Charles Dickens - Harte Zeiten (ab 11.01.2021)

  • Der Stärkere von beiden ist für Rachel.

    Für mich ganz klar auch :wink:

    Es beeindruckt mich sehr, wie Dickens es schafft den Leser zu fesseln und zu berühren. :thumleft: Habe noch "Große Erwartungen" auf dem SuB.

    Viel Spaß, das haben wir vor ein paar Jahren gelesen. Dickens fasziniert auch da :D

  • zu Kapitel 15


    Liest Du jetzt eigentlich das Original oder eine Übersetzung?

    Ich lese im Original, nehme die Zitate aber aus der deutschen Übersetzung.

    Luise teilt ihrem Vater mit, dass sie keine Kindheit gehabt hätte, und ich als Leser habe auf einen emotionalen Ausbruch, einen Vorwurf oder dergleichen erwartet.

    Sie hat sich wirklich unter Kontrolle, aber ihre Ausführungen über die Kindheit klingen

    wie eine bitterböse Anklage über all das was sie verloren hat. Schlimm fand ich, dass Gradgrind das alles noch als Kompliment für seine Erziehung versteht.

    Aber sie hat Pläne, verstehe ich das richtig?

    Ich denke schon. Aber sie spielt ihrem Vater Theater vor. Interessant fand ich, das Cilchen

    intuitiv gespürt hat, das sie im Grunde gegen ihre Gefühle handelt. Cilchen schaut sie mit

    Mitleid, Kummer und Zweifel an. Sie hat sie durchschaut. Die Reaktion von Luise ist hart

    und unbarmherzig.

    Zitat

    Von diesem Augenblick an war sie unleidlich, stolz und kalt gegen Cilchen - hielt das

    Mädchen in gemessener Entfernung von sich - änderte ihr ganzes Benehmen und

    Wesen gegen sie.

    Kein schöner Zug von Luise, oder wie seht ihr das?

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Inwiefern? Zumindest mit der Sprache der Zeit müsstest Du durch Jane Eyre ja auch vertraut sein.

    Ich finde Jane Eyre total anders auch in der Sprache. Es liest sich für mich viel viel einfacher und sympathischer. Allein die Schachtelsätze von Dickens finde ich sehr anstrengend. Vielleicht komme ich mit der wörtlichen rede deswegen besser klar, weil das eher kompakt ist und nicht so lang. Wobei ich zB auch die ( ) in den Sätzen wenn jemand was sagt wunderlich finde.

    Ich würde eher Dracula mit Dickens vergleichen, ich finde die Art zu reden ist da ähnlicher als bei Jane Eyre. Und da hatte ich am Anfang auch ähnliche Probleme.

    Ich find es für mich komisch, das ich teilweise Probleme mit dem lesen habe und an anderen Tagen fällt es mir wieder leichter. Liegt vllt an der tagesform. Aber wenn Dickens generell so schreibt werden wir wohl keine Freunde. :lol:

    Wer keine Fehler macht, macht wahrscheinlich auch sonst nicht viel.

  • Aber sie spielt ihrem Vater Theater vor.

    Oder ist das ihr tatsächliches Wesen?

    Das Gespräch zwischen Vater und Tochter ist ein Paradebeispiel für eine nicht geglückte Kommunikation. Wie sie das Wort "Liebe" umschiffen, ist direkt grotesk. Vielleicht soll das lustig sein, aber ich fand das nur beklemmend.

    Ich hatte gehofft, dass sich Vater und Tochter einander öffnen, dass sie Vertrauen zueinander zeigen - aber da hat mir der Erzähler wieder eine lange Nase gedreht: der Vater bleibt bei seinen Grundsätzen, und Luise verhärtet weiter.

    Kein schöner Zug von Luise, oder wie seht ihr das?

    Ich habe das eher als Akt der Verzweiflung gesehen. Cili verkörpert, vereinfacht gesagt, die Welt der Gefühle, und dagegen wappnet sich Luise mit Ablehnung.

    Eine spannende Figur.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Oder ist das ihr tatsächliches Wesen?

    Das Gespräch zwischen Vater und Tochter ist ein Paradebeispiel für eine nicht geglückte Kommunikation. Wie sie das Wort "Liebe" umschiffen, ist direkt grotesk. Vielleicht soll das lustig sein, aber ich fand das nur beklemmend.

    Ich denke Luise weiß was sie bei Bounderby erwartet und versucht jetzt schon alle

    Gefühle wegzuschließen. Sie baut eine Mauer um ihr Herz. So eine Art Selbstschutz. Ihre

    Kindheit hat man ihr schon weggenommen und jetzt erwartet sie auch noch eine freudlose

    Ehe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ihr tatsächliches Wesen ist.

    Bekelemmend fand ich diese Unterhaltung auch. Das Schmunzeln ob solcher Passagen...

    Zitat

    "Das weiß ich natürlich, Luise. Die Nutzanweisung dieser Bemerkung entzieht sich

    meinem Blicke". (Um ihm gerecht zu werden: Es bot sich seinem Blicke überhaupt nichts.)

    vergeht dem Leser ganz schnell. Diese Unterhaltung ist eigentlich eine Qual.

    Ich habe das eher als Akt der Verzweiflung gesehen. Cili verkörpert, vereinfacht gesagt, die Welt der Gefühle, und dagegen wappnet sich Luise mit Ablehnung.

    Ja, das könnte man durchaus auch so sehen. Sie muss sich dieser Welt der Gefühle,

    verkörpert von Cilchen, verschließen um sich zu schützen. >Große Erwartungen< sind

    da wohl nicht angebracht.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Bis Kapitel 14


    Aber bisher hat Dickens meist Begriffe aus der Natur oder Gefühlen benutzt und dann noch ganz viele Bibelzitate und -verweise (viel mehr als in allen anderen Büchern). Jetzt greift auf ein absolutes Fantasieprodukt zurück: Fairy palaces. Warum ausgerechnet jetzt und warum für die monströsen Fabriken? Das ist ja ein sehr krasser Gegensatz (auch wenn mich Terry Pratchett gelehrt hat, dass Fairies zwar klug und schön sind, aber nicht notwendigerweise freundlich :loool: )

    Klassisches Missverständnis, ach so meintest du das. Da bringst du mich auf einen interessanten Punkt. Das passt ja wirklich nicht zu Dickens üblicher Art und ich habe mal vorsichtig im Internet recherchiert (will mich ja nicht selbst spoilern) und habe bei bei einem anderen, sehr klassischen Forum, tatsächlich eine MLR über "Harte Zeiten" gefunden, die sich auch über das Wort "Feenpaläste" Gedanken gemacht haben.

    Sie haben es sich so erklärt, dass damit ein Kontrast zwischen dem Äußeren (weil sieht ja hübsch aus auf seine Art) und dem was Innen (harte Arbeitswelt) geschieht, dargestellt wird. Eigentlich ein ganz simpler Gedanke, auf dem ich jetzt ehrlicherweise nicht direkt gekommen wäre.

    Bei Copperfield wäre auch schon mal das Wort "Feenpaläste" vorgekommen. Meine Lektüre dazu liegt schlicht zu weit weg, als das ich mich daran noch erinnern könnte.

    Ich bin schon zu gespannt ob man dann später bei deinem Kommentar etwas dazu finden kann.


    Ich hatte in der Passage den Eindruck als ob sich Stephen in einer Art Wachtraum, gefangen zwischen Schlafen und Wachsein, befindet. Ein Zustand, in dem man nicht zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden und auch nicht aktiv handeln kann. Hat das noch jemand von Euch so empfunden beim Lesen?

    Ich habe das auch so empfunden, dass es diese seltsame Zeit zwischen Schlafen und Wachsein ist. Man sieht etwas, aber man kann noch nicht handeln. Dickens beschreibt das so großartig :pray:


    aber zur Zeit fallen wir alle in das Vorurteil, dass natürlich der Mann entschieden hat :lol:

    :lol: Stimmt. Warten wir es mal ab, was da noch kommen wird.


    Und wenn Du das im Original erst lesen könntest - Dickens konnte so herrlich mit Sprache umgehen, das ist ein Traum.

    :cry: Das muss traumhaft sein im Original lesen zu können. taliesin mal neugierig nachgefragt. Du liest ja auch im Original und hast ja damit auch einen Vergleich zur Insel Ausgabe. Wie gelungen findest du denn die Übersetzung?


    Habe noch "Große Erwartungen" auf dem SuB.

    Da hast du noch ein wunderbares Buch vor dir! Viel Vergnügen damit :)

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Wie gelungen findest du denn die Übersetzung?

    Ich wäre Herrn Robben dankbar, wenn er den Roman einmal richtig übersetzt.

    Stellenweise ist es, finde ich, ein Gräuel.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Erstes Buch

    Fünfzehntes Kapitel

    Vater und Tochter


    Dickens hat das alles so großartig dargestellt, dass ich noch ganz benommen von dem Kapitel bin. Meine Hoffnung, dass sich das Stückchen Menschlichkeit bei Gradgrind weiter zeigen könnte, wurde mir ganz schnell von Dickens ausgetrieben.

    Das hat so weh getan dem "Gespräch" der beiden zu folgen. So eine verpasste Gelegenheit.


    Schon gleich am Anfang wurde man in die Szene hineingezogen. Der Raum, der voll von blauen Büchern ist, die alle Frage der Welt beantworten könnten. Aber nur diejenigen, die man berechnen kann. Die Uhr, deren Schlag sich anhört, als wenn jemand auf einen Sargdeckel klopft. Eine düstere Atmosphäre die Dickens da aufbaut. Da gäbe es so viele Details zu zeigen, dass man noch lange damit beschäftigt wäre.


    Fällt mir gerade noch einmal ein. Wieso die Farbe blau? Hat das eine besondere Bewandtnis? Das wurde so eindrücklich geschrieben (Ritter Blaubart, blaue Bücher, Blaugemach).




    Mich erschreckt die Emotionslosigkeit

    von Luise in diesem Moment.

    Das war wirklich sehr erschreckend. Wie auch Gradgrind völlig die Chance verpasst hatte auf seine Tochter einzugehen, die einmal kurz davor stand sich zu öffnen.

    Da wurde der Hochzeitsantrag buchstäblich zu einer Rechenaufgabe hinuntergebrochen.


    Es schmerzt zu lesen, wenn Luise sagt:

    Zitat von Insel Ausgabe S. 155

    "Solange es währt, täte ich gern das wenige, was ich vermag, und das wenige, wozu ich tauglich bin. Es ist ja alles eins."

    Oder den Teil hier:


    Zitat von Insel Ausgabe S. 157

    "Sie haben mich so wohlerzogen, daß ich niemals einen Kindestraum geträumt habe. Sie haben mich, Vater, von meiner Wiege an bis zu dieser Stunde mit solcher Weise behandelt, daß ich niemals einen Kindesglauben oder eine Kindesfurcht besessen habe."

    Ihr Vater versteht einfach nicht, was sie damit meint und frägt auch nicht nach.


    Das Gespräch zwischen Vater und Tochter ist ein Paradebeispiel für eine nicht geglückte Kommunikation. Wie sie das Wort "Liebe" umschiffen, ist direkt grotesk. Vielleicht soll das lustig sein, aber ich fand das nur beklemmend.

    Das ist wirklich ein Paradebeispiel dafür. Beklemmend ist das absolut perfekte Wort. Ich habe das ganze Gespräch nicht als lustig empfunden.


    Ich hatte gehofft, dass sich Vater und Tochter einander öffnen, dass sie Vertrauen zueinander zeigen - aber da hat mir der Erzähler wieder eine lange Nase gedreht: der Vater bleibt bei seinen Grundsätzen, und Luise verhärtet weiter.

    Ich hatte auch so sehr gehofft, aber leider wurde nichts daraus und Luise hat ihr Herz wieder verschlossen und sogar verhärtet.



    Kein schöner Zug von Luise, oder wie seht ihr das?


    Ich habe das eher als Akt der Verzweiflung gesehen. Cili verkörpert, vereinfacht gesagt, die Welt der Gefühle, und dagegen wappnet sich Luise mit Ablehnung.

    Ich sehe es so wie drawe . Es war eine reine Verzweiflungstakt. Sie musste ihr Herz gegen Cilchen verschließen um sich selbst zu schützen.


    Äußerst interessant fand ich ja noch ihre Rede von Frau Gradgrind an Luise, als sie von deren zukünftige Verbindung mit Bounderby erfuhr. Man sollte doch meinen, dass sie sich über diese Hochzeit freuen sollte. Stattdessen klingt alles was sie zu Luise sagt so völlig unerfreulich.


    Was hält ihr denn von dem "Problem" Frau Gradgrinds bezüglich der Anrede ihres zukünftigen Schwiegersohnes? Für mich klingt es nicht gerade, als wenn sie von ihm als Person viel halten würde.

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  • Wie gelungen findest du denn die Übersetzung?

    Ich wäre Herrn Robben dankbar, wenn er den Roman einmal richtig übersetzt.

    Stellenweise ist es, finde ich, ein Gräuel.

    Ich habe so etwas in der Richtung schon befürchtet. Das liest sich stellenweise schon sehr holprig. Wäre wirklich schön, wenn sich ein Übersetzer wie Herr Robben dem Buch annehmen würde.

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  • Erstes Buch

    Sechzehntes Kapitel

    Mann und Frau


    War die Atmosphäre im letzten Kapitel mehr als bedrückend, musste ich aber über die Nöten eines Herrn Bounderby wie er Frau Sparsit aus dem Haus bringt, schon schmunzeln. Es war wirklich erstaunlich wie gefasst sie das aufnahm. Und ihre kleinen Spitzen gegen Bounderby konnte sie sich natürlich nicht verkneifen und waren amüsant zu lesen.


    Es wirkte auch im ersten Moment sehr nett, dass er ihr eine Wohnung in einem Bankhaus verschafft. Aufgehorcht habe ich, als er von "dieselben Bedingungen" sprach Auch ihre Antwort klingt geheimnisvoll: "(...)Sie waren so gütig, mir das Versprechen zu geben, daß Sie immer den Ausdruck, ´jährliches Kompliment" hierfür setzen wollten." (S 163)


    Das klingt ja fast schon als wüsste sie etwas über ihn und er würde ihr "Schweigegeld" geben.

    Überhaupt findet er sie unglaublich großzügig ab. Dienstmädchen, Laufbursche, Kosten für Licht- und Kohle. Ich empfinde ihn nicht gerade als eine großzügige Persönlichkeit, was mich in dem Punkt misstrauisch werden lässt.


    Ach ja und die Hochzeit, eine rein geschäftliche Angelegenheit. Bounderbys Ansprache triefte wieder von Aufgeblähtheit und er konnte es sich nicht verkneifen erneut von sich als "zerlumpter Gassenjunge" zu sprechen, der noch nicht mal ansatzweise davon träumen konnte, eine solche Frau ehelichen zu dürfen.


    Luises Gefasstheit wird kurz erschüttert als sie sich von ihrem Bruder Tom verabschiedet. Wie sie sich an ihm hängt. Wie an einen Anker, ein letztes Stückchen Hoffnung. Nur freut er sich sehr über ihr Wiedersehen und diesen "Kapiteljux". Was für eine Aussicht.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Kapitel 15

    Zitat von taliesin

    Sie baut eine Mauer um ihr Herz. So eine Art Selbstschutz. Ihre

    Kindheit hat man ihr schon weggenommen und jetzt erwartet sie auch noch eine freudlose

    Ehe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ihr tatsächliches Wesen ist.

    Bekelemmend fand ich diese Unterhaltung auch.taliesin

    Genau dieser Meinung bin ich auch!


    Pinguinchen Auch ich finde die Sprache sehr gewöhnungsbedürftig. Denke aber, dass so Vieles für mich so getelzt, so seelenlos wirkt, weil Gradgrind z.B. dieses Emotionslose ja auch lebt.


    Zitat von Farast

    Was hält ihr denn von dem "Problem" Frau Gradgrinds bezüglich der Anrede ihres zukünftigen Schwiegersohnes? Für mich klingt es nicht gerade, als wenn sie von ihm als Person viel halten würde.


    Da will Dickens sicher die Abneigung zum Ausdruck bringen. Denn ansonsten hat man sich ja im 19. Jh. gesiezt.

  • Kapitel 15

    Ich seh schon, wir haben alle bei diesem Kapitel geschluckt :(

    Er ist 50 und sie ist 20 und laut Statistik, ist dies nichts Ungewöhnliches.

    War es tatsächlich auch nicht, denn viele Frauen starben früh im Kindbett und die Männer haben immer wieder junge Frauen geheiratet. Aber das heißt ja nicht, dass es gut ist.

    Wenn sie annimmt, ist sie abgesichert. Um nichts Anderes geht es hier.

    Da geb ich Dir recht, sie hat keine andere Wahl und muss sich absichern. Denn wie sie später noch ausführt, kennt sie schlicht auch niemand anders. Sie antwortet es ihrem Vater mit "Wer soll mir denn einen Antrag gemacht haben? Ich kenne niemanden. Ich war nirgends." Ein trauriges Leben, wenn man das mit 20 Jahren sagen muss. An diese Folgen der Erziehung haben wir bisher auch noch gar nicht gedacht: spielen war schlicht auch nicht gestattet im Hause Gradgrind und Freunde hatten die Kinder außerhalb der Schule auch nicht.

    Ihr Blick geht aber auch nach Coketown in die "trübe Ferne", ins Düstere, wo am Horizont die Fabriken Bounderbys stehen. Diesen Blick malt der Erzähler richtig aus. Im Gespräch heißt es dann: "Der ferne Rauch ward sehr schwarz und dicht" und gegen Schluss "nichts als öder einförmiger Rauch" -

    Luises Blick in die Zukunft ist also alles andere als rosig.

    Diese Metapher für Louisas Zukunft ist echt treffend, das hat Dickens wieder eindrucksvoll beschrieben. Wobei ja auch die Gegenwart nicht rosig ist. Das macht Dickens am Ende von Kapitel 14 in seiner gekonnten Art deutlich im Gespräch zwischen Louisa und ihrem Vater, als sie ihn verabschiedet:

    Zitat von Dickens

    'Quite well, father.'

    'And cheerful?'

    She looked at him again, and smiled in her peculiar manner. 'I am as cheerful, father, as I usually am, or usually have been.'

    Dieser Satz sagt nicht, dass sie glücklich oder fröhlich ist - sie ist so glücklich / unglücklich bzw. fröhlich / betrübt wie sie immer war. Eindeutig zweideutig, nur ihr Vater versteht diesen Satz nicht.


    Das Gespräch zwischen Vater und Tochter ist ein Paradebeispiel für eine nicht geglückte Kommunikation. Wie sie das Wort "Liebe" umschiffen, ist direkt grotesk. Vielleicht soll das lustig sein, aber ich fand das nur beklemmend.

    Nur er umschifft es. Ich würde eher sagen, Louisa hat das Wort ganz bewusst benutzt, mehrfach, um ihren Vater zu einer klaren Aussage abseits seiner gewohnten Art zu bewegen. Sie provoziert ihn damit 3 Mal:

    • do you think I love Mr Bounderby?
    • do you ask me to love Mr Bounderby?
    • does Mr Bounderby asks me to love him?

    Aber ihr Vater vermeidet auch jetzt alles, was mit Gefühlen zu tun hat. Es zählt nur die berechenbare Welt, aber Liebe und Heirat sind nicht berechenbar.


    Ich hatte gehofft, dass sich Vater und Tochter einander öffnen, dass sie Vertrauen zueinander zeigen - aber da hat mir der Erzähler wieder eine lange Nase gedreht: der Vater bleibt bei seinen Grundsätzen, und Luise verhärtet weiter.

    Wobei wir hier auch wieder von uns und unseren Gefühlen ausgehen, wenn wir das erwarten. Gradgrind verheimlicht nichts; er kann sich gar nicht öffnen, denn er verbirgt nichts. Was also erwarten wir von einem Menschen wie ihm in dieser Szene? Dickens treibt es sicher auf die Spitze in der Art, wie er Gradgrind hier reden lässt, aber genau so und nicht anders hat er ihn bisher als Charakter gezeichnet. Louisa allerdings war kurz davor, sich ihrem Vater anzuvertrauen und emotional zu werden. Sie ist aber derart konditioniert durch ihre Erziehung, dass sie das gar nicht mehr kann.

    Luise teilt ihrem Vater mit, dass sie keine Kindheit gehabt hätte, und ich als Leser habe auf einen emotionalen Ausbruch, einen Vorwurf oder dergleichen erwartet. Nichts da.

    Statt dessen wieder der Blick ins Feuer.

    Sie hat sich wirklich unter Kontrolle, aber ihre Ausführungen über die Kindheit klingen

    wie eine bitterböse Anklage über all das was sie verloren hat. Schlimm fand ich, dass Gradgrind das alles noch als Kompliment für seine Erziehung versteht.

    Genau das meinte ich oben mit "er verheimlicht nichts". Genau so ist Gradgrind als Charakter angelegt und Louisa bestätigt ihn in allem was er mit seiner Erziehung erreichen wollte, indem sie sich selbst so unter Kontrolle hat. Gradgrind sagt klar:

    'It has always been my object so to educate you, as that you might, while still in your early youth, be almost any age.'

    Er wollte also niemals Kinder wie wir Kinder empfinden, definieren, als normal empfinden. Er wollte früh kleine Erwachsene "produzieren". Irgendwo im Buch wird es auch mal mit ähnlichen, der Fabrik entnommenen Wörtern beschrieben. Insofern ist es doch ein Fehler unserer Erwartungshaltung an ihn, wenn wir jetzt mit einer emotionalen Reaktion von ihm rechnen.


    Ich denke Luise weiß was sie bei Bounderby erwartet und versucht jetzt schon alle

    Gefühle wegzuschließen. Sie baut eine Mauer um ihr Herz. So eine Art Selbstschutz. Ihre Kindheit hat man ihr schon weggenommen und jetzt erwartet sie auch noch eine freudlose Ehe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ihr tatsächliches Wesen ist.

    Ich würde es auch Selbstschutz nennen, aber ob so oder

    Was hält ihr denn von dem "Problem" Frau Gradgrinds bezüglich der Anrede ihres zukünftigen Schwiegersohnes? Für mich klingt es nicht gerade, als wenn sie von ihm als Person viel halten würde.

    Dein Eindruck hab ich auch. Da ist zwar wieder wahnsinnig viel typisches Gewese drumherum, aber irgendwie schimmert für mich eine Abneigung Bounderbys mit durch.

  • Ich find es für mich komisch, das ich teilweise Probleme mit dem lesen habe und an anderen Tagen fällt es mir wieder leichter. Liegt vllt an der tagesform. Aber wenn Dickens generell so schreibt werden wir wohl keine Freunde. :lol:

    Das ist alles eindeutig Dickens Stil. Somit werden Ihr leider wohl keine Freunde. Denn auch wenn andere Bücher von der Thematik her leichter sind, so ist der Stil eindeutig und unverkennbar. Aber Tagesform macht bei mir auch was auch, das ist völlig normal. :wink:

    Sie haben es sich so erklärt, dass damit ein Kontrast zwischen dem Äußeren (weil sieht ja hübsch aus auf seine Art) und dem was Innen (harte Arbeitswelt) geschieht, dargestellt wird. Eigentlich ein ganz simpler Gedanke, auf dem ich jetzt ehrlicherweise nicht direkt gekommen wäre.

    Bei Copperfield wäre auch schon mal das Wort "Feenpaläste" vorgekommen. Meine Lektüre dazu liegt schlicht zu weit weg, als das ich mich daran noch erinnern könnte.

    Ich bin schon zu gespannt ob man dann später bei deinem Kommentar etwas dazu finden kann.

    Ich kann mich tatsächlich auch an keine Feenpaläste in Copperfield erinnern. :scratch: Die Erklärung wegen des Kontrasts ist klar, aber die Wortwahl wundert mich immer noch, sind Feen doch eindeutig der Fantasie und Fabelwelt zuzuordnen. Mal schauen, ob der Herausgeber etwas dazu schreibt.


    Ich wäre Herrn Robben dankbar, wenn er den Roman einmal richtig übersetzt.

    Stellenweise ist es, finde ich, ein Gräuel.

    Liest Du echt parallel?

  • Insofern ist es doch ein Fehler unserer Erwartungshaltung an ihn, wenn wir jetzt mit einer emotionalen Reaktion von ihm rechnen.

    Das kann natürlich auch an seinem Verhalten in der Sache Cilchen liegen. Da zeigt er ja durchaus eine soziale Ader. Es könnte allerdings auch sein, dass er sie auch nur als Studien-

    objekt betrachtet hat um auch aus ihr eine kleine Erwachsene zu formen. Könnte ja der

    Triumph seiner speziellen Pädagogik werden. Das es nicht funktioniert hat schreibt er dann ihrer Dummheit zu. Sein Charakter ist schwierig zu analysieren. Ich glaube, das da irgendwo tief in ihm ein gutes Herz zu finden ist. Es muss nur durch ein einschneidendes Ereignis herausgefordert werden. Vielleicht liefert uns Dickens da noch eine Lösung. Ansonsten wird

    dieser Roman doch noch in die Kategorie "Dunkle Schriften" eingeordnet. So ein ganz klein

    wenig Licht wäre mal ganz schön................

    Im Moment bleibt als Lichtblick ja nur Rachel, die nach dem Idealbild gezeichnet ist, das Dickens

    ja des öfteren in seinen Romanen verwendet. Mal schauen was diesbezüglich noch passiert.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • taliesin Das ist gut möglich, dass uns seine überraschende Wärme Sissy gegenüber dazu gebracht hat, das gleiche jetzt Louisa gegenüber zu erwarten. Aber ich bin wie Du der Meinung, dass Sissy zumindest anfangs Studienobjekt war. Er wollte bestimmt beweisen, dass es quasi nie zu spät ist, mit der "richtigen" Erziehung zu beginnen.

    Sein Charakter ist schwierig zu analysieren. Ich glaube, das da irgendwo tief in ihm ein gutes Herz zu finden ist.

    Ich habe ihn nie als böse empfunden und auch nie den Eindruck gehabt, er hätte kein gutes Herz. Er hat nur die für mich/uns falschen Überzeugungen, die er bis zum Letzten auslebt und umsetzt. Aber er handelt doch stets in der Überzeugung, etwas Gutes zu tun. Das im Endergebnis vermutlich nichts Gutes dabei herauskommt, hat er nur bisher noch nicht erleben müssen.

    So ein ganz klein wenig Licht wäre mal ganz schön................

    Ja :ergeben: Rachael (die wirklich Agnes aus Copperfield eins zu eins gleicht) und Sissy alleine reichen nicht aus.

  • Er hat nur die für mich/uns falschen Überzeugungen, die er bis zum Letzten auslebt und umsetzt.

    Das er ein schlechter Mensch ist wollte ich damit auch nicht sagen. Aber er hat nun mal,

    wenn es um Gefühlsangelegenheiten geht, die gleiche Mauer um sich die auch Luise langsam

    um sich aufbaut. Dickens beschreibt das hier sehr treffend:

    Zitat

    Aber um das zu sehen, hätte er mit einem Kraftsprunge über die künstlichen Schranken

    hinwegsetzen müssen, die er seit vielen Jahren zwischen sich und all jene zarten Wesen-

    heiten der Menschlichkeit aufgeworfen hatte, welche dem alleräußersten Scharfsinn des

    algebraischen Wissens ein Bein stellen werden, solange, bis die Posaune des letzten Gerichts

    auch das, was Algebra heißt und ist, in Trümmer blasen wird.

    Menschlichkeit wiederzufinden wäre also ein Schritt diese Mauern einzureißen. Ich bin

    gespannt, ob die Geschichte, zumindest in dem ein oder anderen Fall, noch den dunklen

    Schleier lüftet der bisher auf ihr lastet.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Kapitel 16


    Und ihre kleinen Spitzen gegen Bounderby konnte sie sich natürlich nicht verkneifen und waren amüsant zu lesen.

    Das Frau Sparsit der kommenden Ehe skeptisch gegenüber steht, zeigt sie ja ganz

    deutlich in dieser schönen Szene:


    Das klingt ja fast schon als wüsste sie etwas über ihn und er würde ihr "Schweigegeld" geben.

    Überhaupt findet er sie unglaublich großzügig ab.

    Das gibt schon zu denken. Sehr ungewöhnlich und die Idee des "Schweigegelds"

    könnte ich mir auch vorstellen.

    Nur freut er sich sehr über ihr Wiedersehen und diesen "Kapiteljux". Was für eine Aussicht.

    Irgendeinen Plan schmiedet Thomas ganz sicher und in diesem Plan spielt seine Schwester

    unbedingt eine wichtige Rolle. Ob dieser Plan auch zu ihrem Vorteil ist wage ich zu bezweifeln.

    Über die folgenden Zeilen von Dickens bin ich dann leicht gestolpert.

    Zitat

    Sie hing sich an ihn, ihn eng umarmend, wie sie an diesen Tagen in den Armen eines

    weit besseren Wesens zu hängen das Recht gehabt hätte.....

    "In den Armen eines weit besseren Wesens"...........:-k Das spricht nicht für Thomas und wen

    meint er denn da?

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Nur er umschifft es. Ich würde eher sagen, Louisa hat das Wort ganz bewusst benutzt, mehrfach, um ihren Vater zu einer klaren Aussage abseits seiner gewohnten Art zu bewegen

    Da hast du recht. Es scheinen mir die Nachwirkungen/Auswirkungen des Gesprächs mit Cili zu sein, die von der tiefen Liebe ihres Vaters zu ihrer Mutter und zu sich selbst erzählt hatte. Luise will nun definitiv wissen, wie sich das in ihrer Familie zeigt.

    Gradgrind verheimlicht nichts; er kann sich gar nicht öffnen, denn er verbirgt nichts. Was also erwarten wir von einem Menschen wie ihm in dieser Szene?

    Menschlichkeit wiederzufinden wäre also ein Schritt diese Mauern einzureißen.

    Ich sehe Gradgrind als jemanden, der eine Entwicklung macht. Seine Beurteilung Cilis waren für mich ein erster Entwicklungsschritt: er erkennt, dass jemand zwar mit Tatsachen nichts am Hut hat, aber dennoch ein liebenswerter und "nützlicher" Mensch sein kann.


    Vielleicht habe ich mich auf eine meiner Spekulationen versteift, dass in Gradgrind etwas Tragisches angelegt ist: dass er eines Tages erkennt, dass er an der Fehlentwicklung seines Sohnes mitschuldig ist.


    Ich spekuliere mal fleißig weiter:

    Der Erzähler wird die beiden Figuren Thomas und Stephen miteinander verbinden. Thomas gerät auf die schiefe Bahn, und Stephen wird dafür verantwortlich gemacht.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Bis Kapitel 16


    Eure Diskussion über Gradgrind habe ich mit ganz großem Interesse verfolgt. Eine sehr spannende Figur. Im Moment sind für mich zwei Entwicklungsmöglichkeiten für ihn offen. Entweder er erkennt, dass seine Überzeugungen das Leben seiner Kinder zerstört hat oder er lebt seine Überzeugung weiter und versteht am Schluss des Buches die Welt nicht mehr.




    Ansonsten wird

    dieser Roman doch noch in die Kategorie "Dunkle Schriften" eingeordnet. So ein ganz klein

    wenig Licht wäre mal ganz schön................

    Es wäre richtig schön und wenn es auch nur ein Lichtlein wäre. Das Buch ist unglaublich düster.


    Im Moment bleibt als Lichtblick ja nur Rachel, die nach dem Idealbild gezeichnet ist, das Dickens

    ja des öfteren in seinen Romanen verwendet.

    #-oIch habe mich gerade gefragt, wer Rachel ist. Ach, das ist der Originalname von Rahel. Sie ist wirklich nach einem Idealbild gezeichnet.


    "In den Armen eines weit besseren Wesens"........... :-k Das spricht nicht für Thomas und wen

    meint er denn da?

    Darüber war ich auch gestolpert. Vielleicht meinte Dickens damit, dass sie einen netteren und besseren Mann verdient hätte. Im Moment würde ich in dem Buch allerdings keinen möglichen Kandidaten für sie sehen.


    Ich spekuliere mal fleißig weiter:

    Der Erzähler wird die beiden Figuren Thomas und Stephen miteinander verbinden. Thomas gerät auf die schiefe Bahn, und Stephen wird dafür verantwortlich gemacht.

    :shock: Auf die Idee war ich gar nicht gekommen. Auch eine Möglichkeit!

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Zweites Buch

    Die Mahd

    Erstes Kapitel

    Effekten in der Bank


    Was war ich glücklich, dass dieser Abschnitt wenigstens mit einem sonnenhellen Hochsommertag beginnt. Und schlagartig ernüchtert war ich, dass das Städtchen Coketown dann doch eingehüllt blieb in "einen aus ihm selbst emporsteigenden Nebel". Also doch nichts mit wenigstens ein wenig Licht und wenn es nur die Sonne wäre.


    Zu dem Kapitel muss ich sagen, dass er nicht gerade einfach zu lesen war, zumindest der Teil bis Frau Sparsit auftauchte.. Ich habe alle ironischen Spitzen und Seitenhiebe schlicht nicht immer mitbekommen. Und das laste ich mal der Übersetzung an. Ich bin deshalb sehr gespannt wie ihr das für euch empfunden habt.


    Die Dame Sparsit lebt also in dem Bankhaus. Schon eine seltsames Vorstellung im Vergleich zu heutigen Banken. Ich kenne keine mit Wohnung. Höchstens eine in einem Wohnhaus und dann sehr abgetrennt von den Wohneinheiten. Hier habe ich den Eindruck, dass man gemütlich durch die Büroräume flanieren kann, sobald die Angestellten weg sind.


    Ich musste so grinsen wie sich die Dame Sparsit sieht, nämlich als Fee des Bankhauses, während die Stadtleute eher an einen Drachen denken. ( Squirrel wieder eine Fee :lol:). Und jeden Morgen entbietet sie Bounderby ihren Gruß, was in Bezug zu ihm einen Schlachtopfer gilt.


    Diese kleinen ironischen Seitenhiebe sind meine Lichtmomente in diesem doch sehr düsteren Roman.


    Zurück zu Frau Sparsit, die Bitzer als Laufbursche hat und sich von ihm mit wichtigen Informationen versorgen lässt. Bitzer, den wir ja schon unangenehm von Anfang an kennen lernen durfte und der sich streng an Fakten hielt, bekleidet jetzt das "ehrenvolle Amt eines Generalspions und General-Meldemeister". Es wundert mich auch nicht, dass er seine Mutter ins Armenhaus gebracht hatte. Er bleibt so unsympathisch wie damals mit Cilchen.


    Sparsit hält ihn mit eiserner Faust. Interessant, dass keine Namen genannt werden dürfen und vor allem nicht in Zusammenhang mit Bounderby. So erfährt man -quasi durch die Blumen- wie sich Thomas entwickelt hat. Nun sieht man es zwar durch die Augen Bitzers, aber ich denke, dass sie Entwicklung passen dürfte. Ich nehme an, dass sich Thomas darauf ausruht, dass seine Schwester die Ehefrau Bounderbys ist und nun meint, machen zu können was er möchte und nicht gerade ein fleißiger Angestellter sein dürfte.


    Die Giftspritze in Richtung von Luise wundert einem auch nicht. Luise tut mir von ganzen Herzen Leid. Umgeben von lauter Menschen, die kein Stück Menschlichkeit in ihrem Herzen haben.


    Auch kein Lichtblick ist der noch nicht benannte Besucher, der von Gradgrind ein Empfehlungsschreiben an Bounderby mit sich führt.

    Selbst wenn seine äußerliche Erscheinung recht ansprechend sein soll, aber der Rest klingt nicht gerade freundlich.

    Zitat von Insel Ausgabe S. 183

    Denn es war mit halbem Auge deutlich zu sehen, daß er ein Vollblut-Edelmann war, nach dem Modell der Gegenwart geschnitzt; überdrüssig jeglichen Dinges im Leben und kein Tüttelchen Glauben mehr auf irgendwas setztend als Luzifer in eigner Person.


    Wen meint Frau Sparsit am Schluss des Kapitel mit "O du Tropf!" ?

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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