswelt der Protagonisten. In manchen Szenen entstand somit ein wahres Gefühlschaos. Aber niemals war es mir zuviel. Ich konnte, dank des bildhaften Schreibstil, immer in die Situationen eintauchen und hatte schnell Sympathien und Antipathien entwickelt. Gegen wen sich die Antipathien entwickelt hatten? Na ja, wer das Buch liest, wird recht schnell ebenfalls Abneigungen gegen Protagonisten entwickeln. Dieses wird aber auch ganz klar von der Autorin forsiert.

    1975: Es ist nun leider doch nicht so gekommen, wie alles geplant war. Das Familienband leidet an einigen Stellen und die Situationen spitzen sich merklich zu. Es wird schwierig auf dem Nordseehof. Hier muss ich die Autorin wirklich loben. Alle Szenen wurden sehr bildhaft beschrieben. Ich hatte nie den Eindruck, dass es mal träge wird, ganz im Gegenteil. Und dann, der Schluß. Man kann nicht anders und hibbelt der Erscheinung des dritten Bandes förmlich entgegen.

    An dieser Stelle erscheint nun immer ein Satz, der mich besonders beeindruckt hat. Dieses Mal ist mir dieser Satz aufgefallen: "Die Welt feiert das Ende des Winters jedes Jahr in unglaublich festlichen Farben."

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Regine Kölpin / Als wir der Freiheit nahe waren“ zu „Regine Kölpin - Als wir der Freiheit nahe waren“ geändert.
  • "Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun." (Molière)

    1973. Viele Jahre sind inzwischen ins Land gegangen, in der sich Johanna gemeinsam mit Ehemann Eike Deeken um den Nordseehof kümmern und dort die Schäferei betreiben. Ihre Ehe ist geprägt von gegenseitigem Respekt, doch ihre große Liebe Rolf hat Johanna nie vergessen. Ihre 18-jährige Tochter Adda hat mit dem Hof nichts im Sinn und träumt von einem Leben abseits des Hofes, am liebsten als Krankenschwester in Bremen ganz allein auf sich gestellt, aber auch um dem angespannten Verhältnis mit ihrer Mutter zu entfliehen. Doch dann lastet auf einam die gesamte Verantwortung für den Hof auf Johannas Schultern, die sie nur mit Hilfe ihrer Kindern tragen kann, was Addas Pläne erst einmal in die Ferne rücken lässt. Aber aufgeschoben heißt ja nicht, aufgehoben...


    Renate Kölpin hat mit „Als wir der Freiheit nahe waren“ den zweiten Teil ihrer historisch angelegten Nordseehof-Trilogie vorgelegt, der in punkto Unterhaltungswert und Spannung erneut hohes Niveau beweist, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und gefühlvolle Schreibstil lässt den Leser sofort wieder auf den ostfriesichen Hof einziehen, wo er den Bewohnern auf Schritt und Tritt folgt, während ihre Gedanken- und Gefühlswelt offen vor ihm liegt. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die Darstellung der unterschiedlichen Generationen sind der Autorin gut gelungen. Während Johanna in eine arrangierte Ehe gedrängt wurde, einen harten Schicksalsschlag verkraften muss und an allen Ecken und Enden für den Hof kämpft, haben ihre Kinder ganz anderes im Sinn. Doch wenn es um die Familie und den finanziell in Schieflage geratenen Hof geht, ziehen alle an einem Strang, auch wenn sie dabei erst einmal zurückstecken müssen. Ebenso spannend ist zu beobachten, wie Adda in Bremen ihre ersten eigenen Erfahrungen macht. Dabei verbindet die Autorin den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung, lässt sowohl damaliges gesellschaftliches als auch politisches Treiben wieder aufleben. Zudem zeigt sie auf, wie wenig Frauen auch noch in den 70er Jahren als eigenständig und sebstbestimmend gesehen wurden und Gleichberechtigung noch in weiter Ferne lag.


    Die Charaktere sind detailliert ausgestaltet und mit Leben gefüllt. Sie besitzen realistische menschliche Ecken und Kanten, so dass der Leser sich in ihrer Gesellschaft wohl fühlt und ihr Schicksal teilt. Johanna ist eine Kämpfernatur, die sich vor harter Arbeit nicht scheut und alles dafür tut, den Hof zu erhalten. Das Verhältnis zu ihrer Tochter ist angespannt, liegt wohl aber mehr daran, dass sich Mutter und Tochter in ihren Wesenszügen so ähnlich sind. Adda hat wie jede junge Frau Träume und Wünsche für ihr eigenes Leben, die sie sich verwirklichen möchte. Doch sie besitzt auch Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihrer Familie, rennt nicht davon, wenn es schwierig wird. Eike ist ein freundlicher Mann, der ein besonders enges Verhältnis zu seiner Tochter hat. Aber auch Uwe, Manfred Oetjen, Paul, Rolf und Oma Deeken spielen in diesem Buch eine Rolle.


    „Als wir der Freiheit nahe waren“ fesselt durchweg mit einer spannenden Familiengeschichte, lässt den Leser an den Seiten kleben und darauf hoffen, dass alle liebgewonnenen Protagonisten ihr Glück finden werden. Der dritte Band wird sehnlichst erwartet. Verdiente Empfehlung für schöne Lesestunden und gute Unterhaltung!


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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