Carsten Henn - Der Buchspazierer

  • Kurzmeinung

    mondy
    Oberflächlich, viel zu viele Personen mit viel zu vielen Problemen, die dann viel zu leicht gelöst werden
  • Kurzmeinung

    cocodrilla
    Ein unglaublich warmherziger, bezaubernder Roman. Ein absolutes Highlight für mich
  • "Wer nicht an Magie glaubt, wird sie niemals entdecken." (Roald Dahl)

    Der 72-jährige Buchhändler Carl Kollhoff liebt seinen Beruf, aber vor allem Bücher über alles. Tag für Tag beglückt er nach Ladenschluss seine treuen Kunden höchstpersönlich mit der Überbringung von bestellten Büchern, die ebenso sehnlichst erwartet werden wie ein kurzes Gespräch mit Carl. Auch wenn sie eigentlich Fremde sind, sind sie doch für den einsamen Mann wie seine Familie. Während ihn bei seiner Auslieferung öfters eine streunende Katze begleitet, trifft er eines Tages auf die 9-jährige Schascha, die ihm ab da wie ein Schatten folgt, ob er will oder nicht. Dabei treibt Carl die Frage um, wie lange er diese Touren noch machen darf, denn in der Buchhandlung, in der er Zeit seines Lebens gearbeitet hat, weht nun ein neuer Wind und der sieht zukünftige persönliche Auslieferungen nicht mehr vor…


    Carsten Henn hat mit „Der Buchspazierer“ einen magisch anrührenden Roman vorgelegt, der mit seinen versteckten Botschaften nicht nur für Bücherliebende ein kleiner Schatz ist. Der flüssige, bildhafte und poetische Erzählstil schleicht sich schon mit den ersten Worten ins Leserherz und lässt ihn an die Seite von Carl treten, ihn bei seinen täglichen Runden zu begleiten und neben ihm und Schascha auch seine Kunden kennenzulernen, um dabei überrascht festzustellen, dass man selbst auch einer von ihnen sein könnte. Henn zeigt auf sehr empathische Weise auf, wie sehr Bücher die Menschen nicht nur zusammenbringt und verbindet, sondern ihnen neben einer Flucht aus dem Alltag auch die Möglichkeit gibt, sich anderen zu öffnen und damit für kurze Zeit ihre Einsamkeit zu vergessen. Genauso individuell wie die Bücherinhalte sind auch die Menschen, die sie lesen und von Carl ihren jeweiligen „Spitznamen“ erhalten. Gerade die zwischenmenschliche Ebene ist Henn hier sehr gut gelungen, denn durch die Dialoge zwischen Schascha, Carl und den jeweiligen Kunden kommt man allen sehr schnell ganz nah. Als Leser leidet man regelrecht mit, als die Buchladeninhaberin Carl davon in Kenntnis setzt, dass sein Auslieferungsservice nicht mehr gebraucht wird, oder Carl erst einmal richtig bewusst wird, wie einsam er eigentlich wirklich ist ohne seine Bücher und die Kundenbesuche. Sorgfältig verpackt Henn Themen, die uns alle angehen, denn hier geht es um persönliche Schicksale, Freundschaften, Einsamkeit sowie den Verlust von etwas, für das man lebt.


    Die Hauptprotagonisten wachsen dem Leser mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten sofort ans Herz, denn sie wirken wie aus dem Leben gegriffen. Carl ist ein zurückhaltender Mann, ein Eigenbrötler, der vielleicht etwas skurril wirkt, doch lernt man ihn näher kennen, bekommt man hinter dieser Fassade einen empathischen und durchaus fürsorglichen Mann zu sehen, dem die Schicksale seiner Kunden wichtig sind, wenn sie nicht sogar neben den Büchern sein jetziges Leben bestimmen, denn sie retten ihn vor der Einsamkeit seiner eigenen vier Wände und zeigen ihm auch, dass es anderen geht wie ihm. Schascha ist eine kleine rotzfreche Göre mit einer alten Seele, sie ist neugierig, schaut in die Herzen der Menschen und hat wie jedes Kind einen offenen unverstellten Blick auf die Welt, die sie schnell erkennen lassen, was den Menschen eigentlich fehlt. Zusätzlich trifft der Leser unter anderem auf Sabine Gruber, Mr. Darcy, Effi und Frau Langstrumpf, die alle mit ihren Auftritten dazu beitragen, diese Geschichte zu einem Kleinod zu machen.


    „Der Buchspazierer“ ist ein poetischer Anschlag aufs Leserherz, der voll ins Schwarze trifft. Absolute Leseempfehlung!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Klappentext

    Es sind besondere Kunden, denen der Buchhändler Carl Christian Kollhoff ihre bestellten Bücher nach Hause bringt, abends nach Geschäftsschluss, auf seinem Spaziergang durch die pittoresken Gassen der Stadt. Denn diese Menschen sind für ihn fast wie Freunde, und er ist ihre wichtigste Verbindung zur Welt. Als Kollhoff überraschend seine Anstellung verliert, bedarf es der Macht der Bücher und eines neunjährigen Mädchens, damit sie alle, auch Kollhoff selbst, den Mut finden, aufeinander zuzugehen …

    Meinung

    In Zeiten von Corona gibt es Buchspazierer. Buchhandlungen bieten diesen Lieferservice an. Dies ist aber kein einfacher Lieferservice sondern eine Verbindung zwischen den Welten.. Der Buchspazierer besucht besondere Kunden die in ihren eigenen Welten leben und von dort ohne Umwege in die Bücherwelten wechseln wollen. Das kleine Mädchen das ihn dabei begleitet, lebt ganz und gar in der realen Welt. Kann aber die Erwachsenen gut verstehen. Daraus ist eine Mischung entstanden die surreal wirkt, sehr berührend ist und für Buchliebhaber ein unbedingtes Muss.

    E.T,A. Kohlhoff, der Buchspazierer erklärt warum Lesen so wichtig ist, er findet Buchfiguren die seinen Kunden ähneln, findet die Bücher genau nach ihren unausgesprochenen Wünschen. Gleichzeitig philosophiert er über Bücher, sie sind Nahrung nicht nur für den Geist auch für die Seele. Das lesen von passenden Büchern erklärt den Menschen wie andere Menschen denken, fühlen oder behandelt werden wollen. Herr Kohlhoff gibt dem Vater des kleinen Mädchens das Buch Ronja Räubertochter um die Freiheitsliebe seiner Tochter zu erklären.

    Seine Begründungen zu den Büchern sind einfach wunderschön und wenn man die Bücher selber gelesen hat, fühlt man sich sofort wieder in das Buch hinein versetzt.

    Das Cover ist eher verspielt, zeigt aber die wichtigsten Einzelheiten des Buchs. Es ist verführerisch, daher nimmt man das Buch in die Hand.

  • Carl ist der Buchspazierer. Aber keine Angst, er ist kein seltsamer Kauz, der mit Büchern Gassi geht, sondern es ist sein Job nach Geschäftsschluss Buchbestellungen in der Innenstadt persönlich zuzustellen. Carl, der mit seinen 70 Jahren nicht mehr als Buchhändler arbeitet, liebt diese Nebentätigkeit. Für alle Stammkunden hat er Romanfiguren im Hinterkopf, die ihnen ähnlich sind oder sich gleich verhalten. Eines Tages begleitet ihn ein junges Mädchen namens Sascha bei den Auslieferungen. Zunächst ist Carl eher abweisend. Es ist "sein" Ding diese Bücher abzugeben und er will keine Begleitung. Aber nach ein paar Tagen und extremer Hartnäckigkeit von Sascha erobert die Kleine sein Herz. Carl erkennt, wie wichtig ihm das Austragen tatsächlich ist, dass er den Menschen andere Bücher bringen sollte, die ihnen helfen können und dass der persönliche Kontakt nicht nur sein Job ist, sondern er auch eine emotionale Bindung zu den Kunden aufgebaut hat.


    Wie wahrscheinlich die meisten Leser, liebe ich Bücher in denen es um Bücher geht. Dieses Buch ist ein absolutes Wohlfühlbuch und das, obwohl auch reichlich unschöne Dinge passieren. Es zeigt aber, dass Bücher und Lesen einen Menschen nicht einsam machen, sondern dass die Liebe zu Büchern Menschen verbindet und Bücher ihnen sogar helfen können.


    Es macht unglaublich viel Spaß zu lesen, wie Carl bewusstwird, was ihm das Austragen bedeutet und was er durch die Besuche und die Bücherwünsche über die Menschen erfährt. Sascha ist auch eine absolute Herzensfigur. Aufgeweckt und liebenswert stellt sie so manches Leben auf den Kopf und mit ihrer kindlichen Neugier und Ehrlichkeit merkt sie sofort, wenn irgendwo der Schuh drückt. Carl und sie wirken auf den ersten Blick wie eine seltsame Kombination, passen aber perfekt zu einander.


    Fazit: Ein wunderschönes Buch über die Magie, die von Büchern ausgeht und wie diese Menschen beeinflusst und miteinander verbindet.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ja, ich weiß, dass ich im Begriff bin, jetzt einigen Lesern auf die Füße zu treten. Daher mit Vorwarnung: Wem das Buch am Herzen liegt und wer sich darin so wohlfühlt, dass ihn Kritik schmerzt, bitte nicht weiterlesen, denn es folgt ein Verriss.



    Wenn ein einigermaßen bekannter Autor ein Buch schreibt, in dem sich reizende Figuren rund um Bücher und Schicksale tummeln, scheinen Marketing-Leute in den Verlagen Schnappatmung zu bekommen: Weil Bücherliebhaber Bücher über Bücher liebhaben, verkaufen diese sich gut. Dann muss Bücherliebhaber am Ende des Buches nicht einmal herausbekommen, was eigentlich die Handlung und wo ein Spannungsbogen zu finden ist.


    Er muss auch nicht nach Personen suchen, die sich mit mehr als drei Worten beschreiben ließen, auch nicht nach deren Ecken und Kanten. Immer wieder gleich die herzigen Dialoge der beiden Hauptpersonen liest er ja auch gern: Schascha fordert, Carl lehnt ab, Schascha fordert wieder, Carl gibt nach.


    Auftritte von Kindern, obendrein von wie-auch-immer vom Schicksal gebeutelten Kindern, fachen Leseremotionen an. Und wenn auch noch dem Protagonisten, der mit den Büchern nur Gutes tut und Kümmerer seiner Kunden ist, Unrecht geschieht, schmelzen Leserherzen dahin.


    Dann spielen auch stilistische Flops keine Rolle. Eine kleine Auswahl:
    Das Mädchen fragt einen der Kunden, warum er nicht selbst schreibe. „Carl wunderte sich, dass Schascha ihm diese Frage nicht gestellt hatte. Vielleicht weil sie dachte, wer Bücher austrage, schreibe keine. So, wie Paketboten auch keine Pakete machten, sondern sie nur lieferten.“ (S. 99) Erstens: Wie macht man Pakete? Zweitens: Postboten, die selbst Päckchen verschicken, wehrt Euch! :wuetend:
    „Sabine Grubers Pupillen zuckten nervös, ...“ (S. 113) Ein Tic im Innenauge? :-k
    „Sie blickte … hinauf in den tintenblauen Himmel ...“ (S. 168) Bei der Himmelsfarbe würde ich machen, dass ich wegkäme. :shock:


    Die Idee, dass Bücher heilen und ein Protagonist stets die richtige Arznei für das jeweilige Leiden seiner Mitmenschen kennt, hat Henn nicht erfunden. Vor einiger Zeit schrieb u.a. Nina George „Das Lavendelzimmer“ zum Thema. Hier wie dort finden sich Binsenweisheiten, getarnt als poetische Kalendersprüche.

    Auch entdeckt man Parallelen zwischen den Francois Lelords Hector und Henns Carl: Kunstfiguren, Best-Menschen, nicht mehr jung und schrullig.


    Ja, auch ich lese gern Bücher über Bücher. Auch ich habe mich oft hineinziehen lassen in die Handlung, weil ich mich einfach wohlfühlen und mich unterhalten lassen wollte. Beim „Buchspazierer“ klappt es nicht.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: (einer davon fürs Cover)

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ja, ich weiß, dass ich im Begriff bin, jetzt einigen Lesern auf die Füße zu treten. Daher mit Vorwarnung: Wem das Buch am Herzen liegt und wer sich darin so wohlfühlt, dass ihn Kritik schmerzt, bitte nicht weiterlesen, denn es folgt ein Verriss.

    Das mit der Vorwarnung ist eine gute Idee, und ich werde sie von Dir übernehmen. Dann ist jeder gewarnt, braucht den Verriss nicht zu lesen und nicht hinterrücks darüber zu maulen. :wink:

    :study: Willa Cather - Meine Antonia

    :study: Wolfgang Herrndorf - Tschick

    :study: Reiner Stach - Kafka. Die Jahre der Entscheidungen

    :study: James Wood - Die Kunst des Erzählens















  • ich werde sie von Dir übernehmen

    Wäre mir besser schon früher eingefallen, dann hätte ich mir gelegentlichen Kummer mit Deinen Rezensionen erspart. :) :-, :ergeben:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ja, ich weiß, dass ich im Begriff bin, jetzt einigen Lesern auf die Füße zu treten. Daher mit Vorwarnung: Wem das Buch am Herzen liegt und wer sich darin so wohlfühlt, dass ihn Kritik schmerzt, bitte nicht weiterlesen, denn es folgt ein Verriss.

    Das mit der Vorwarnung ist eine gute Idee, und ich werde sie von Dir übernehmen. Dann ist jeder gewarnt, braucht den Verriss nicht zu lesen und nicht hinterrücks darüber zu maulen. :wink:

    Das ist jetzt aber nicht euer Ernst - bevor ein Buch kritisiert wird sei es bei den Rezensionen wie auch bei einem Abbruch - soll eine Vorwarnung erstellt werden. Wo bleiben denn da die hitzigen Diskussionen, welche das Blut so schön in Wallung bringen. :-,

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Das ist jetzt aber nicht euer Ernst - bevor ein Buch kritisiert wird sei es bei den Rezensionen wie auch bei einem Abbruch - soll eine Vorwarnung erstellt werden. Wo bleiben denn da die hitzigen Diskussionen, welche das Blut so schön in Wallung bringen.

    Du hast recht, man muss was für seinen Kreislauf tun. :wink: Außerdem schmerzen mich Verrisse selbst geliebter Bücher eigentlich nicht. Das tun sie nur dann, wenn ich erkennen muss, dass die Argumente, die sie gegen das Buch vorbringen, überzeugend sind. :(

    :study: Willa Cather - Meine Antonia

    :study: Wolfgang Herrndorf - Tschick

    :study: Reiner Stach - Kafka. Die Jahre der Entscheidungen

    :study: James Wood - Die Kunst des Erzählens















  • Wo bleiben denn da die hitzigen Diskussionen

    Ich gehe davon aus, dass die meisten die Warnung aus Neugier ignorieren. Wäre jedenfalls bei mir so, dass mich dann erst recht darauf stürzen würde. :lol:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Für mich, war es das zweite Buch, welches ich von dem Autor gelesen habe.


    Mein erstes Buch war das Buch „Tod & Trüffel“ ein Hundekrimi.


    Ich finde immer dass die Inhalte sich sehr interessant anhören, dann aber beim Lesen bin doch meist etwas enttäuscht. Ich habe mehr erwartet und mich hat die Geschichte nicht restlos überzeugt


    So auch bei diesem Buch. Der Plot gibt soviel her, dafür hat der Autor mMn. nicht das ganze Potenzial ausgeschöpft.


    Die Geschichte weißt viele Stärken auf:


    Zum einen, die Beratung durch Buchhändler Carl Christian Kollhoff, einen unsere beiden Protagonisten in dem Buch. Hier hätte ich mehr Handlung und mehr Text gewünscht, wie die Kunden mit Ihm Kontakt aufnehmen, von ihm Bücher empfohlen bekommen und wie sie sich über die Bücher freuen und nach mehr lechzen. Einfach mehr um das alles.


    Zum anderen das junges Mädchen namens Sascha, welches ihn beobachtet und dann sich einfach an seine Fersen heftet und den Botengängen nochmal ihren eigenen Stempel aufdrückt. Ich fand sie blieb zu blass, denn auch ihre Geschichte, ihre Probleme sind mir zu oberflächlich gelöst.



    Der Zauber der Geschichte hat mich nicht ganz erreicht und ich habe vielleicht einfach auch was anderes erwartet.

  • Ich werde jetzt nichts zum Inhalt schreiben, denn der wurde hinlänglich vorgestellt. Mir erschien das Konzept und die Ausführung des Buchspazierens ziemlich überstrukturiert und so haben mir die ersten 70 - 90 Seiten nur eingeschränkt Freude bereitet.


    Ab der Mitte wird es dann besser, auch wenn das Gefühl der überbordenden Strukturierung blieb gwie sie für eine Person in Carls Alter allerdings glaubwürdig erscheinen mag.


    Nette Idee, in der Ausführung hier und da etwas zäh.