Klaus Brinkbäumer/Stephan Lamby - Im Wahn. Die amerikanische Katastrophe

  • Kurzmeinung

    mapefue
    Lüge, Hetze, Machtmissbrauch, Gewalt gegen das eigene Volk
  • Kurzmeinung

    Dietmar58
    Besorgter Blick über den Atlantik
  • Der Titel des Buches weist die Richtung in Bezug auf die Sichtweise der beiden Autoren Klaus Brinkbäumer und Stephan Lamby. Beides erfahrene Journalisten und Insider, wenn es um die Politik und die Gesellschaft der USA geht. Wenn deutsche Journalisten den Blick auf ein anders strukturiertes, demokratisches System werfen, so ist das für die deutsche Leserschaft gut nachvollziehbar, gehen wir doch von der gleichen Basis aus. Bleibt jedoch die nicht unwesentliche Frage: beleuchtet diese Aussensicht die Kernpunkte, die sich für die US-amerikanischen Wähler stellen, eben aus ihrer Innensicht?

    Inhaltlich gehen die beiden Autoren ausführlich auf die aktuelle politische Situation in den USA ein. Ein tiefer Riss geht durch die Bevölkerung: werden/sind die vereinigten Staaten eher verfeindete Staaten? Der "Krieg" der Meinungen spiegelt sich auch in den US-amerikanischen Medien wider. Wesentliche Akteure der schreibenden Zunft und der TV-Landschaft werden dem Leser vorgestellt und näher gebracht. Natürlich werden auch die aktuellen politischen Ereignisse und die zugehörigen Meinungen und Entscheidungen des US-Präsidenten Donald J. Trump ausführlich kommentiert. Die Autoren blicken aber nicht ausschließlich auf die Administration, sondern sie werfen auch einen (besorgten) Blick auf die Auswirkungen der momentanen Politik der Vereinigten Staaten. Alles andere als ein beruhigendes Szenario.

    Es ist ein fatales Zeugnis, das die beiden Buchautoren dem amerikanischen Präsidenten ausstellen. Nahtlos schliessen sie sich damit der Mehrzahl von Journalisten an, gleich ob es sich um amerikanische oder europäische Journalisten und Autoren handelt. Eigentlich dürfte sich die Frage gar nicht stellen, ob Donald Trump eine Chance besitzt, wieder gewählt zu werden. Und doch spricht die Realität eine andere Sprache. Zwar liegt er aktuell in Meinungsumfragen hinter seinem Konkurrenten Joe Biden zurück, aber das war vor vier Jahren gegen seinen damaligen Widerpart Hillary Clinton nicht anders - erst die Wahl entschied. Man muss abwarten.
    Neben der Darstellung und Kommentierung der politischen und administrativen "Leistungen" Trumps, lenken Brinkbäumer und Lamby einen Blick in die amerikanische Bevölkerung, hinein in ein zutiefst gespaltenes Land. Eine Lösung dieses Problems wird auch die kommende Wahl nicht unmittelbar bringen; zu tief scheinen die Gräben. Ob die gut gemeinten Ratschläge zur Optimierung des demokratischen Systems weiter helfen und wirklich zum "System USA" passen, sei dahin gestellt. Die präsidiale Demokratie weist ihre Stärken und Schwächen ebenso auf, wie alle anderen Formen der Demokratie. Die Entscheidung über notwendige Veränderungen obliegt ausschließlich der jeweilig heimischen Bevölkerung. Transatlantische Ratschläge können helfen, müssen es aber nicht.

  • Ich bin leider noch immer unentschlossen, ob ich diese Buch lesen soll. Brinkbäumer und Lamby sind sicherlich Kenner der Materie, jedoch schreckt mich ab, dass "Im Wahn" für meinen Geschmack zu wenig objektive Erörterung, dafür zu viel (intelligente) Meinungsmache sein könnte. Wie Sie richtig aufzeigen, ist der Titel bereits in gewisser Weise bezeichnend. Wie auch immer, vielen Dank für Ihren Beitrag.

  • Frontbericht aus einer zerfallenden Nation

    Das USA-Buch der zwei deutschen Journalisten Klaus Brinkbäumer und Stephan Lamby, eines von vielen im Jahr der US-Präsidentschaftswahl, fokussiert sich nicht nur auf Donald Trump, sondern auf jene Entwicklungen, die ihn 2016 möglich machten, und wie seine Amtszeit das beeinflusste. Sie beschreiben ein zerklüftetes Land und seine Medien, die Mechanismen seiner Politik. Ihr Urteil ist deutlich – und stimmt kritisch.


    Die USA erleben eine mehrfache Katastrophe: Kein anderes Land der Erde ist so stark von der Corona-Pandemie betroffen, der Einbruch der Wirtschaft ist dramatisch, der Anstieg der Arbeitslosigkeit ebenfalls. In der Corona-Krise ignoriert er Fakten, er lügt wiederholt und schiebt die Schuld für die Misere der demokratischen Partei und seinem Herausforderer Joe Biden in die Schuhe. Und das mitten im Wahljahr, in dem der Präsident vehement um seine Wiederwahl kämpft.


    Trump hat seinen polarisierenden Regierungsstil noch verschärft


    Von Beginn seiner Präsidentschaft an hat Trump die amerikanische Gesellschaft gespalten, er hat einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufgehetzt, Konkurrenten beleidigt und kritische Journalisten als "Feinde des Volkes" beschimpft. 2020 in der schwersten Krise der USA seit Jahrzehnten, verschärft Donald Trump seinen polarisierenden Regierungsstil noch.


    Auch nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd heizt Präsident Trump durch provozierende Aktionen und radikale Tweets die politische Stimmung im Land weiter an. Alles, um seine Chancen für eine Wiederwahl zu erhöhen.


    Der - dieser -Präsident bemühe sich nicht um die amerikanische Gesellschaft, um einen Grundton des Ausgleichs statt des Hasses. In der Politik geht es nicht ums Versöhnen. Es geht ums Gewinnen: Trumps Maxime.


    Trump ist, noch während er handelt oder auch nicht handelt, wichtig, wie sein Handeln oder Nichthandeln von den Medien bewertet wird – und nicht, was es bewirkt.


    Weil Trump rund drei Millionen Stimmen weniger als Hillary Clinton erhalten hatte – aus dieser damaligen Kränkung ist eine Obsession geworden – und weil ständig von russischer Wahlhilfe die Rede war, fühlt der Präsident sich gedemütigt: Sämtliche Konzentration, jeder Tweet und jedes Zitat gelte der Wiederwahl, die triumphal werden müsse.


    „Gib dem Affen Zucker“ – das beherrscht Donald Trump perfekt. Wenn die ganze globale Wirklichkeit ein zu hartnäckiger Gegner ist, werde einfach persönlich.

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  • Autoren: Klaus Brinkbäumer/Stephan Lamby

    Titel: Im Wahn - Die amerikanische Katastrophe

    Seiten: 389

    ISBN: 978-3-406-75639-9

    Verlag: C.H. Beck


    Autoren:

    Klaus Brinkbäumer wurde 1967 in Münster geboren und ist ein deutscher Journalist. Zunächst arbeitete er bei den Westfälischen Nachrichten, studierte danach in Santa Barbara (Kalifornien) und in München, bevor er ein Volontariat bei Weltbild absolvierte. Ab 1993 arbeitete er beim Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und wurde Chefredakteur (2018), sowie Herausgeber von Spiegel Online. Im jahr darauf wechselte er zur Zeitung "Die Zeit", moderierte einen eigenen Podcast. Brinkbäumer ist Dozent an der Henri-Nannen-Schule und lebt in Hamburg.


    Stephan Lamby wurde 1959 geboren und ist ein deutscher Journalist, Autor und Produzent. Zunächst studerte er in Marburg, später dann Hamburg, Germanistik und Anglistik, bevor er als freier Journalist in New York City arbeitete. Nach einer Zwischenstation im Rundfunk wechselte er zum Fernsehmagatin der Zeitung "Die Zeit" und veröffentlichte Dokumentationen zu u.a. Politik, Wirtschaft, Geschichte und Wissenschaft. 2018 erhielt er den Deutschen Fernsehpreis, ein Jahr später die Goldene Kamera. Von zahlreichen Politikern fertigte er Fernsehporträts, u.a. Henry Kissinger und Fidel Castro.


    Inhalt:

    Nach vier Jahren einer fatalen Präsidentschaft sind die USA eine wütende, nur noch im Hass vereinte Nation - und erleben in der gegenwärtigen Weltkrise eine mutible Katastrophe. Der ehemalige Chefredakteur des SPIEGEL Klas Brinkbäumer und der preisgekrönte Dokumentarfilmer Stephan Lamby berichten von den zahlreichen Fronten. Ihr Buch ist eine investigative Reportage über ein zerfallendes Land, das seinen Kompass und seine Wahrheiten verloren hat. (Klappentext)


    Rezension:

    Einen Trümmerhaufen gleich, liegt die amerikanische Demokratie am Boden. Ein Scherbenhaufen, der in immer noch kleinere Teile zerstoßen wird und kaum mehr verbunden werden kann, zu dem, was dieses Land einst zur Weltmacht ersten Ranges gemacht hat. Seit Jahrzehnten haben viel zu viele daran gearbeitet, dieses System zu zerstören, erst langsam, dann immer schneller und so ziehen sich heute kaum zu überwindende Gräben durch die amerikanische Gesellschaft, Medien und Familien.


    Symptom dessen ist seit 2016 ein amerikanischer Präsident, der von Demokratie und Meinungsfreiheit nichts hält, Wissenschaftlern nicht traut und überdies nur seine eigene Sicht der Dinge gelten lässt, seine Bürger nach Strich und Faden belügt. Der Feind bestimmt den politischen Alltag. Ein Diskurs fast unmöglich. Die Journalisten Klaus Brinkbäumer und Stephan Lamby haben sich auf Spurensuche begeben und fahnden nach einer Nation im Wahn..


    So viele Bücher sind bereits von allen Fronten her erschienen, über die präsidentschaft Trumps, die nun wohl ein Ende findet. Der Scherbenhaufen, den der Immobilienmogul hinterlässt, gibt jedoch Anlass zur Sorge. Denen, die bis dato davon profitiert haben und Angst vor einer Zukunft nach einem Politikwechsel haben, denen, die sich dafür fürchten, was passiert, wenn das zerstörte System der amerikanischen Demokratie nicht mehr repariert werden kann.


    Feinfühlig und dicht öffnen die beiden deutschen Journalisten ihren LeserInnen, was für Außenstehende kaum zu begreifen ist. Sie fragen nach, zu beiden Seiten der politischen Lager, die sich verfeindet gegenüber stehen, versuchen zu verstehen und dennoch fühlt man sich Zeile für Zeile einem kommenden Bürgerkrieg näher, den man kaum ausweichen kann. Als ausländischer Betrachter zum ratlosen Zuschauen verdammt.


    Rechercheleistung durch die jüngere amerikanische Geschichte, die zeigt, welche Auswirkungen die Sklaverei noch heute führt, weshalb sich die Kolonialisatoren von einst heute bedroht fühlen und immer radikaler denken. Das und dazu die Betrachtung einer politischen Welt, die sich ihre Feindbilder selbst schafft, dabei sich immer mehr vom Normalbürger entfernt, der dann unter Umständen sogar dazu bereit ist, Lügen eines Staatsoberhauptes zu akzeptieren. Denn, "die anderen lügen mehr als wir, also ist ein wenig Lügen in Ordnung". Der neue Maßstab, der alles vorher Dagewesene ins Wanken bringt.


    Die Journalisten zeichnen die Entwicklung der Präsidentschaft eines Menschen nach, der sich Autokraten näher fühlt als den Werten einer Nation, die er vertreten soll, von seinen Anfängen bis kurz vor der Wahl 2020, zeigen Weichenstellungen auf und Medien, die praktisch Amtshilfe zur Zerstörung der Demokratie geleistet haben, und heute auf wenige Leuchttürme zusammengeschrumpft, um die Deutungshoheit kämpfen. Beidseitig ist der Blick, nach links und rechts. Voreingenommen nicht. So wird dann auch das Buch eines John Bolton durchaus kritisch gesehen, ebenso die Bücher der ganzen "in Ungunst Gefallenen", Leichen auf den Weg des Präsidenten.


    Erschütternd ist dieser Zustandbericht zu lesen. Nur klein sind die Hoffnungsschimmer, die die beiden Autoren entdecken. Zu wenig vielleicht, um noch zu retten, was die USA einst waren. Brinkbäumers und Lambys Buch sollte zugleich eine Warnung davor sein, was moderne Demagogen anrichten können, wovor auch in Europa kein Land gefeit ist. Zeile für Zeile so zu analysieren, woran eine Gesellschaft krankt, dabei versuchen nicht zu einseitig zu werden, ist eine Leistung die hier durchaus erbracht wurde, die uns genug Denkanstöße zum Erhalt dessen geben sollte, was den transatlantischen Nachbarn so gar nicht gelungen ist.


    Was bleibt? Wie wird es weitergehen? Wird der Nachfolger Trumps nur noch Verwalter eines Scherbenhaufens sein oder kann man der Zerstörung irgendwie Herr werden? Die Amerikaner sollten es versuchen, so die Autoren. Zu ihrem eigenen Schutz. Die Frage, die sich den diesen Bericht lesenden Publikum stellen wird, ist jedoch, ob sie das überhaupt wollen?