Esther Safran Foer - Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind / I want you to know we're still here

  • Autorin: Esther Safran Foer

    Titel: Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind

    Seiten: 288

    ISBN: 978-3-462-05222-0

    Verlag: Kiepenheuer & Witsch

    Übersetzer: Tobias Schnettler


    Autorin:

    Esther Safran Foer wurde 1946 in Lodz geboren und ist eine US-amerikanische Autorin und ehemalige Geschäftsführerin eines jüdischen Kulturzentrums. Nach dem Holocaust und einige Jahre in einem DP-Lager in Deutschland wanderte die Familie nach Amerika aus. Sie studierte Politikwissenschaften und arbeitete 1972 für den Präsidentschaftskandidaten George McGovern und gründete 2002 eine PR-Agentur. Von 2007 bis 2016 leitete sie das jüdische Kulturzentrum "Sixth & I Historic Synagogue". 2020 schrieb Foer ihre Suche nach der ersten Frau ihres Vaters und dessen Tochter nieder, die beide im Holocaust umkamen. Ihre Söhne sind der Schriftsteller Jonathan Safran Foer und die Journalisten Franklin und Joshua Foer.


    Inhalt:

    Esther Safran Foer, die Mutter des Bestsellerautors Jonathan Safran Foer, begibt sich auf die Suche nach der Geschichte ihrer Familie, die in der schrecklichen Dunkelheit des Nationalsozialismus begraben wurde. Nur mit einem Schwarz-Weiß-Foto und einer handgezeichneten Karte reist sie zusammen mit ihrem Sohn in die heutige Ukraine, um das Schtetl zu finden, in dem sich ihr Vater während des Krieges versteckt hatte. Ein Buch gegen das Vergessen und ein kleiner Triumph über den Faschismus.


    Rezension:

    Kaum eine Familie lebt ohne sie, diesen Anekdoten, denen man sich kaum entziehen kann. Diesen Ereignissen, die immer wieder zur Sprache kommen und so zur Wahrheit eines jeden einzelnen Familienmitgliedes werden, auch wenn dieses das Erzählte selbst nicht erlebt hat. Es gibt aber auch die andere Form, die unausgesprochenen Ereignisse, Weichenstellungen, Schicksalsschläge, die kaum erzählt werden, nur beiläufig erwähnt oder in ganz besonderen Momenten in Worte gefasst werden. Etwas, worüber nur selten in Ausnahmefällen gesprochen wird. Einem solchen Moment wohnt Esther Safran Foer bei, als ihre Mutter von der Vergangenheit ihres Mannes beiläufig erzählt. Darauf beginnt eine jahrelange Suche und das Aufbrechen der finstersten Jahre ihrer Familiengeschichte.


    Es ist die Geschichte einer Familie, die man vielleicht nicht lesen würde, wenn nicht die Schreibende selbst Mutter eines erfolgreichen Autoren wäre, doch Esther Safran Foer nimmt sich beim Beschreiben dieser, ihres Vaters und ihrer Mutter, bewusst zurück. Die Autorin hält sich an Fakten, lässt die Emotionen dieser Bewältigungsarbeit behutsam einfließen und herausgekommen ist ein liebevolles erschütterndes Porträt. Wie viel Leid, wie viel Ruhelosigkeit vermag eine junge Familie zu ertragen? Welchen unbewussten Einfluss hat die Geschichte auf das Schreiben ihrer Söhne und ist Verarbeitung ein generationsübergreifender Prozess, der nie beendet werden kann? Diese und andere Fragen stellt man sich unwillkürlich beim Lesen der Zeilen.


    Sehr dicht, sehr schnell, fast gedrängt beschreibt die Autorin das Zusammenführen der Puzzleteile, die sie schließlich in das Land ihrer Vorfahren führt, um diesen nahe zu sein und einen, wie auch immer gearteten Abschluss zu finden. Es ist ein Streifzug durch die Geschichte der Foers, der fiktionalisiert im Roman "Alles ist erleuchtet" des einen Sohnes begann, sich über die Jahre immer wieder durch das Leben von Esther Safran Foer zieht. Wie ein Detektiv, der lose Fäden findet und zusammenfügen muss, beschreibt sie, wie eine Antwort zu unzähligen neuen Fragen führt, wie ihre Mutter eigentlich mit der Vergangenheit abschließen wollte, doch diese für die Tochter fast zur Obsession wurde.


    Wie viel kann eine Familie ertragen? Wie groß müssen Abstände zum Unaussprechlichen sein, um weiterleben zu können? geht das überhaupt? wie groß ist der Einfluss, auf das, was nachfolgt, aquf das Leben weiterer Generationen? Die Biografie einer Suche nach Antworten, fast so literarisch wie die Schreibarbeit von Jonathan Safran Foer selbst, erschütternd jedoch, wie so vieles, was in den Wirren der Zeit des Zweiten Weltkrieges geschehen ist, als die Nazis weite Teile Europas in Schutt und Asche legten, Millionen Menschen ermordeten, nicht zuletzt derer jüdischen Glaubens, wie Teile der Familie Safran, denen mit "Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind" ein Denkmal gesetzt wurde. Vielleicht kann diese Familienbiografie, die sich eine Episode herausgreift, zum Anlass genommen werden, einmal selbst in der Vergangenheit der eigenen Familie nachzuforschen? Um Klarheit zu schaffen, aber auch offene Fragen zu beantworten und andere aufzuwerfen.

  • Ein Buch, über das ich auf Booktok gestoßen bin.
    Autorin ist Mutter von bekannten Autor Jonathan Safran Foer , dessen Buch Tiere Essen habe ich gelesen, als ich vegan wurde. Sein Buch „Wir sind das Klima“ liegt hier noch angefangen rum


    Esthers Buch habe ich als Leserunde mit 4 anderen Leserinnen entdecken dürfen. Das war wichtig, denn alleine, hätte es mir zum einen nicht so viel Spaß gemacht, zum anderen haben wir uns gegenseitig unterstützt, in dem Plot geht es um Schweres Thema der Kriegszeit, der Judenverfolgung und der Aufarbeitung von Vergangenheit und Traumas. Es war teilweise hart zu lesen, aber auch viel sehr sachlich Darstellen von Recherchen, erzählen von Erinnerungen… - teilweise las sich das Buch sehr distanziert und man kam schwer Zugang zu Esther als Person.



    Wer das Buch lesen will, muss wissen, dass hier drin sehr viele Namen vorkommen und der Überblick trotz hinten abgedruckten Stammbaum nicht einfach ist. Wir haben festgestellt, dass er viel umfangreicher sein müsste und viele Verbindungen oder eben Kosenamen, Bezeichnungen nicht mit aufgelistet werden. Auch ein Glossar mit Worterläuterungen wäre enorm hilfreich gewesen.



    Erst im letzte Drittel der Handlung wird durch Reiseberichten, Schilderungen von Erlebnissen, Eindrücken, anschaulichere Beschreibungen von z.B. Mahnmalen, dem Leser der Zugang erleichtert, man fühlte die Geschichte mehr, bekam mehr Zugang und das lesen wurde Emotionaler, dass man auch mal einen Kloß im Hals hatte, mal schlucken musste und den Schrecken körperlich einfach spürte.


    Wenn es auch kein Highlight war, hat mich das Buch doch stellenweise berührt, ich denke immer noch an das Buch zurück. Es gibt um die Geschichte von Trochenbrod sehr viel Recherchematerial, Filme und Dokumentationen. Und falls es meine Zeit und mein Leben mal zulässt würde ich das Buch total gerne noch ein 2.mal lesen, und mit dem Hintergrundwissen aus den Rechercheergebnissen und dabei sicherlich nochmal mehr verstehen.


    Faszinierend ist, dass auch dieses Buch wieder einen neuen Blick auf die Zeit den 2. WK und die Zeit danach wirft und man einfach sich neuer Fakten bewusst geworden ist.