Anne Stern - Scheunenkinder

  • Kurzmeinung

    Cordi
    Spannende und bewegende, aber auch beängstigende Geschichte im alten Berlin (1923). Grandios gelesen!
  • Kurzmeinung

    wampy
    Ein grandioses Hörerlebnis, noch besser als der erste Teil
  • Sympathische Hebamme mit Spürsinn im Berlin der 20er Jahre


    Der zweite Band über Fräulein Gold spielt gut ein Jahr nach dem ersten Teil.


    Ein einleitender Prolog spielt im Jahr 1902, die übrige Geschichte im Herbst und Winter 1923.


    Ein Kriminalfall, dessen Lösung Karl auf der Spur ist und das Verschwinden eines Säuglings, dem Hulda auf die Welt verholfen hat verstricken sich und bilden die Grundlage der Handlung.


    Der Beruf der Hebamme ist zu dieser Zeit kein leichter. Staatlich noch nicht anerkannt und oft nicht gerne gesehen von Ärzten, versucht auch Hulda den Schwangeren und ihren Familien so gut wie möglich zu helfen trotz schwerer Zeiten.


    Wir treffen auch weitere alte Bekannte wie Bert den Kioskbesitzer und Huldas Exfreund Felix wieder. Aber Hulda lernt auch eine neue Freundin kennen, was die Geschichte durchaus bereichert und dem Leser die Sorgen und Wünsche der Frauen in dieser Zeit näherbringt.


    In Berlin herrscht polititsche Unsicherheit, Inflation und Armut auch im Scheunenviertel. Hier mischen sich unterschiedliche Kulturen und vor allem die aus Osteuropa und Russland eingewanderten Juden haben einen schweren Stand und werden angefeindet.


    Anne Stern ist es sehr gut gelungen historische Hintergründe in diesen kurzweiligen Roman einfließen zu lassen, der sich nicht wirklich einem bestimmten Genre zuordnen lässt. Anna Thalbach spricht das Hörbuch sehr angenehm und facettenreich. Von mir gibt es eine klare Hör- bzw. Leseempfehlung.


    Man darf gespannt sein auf den dritten Teil. Gibt es eine Zukunft für Karl und Hulda? Bleibt Hulda selbstständige Hebamme oder arbeitet sie doch in einem Krankenhaus? Wie entwickelt sich die politische Lage?

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Anne Stern - Fräulein Gold. Scheunenkinder“ zu „Anne Stern - Scheunenkinder“ geändert.
  • Ein grandioses Hörerlebnis


    Buchmeinung zu Anne Stern – Fräulein Gold: Scheunenkinder


    „ Fräulein Gold: Scheunenkinder“ ist ein historischer Roman von Anne Stern, der 2020 im Rowohlt Verlag erschienen ist. Das leicht gekürzte Hörbuch wird von Anne Thalbach gelesen und ist 2020 im Argon Verlag erschienen.


    Zum Autor:
    Anne Stern wurde in Berlin geboren, wo sie auch heute mit ihrer Familie lebt. Nach dem Studium der Geschichte und Germanistik promovierte sie in deutscher Literaturwissenschaft und arbeitete als Lehrerin in der Lehrerbildung.


    Sprecher:

    Anna Thalbach stand bereits mit sieben Jahren das erste Mal für einen Kinofilm vor der Kamera. Seitdem arbeitet sie gleichermaßen erfolgreich für Theater, Film und Fernsehen. Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme ist Anna Thalbach eine der gefragtesten Hörbuchsprecherinnen.


    Klappentext:
    Berlin, 1923. Hebamme Hulda Gold wird zu einer Geburt ins Scheunenviertel gerufen. Die jüdische Familie lebt nach ihren ganz eigenen, strengen Regeln, aber Hulda gewinnt das Vertrauen der jungen Mutter. Und als das Neugeborene nach wenigen Tagen verschwindet, wird sie unvermittelt in die rätselhafte Suche verstrickt. Denn wie kann ein Kind in dieser engen Gemeinschaft einfach so verschwinden? Bald zeigt sich, dass auch die Berliner Polizei nach Kinderhändlern fahndet. Kann Kommissar Karl North helfen, das Neugeborene zu finden? Als sich der Judenhass der Berliner Nazis in einem Pogrom entlädt, gerät Hulda selbst in höchste Gefahr.


    Meine Meinung:
    Wie schon der erste Band vermittelt auch dieses Buch viel Atmosphäre und zusammen mit der Sprecherin werden die Figuren lebendig. Die Charaktere sind mit vielen Grautönen gezeichnet und bieten deshalb auch viele Überraschungen. Berufsbedingt ist Hulda recht selbstständig und kommt viel in ihrem Viertel herum. Sie hat ein Auge für ihre Umwelt und führt selbst auch kein sorgloses Leben, aber es reicht immer noch und das ist mehr als bei vielen anderen Berlinern. Diesmal hat sie auch im Scheunenviertel zu tun, in dem die Not vieler Menschen mit osteuropäischer Abstammung noch großer ist, Als das Kind der von ihr betreuten Mutter verschwindet und niemand etwas unternimmt, wird Hulda aktiv. Wieder ermittelt auch ihr Bekannter, der Kommissar Karl North, in einem ähnlichen Fall. In privaten Dingen läuft es für Hulda eher durchwachsen. Sie und Karl führen eine unregelmäßige Beziehung mit etlichen Aufs und Abs, weil beide wohl eine feste Beziehung fürchten. Hulda findet in der Apothekerwitwe Elli eine neue Freundin, die sich vor allem über die zu gering geschätzte Rolle der Frauen austauschen. Auch der wachsende Einfluss der Braunhemden wird deutlich, nicht nur auf der Straße sondern auch im Hintergrund.
    Die Erzählung ist lebendig und vermittelt viel Atmosphäre. Sorgen und Nöte der Menschen kommen zu Wort, aber auch Momente der Freude. Hulda wirkt überaus sympathisch und fast bedauernd nimmt man die Entwicklung der persönlichen Verhältnisse zur Kenntnis. Fast alle Figuren sind tief gezeichnet mit vielen Grautönen und bieten Raum für überraschende Entwicklungen. Der Kosmos um Hulda Gold hat mich eingefangen.


    Fazit:
    Das Berlin der 20-er Jahre wird auch in diesem Buch lebendig und wieder dient ein Kriminalfall als Bindeglied. Spannende Figuren und eine interessante Handlung sorgen für einen Lese- und Hörgenuss. Die Vorleserin Anna Thalbach macht einen ausgezeichneten Job. Deshalb vergebe ich fünf von fünf Sternen (100 von 100 Punkten) und spreche eine klare Leseempfehlung aus. Ich fiebere der Fortsetzung entgegen.

    :study: James Lee Burke - Die Tote im Eisblock


    :musik: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Anne Stern: Fräulein Gold. Scheunenkinder


    Ein Buch, dass die Leserin mitnimmt in das Berlin der 20er Jahre. Eine Zeit des Umbruchs, geprägt von Armut und Arbeitslosigkeit, aber auch des Neuanfangs.


    Fräulein Gold ist Hebamme, ein ohnehin schwerer Beruf, noch dazu ohne ärztliche Unterstützung, statt dessen mit der Anfeindung und der Missbilligung der meisten Mediziner. Hulda Gold wird immer wieder in das sogenannte Scheunenviertel gerufen, ein Stadtteil in dem die Armut der jüdischen Bewohner offenkundig ist. Dort wird sie in das mysteriöse Verschwinden eines Säuglings hineingezogen. Sie nimmt Anteil an den Lebensgeschichten, versucht zu helfen und kommt Ungereimtheiten auf die Spur.


    Das Buch war interessant, es fiel leicht zuzuhören dank der perfekt gewählten Sprechstimme von Anna Thalbach. Unglaublich mit welcher Perfektion sie die verschiedenen Charaktere spricht und ihnen Leben einhaucht.

  • Schauplatz Berlin 1923


    Die Hebamme Hulda Gold wird ins Scheunenviertel zu einer Geburt in einen jüdischen Haushalt gerufen. Eigentlich ist dies nicht ihr Gebiet, aber ihr Vater, der Künstler Benjamin Gold, hat sie als Halbjüdin vermittelt. Im Haushalt der Rothmanns herrscht eine eigenartige Stimmung, denn die gebärende Schwiegertochter scheint nicht nach dem Wunsch von Ruth Rothmann zu sein. Als dann kurze Zeit später der Säugling spurlos verschwindet schrillen bei Hulda die Alarmglocken.


    Zeitgleich hat es ihr Freund, der Kriminalbeamte Karl North, mit verschiedenen Kinderleichen zu tun. Mit der Zeit und einigen Gesprächen erkennen sie einen möglichen Zusammenhang.


    Diese Geschehnisse spielen sich im Berlin der Goldenen 20er Jahre ab, es herrscht eine starke Inflation, so daß das Geld überspitzt ausgedrückt schubkarrenweise transportiert wird und die jüdischen Bürger werden bereits tätlich angegriffen – es herrscht also durchgängig eine aufgeladene Stimmung.



    Ich habe bereits den ersten Band begeistert gelesen und auch Band 2 hat mich wieder voll überzeugt. Die Autorin schafft es, die Geschichte so bildhaft zu erzählen, daß man sich als Leser mittendrin fühlt und vor allem auch die Stimmung, die Ängste und Gefühle der Figuren sehr gut miterlebt und nachfühlen kann. Es gab auch immer wieder Begegnungen mit Huldas Ex Felix Winter, seine Gefühle und Bewunderung für sie sind auf jeden Fall noch vorhanden. In der Apothekerin scheint Hulda nun eine echte Freundin gefunden zu haben. Hulda selbst ist eine toughe junge Frau, die ihren Weg geht und auch weiter gehen wird. Das Ende des Buches und die Leseprobe zu Band 3, der im Mai 2021 erscheinen wird haben mich bereits jetzt neugierig gemacht.


    Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung für dieses Buch!